Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

verliebt sind. Bisweilen seyd ihr das Muster eures Herrn in Ansehung der Kleidung, und bisweilen ist er das eurige. Ihr wartet bey allen Gesellschaften bey Tische auf, und folglich habt ihr Gelegenheit die Welt zu sehen und kennen zu lernen, und euch auf die Menschen und ihre Sitten zu verstehen. Es ist wahr, eure Einkünfte sind nicht sonderlich, ihr möget denn mit Geschenken ausgeschicket, oder beym Thee auf dem Lande aufwarten. Ihr werdet aber in der Nachbarschaft Herr genannt, und macht bisweilen euer Glück, und vielleicht wohl gar mit eures Herrn Tochter. Ich habe manche von eurem Orden gekannt, die gute Stellen bey der Armee bekommen haben. In der Stadt habt ihr euren eigenen Sitz in den Opern- und Comödienhäusern, wo ihr Gelegenheit habt witzige Köpfe und Kunstrichter zu werden. Ihr habt keinen abgesagtern Feind, als den Pöbel und eurer Frauen Folgemädgen, die euch zuweilen einen Laufjungen zu nennen fähig sind. Ich habe eine wahre Hochachtung für eure Verrichtung; denn ich habe einsten die Ehre gehabt, ein Mitglied eures Ordens zu seyn, welchen ich aber thörigter Weise verlassen, und mich so weit erniedriget habe, daß ich eine Bedienung in dem Zollhause angenommen. Damit aber ihr, meine Brüder, ein besseres Schicksal erlangen möget: so theile ich euch hier meinen Unterricht mit, welcher eine Frucht vieles Nachsinnens und

verliebt sind. Bisweilen seyd ihr das Muster eures Herrn in Ansehung der Kleidung, und bisweilen ist er das eurige. Ihr wartet bey allen Gesellschaften bey Tische auf, und folglich habt ihr Gelegenheit die Welt zu sehen und kennen zu lernen, und euch auf die Menschen und ihre Sitten zu verstehen. Es ist wahr, eure Einkünfte sind nicht sonderlich, ihr möget denn mit Geschenken ausgeschicket, oder beym Thee auf dem Lande aufwarten. Ihr werdet aber in der Nachbarschaft Herr genannt, und macht bisweilen euer Glück, und vielleicht wohl gar mit eures Herrn Tochter. Ich habe manche von eurem Orden gekannt, die gute Stellen bey der Armee bekommen haben. In der Stadt habt ihr euren eigenen Sitz in den Opern- und Comödienhäusern, wo ihr Gelegenheit habt witzige Köpfe und Kunstrichter zu werden. Ihr habt keinen abgesagtern Feind, als den Pöbel und eurer Frauen Folgemädgen, die euch zuweilen einen Laufjungen zu nennen fähig sind. Ich habe eine wahre Hochachtung für eure Verrichtung; denn ich habe einsten die Ehre gehabt, ein Mitglied eures Ordens zu seyn, welchen ich aber thörigter Weise verlassen, und mich so weit erniedriget habe, daß ich eine Bedienung in dem Zollhause angenommen. Damit aber ihr, meine Brüder, ein besseres Schicksal erlangen möget: so theile ich euch hier meinen Unterricht mit, welcher eine Frucht vieles Nachsinnens und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0071" n="55"/>
verliebt sind. Bisweilen seyd ihr das Muster eures Herrn in Ansehung der Kleidung, und bisweilen ist er das eurige. Ihr wartet bey allen Gesellschaften bey Tische auf, und folglich habt ihr Gelegenheit die Welt zu sehen und kennen zu lernen, und euch auf die Menschen und ihre Sitten zu verstehen. Es ist wahr, eure Einkünfte sind nicht sonderlich, ihr möget denn mit Geschenken ausgeschicket, oder beym Thee auf dem Lande aufwarten. Ihr werdet aber in der Nachbarschaft Herr genannt, und macht bisweilen euer Glück, und vielleicht wohl gar mit eures Herrn Tochter. Ich habe manche von eurem Orden gekannt, die gute Stellen bey der Armee bekommen haben. In der Stadt habt ihr euren eigenen Sitz in den Opern- und Comödienhäusern, wo ihr Gelegenheit habt witzige Köpfe und Kunstrichter zu werden. Ihr habt keinen abgesagtern Feind, als den Pöbel und eurer Frauen Folgemädgen, die euch zuweilen einen Laufjungen zu nennen fähig sind. Ich habe eine wahre Hochachtung für eure Verrichtung; denn ich habe einsten die Ehre gehabt, ein Mitglied eures Ordens zu seyn, welchen ich aber thörigter Weise verlassen, und mich so weit erniedriget habe, daß ich eine Bedienung in dem Zollhause angenommen. Damit aber ihr, meine Brüder, ein besseres Schicksal erlangen möget: so theile ich euch hier meinen Unterricht mit, welcher eine Frucht vieles Nachsinnens und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0071] verliebt sind. Bisweilen seyd ihr das Muster eures Herrn in Ansehung der Kleidung, und bisweilen ist er das eurige. Ihr wartet bey allen Gesellschaften bey Tische auf, und folglich habt ihr Gelegenheit die Welt zu sehen und kennen zu lernen, und euch auf die Menschen und ihre Sitten zu verstehen. Es ist wahr, eure Einkünfte sind nicht sonderlich, ihr möget denn mit Geschenken ausgeschicket, oder beym Thee auf dem Lande aufwarten. Ihr werdet aber in der Nachbarschaft Herr genannt, und macht bisweilen euer Glück, und vielleicht wohl gar mit eures Herrn Tochter. Ich habe manche von eurem Orden gekannt, die gute Stellen bey der Armee bekommen haben. In der Stadt habt ihr euren eigenen Sitz in den Opern- und Comödienhäusern, wo ihr Gelegenheit habt witzige Köpfe und Kunstrichter zu werden. Ihr habt keinen abgesagtern Feind, als den Pöbel und eurer Frauen Folgemädgen, die euch zuweilen einen Laufjungen zu nennen fähig sind. Ich habe eine wahre Hochachtung für eure Verrichtung; denn ich habe einsten die Ehre gehabt, ein Mitglied eures Ordens zu seyn, welchen ich aber thörigter Weise verlassen, und mich so weit erniedriget habe, daß ich eine Bedienung in dem Zollhause angenommen. Damit aber ihr, meine Brüder, ein besseres Schicksal erlangen möget: so theile ich euch hier meinen Unterricht mit, welcher eine Frucht vieles Nachsinnens und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-25T17:50:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-25T17:50:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-25T17:50:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swift_unterricht_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swift_unterricht_1748/71
Zitationshilfe: Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swift_unterricht_1748/71>, abgerufen am 26.04.2024.