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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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haben, gerade so alt, als die sieben kleinen Mädchen waren, da sie verwandelt wurden. Wenn die Frau nun mit ihren sieben Söhnen auf einen Charfreitag, gerade um die Mittagszeit, in den Mäusewinkel kommt, und sie sich alle auf den runden Stein setzen, dann wird dieser Stein und die sieben Mäuse wieder zu Menschen werden, und sie werden gerade so aussehen, und dieselben Kleider tragen, wie vor tausend Jahren zur Zeit ihrer Verwandlung. Wenn dann die vierzehn Kinder groß werden, so sollen sie einander heirathen, und sie sollen sehr glücklich und reich werden, denn alle Güter und Höfe ringsumher sollen ihnen gehören.

E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 3-9.
252. Der Erbdegen.

In der Gegend vom Dorfe Gristow unweit des Greifswalder Boddens liegt im Felde ein Teich, in welchem früher große Schätze sollen verborgen gewesen seyn. