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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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und dieser befahl darauf, daß man die Leiche auf keinem geweiheten Kirchhofe begraben solle, damit der Büttel, so wie er im Leben mit den anderen Christen keine Gemeinschaft durch die Sacramente gehabt habe, so auch im Tode keine Gemeinschaft mit einem Christen haben solle. So wollten sie ihn nur auf ungeweihetem, offenem Felde begraben.

Das that Vielen leid, die ihn gern in geweiheter Erde gesehen hätten. Sie wußten aber nicht, wie sie zu ihrem Wunsche gelangen sollten. Da kamen auf einmal des Nachmittags um zwei Uhr zur Vesper die grauen Mönche in die Büttelei. Sie kamen mit allen ihren Brüdern, und zogen ihm eine graue Kappe an, so wie sie selbst trugen, und holten ihn also nach ihrem Kloster. Sie sangen ihm vor und trugen ein Kreuz vor ihm her, wie bei jeder anderen christlichen Leiche. Vier Laienbrüder trugen ihn, und viel Volks folgte. Also trugen sie ihn in ihren Kreuzgang, allda begruben sie ihn, wie Einen von ihren Brüdern. So vermessen waren damals die grauen Mönche. Nach dem Verbote des Offizials fragten sie nichts, und sie erwiderten darauf: Wer ihr Kleid anziehe, der werde selig und nicht verdammt, das habe Franziscus von Gott gewonnen; - "vam Duvel, wert se menen," setzt der evangelische Chronikant hinzu, dem diese Sage entnommen ist.

Vergleiche Stralsundische Chroniken, von Mohnike und Zober, S. 221. 222.
110. Der gotteslästerliche Organist zu Stralsund.

Bald nach der Reformation lebte zu Stralsund ein Organist, Namens Herr Peter Kulen, der ein großer Lästerer des göttlichen Wortes war. Denselben traf einmal für seine Lästerungen eine sehr harte Strafe. Denn nachdem er im Jahre 1543 auf Heiligen drei Königen Tag des

und dieser befahl darauf, daß man die Leiche auf keinem geweiheten Kirchhofe begraben solle, damit der Büttel, so wie er im Leben mit den anderen Christen keine Gemeinschaft durch die Sacramente gehabt habe, so auch im Tode keine Gemeinschaft mit einem Christen haben solle. So wollten sie ihn nur auf ungeweihetem, offenem Felde begraben.

Das that Vielen leid, die ihn gern in geweiheter Erde gesehen hätten. Sie wußten aber nicht, wie sie zu ihrem Wunsche gelangen sollten. Da kamen auf einmal des Nachmittags um zwei Uhr zur Vesper die grauen Mönche in die Büttelei. Sie kamen mit allen ihren Brüdern, und zogen ihm eine graue Kappe an, so wie sie selbst trugen, und holten ihn also nach ihrem Kloster. Sie sangen ihm vor und trugen ein Kreuz vor ihm her, wie bei jeder anderen christlichen Leiche. Vier Laienbrüder trugen ihn, und viel Volks folgte. Also trugen sie ihn in ihren Kreuzgang, allda begruben sie ihn, wie Einen von ihren Brüdern. So vermessen waren damals die grauen Mönche. Nach dem Verbote des Offizials fragten sie nichts, und sie erwiderten darauf: Wer ihr Kleid anziehe, der werde selig und nicht verdammt, das habe Franziscus von Gott gewonnen; – „vam Duvel, wert se menen,“ setzt der evangelische Chronikant hinzu, dem diese Sage entnommen ist.

Vergleiche Stralsundische Chroniken, von Mohnike und Zober, S. 221. 222.
110. Der gotteslästerliche Organist zu Stralsund.

Bald nach der Reformation lebte zu Stralsund ein Organist, Namens Herr Peter Kulen, der ein großer Lästerer des göttlichen Wortes war. Denselben traf einmal für seine Lästerungen eine sehr harte Strafe. Denn nachdem er im Jahre 1543 auf Heiligen drei Königen Tag des

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[149/0181] und dieser befahl darauf, daß man die Leiche auf keinem geweiheten Kirchhofe begraben solle, damit der Büttel, so wie er im Leben mit den anderen Christen keine Gemeinschaft durch die Sacramente gehabt habe, so auch im Tode keine Gemeinschaft mit einem Christen haben solle. So wollten sie ihn nur auf ungeweihetem, offenem Felde begraben. Das that Vielen leid, die ihn gern in geweiheter Erde gesehen hätten. Sie wußten aber nicht, wie sie zu ihrem Wunsche gelangen sollten. Da kamen auf einmal des Nachmittags um zwei Uhr zur Vesper die grauen Mönche in die Büttelei. Sie kamen mit allen ihren Brüdern, und zogen ihm eine graue Kappe an, so wie sie selbst trugen, und holten ihn also nach ihrem Kloster. Sie sangen ihm vor und trugen ein Kreuz vor ihm her, wie bei jeder anderen christlichen Leiche. Vier Laienbrüder trugen ihn, und viel Volks folgte. Also trugen sie ihn in ihren Kreuzgang, allda begruben sie ihn, wie Einen von ihren Brüdern. So vermessen waren damals die grauen Mönche. Nach dem Verbote des Offizials fragten sie nichts, und sie erwiderten darauf: Wer ihr Kleid anziehe, der werde selig und nicht verdammt, das habe Franziscus von Gott gewonnen; – „vam Duvel, wert se menen,“ setzt der evangelische Chronikant hinzu, dem diese Sage entnommen ist. Vergleiche Stralsundische Chroniken, von Mohnike und Zober, S. 221. 222. 110. Der gotteslästerliche Organist zu Stralsund. Bald nach der Reformation lebte zu Stralsund ein Organist, Namens Herr Peter Kulen, der ein großer Lästerer des göttlichen Wortes war. Denselben traf einmal für seine Lästerungen eine sehr harte Strafe. Denn nachdem er im Jahre 1543 auf Heiligen drei Königen Tag des

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/181>, abgerufen am 27.04.2024.