Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Wort Heil. Schrift.
Rechnung bringen. Ubi plura nitent in Car-
mine, non ego paucis offendar maculis.

Jeder wahrer Schriftforscher, derglei-
chen Cocoejus im hohen Grad war, muß glau-
ben, daß die Stellen Heil. Schrift nach Matth.
5. v. 18. überreich und voll Geistes seyen,
erstlich intensive, nach der zusammen gezogenen
Kraft; Zweitens, extensive, nach der Aus-
breitung; Drittens, protensive, nach der per-
spectivischen Aussicht auf alle Zeiten, und end-
lich spiritualiter, auf alle geistliche Stände:
Daher kann jeder Heyls-begieriger etwas dar-
innen mit Grund sehen, welches ein anderer
nicht siehet, der eine sieht nach der Kraft, der
andere nach der Ausbreitung, und so ferner.
Durch Sensum intensum, extensum, proten-
sum
wird der geistliche Sinn am meisten erzielt.

Hans Engelbrecht sagt, er habe im Augen-
blick durch einen Englischen Verstand, ohne
räumliche Worte, der ganzen Heil. Schrift
Sinn ergriffen. Er hat also Sensum inten-
sum
und Sensum spiritualem zumahl erblickt,
aber nicht allen Sensum literalem aller Stellen.
Jn jedem Spruch liegt etwas davon, ja in je-
dem liegt auch das ganze, wann es pur und
geistlich genommen wird, also seynd so viel
geistliche Sinn, als ohne Widerspruch dar-
innen können gefunden werden. Aber con-
traire Sensus
können es nicht seyn, es kann
wohl contrair scheinen, aber es ist nicht. Z Ex.
im Luca sagt JEsus: Die Weisheit seye von

allen
Q 5

Von dem Wort Heil. Schrift.
Rechnung bringen. Ubi plura nitent in Car-
mine, non ego paucis offendar maculis.

Jeder wahrer Schriftforſcher, derglei-
chen Cocoejus im hohen Grad war, muß glau-
ben, daß die Stellen Heil. Schrift nach Matth.
5. v. 18. uͤberreich und voll Geiſtes ſeyen,
erſtlich intenſive, nach der zuſammen gezogenen
Kraft; Zweitens, extenſive, nach der Aus-
breitung; Drittens, protenſive, nach der per-
ſpectiviſchen Ausſicht auf alle Zeiten, und end-
lich ſpiritualiter, auf alle geiſtliche Staͤnde:
Daher kann jeder Heyls-begieriger etwas dar-
innen mit Grund ſehen, welches ein anderer
nicht ſiehet, der eine ſieht nach der Kraft, der
andere nach der Ausbreitung, und ſo ferner.
Durch Senſum intenſum, extenſum, proten-
ſum
wird der geiſtliche Sinn am meiſten erzielt.

Hans Engelbrecht ſagt, er habe im Augen-
blick durch einen Engliſchen Verſtand, ohne
raͤumliche Worte, der ganzen Heil. Schrift
Sinn ergriffen. Er hat alſo Senſum inten-
ſum
und Senſum ſpiritualem zumahl erblickt,
aber nicht allen Senſum literalem aller Stellen.
Jn jedem Spruch liegt etwas davon, ja in je-
dem liegt auch das ganze, wann es pur und
geiſtlich genommen wird, alſo ſeynd ſo viel
geiſtliche Sinn, als ohne Widerſpruch dar-
innen koͤnnen gefunden werden. Aber con-
traire Senſus
koͤnnen es nicht ſeyn, es kann
wohl contrair ſcheinen, aber es iſt nicht. Z Ex.
im Luca ſagt JEſus: Die Weisheit ſeye von

