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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Pla Pli
nen -- mischt dieser Bube in die Rede, wodurch er
den Alten zu seinem Beystand ruft, die ärgften Possen
und niedrigsten Spöttereyen gegen den Alten selbst,
den er gewinnen will.

Te oro et quaeso, si speras tibi
Hoc anno multum suturum sirpe et Laserpitium
Atque ab lippitudine usque siccitas ut sit tibi.

Jn diesem abgeschmakten Ton fährt er, als ein leib-
hafter deutscher Hanswurst, eine ganze Weile fort,
eh' er seinen Antrag würklich eröffnet.

Ueberhaupt sind des Plautus Comödien bey allen
Schönheiten voll Fleken, womit sein comischer Muth-
willen sie besprüzt, und die er abzuwischen sich nicht
die geringste Mühe gegeben hat; vermuthlich, weil
er sie zur Belustigung des Pöbels brauchen konnte.
Da seine Stüke insgemein griechischen Jnhalts sind,
er aber sich die Mühe nicht genommen, die Einheit
des Charakters zu beobachten, geschieht es nicht sel-
ten, daß man den Areopagus und das Capitolium
zugleich im Gesichte hat, zugleich in Rom und in
Athen ist. Um die Beobachtung des Ueblichen be-
kümmert er sich eben so wenig, als jener Mahler,
der in dem Gemählde von dem Einzug Christi nach
Jerusalem, die Eselin mit einer Deke behängt hat,
worauf die Wapen der XIII Schweizer Cantone ge-
stikt waren. Jn seinem Amphitruo wird einer Geld-
sorte gedacht, die unter Philipp, Alexanders Vater
aufgekommen ist. Bisweilen läßt er den Schauspieh-
ler mitten im Spiehl, plözlich die Maske wegneh-
men, und ihn aus einem Jupiter, oder Merkur
den er vorstellt, zum Comödianten werden. Unge-
reimtheiten von dieser und mehr Arten kommen
häufig beym Plautus vor. Dessen ungeachtet wär
jede einzele seiner Comödien schon hinreichend uns
einen hohen Begriff von seinen Talenten für die co-
mische Bühne zu geben.

Plinthe.
(Baukunst.)

Ein platter Untersaz, der die Grundlage entweder
eines ganzen Gebäudes, oder irgend eines andern,
auf einem Fuße stehenden Theiles macht. Jn der
im Artikel Ganz (*) befindlichen Figur 2. ist der
Untersaz des Gebäudes die Plinthe, und in der im
Artikel Attischer Säulenfuß (*) befindlichen Figur
ist der Untersaz a. die Plinthe. Der Name kommt
von einem griechischen Wort, das eine Platte von
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Pli Poe
Ziegelstein, eine Fliese von gebrannter Erde bedeu-
tet; weil dergleichen Platten unter die Füße der
Säulen gelegt wurden. Jeder aufrechtstehender
Körper muß einen Fuß haben (*) und der unterste
Theil des Fußes, ist die Plinthe, die aber ofte, wie
in den meisten Häusern, wenn sie etwas hoch ist,
den Fuß selbst vertritt. Nicht nur, was die Rö-
mer Plinthus, sondern auch, was die Jtaliäner
Zoccolo, die Franzosen Zocle, das ist die Sohle
nennen, wird durchgehends von unsern Baumeistern
Plinthe genennt.

Man trift die Plinthe, als einen nothwendigen
Theil an, unter ganzen Gebäuden, an denen sie
den Fuß vorstellt; unter Postamenten und Säulen-
füßen, wo sie die Fußsohle vorstellt; unter Posten
und Pfeilern, deren Fuß sie ausmacht; und unter
Dokengeländern, unter denen sie eine durchgehende
allgemeine Unterlage vorstellt. Es ist ein wesent-
licher Fehler, wenn einem Hause die Plinthe fehlet,
und die Mauren unmittelbar auf der Erde stehen;
weil auf diese Weise dem ganzen Gebäude sein unter-
stes Ende fehlet. (*)

Poetisch; Poetische Sprache.

Poetisch nennt man jede Sache deren Art, oder
Charakter sich zum Gedicht schikt. Eine poetische
Phantasie, ein poetischer Einfall, ein poetischer Aus-
druk. Wir haben in verschiedenen Artikeln dieses
Werks den poetischen Charakter mancherley Eigen-
schaften und Gegenstände betrachtet; als z. B. das
poetische Genie, den poetischen Stoff, die poetische
Behandlung eines Stoffes und dergleichen. Dieser
Artikel ist der Betrachtung der poetischen Sprach
gewidmet, dem was die französischen Kunstrichter
poesie du Stile nennen.

