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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Say
wenn man das Fusgesims und den Kranz der Po-
stamente durch die ganze Mauer fortlaufen läßt.
Dadurch werden alle Säulen auf eine weit bessere
Art mit einander verbunden. Goldmann hat gar
wol angemerkt, daß es sehr übel steht, wenn in
obern Geschossen die Säulenstühle durch dazwischen
liegende Fenster getrennt werden. Dieses wird durch
die Verbindung derselben mit der Mauer vermieden.

Das Postament hat drey Theile, den Fuß, den
Würfel, und den Dekel. Den Würfel macht Gold-
mann immer vollkommen Cubisch von 23/4 Model die
Seite, der Fuß und Dekel werden nach den Ord-
nungen verändert.

Sayte.
(Musik.)

Die genaue Untersuchung dessen, was bey dem
Klang einer stark gespannten Sayte theils durch
Beobachtung, theils durch Rechnungen kann entde-
ket werden, hat in der Theorie der Musik so vielfa-
chen Nuzen, daß die klingende Sayte hier einen be-
sondern Artikel verdienet.

Aus genauer Beobachtung dieser Sayte hat man
gelernt, woher eigentlich der Unterschied zwischen
Schall und Klang komme, und daß bey diesem ein-
zele Schläge so schnell auf einander folgen, daß der
Zeitraum von einem Schlag zum andern unmerklich
wird. (*) Der Klang einer stark gespannten Sayte
wird durch die sehr schnellen Schwingungen, oder
das schnelle hin- und her- Fahren der Sayte ver-
ursachet. Je schneller diese Schwingungen auf ein-
ander folgen, je höher wird der Ton.

Aus dieser Entdekung hat man den Vortheil ge-
zogen, daß man sowol die absolute Höhe eines To-
nes, als die relative oder verhältnißmäßige Höhe
zweyer Töne gegeneinander, das ist, die Größe der
Jntervalle, durch Zahlen ausdruken konnte. Näm-
lich die Töne verhalten sich in Absicht auf ihre Höhe
gegeneinander, wie die Zahlen der Schläge, oder
Schwingungen, welche die Sayten in einerley Zeit
machen. Wenn also eine Sayte zwey- drey- vier-
hundert Schläge thut, in eben der Zeit, da eine an-
dere nur ein hundert macht, so ist der Ton jener
Sayte zwey, drey, oder viermal höher als der an-
dere. Und hierauf gründet sich die ganze Berech-
nung der Töne. (*)

Wenn man alles, was zu diesen Berechnungen
gehört, verstehen will, so muß man sich einen einzi-
[Spaltenumbruch]

Say
gen Saz, dessen Wahrheit die Mathematiker, nach
ihrer Art, strenge bewiesen haben, genau bekannt
machen. Deswegen wollen wir diesen Saz hier
deutlich vortragen.

Man stelle sich zwey wolgespannte Sayten von
einerley Materie, als Kupfer- oder Silberdrat, vor.
Wenn beyde gleichlang, gleichdik und gleichstark ge-
spannt sind, auch gleichstark gezupft, oder angeschla-
gen werden, so begreift man, daß sie im Unisonus
klingen müssen; weil bey der einen alles ist, wie
bey der anderen. Jederman weiß aber, daß der Un-
terschied zwischen etwas stärkern und schwächern Zu-
pfen der Sayte ihren Ton in Absicht auf die Höhe
nicht ändere, folglich kann dieser Umstand weggelas-
sen werden. Also bleiben in Absicht auf die Höhe
des Tones, der hier allein in Betrachtung kommt,
nur noch drey Umstände übrig, wodurch sie be-
stimmt wird. 1. Die Längen der Sayten; 2. ihre
Dikken, 3. ihre Spannungen. Wird in einem
dieser Umstände etwas verändert, so leidet auch
die Höhe des Tones eine Veränderung. Damit
man aber deutlich sehe, was für Veränderung in der
Höhe des Tones durch Aenderung eines der bemeld-
ten drey Stüke verursachet werde, muß man das
allgemeine Gesez von den Schwingungen solcher
Sayten vor Augen haben. Dieses Gesez drükt Eu-
ler
(*) durch folgende symbolische Vorstellung aus
u = , deren Sinn wir vor allen Din-
gen erklären müssen.

