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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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dessen Model unter einem Fuß gewesen wäre. Außer
dem Model, wodurch die Verhältnisse der Haupt-
theile bestimmt werden, giebt es noch einen andern,
der blos zur Verziehrung der Thüren und Fenster ge-
braucht wird. Sind an diesen Oefnungen Säulen,
so wird der Model, so wie der Hauptinodel nach
der Säulendike genommen. Werden aber diese Oef-
nungen blos mit Einfassungen verziehret, so kann
füglich die Höhe des Gesimses zum Model genom-
men werden.

Modell.
(Zeichnende Künste.)

So nennet man die Person, welche in Zeichnungs-
schulen von dem Meister derselben, natend und in
einer von ihm gewählten Stellung hingestellt wird,
damit die Schüler danach zeichnen können. Doch
wird der Name bisweilen auch andern aus Thon,
Gyps, oder einer andern Materie gebildeten Figur
oder Form gegeben, nach welcher ein Werk gezeich-
net, oder gebildet wird. Wenn von Mahleracade-
mien die Rede ist, so bedeutet Modell insgemein ei-
nen lebendigen Menschen, der wegen seiner Schön-
heit und gutem Verhältnis aller Gliedmaaßen den
Nachzeichnern zum Muster dienet. Modelliren
nennt man Formen aus Wachs oder Ton bilden,
welche hernach zu Mustern dienen. Wenn nämlich
der Bildhauer ein Werk von Holz, Stein oder Me-
tall verfertigen soll, so kann er nicht wie der Mah-
ler, sich mit einer davon gemachten Zeichnung, in
welcher die Gedanken entworfen, und allmählig in
völliger Reife vorgestellt werden, behelfen; er muß
nothwendig ein seinem künftigen Werk ähnliches
und würklich körperliches Bild vor sich haben. Die-
ses wird von einer gemeinen, zähen und weichen
Materie gemacht, damit man mit Leichtigkeit so lange
daran ändern, davon wegnehmen, oder dazu sezen
könne, bis man das Bild so hat, wie es die Phan
tasie, oder die Natur, dem Künstler zeiget. Erst,
wenn das Modell vollkommen fertig ist, nihmt der
Bildhauer den Marmor zur Hand, den er so genau
als möglich, nach seinem Modell aushaut. Das
Modelliren ist also dem Bildhauer eben so nothwen-
dig, als das bloße Zeichnen dem Mahler. Aber in
gar viel Fällen ist es auch diesem beynahe unentbehr-
lich. Es kommt ihm nicht nur in einzelen Figu-
ren, sondern vornehmlich bey Gruppirung derselben
und zur genauen Beobachtung des Lichts und Schat-
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tens, auch der Perspektiv sehr zu statten, wenn er
seine Figuren in den Stellungen, die er ihnen zu
geben gedenkt, modelliren, und denn in Gruppen
nach der ihm gefälligen Anordnung vor sich sezen
kann. (*) Es ist deswegen den Anfängern der Mah-
lerey sehr anzurathen, daß sie mit der Zeichnung
auch das Modelliren lernen, wovon verschiedene
große Mahler guten Vortheil gezogen haben.

Modulation.
(Musik.)

Das Wort hat zweyerley Bedeutung. Ursprüng-
lich bedentet es die Art eine angenommene Tona-
im Gesang und in der Harmonie zu behandeln, oder
die Art der Folge der Accorde vom Anfange bis zum
Schluß, oder zur völligen Ausweichung in einen an-
dern Ton. Jn diesem Sinn braucht Martianus Ca-
pella
das Wort Modulatio, und in diesem Sinne
kann man von den Kirchentonarten sagen, jede
habe ihre eigene Modulation. Das ist ihre eigene
Art fortzuschreiten, und Schlüße zu machen. Ge-
meiniglich aber bezeichnet man dadurch die Kunst
den Gesang und die Harmonie aus dem Hauptton
durch andre Tonarten vermittelst schiklicher Auswei-
chungen durchzuführen, und von denselben wieder
in den ersten, oder Hauption, darin man immer
das Tonstük schließt, einzulenken.

