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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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ihn offen zu bekommen. Nachdem der Mann aber ein Schildchen abgefeilt hatte, erschien auf einmal in einer Nacht der Frau desselben der Ritter mit der goldenen Kette; er berührte mit den großen Federn auf seinem Helme ihr Gesicht, daß sie aufwachte, und sah sie zürnend und drohend an. Seitdem hat es Keiner mehr gewagt, nach der Kette zu streben.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
145. Ritter Flemming.

Vor vielen hundert Jahren lebte auf der Insel Wollin ein tapferer Ritter, Namens Flemming, der war einst mit dem Herzog Barnim von Pommern auf einen Kreuzzug zum heiligen Grabe gezogen, und hatte seine Mutter Barbara, die ihn sehr liebte, allein mit einigen Knechten auf der Burg zurückgelassen. Wie nun die Wittwe Barbara täglich nur für eine glückliche Rückkehr ihres Sohnes betete, und um das Hauswesen nicht viel sich bekümmern konnte, da trieben die Knechte allerlei Unwesen, und insonderheit legten sie sich auf Wegelagerung, und plünderten und erschlugen einen Jeden, der durch die Gegend zog. Eines Abends, als sie auch wieder auf der Lauer lagen, sahen sie einen einsamen Pilgersmann des Weges kommen. Der ging langsam und müde, und seufzte oft schwer auf. Daraus schlossen die Knechte, er müsse große Schätze bei sich führen, die er aus fernen Landen mitgebracht, und an denen er schwer zu tragen habe. Sie fielen daher unversehens über ihn her und erschlugen ihn. Sie fanden aber nichts bei ihm, als einen goldenen Ring, den er am Finger trug, den nahmen sie. Weil der Ring nun ein sonderbares Wappen führte, so zeigten sie ihn am anderen Tage der Edelfrau, und wie die den Ring besah,

ihn offen zu bekommen. Nachdem der Mann aber ein Schildchen abgefeilt hatte, erschien auf einmal in einer Nacht der Frau desselben der Ritter mit der goldenen Kette; er berührte mit den großen Federn auf seinem Helme ihr Gesicht, daß sie aufwachte, und sah sie zürnend und drohend an. Seitdem hat es Keiner mehr gewagt, nach der Kette zu streben.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
145. Ritter Flemming.

Vor vielen hundert Jahren lebte auf der Insel Wollin ein tapferer Ritter, Namens Flemming, der war einst mit dem Herzog Barnim von Pommern auf einen Kreuzzug zum heiligen Grabe gezogen, und hatte seine Mutter Barbara, die ihn sehr liebte, allein mit einigen Knechten auf der Burg zurückgelassen. Wie nun die Wittwe Barbara täglich nur für eine glückliche Rückkehr ihres Sohnes betete, und um das Hauswesen nicht viel sich bekümmern konnte, da trieben die Knechte allerlei Unwesen, und insonderheit legten sie sich auf Wegelagerung, und plünderten und erschlugen einen Jeden, der durch die Gegend zog. Eines Abends, als sie auch wieder auf der Lauer lagen, sahen sie einen einsamen Pilgersmann des Weges kommen. Der ging langsam und müde, und seufzte oft schwer auf. Daraus schlossen die Knechte, er müsse große Schätze bei sich führen, die er aus fernen Landen mitgebracht, und an denen er schwer zu tragen habe. Sie fielen daher unversehens über ihn her und erschlugen ihn. Sie fanden aber nichts bei ihm, als einen goldenen Ring, den er am Finger trug, den nahmen sie. Weil der Ring nun ein sonderbares Wappen führte, so zeigten sie ihn am anderen Tage der Edelfrau, und wie die den Ring besah,

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[181/0213] ihn offen zu bekommen. Nachdem der Mann aber ein Schildchen abgefeilt hatte, erschien auf einmal in einer Nacht der Frau desselben der Ritter mit der goldenen Kette; er berührte mit den großen Federn auf seinem Helme ihr Gesicht, daß sie aufwachte, und sah sie zürnend und drohend an. Seitdem hat es Keiner mehr gewagt, nach der Kette zu streben. Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte. 145. Ritter Flemming. Vor vielen hundert Jahren lebte auf der Insel Wollin ein tapferer Ritter, Namens Flemming, der war einst mit dem Herzog Barnim von Pommern auf einen Kreuzzug zum heiligen Grabe gezogen, und hatte seine Mutter Barbara, die ihn sehr liebte, allein mit einigen Knechten auf der Burg zurückgelassen. Wie nun die Wittwe Barbara täglich nur für eine glückliche Rückkehr ihres Sohnes betete, und um das Hauswesen nicht viel sich bekümmern konnte, da trieben die Knechte allerlei Unwesen, und insonderheit legten sie sich auf Wegelagerung, und plünderten und erschlugen einen Jeden, der durch die Gegend zog. Eines Abends, als sie auch wieder auf der Lauer lagen, sahen sie einen einsamen Pilgersmann des Weges kommen. Der ging langsam und müde, und seufzte oft schwer auf. Daraus schlossen die Knechte, er müsse große Schätze bei sich führen, die er aus fernen Landen mitgebracht, und an denen er schwer zu tragen habe. Sie fielen daher unversehens über ihn her und erschlugen ihn. Sie fanden aber nichts bei ihm, als einen goldenen Ring, den er am Finger trug, den nahmen sie. Weil der Ring nun ein sonderbares Wappen führte, so zeigten sie ihn am anderen Tage der Edelfrau, und wie die den Ring besah,

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/213>, abgerufen am 27.04.2024.