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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Schlussabhandlung. §. 141.
stehen, den alten Menschen abthun und einen neuen an-
ziehen (Röm. 6, 1 ff.). Dazu steht ihm Christus selbst mit
seinem Geiste bei, welcher diejenigen, die er beseelt, mit
geistigem Streben erfüllt und immer mehr von der Knecht-
schaft der Sünde frei macht (Röm. 8, 1 ff.). Ja nicht bloss
geistig jezt, sondern einst auch leiblich werden diejenigen,
in welchen der Geist Christi wohnt, durch ihn belebt, in-
dem Gott durch Christum am Ende dieses Weltlaufs ihre
Leiber auferwecken wird, wie er den Leib Christi aufer-
weckt hat (Röm. 8, 11.). Christus, den die Bande des To-
des und der Unterwelt nicht halten konnten (A. G. 2, 24.),
hat beide auch für uns besiegt, und den Gläubigen die
Furcht vor diesen höchsten Mächten der Endlichkeit be-
nommen (Röm. 8, 38 f. 1 Kor. 15, 55 ff. Hebr. 2, 14 f.
Seine Auferweckung, wie sie seinem Tod erst die versöh-
nende Kraft verleiht (Röm. 4, 25.), so ist sie zugleich die
Bürgschaft unsrer eigenen künftigen Auferstehung, unsres
Antheils an Christo in einem künftigen Leben, in seinem
messianischen Reiche, zu dessen Seligkeit er bei seiner Wie-
derkunft alle die Seinigen einführen wird (1 Kor. 15.).
Inzwischen aber dürfen wir uns getrösten, an ihm einen
Fürsprecher bei Gott zu haben, der aus eigener Erfah-
rung von der Schwäche und Gebrechlichkeit der Menschen-
natur, die er selbst angezogen hatte, und in der er in al-
len Stücken versucht wurde, doch ohne Sünde, weiss,
wie vieler Nachsicht und Nachhülfe wir bedürfen (Hebr.
2, 17 f. 4, 15 f.).

Den Reichthum dessen, was der Glaube an Christo
hatte, in bestimmte Formeln zusammenzufassen, war sei-
nen Anhängern schon frühe Bedürfniss. Sie priessen ihn
als Khrisos o apothano;n, mallon de kai egertheis, os kai
esin en dexia tou theou, os kai entugkhanei uper emon (Röm.
8, 34.); oder genauer hiess er I. Kh. o kurios, genomenos ek
spermatos Dauid kata sarka, oristheis uios theou en duna-
mei kata pneuma agiosunes ex anasaseos nekron
(Röm. 1,

Schluſsabhandlung. §. 141.
stehen, den alten Menschen abthun und einen neuen an-
ziehen (Röm. 6, 1 ff.). Dazu steht ihm Christus selbst mit
seinem Geiste bei, welcher diejenigen, die er beseelt, mit
geistigem Streben erfüllt und immer mehr von der Knecht-
schaft der Sünde frei macht (Röm. 8, 1 ff.). Ja nicht bloſs
geistig jezt, sondern einst auch leiblich werden diejenigen,
in welchen der Geist Christi wohnt, durch ihn belebt, in-
dem Gott durch Christum am Ende dieses Weltlaufs ihre
Leiber auferwecken wird, wie er den Leib Christi aufer-
weckt hat (Röm. 8, 11.). Christus, den die Bande des To-
des und der Unterwelt nicht halten konnten (A. G. 2, 24.),
hat beide auch für uns besiegt, und den Gläubigen die
Furcht vor diesen höchsten Mächten der Endlichkeit be-
nommen (Röm. 8, 38 f. 1 Kor. 15, 55 ff. Hebr. 2, 14 f.
Seine Auferweckung, wie sie seinem Tod erst die versöh-
nende Kraft verleiht (Röm. 4, 25.), so ist sie zugleich die
Bürgschaft unsrer eigenen künftigen Auferstehung, unsres
Antheils an Christo in einem künftigen Leben, in seinem
messianischen Reiche, zu dessen Seligkeit er bei seiner Wie-
derkunft alle die Seinigen einführen wird (1 Kor. 15.).
Inzwischen aber dürfen wir uns getrösten, an ihm einen
Fürsprecher bei Gott zu haben, der aus eigener Erfah-
rung von der Schwäche und Gebrechlichkeit der Menschen-
natur, die er selbst angezogen hatte, und in der er in al-
len Stücken versucht wurde, doch ohne Sünde, weiſs,
wie vieler Nachsicht und Nachhülfe wir bedürfen (Hebr.
2, 17 f. 4, 15 f.).