Man sieht überhaupt, daß sowol der dauernde
Gemüthscharakter, als der vorübergehende launige
oder leidenschaftliche Zustand des Menschen, einen
merklichen Einflus auf seinen Ausdruk und seine
Art zu sprechen haben. Wie also die Sprach eines
spaßhaften Menschen im Ausdruk und in den Wen-
dungen etwas von diesem Charakter hat, so bekommt
sie auch durch das poetische Genie überhaupt, denn
besonders durch die Art der Laune, oder der Begei-
sterung, darin der Dichter sich jedesmal befindet,
ein besonderes Gepräg, und wird zur poetischen
Sprache.

Da
(*) S.
419.
(*) S. 83.
(*) S.
Fuß. S.
413.
(*) S.
Ganz.

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Pla Pli
nen — miſcht dieſer Bube in die Rede, wodurch er
den Alten zu ſeinem Beyſtand ruft, die aͤrgften Poſſen
und niedrigſten Spoͤttereyen gegen den Alten ſelbſt,
den er gewinnen will.

Te oro et quæſo, ſi ſperas tibi
Hoc anno multum ſuturum ſirpe et Laſerpitium
Atque ab lippitudine uſque ſiccitas ut ſit tibi.

Jn dieſem abgeſchmakten Ton faͤhrt er, als ein leib-
hafter deutſcher Hanswurſt, eine ganze Weile fort,
eh’ er ſeinen Antrag wuͤrklich eroͤffnet.

Ueberhaupt ſind des Plautus Comoͤdien bey allen
Schoͤnheiten voll Fleken, womit ſein comiſcher Muth-
willen ſie beſpruͤzt, und die er abzuwiſchen ſich nicht
die geringſte Muͤhe gegeben hat; vermuthlich, weil
er ſie zur Beluſtigung des Poͤbels brauchen konnte.
Da ſeine Stuͤke insgemein griechiſchen Jnhalts ſind,
er aber ſich die Muͤhe nicht genommen, die Einheit
des Charakters zu beobachten, geſchieht es nicht ſel-
ten, daß man den Areopagus und das Capitolium
zugleich im Geſichte hat, zugleich in Rom und in
Athen iſt. Um die Beobachtung des Ueblichen be-
kuͤmmert er ſich eben ſo wenig, als jener Mahler,
der in dem Gemaͤhlde von dem Einzug Chriſti nach
Jeruſalem, die Eſelin mit einer Deke behaͤngt hat,
worauf die Wapen der XIII Schweizer Cantone ge-
ſtikt waren. Jn ſeinem Amphitruo wird einer Geld-
ſorte gedacht, die unter Philipp, Alexanders Vater
aufgekommen iſt. Bisweilen laͤßt er den Schauſpieh-
ler mitten im Spiehl, ploͤzlich die Maske wegneh-
men, und ihn aus einem Jupiter, oder Merkur
den er vorſtellt, zum Comoͤdianten werden. Unge-
reimtheiten von dieſer und mehr Arten kommen
haͤufig beym Plautus vor. Deſſen ungeachtet waͤr
jede einzele ſeiner Comoͤdien ſchon hinreichend uns
einen hohen Begriff von ſeinen Talenten fuͤr die co-
miſche Buͤhne zu geben.

Plinthe.
(Baukunſt.)

Ein platter Unterſaz, der die Grundlage entweder
eines ganzen Gebaͤudes, oder irgend eines andern,
auf einem Fuße ſtehenden Theiles macht. Jn der
im Artikel Ganz (*) befindlichen Figur 2. iſt der
Unterſaz des Gebaͤudes die Plinthe, und in der im
Artikel Attiſcher Saͤulenfuß (*) befindlichen Figur
iſt der Unterſaz a. die Plinthe. Der Name kommt
von einem griechiſchen Wort, das eine Platte von
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Pli Poe
Ziegelſtein, eine Flieſe von gebrannter Erde bedeu-
tet; weil dergleichen Platten unter die Fuͤße der
Saͤulen gelegt wurden. Jeder aufrechtſtehender
Koͤrper muß einen Fuß haben (*) und der unterſte
Theil des Fußes, iſt die Plinthe, die aber ofte, wie
in den meiſten Haͤuſern, wenn ſie etwas hoch iſt,
den Fuß ſelbſt vertritt. Nicht nur, was die Roͤ-
mer Plinthus, ſondern auch, was die Jtaliaͤner
Zoccolo, die Franzoſen Zocle, das iſt die Sohle
nennen, wird durchgehends von unſern Baumeiſtern
Plinthe genennt.