Jn ganz kurzen Tonstüken also, die durchaus in
einem Ton gesezt sind, oder in langen Stüken, da
man im Aufang eine Zeitlang in dem Haupttone
bleibet, ehe man in andre ausweichet, bestehet die
gute Modulation darin, daß man mit gehöriger
Mannigfaltigkeit den Gesang und die Harmonie eine
Zeitlang in dem angenommenen Tone fortseze, und
am Ende darin beschließe. Dieses erfodert wenig
Kunst. Es kommt blos darauf an, daß gleich im
Anfange der Ton durch den Klang seiner wesentli-
chen Sayten, der Octao, Quint und Terz dem Ge-
hör eingepräget werde; hernach, daß der Gesang,
so wie die Harmonie durch die verschiedenen Töne
der angenommenen Tonleiter durchgeführt, hinge-
gegen keine derselben fremde Töne, weder im Gesang
noch in der Harmonie, gehört werden.

Dabey ist aber eine Mannigfaltigkeit von Accor-
den nothwendig, damit das Gehör die nöthige Ab-
wechslung empfinde. Man muß nicht, wie magere
Harmonisten thun, nur immer sich auf zwey, oder

drey
(*) S. An-
ordnung.
S. 65.
C c c c c 2

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deſſen Model unter einem Fuß geweſen waͤre. Außer
dem Model, wodurch die Verhaͤltniſſe der Haupt-
theile beſtimmt werden, giebt es noch einen andern,
der blos zur Verziehrung der Thuͤren und Fenſter ge-
braucht wird. Sind an dieſen Oefnungen Saͤulen,
ſo wird der Model, ſo wie der Hauptinodel nach
der Saͤulendike genommen. Werden aber dieſe Oef-
nungen blos mit Einfaſſungen verziehret, ſo kann
fuͤglich die Hoͤhe des Geſimſes zum Model genom-
men werden.

Modell.
(Zeichnende Kuͤnſte.)

So nennet man die Perſon, welche in Zeichnungs-
ſchulen von dem Meiſter derſelben, natend und in
einer von ihm gewaͤhlten Stellung hingeſtellt wird,
damit die Schuͤler danach zeichnen koͤnnen. Doch
wird der Name bisweilen auch andern aus Thon,
Gyps, oder einer andern Materie gebildeten Figur
oder Form gegeben, nach welcher ein Werk gezeich-
net, oder gebildet wird. Wenn von Mahleracade-
mien die Rede iſt, ſo bedeutet Modell insgemein ei-
nen lebendigen Menſchen, der wegen ſeiner Schoͤn-
heit und gutem Verhaͤltnis aller Gliedmaaßen den
Nachzeichnern zum Muſter dienet. Modelliren
nennt man Formen aus Wachs oder Ton bilden,
welche hernach zu Muſtern dienen. Wenn naͤmlich
der Bildhauer ein Werk von Holz, Stein oder Me-
tall verfertigen ſoll, ſo kann er nicht wie der Mah-
ler, ſich mit einer davon gemachten Zeichnung, in
welcher die Gedanken entworfen, und allmaͤhlig in
voͤlliger Reife vorgeſtellt werden, behelfen; er muß
nothwendig ein ſeinem kuͤnftigen Werk aͤhnliches
und wuͤrklich koͤrperliches Bild vor ſich haben. Die-
ſes wird von einer gemeinen, zaͤhen und weichen
Materie gemacht, damit man mit Leichtigkeit ſo lange
daran aͤndern, davon wegnehmen, oder dazu ſezen
koͤnne, bis man das Bild ſo hat, wie es die Phan
taſie, oder die Natur, dem Kuͤnſtler zeiget. Erſt,
wenn das Modell vollkommen fertig iſt, nihmt der
Bildhauer den Marmor zur Hand, den er ſo genau
als moͤglich, nach ſeinem Modell aushaut. Das
Modelliren iſt alſo dem Bildhauer eben ſo nothwen-
dig, als das bloße Zeichnen dem Mahler. Aber in
gar viel Faͤllen iſt es auch dieſem beynahe unentbehr-
lich. Es kommt ihm nicht nur in einzelen Figu-
ren, ſondern vornehmlich bey Gruppirung derſelben
und zur genauen Beobachtung des Lichts und Schat-
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tens, auch der Perſpektiv ſehr zu ſtatten, wenn er
ſeine Figuren in den Stellungen, die er ihnen zu
geben gedenkt, modelliren, und denn in Gruppen
nach der ihm gefaͤlligen Anordnung vor ſich ſezen
kann. (*) Es iſt deswegen den Anfaͤngern der Mah-
lerey ſehr anzurathen, daß ſie mit der Zeichnung
auch das Modelliren lernen, wovon verſchiedene
große Mahler guten Vortheil gezogen haben.