allen
Q 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0249" n="249"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Wort Heil. Schrift.</hi></fw><lb/>
Rechnung bringen. <hi rendition="#aq">Ubi plura nitent in Car-<lb/>
mine, non ego paucis offendar maculis.</hi></p><lb/>
          <p>Jeder wahrer Schriftfor&#x017F;cher, derglei-<lb/>
chen <hi rendition="#aq">Cocoejus</hi> im hohen Grad war, muß glau-<lb/>
ben, daß die Stellen Heil. Schrift nach Matth.<lb/>
5. v. 18. u&#x0364;berreich und voll Gei&#x017F;tes &#x017F;eyen,<lb/>
er&#x017F;tlich <hi rendition="#aq">inten&#x017F;ive,</hi> nach der zu&#x017F;ammen gezogenen<lb/>
Kraft; Zweitens, <hi rendition="#aq">exten&#x017F;ive,</hi> nach der Aus-<lb/>
breitung; Drittens, <hi rendition="#aq">proten&#x017F;ive,</hi> nach der per-<lb/>
&#x017F;pectivi&#x017F;chen Aus&#x017F;icht auf alle Zeiten, und end-<lb/>
lich <hi rendition="#aq">&#x017F;piritualiter,</hi> auf alle gei&#x017F;tliche Sta&#x0364;nde:<lb/>
Daher kann jeder Heyls-begieriger etwas dar-<lb/>
innen mit Grund &#x017F;ehen, welches ein anderer<lb/>
nicht &#x017F;iehet, der eine &#x017F;ieht nach der Kraft, der<lb/>
andere nach der Ausbreitung, und &#x017F;o ferner.<lb/>
Durch <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;um inten&#x017F;um, exten&#x017F;um, proten-<lb/>
&#x017F;um</hi> wird der gei&#x017F;tliche Sinn am mei&#x017F;ten erzielt.</p><lb/>
          <p>Hans Engelbrecht &#x017F;agt, er habe im Augen-<lb/>
blick durch einen Engli&#x017F;chen Ver&#x017F;tand, ohne<lb/>
ra&#x0364;umliche Worte, der ganzen Heil. Schrift<lb/>
Sinn ergriffen. Er hat al&#x017F;o <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;um inten-<lb/>
&#x017F;um</hi> und <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;um &#x017F;piritualem</hi> zumahl erblickt,<lb/>
aber nicht allen <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;um literalem</hi> aller Stellen.<lb/>
Jn jedem Spruch liegt etwas davon, ja in je-<lb/>
dem liegt auch das ganze, wann es pur und<lb/>
gei&#x017F;tlich genommen wird, al&#x017F;o &#x017F;eynd &#x017F;o viel<lb/>
gei&#x017F;tliche Sinn, als ohne Wider&#x017F;pruch dar-<lb/>
innen ko&#x0364;nnen gefunden werden. Aber <hi rendition="#aq">con-<lb/>
traire Sen&#x017F;us</hi> ko&#x0364;nnen es nicht &#x017F;eyn, es kann<lb/>
wohl <hi rendition="#aq">contrair</hi> &#x017F;cheinen, aber es i&#x017F;t nicht. Z Ex.<lb/>
im Luca &#x017F;agt JE&#x017F;us: Die Weisheit &#x017F;eye von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 5</fw><fw place="bottom" type="catch">allen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0249] Von dem Wort Heil. Schrift. Rechnung bringen. Ubi plura nitent in Car- mine, non ego paucis offendar maculis. Jeder wahrer Schriftforſcher, derglei- chen Cocoejus im hohen Grad war, muß glau- ben, daß die Stellen Heil. Schrift nach Matth. 5. v. 18. uͤberreich und voll Geiſtes ſeyen, erſtlich intenſive, nach der zuſammen gezogenen Kraft; Zweitens, extenſive, nach der Aus- breitung; Drittens, protenſive, nach der per- ſpectiviſchen Ausſicht auf alle Zeiten, und end- lich ſpiritualiter, auf alle geiſtliche Staͤnde: Daher kann jeder Heyls-begieriger etwas dar- innen mit Grund ſehen, welches ein anderer nicht ſiehet, der eine ſieht nach der Kraft, der andere nach der Ausbreitung, und ſo ferner. Durch Senſum intenſum, extenſum, proten- ſum wird der geiſtliche Sinn am meiſten erzielt. Hans Engelbrecht ſagt, er habe im Augen- blick durch einen Engliſchen Verſtand, ohne raͤumliche Worte, der ganzen Heil. Schrift Sinn ergriffen. Er hat alſo Senſum inten- ſum und Senſum ſpiritualem zumahl erblickt, aber nicht allen Senſum literalem aller Stellen. Jn jedem Spruch liegt etwas davon, ja in je- dem liegt auch das ganze, wann es pur und geiſtlich genommen wird, alſo ſeynd ſo viel geiſtliche Sinn, als ohne Widerſpruch dar- innen koͤnnen gefunden werden. Aber con- traire Senſus koͤnnen es nicht ſeyn, es kann wohl contrair ſcheinen, aber es iſt nicht. Z Ex. im Luca ſagt JEſus: Die Weisheit ſeye von allen Q 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776/249
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776/249>, abgerufen am 26.04.2024.