Man trift die Plinthe, als einen nothwendigen
Theil an, unter ganzen Gebaͤuden, an denen ſie
den Fuß vorſtellt; unter Poſtamenten und Saͤulen-
fuͤßen, wo ſie die Fußſohle vorſtellt; unter Poſten
und Pfeilern, deren Fuß ſie ausmacht; und unter
Dokengelaͤndern, unter denen ſie eine durchgehende
allgemeine Unterlage vorſtellt. Es iſt ein weſent-
licher Fehler, wenn einem Hauſe die Plinthe fehlet,
und die Mauren unmittelbar auf der Erde ſtehen;
weil auf dieſe Weiſe dem ganzen Gebaͤude ſein unter-
ſtes Ende fehlet. (*)

Poetiſch; Poetiſche Sprache.

Poetiſch nennt man jede Sache deren Art, oder
Charakter ſich zum Gedicht ſchikt. Eine poetiſche
Phantaſie, ein poetiſcher Einfall, ein poetiſcher Aus-
druk. Wir haben in verſchiedenen Artikeln dieſes
Werks den poetiſchen Charakter mancherley Eigen-
ſchaften und Gegenſtaͤnde betrachtet; als z. B. das
poetiſche Genie, den poetiſchen Stoff, die poetiſche
Behandlung eines Stoffes und dergleichen. Dieſer
Artikel iſt der Betrachtung der poetiſchen Sprach
gewidmet, dem was die franzoͤſiſchen Kunſtrichter
poeſie du Stile nennen.

Man ſieht uͤberhaupt, daß ſowol der dauernde
Gemuͤthscharakter, als der voruͤbergehende launige
oder leidenſchaftliche Zuſtand des Menſchen, einen
merklichen Einflus auf ſeinen Ausdruk und ſeine
Art zu ſprechen haben. Wie alſo die Sprach eines
ſpaßhaften Menſchen im Ausdruk und in den Wen-
dungen etwas von dieſem Charakter hat, ſo bekommt
ſie auch durch das poetiſche Genie uͤberhaupt, denn
beſonders durch die Art der Laune, oder der Begei-
ſterung, darin der Dichter ſich jedesmal befindet,
ein beſonderes Gepraͤg, und wird zur poetiſchen
Sprache.