Modulation.
(Muſik.)

Das Wort hat zweyerley Bedeutung. Urſpruͤng-
lich bedentet es die Art eine angenommene Tona-
im Geſang und in der Harmonie zu behandeln, oder
die Art der Folge der Accorde vom Anfange bis zum
Schluß, oder zur voͤlligen Ausweichung in einen an-
dern Ton. Jn dieſem Sinn braucht Martianus Ca-
pella
das Wort Modulatio, und in dieſem Sinne
kann man von den Kirchentonarten ſagen, jede
habe ihre eigene Modulation. Das iſt ihre eigene
Art fortzuſchreiten, und Schluͤße zu machen. Ge-
meiniglich aber bezeichnet man dadurch die Kunſt
den Geſang und die Harmonie aus dem Hauptton
durch andre Tonarten vermittelſt ſchiklicher Auswei-
chungen durchzufuͤhren, und von denſelben wieder
in den erſten, oder Hauption, darin man immer
das Tonſtuͤk ſchließt, einzulenken.

Jn ganz kurzen Tonſtuͤken alſo, die durchaus in
einem Ton geſezt ſind, oder in langen Stuͤken, da
man im Aufang eine Zeitlang in dem Haupttone
bleibet, ehe man in andre ausweichet, beſtehet die
gute Modulation darin, daß man mit gehoͤriger
Mannigfaltigkeit den Geſang und die Harmonie eine
Zeitlang in dem angenommenen Tone fortſeze, und
am Ende darin beſchließe. Dieſes erfodert wenig
Kunſt. Es kommt blos darauf an, daß gleich im
Anfange der Ton durch den Klang ſeiner weſentli-
chen Sayten, der Octao, Quint und Terz dem Ge-
hoͤr eingepraͤget werde; hernach, daß der Geſang,
ſo wie die Harmonie durch die verſchiedenen Toͤne
der angenommenen Tonleiter durchgefuͤhrt, hinge-
gegen keine derſelben fremde Toͤne, weder im Geſang
noch in der Harmonie, gehoͤrt werden.

Dabey iſt aber eine Mannigfaltigkeit von Accor-
den nothwendig, damit das Gehoͤr die noͤthige Ab-
wechslung empfinde. Man muß nicht, wie magere
Harmoniſten thun, nur immer ſich auf zwey, oder