Durch u wird die Anzahl der Schwingungen aus-
gedrükt, die die gezupfte Sayte in einer Secunde
Zeit macht. Durch n wird die Stärke der Span-
nung der Sayte angedeutet. Sie muß aber durch
ein Gewicht so ausgedrükt werden, daß n anzeiget,
wie vielmahl es das Gewichte der Sayte übersteigt.
Durch a wird die Länge der Sayte ausgedrükt, und
wenn man obiges Grundgesez ganz auf Zahlen brin-
gen will, so muß diese Länge nach Scrupeln des
Rheinländischen Fußes gemessen werden, deren 1000
einen Fuß ausmachen. Wenn also die Sayte drey
und einen halben Fuß lang wäre, so müßte man
statt a, die Zahl 3500 sezen. Endlich ist noch zu
merken, daß das Zeichen sqrt so viel bedeute, daß man
von der Zahl vor welcher es siehet, die Quadrat-
wurzel nehmen müsse. Dieses vorausgesezt, wollen
wir nun zeigen, was für einen Gebrauch man von
dem angeführten Grundgesez machen könne.

Wenn
(*) S.
Klang.
(*) S.
Klang.
Harmonie.
(*) S.
Euleri ten-
tamen no-
vae theoriae
Musicae.
p.
6.
J i i i i i 3

[Spaltenumbruch]

Say
wenn man das Fusgeſims und den Kranz der Po-
ſtamente durch die ganze Mauer fortlaufen laͤßt.
Dadurch werden alle Saͤulen auf eine weit beſſere
Art mit einander verbunden. Goldmann hat gar
wol angemerkt, daß es ſehr uͤbel ſteht, wenn in
obern Geſchoſſen die Saͤulenſtuͤhle durch dazwiſchen
liegende Fenſter getrennt werden. Dieſes wird durch
die Verbindung derſelben mit der Mauer vermieden.

Das Poſtament hat drey Theile, den Fuß, den
Wuͤrfel, und den Dekel. Den Wuͤrfel macht Gold-
mann immer vollkommen Cubiſch von 2¾ Model die
Seite, der Fuß und Dekel werden nach den Ord-
nungen veraͤndert.

Sayte.
(Muſik.)

Die genaue Unterſuchung deſſen, was bey dem
Klang einer ſtark geſpannten Sayte theils durch
Beobachtung, theils durch Rechnungen kann entde-
ket werden, hat in der Theorie der Muſik ſo vielfa-
chen Nuzen, daß die klingende Sayte hier einen be-
ſondern Artikel verdienet.

Aus genauer Beobachtung dieſer Sayte hat man
gelernt, woher eigentlich der Unterſchied zwiſchen
Schall und Klang komme, und daß bey dieſem ein-
zele Schlaͤge ſo ſchnell auf einander folgen, daß der
Zeitraum von einem Schlag zum andern unmerklich
wird. (*) Der Klang einer ſtark geſpannten Sayte
wird durch die ſehr ſchnellen Schwingungen, oder
das ſchnelle hin- und her- Fahren der Sayte ver-
urſachet. Je ſchneller dieſe Schwingungen auf ein-
ander folgen, je hoͤher wird der Ton.

Aus dieſer Entdekung hat man den Vortheil ge-
zogen, daß man ſowol die abſolute Hoͤhe eines To-
nes, als die relative oder verhaͤltnißmaͤßige Hoͤhe
zweyer Toͤne gegeneinander, das iſt, die Groͤße der
Jntervalle, durch Zahlen ausdruken konnte. Naͤm-
lich die Toͤne verhalten ſich in Abſicht auf ihre Hoͤhe
gegeneinander, wie die Zahlen der Schlaͤge, oder
Schwingungen, welche die Sayten in einerley Zeit
machen. Wenn alſo eine Sayte zwey- drey- vier-
hundert Schlaͤge thut, in eben der Zeit, da eine an-
dere nur ein hundert macht, ſo iſt der Ton jener
Sayte zwey, drey, oder viermal hoͤher als der an-
dere. Und hierauf gruͤndet ſich die ganze Berech-
nung der Toͤne. (*)

Wenn man alles, was zu dieſen Berechnungen
gehoͤrt, verſtehen will, ſo muß man ſich einen einzi-
[Spaltenumbruch]

Say
gen Saz, deſſen Wahrheit die Mathematiker, nach
ihrer Art, ſtrenge bewieſen haben, genau bekannt
machen. Deswegen wollen wir dieſen Saz hier
deutlich vortragen.