Da
(*) S.
419.
(*) S. 83.
(*) S.
Fuß. S.
413.
(*) S.
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[910[892]/0328] Pla Pli Pli Poe nen — miſcht dieſer Bube in die Rede, wodurch er den Alten zu ſeinem Beyſtand ruft, die aͤrgften Poſſen und niedrigſten Spoͤttereyen gegen den Alten ſelbſt, den er gewinnen will. Te oro et quæſo, ſi ſperas tibi Hoc anno multum ſuturum ſirpe et Laſerpitium Atque ab lippitudine uſque ſiccitas ut ſit tibi. Jn dieſem abgeſchmakten Ton faͤhrt er, als ein leib- hafter deutſcher Hanswurſt, eine ganze Weile fort, eh’ er ſeinen Antrag wuͤrklich eroͤffnet. Ueberhaupt ſind des Plautus Comoͤdien bey allen Schoͤnheiten voll Fleken, womit ſein comiſcher Muth- willen ſie beſpruͤzt, und die er abzuwiſchen ſich nicht die geringſte Muͤhe gegeben hat; vermuthlich, weil er ſie zur Beluſtigung des Poͤbels brauchen konnte. Da ſeine Stuͤke insgemein griechiſchen Jnhalts ſind, er aber ſich die Muͤhe nicht genommen, die Einheit des Charakters zu beobachten, geſchieht es nicht ſel- ten, daß man den Areopagus und das Capitolium zugleich im Geſichte hat, zugleich in Rom und in Athen iſt. Um die Beobachtung des Ueblichen be- kuͤmmert er ſich eben ſo wenig, als jener Mahler, der in dem Gemaͤhlde von dem Einzug Chriſti nach Jeruſalem, die Eſelin mit einer Deke behaͤngt hat, worauf die Wapen der XIII Schweizer Cantone ge- ſtikt waren. Jn ſeinem Amphitruo wird einer Geld- ſorte gedacht, die unter Philipp, Alexanders Vater aufgekommen iſt. Bisweilen laͤßt er den Schauſpieh- ler mitten im Spiehl, ploͤzlich die Maske wegneh- men, und ihn aus einem Jupiter, oder Merkur den er vorſtellt, zum Comoͤdianten werden. Unge- reimtheiten von dieſer und mehr Arten kommen haͤufig beym Plautus vor. Deſſen ungeachtet waͤr jede einzele ſeiner Comoͤdien ſchon hinreichend uns einen hohen Begriff von ſeinen Talenten fuͤr die co- miſche Buͤhne zu geben. Plinthe. (Baukunſt.) Ein platter Unterſaz, der die Grundlage entweder eines ganzen Gebaͤudes, oder irgend eines andern, auf einem Fuße ſtehenden Theiles macht. Jn der im Artikel Ganz (*) befindlichen Figur 2. iſt der Unterſaz des Gebaͤudes die Plinthe, und in der im Artikel Attiſcher Saͤulenfuß (*) befindlichen Figur iſt der Unterſaz a. die Plinthe. Der Name kommt von einem griechiſchen Wort, das eine Platte von Ziegelſtein, eine Flieſe von gebrannter Erde bedeu- tet; weil dergleichen Platten unter die Fuͤße der Saͤulen gelegt wurden. Jeder aufrechtſtehender Koͤrper muß einen Fuß haben (*) und der unterſte Theil des Fußes, iſt die Plinthe, die aber ofte, wie in den meiſten Haͤuſern, wenn ſie etwas hoch iſt, den Fuß ſelbſt vertritt. Nicht nur, was die Roͤ- mer Plinthus, ſondern auch, was die Jtaliaͤner Zoccolo, die Franzoſen Zocle, das iſt die Sohle nennen, wird durchgehends von unſern Baumeiſtern Plinthe genennt. Man trift die Plinthe, als einen nothwendigen Theil an, unter ganzen Gebaͤuden, an denen ſie den Fuß vorſtellt; unter Poſtamenten und Saͤulen- fuͤßen, wo ſie die Fußſohle vorſtellt; unter Poſten und Pfeilern, deren Fuß ſie ausmacht; und unter Dokengelaͤndern, unter denen ſie eine durchgehende allgemeine Unterlage vorſtellt. Es iſt ein weſent- licher Fehler, wenn einem Hauſe die Plinthe fehlet, und die Mauren unmittelbar auf der Erde ſtehen; weil auf dieſe Weiſe dem ganzen Gebaͤude ſein unter- ſtes Ende fehlet. (*) Poetiſch; Poetiſche Sprache. Poetiſch nennt man jede Sache deren Art, oder Charakter ſich zum Gedicht ſchikt. Eine poetiſche Phantaſie, ein poetiſcher Einfall, ein poetiſcher Aus- druk. Wir haben in verſchiedenen Artikeln dieſes Werks den poetiſchen Charakter mancherley Eigen- ſchaften und Gegenſtaͤnde betrachtet; als z. B. das poetiſche Genie, den poetiſchen Stoff, die poetiſche Behandlung eines Stoffes und dergleichen. Dieſer Artikel iſt der Betrachtung der poetiſchen Sprach gewidmet, dem was die franzoͤſiſchen Kunſtrichter poeſie du Stile nennen. Man ſieht uͤberhaupt, daß ſowol der dauernde Gemuͤthscharakter, als der voruͤbergehende launige oder leidenſchaftliche Zuſtand des Menſchen, einen merklichen Einflus auf ſeinen Ausdruk und ſeine Art zu ſprechen haben. Wie alſo die Sprach eines ſpaßhaften Menſchen im Ausdruk und in den Wen- dungen etwas von dieſem Charakter hat, ſo bekommt ſie auch durch das poetiſche Genie uͤberhaupt, denn beſonders durch die Art der Laune, oder der Begei- ſterung, darin der Dichter ſich jedesmal befindet, ein beſonderes Gepraͤg, und wird zur poetiſchen Sprache. Da (*) S. 419. (*) S. 83. (*) S. Fuß. S. 413. (*) S. Ganz.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 910[892]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/328>, abgerufen am 29.04.2024.