drey
(*) S. An-
ordnung.
S. 65.
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[773[755]/0190] Mod Mod deſſen Model unter einem Fuß geweſen waͤre. Außer dem Model, wodurch die Verhaͤltniſſe der Haupt- theile beſtimmt werden, giebt es noch einen andern, der blos zur Verziehrung der Thuͤren und Fenſter ge- braucht wird. Sind an dieſen Oefnungen Saͤulen, ſo wird der Model, ſo wie der Hauptinodel nach der Saͤulendike genommen. Werden aber dieſe Oef- nungen blos mit Einfaſſungen verziehret, ſo kann fuͤglich die Hoͤhe des Geſimſes zum Model genom- men werden. Modell. (Zeichnende Kuͤnſte.) So nennet man die Perſon, welche in Zeichnungs- ſchulen von dem Meiſter derſelben, natend und in einer von ihm gewaͤhlten Stellung hingeſtellt wird, damit die Schuͤler danach zeichnen koͤnnen. Doch wird der Name bisweilen auch andern aus Thon, Gyps, oder einer andern Materie gebildeten Figur oder Form gegeben, nach welcher ein Werk gezeich- net, oder gebildet wird. Wenn von Mahleracade- mien die Rede iſt, ſo bedeutet Modell insgemein ei- nen lebendigen Menſchen, der wegen ſeiner Schoͤn- heit und gutem Verhaͤltnis aller Gliedmaaßen den Nachzeichnern zum Muſter dienet. Modelliren nennt man Formen aus Wachs oder Ton bilden, welche hernach zu Muſtern dienen. Wenn naͤmlich der Bildhauer ein Werk von Holz, Stein oder Me- tall verfertigen ſoll, ſo kann er nicht wie der Mah- ler, ſich mit einer davon gemachten Zeichnung, in welcher die Gedanken entworfen, und allmaͤhlig in voͤlliger Reife vorgeſtellt werden, behelfen; er muß nothwendig ein ſeinem kuͤnftigen Werk aͤhnliches und wuͤrklich koͤrperliches Bild vor ſich haben. Die- ſes wird von einer gemeinen, zaͤhen und weichen Materie gemacht, damit man mit Leichtigkeit ſo lange daran aͤndern, davon wegnehmen, oder dazu ſezen koͤnne, bis man das Bild ſo hat, wie es die Phan taſie, oder die Natur, dem Kuͤnſtler zeiget. Erſt, wenn das Modell vollkommen fertig iſt, nihmt der Bildhauer den Marmor zur Hand, den er ſo genau als moͤglich, nach ſeinem Modell aushaut. Das Modelliren iſt alſo dem Bildhauer eben ſo nothwen- dig, als das bloße Zeichnen dem Mahler. Aber in gar viel Faͤllen iſt es auch dieſem beynahe unentbehr- lich. Es kommt ihm nicht nur in einzelen Figu- ren, ſondern vornehmlich bey Gruppirung derſelben und zur genauen Beobachtung des Lichts und Schat- tens, auch der Perſpektiv ſehr zu ſtatten, wenn er ſeine Figuren in den Stellungen, die er ihnen zu geben gedenkt, modelliren, und denn in Gruppen nach der ihm gefaͤlligen Anordnung vor ſich ſezen kann. (*) Es iſt deswegen den Anfaͤngern der Mah- lerey ſehr anzurathen, daß ſie mit der Zeichnung auch das Modelliren lernen, wovon verſchiedene große Mahler guten Vortheil gezogen haben. Modulation. (Muſik.) Das Wort hat zweyerley Bedeutung. Urſpruͤng- lich bedentet es die Art eine angenommene Tona- im Geſang und in der Harmonie zu behandeln, oder die Art der Folge der Accorde vom Anfange bis zum Schluß, oder zur voͤlligen Ausweichung in einen an- dern Ton. Jn dieſem Sinn braucht Martianus Ca- pella das Wort Modulatio, und in dieſem Sinne kann man von den Kirchentonarten ſagen, jede habe ihre eigene Modulation. Das iſt ihre eigene Art fortzuſchreiten, und Schluͤße zu machen. Ge- meiniglich aber bezeichnet man dadurch die Kunſt den Geſang und die Harmonie aus dem Hauptton durch andre Tonarten vermittelſt ſchiklicher Auswei- chungen durchzufuͤhren, und von denſelben wieder in den erſten, oder Hauption, darin man immer das Tonſtuͤk ſchließt, einzulenken. Jn ganz kurzen Tonſtuͤken alſo, die durchaus in einem Ton geſezt ſind, oder in langen Stuͤken, da man im Aufang eine Zeitlang in dem Haupttone bleibet, ehe man in andre ausweichet, beſtehet die gute Modulation darin, daß man mit gehoͤriger Mannigfaltigkeit den Geſang und die Harmonie eine Zeitlang in dem angenommenen Tone fortſeze, und am Ende darin beſchließe. Dieſes erfodert wenig Kunſt. Es kommt blos darauf an, daß gleich im Anfange der Ton durch den Klang ſeiner weſentli- chen Sayten, der Octao, Quint und Terz dem Ge- hoͤr eingepraͤget werde; hernach, daß der Geſang, ſo wie die Harmonie durch die verſchiedenen Toͤne der angenommenen Tonleiter durchgefuͤhrt, hinge- gegen keine derſelben fremde Toͤne, weder im Geſang noch in der Harmonie, gehoͤrt werden. Dabey iſt aber eine Mannigfaltigkeit von Accor- den nothwendig, damit das Gehoͤr die noͤthige Ab- wechslung empfinde. Man muß nicht, wie magere Harmoniſten thun, nur immer ſich auf zwey, oder drey (*) S. An- ordnung. S. 65. C c c c c 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 773[755]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/190>, abgerufen am 29.04.2024.