Man ſtelle ſich zwey wolgeſpannte Sayten von
einerley Materie, als Kupfer- oder Silberdrat, vor.
Wenn beyde gleichlang, gleichdik und gleichſtark ge-
ſpannt ſind, auch gleichſtark gezupft, oder angeſchla-
gen werden, ſo begreift man, daß ſie im Uniſonus
klingen muͤſſen; weil bey der einen alles iſt, wie
bey der anderen. Jederman weiß aber, daß der Un-
terſchied zwiſchen etwas ſtaͤrkern und ſchwaͤchern Zu-
pfen der Sayte ihren Ton in Abſicht auf die Hoͤhe
nicht aͤndere, folglich kann dieſer Umſtand weggelaſ-
ſen werden. Alſo bleiben in Abſicht auf die Hoͤhe
des Tones, der hier allein in Betrachtung kommt,
nur noch drey Umſtaͤnde uͤbrig, wodurch ſie be-
ſtimmt wird. 1. Die Laͤngen der Sayten; 2. ihre
Dikken, 3. ihre Spannungen. Wird in einem
dieſer Umſtaͤnde etwas veraͤndert, ſo leidet auch
die Hoͤhe des Tones eine Veraͤnderung. Damit
man aber deutlich ſehe, was fuͤr Veraͤnderung in der
Hoͤhe des Tones durch Aenderung eines der bemeld-
ten drey Stuͤke verurſachet werde, muß man das
allgemeine Geſez von den Schwingungen ſolcher
Sayten vor Augen haben. Dieſes Geſez druͤkt Eu-
ler
(*) durch folgende ſymboliſche Vorſtellung aus
υ = , deren Sinn wir vor allen Din-
gen erklaͤren muͤſſen.

Durch υ wird die Anzahl der Schwingungen aus-
gedruͤkt, die die gezupfte Sayte in einer Secunde
Zeit macht. Durch n wird die Staͤrke der Span-
nung der Sayte angedeutet. Sie muß aber durch
ein Gewicht ſo ausgedruͤkt werden, daß n anzeiget,
wie vielmahl es das Gewichte der Sayte uͤberſteigt.
Durch a wird die Laͤnge der Sayte ausgedruͤkt, und
wenn man obiges Grundgeſez ganz auf Zahlen brin-
gen will, ſo muß dieſe Laͤnge nach Scrupeln des
Rheinlaͤndiſchen Fußes gemeſſen werden, deren 1000
einen Fuß ausmachen. Wenn alſo die Sayte drey
und einen halben Fuß lang waͤre, ſo muͤßte man
ſtatt a, die Zahl 3500 ſezen. Endlich iſt noch zu
merken, daß das Zeichen √ ſo viel bedeute, daß man
von der Zahl vor welcher es ſiehet, die Quadrat-
wurzel nehmen muͤſſe. Dieſes vorausgeſezt, wollen
wir nun zeigen, was fuͤr einen Gebrauch man von
dem angefuͤhrten Grundgeſez machen koͤnne.

