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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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An der Stätte, wo dieses sich zutrug, ließ Ratibor, des Herzogs jüngerer Bruder und Nachfolger, im Jahre 1150 oder 1153 das Kloster Stolpe erbauen, in welches er Cistercienser- oder wie Andere wollen, Benediktiner-Mönche rief.

Geschichte der Klöster in Pommern, von Steinbrück, S. 139.
Pomm. Prov. Blätter, V.S. 158.
Kantzow, Pomerania, I. S. 138.
69. Baggus Speckin.

Vor vielen Jahren lebte in Pommern ein wüster Raubritter, Namens Baggus Speckin. Wie der des Gutes genug zusammengeraubt hatte, da ließ er sich in der Gegend von Grimmen nieder, und bauete allda eine Burg, in welche er sich mit seinen vielen Reichthümern zurückzog. Auch legte er rund um seinen Burgsitz ein Dorf an, welches noch jetzt besteht und von dem Ritter den Namen Baggendorf führt, und weil es ein Pfarrdorf ist, gewöhnlich Kirch-Baggendorf genannt wird. In seinen alten Tagen wurde der Raubritter aber trübsinnig, und er fühlte sich bettelarm in der Mitte aller seiner großen Schätze. Er fing nun an zu fasten und sich zu geißeln, aber er konnte dadurch keine Ruhe gewinnen, und er fühlte, daß er durch Fasten und Kasteien allein den Himmel für seine vielen Unthaten nicht versöhnen könne. Da kam er zuletzt auf den Gedanken, daß er von seinem geraubten Gute drei Kirchen im Lande wolle erbauen lassen, hoffend, auf solche Weise den ewigen Zorn Gottes von sich abzuwälzen. Um nun zu wissen, wo er die Kirchen solle aufrichten lassen, ließ er eine Eule dreimal fliegen, und wo die sich jedesmal niederließ und einen Ruheplatz suchte, da glaubte er auch zur Ruhre seiner Seele eine Kirche hinsetzen lassen zu müssen. Die Eule ließ sich nieder zu Baggendorf, Glevitz und Vorland, und allda ließ er nun die drei Kirchen bauen, die

An der Stätte, wo dieses sich zutrug, ließ Ratibor, des Herzogs jüngerer Bruder und Nachfolger, im Jahre 1150 oder 1153 das Kloster Stolpe erbauen, in welches er Cistercienser- oder wie Andere wollen, Benediktiner-Mönche rief.

Geschichte der Klöster in Pommern, von Steinbrück, S. 139.
Pomm. Prov. Blätter, V.S. 158.
Kantzow, Pomerania, I. S. 138.
69. Baggus Speckin.

Vor vielen Jahren lebte in Pommern ein wüster Raubritter, Namens Baggus Speckin. Wie der des Gutes genug zusammengeraubt hatte, da ließ er sich in der Gegend von Grimmen nieder, und bauete allda eine Burg, in welche er sich mit seinen vielen Reichthümern zurückzog. Auch legte er rund um seinen Burgsitz ein Dorf an, welches noch jetzt besteht und von dem Ritter den Namen Baggendorf führt, und weil es ein Pfarrdorf ist, gewöhnlich Kirch-Baggendorf genannt wird. In seinen alten Tagen wurde der Raubritter aber trübsinnig, und er fühlte sich bettelarm in der Mitte aller seiner großen Schätze. Er fing nun an zu fasten und sich zu geißeln, aber er konnte dadurch keine Ruhe gewinnen, und er fühlte, daß er durch Fasten und Kasteien allein den Himmel für seine vielen Unthaten nicht versöhnen könne. Da kam er zuletzt auf den Gedanken, daß er von seinem geraubten Gute drei Kirchen im Lande wolle erbauen lassen, hoffend, auf solche Weise den ewigen Zorn Gottes von sich abzuwälzen. Um nun zu wissen, wo er die Kirchen solle aufrichten lassen, ließ er eine Eule dreimal fliegen, und wo die sich jedesmal niederließ und einen Ruheplatz suchte, da glaubte er auch zur Ruhre seiner Seele eine Kirche hinsetzen lassen zu müssen. Die Eule ließ sich nieder zu Baggendorf, Glevitz und Vorland, und allda ließ er nun die drei Kirchen bauen, die

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[107/0139] An der Stätte, wo dieses sich zutrug, ließ Ratibor, des Herzogs jüngerer Bruder und Nachfolger, im Jahre 1150 oder 1153 das Kloster Stolpe erbauen, in welches er Cistercienser- oder wie Andere wollen, Benediktiner-Mönche rief. Geschichte der Klöster in Pommern, von Steinbrück, S. 139. Pomm. Prov. Blätter, V.S. 158. Kantzow, Pomerania, I. S. 138. 69. Baggus Speckin. Vor vielen Jahren lebte in Pommern ein wüster Raubritter, Namens Baggus Speckin. Wie der des Gutes genug zusammengeraubt hatte, da ließ er sich in der Gegend von Grimmen nieder, und bauete allda eine Burg, in welche er sich mit seinen vielen Reichthümern zurückzog. Auch legte er rund um seinen Burgsitz ein Dorf an, welches noch jetzt besteht und von dem Ritter den Namen Baggendorf führt, und weil es ein Pfarrdorf ist, gewöhnlich Kirch-Baggendorf genannt wird. In seinen alten Tagen wurde der Raubritter aber trübsinnig, und er fühlte sich bettelarm in der Mitte aller seiner großen Schätze. Er fing nun an zu fasten und sich zu geißeln, aber er konnte dadurch keine Ruhe gewinnen, und er fühlte, daß er durch Fasten und Kasteien allein den Himmel für seine vielen Unthaten nicht versöhnen könne. Da kam er zuletzt auf den Gedanken, daß er von seinem geraubten Gute drei Kirchen im Lande wolle erbauen lassen, hoffend, auf solche Weise den ewigen Zorn Gottes von sich abzuwälzen. Um nun zu wissen, wo er die Kirchen solle aufrichten lassen, ließ er eine Eule dreimal fliegen, und wo die sich jedesmal niederließ und einen Ruheplatz suchte, da glaubte er auch zur Ruhre seiner Seele eine Kirche hinsetzen lassen zu müssen. Die Eule ließ sich nieder zu Baggendorf, Glevitz und Vorland, und allda ließ er nun die drei Kirchen bauen, die

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/139>, abgerufen am 28.04.2024.