Den Reichthum dessen, was der Glaube an Christo
hatte, in bestimmte Formeln zusammenzufassen, war sei-
nen Anhängern schon frühe Bedürfniſs. Sie prieſsen ihn
als Χριςὸς ὁ ἀποϑανὼ;ν, μᾶλλον δὲ καὶ ἐγερϑεὶς, ὃς καὶ
ἔςιν ἐν δεξιᾷ τοῦ ϑεοῦ, ὃς καὶ ἐντυγχάνει ὑπὲρ ἡμῶν (Röm.
8, 34.); oder genauer hieſs er Ἰ. Χ. ὁ κύριος, γενόμενος ἐκ
σπέρματος Δαυὶδ κατὰ σάρκα, ὁρισϑεὶς υἱὸς ϑεοῦ ἐν δυνά-
μει κατὰ πνεῦμα ἁγιωσύνης ἐξ ἀναςάσεως νεκρῶν
(Röm. 1,

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[692/0711] Schluſsabhandlung. §. 141. stehen, den alten Menschen abthun und einen neuen an- ziehen (Röm. 6, 1 ff.). Dazu steht ihm Christus selbst mit seinem Geiste bei, welcher diejenigen, die er beseelt, mit geistigem Streben erfüllt und immer mehr von der Knecht- schaft der Sünde frei macht (Röm. 8, 1 ff.). Ja nicht bloſs geistig jezt, sondern einst auch leiblich werden diejenigen, in welchen der Geist Christi wohnt, durch ihn belebt, in- dem Gott durch Christum am Ende dieses Weltlaufs ihre Leiber auferwecken wird, wie er den Leib Christi aufer- weckt hat (Röm. 8, 11.). Christus, den die Bande des To- des und der Unterwelt nicht halten konnten (A. G. 2, 24.), hat beide auch für uns besiegt, und den Gläubigen die Furcht vor diesen höchsten Mächten der Endlichkeit be- nommen (Röm. 8, 38 f. 1 Kor. 15, 55 ff. Hebr. 2, 14 f. Seine Auferweckung, wie sie seinem Tod erst die versöh- nende Kraft verleiht (Röm. 4, 25.), so ist sie zugleich die Bürgschaft unsrer eigenen künftigen Auferstehung, unsres Antheils an Christo in einem künftigen Leben, in seinem messianischen Reiche, zu dessen Seligkeit er bei seiner Wie- derkunft alle die Seinigen einführen wird (1 Kor. 15.). Inzwischen aber dürfen wir uns getrösten, an ihm einen Fürsprecher bei Gott zu haben, der aus eigener Erfah- rung von der Schwäche und Gebrechlichkeit der Menschen- natur, die er selbst angezogen hatte, und in der er in al- len Stücken versucht wurde, doch ohne Sünde, weiſs, wie vieler Nachsicht und Nachhülfe wir bedürfen (Hebr. 2, 17 f. 4, 15 f.). Den Reichthum dessen, was der Glaube an Christo hatte, in bestimmte Formeln zusammenzufassen, war sei- nen Anhängern schon frühe Bedürfniſs. Sie prieſsen ihn als Χριςὸς ὁ ἀποϑανὼ;ν, μᾶλλον δὲ καὶ ἐγερϑεὶς, ὃς καὶ ἔςιν ἐν δεξιᾷ τοῦ ϑεοῦ, ὃς καὶ ἐντυγχάνει ὑπὲρ ἡμῶν (Röm. 8, 34.); oder genauer hieſs er Ἰ. Χ. ὁ κύριος, γενόμενος ἐκ σπέρματος Δαυὶδ κατὰ σάρκα, ὁρισϑεὶς υἱὸς ϑεοῦ ἐν δυνά- μει κατὰ πνεῦμα ἁγιωσύνης ἐξ ἀναςάσεως νεκρῶν (Röm. 1,

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/711>, abgerufen am 26.04.2024.