Wenn
(*) S.
Klang.
(*) S.
Klang.
Harmonie.
(*) S.
Euleri ten-
tamen no-
væ theoriæ
Muſicæ.
p.
6.
J i i i i i 3
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[1007[989]/0436] Say Say wenn man das Fusgeſims und den Kranz der Po- ſtamente durch die ganze Mauer fortlaufen laͤßt. Dadurch werden alle Saͤulen auf eine weit beſſere Art mit einander verbunden. Goldmann hat gar wol angemerkt, daß es ſehr uͤbel ſteht, wenn in obern Geſchoſſen die Saͤulenſtuͤhle durch dazwiſchen liegende Fenſter getrennt werden. Dieſes wird durch die Verbindung derſelben mit der Mauer vermieden. Das Poſtament hat drey Theile, den Fuß, den Wuͤrfel, und den Dekel. Den Wuͤrfel macht Gold- mann immer vollkommen Cubiſch von 2¾ Model die Seite, der Fuß und Dekel werden nach den Ord- nungen veraͤndert. Sayte. (Muſik.) Die genaue Unterſuchung deſſen, was bey dem Klang einer ſtark geſpannten Sayte theils durch Beobachtung, theils durch Rechnungen kann entde- ket werden, hat in der Theorie der Muſik ſo vielfa- chen Nuzen, daß die klingende Sayte hier einen be- ſondern Artikel verdienet. Aus genauer Beobachtung dieſer Sayte hat man gelernt, woher eigentlich der Unterſchied zwiſchen Schall und Klang komme, und daß bey dieſem ein- zele Schlaͤge ſo ſchnell auf einander folgen, daß der Zeitraum von einem Schlag zum andern unmerklich wird. (*) Der Klang einer ſtark geſpannten Sayte wird durch die ſehr ſchnellen Schwingungen, oder das ſchnelle hin- und her- Fahren der Sayte ver- urſachet. Je ſchneller dieſe Schwingungen auf ein- ander folgen, je hoͤher wird der Ton. Aus dieſer Entdekung hat man den Vortheil ge- zogen, daß man ſowol die abſolute Hoͤhe eines To- nes, als die relative oder verhaͤltnißmaͤßige Hoͤhe zweyer Toͤne gegeneinander, das iſt, die Groͤße der Jntervalle, durch Zahlen ausdruken konnte. Naͤm- lich die Toͤne verhalten ſich in Abſicht auf ihre Hoͤhe gegeneinander, wie die Zahlen der Schlaͤge, oder Schwingungen, welche die Sayten in einerley Zeit machen. Wenn alſo eine Sayte zwey- drey- vier- hundert Schlaͤge thut, in eben der Zeit, da eine an- dere nur ein hundert macht, ſo iſt der Ton jener Sayte zwey, drey, oder viermal hoͤher als der an- dere. Und hierauf gruͤndet ſich die ganze Berech- nung der Toͤne. (*) Wenn man alles, was zu dieſen Berechnungen gehoͤrt, verſtehen will, ſo muß man ſich einen einzi- gen Saz, deſſen Wahrheit die Mathematiker, nach ihrer Art, ſtrenge bewieſen haben, genau bekannt machen. Deswegen wollen wir dieſen Saz hier deutlich vortragen. Man ſtelle ſich zwey wolgeſpannte Sayten von einerley Materie, als Kupfer- oder Silberdrat, vor. Wenn beyde gleichlang, gleichdik und gleichſtark ge- ſpannt ſind, auch gleichſtark gezupft, oder angeſchla- gen werden, ſo begreift man, daß ſie im Uniſonus klingen muͤſſen; weil bey der einen alles iſt, wie bey der anderen. Jederman weiß aber, daß der Un- terſchied zwiſchen etwas ſtaͤrkern und ſchwaͤchern Zu- pfen der Sayte ihren Ton in Abſicht auf die Hoͤhe nicht aͤndere, folglich kann dieſer Umſtand weggelaſ- ſen werden. Alſo bleiben in Abſicht auf die Hoͤhe des Tones, der hier allein in Betrachtung kommt, nur noch drey Umſtaͤnde uͤbrig, wodurch ſie be- ſtimmt wird. 1. Die Laͤngen der Sayten; 2. ihre Dikken, 3. ihre Spannungen. Wird in einem dieſer Umſtaͤnde etwas veraͤndert, ſo leidet auch die Hoͤhe des Tones eine Veraͤnderung. Damit man aber deutlich ſehe, was fuͤr Veraͤnderung in der Hoͤhe des Tones durch Aenderung eines der bemeld- ten drey Stuͤke verurſachet werde, muß man das allgemeine Geſez von den Schwingungen ſolcher Sayten vor Augen haben. Dieſes Geſez druͤkt Eu- ler (*) durch folgende ſymboliſche Vorſtellung aus υ = [FORMEL], deren Sinn wir vor allen Din- gen erklaͤren muͤſſen. Durch υ wird die Anzahl der Schwingungen aus- gedruͤkt, die die gezupfte Sayte in einer Secunde Zeit macht. Durch n wird die Staͤrke der Span- nung der Sayte angedeutet. Sie muß aber durch ein Gewicht ſo ausgedruͤkt werden, daß n anzeiget, wie vielmahl es das Gewichte der Sayte uͤberſteigt. Durch a wird die Laͤnge der Sayte ausgedruͤkt, und wenn man obiges Grundgeſez ganz auf Zahlen brin- gen will, ſo muß dieſe Laͤnge nach Scrupeln des Rheinlaͤndiſchen Fußes gemeſſen werden, deren 1000 einen Fuß ausmachen. Wenn alſo die Sayte drey und einen halben Fuß lang waͤre, ſo muͤßte man ſtatt a, die Zahl 3500 ſezen. Endlich iſt noch zu merken, daß das Zeichen √ ſo viel bedeute, daß man von der Zahl vor welcher es ſiehet, die Quadrat- wurzel nehmen muͤſſe. Dieſes vorausgeſezt, wollen wir nun zeigen, was fuͤr einen Gebrauch man von dem angefuͤhrten Grundgeſez machen koͤnne. Wenn (*) S. Klang. (*) S. Klang. Harmonie. (*) S. Euleri ten- tamen no- væ theoriæ Muſicæ. p. 6. J i i i i i 3

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1007[989]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/436>, abgerufen am 29.04.2024.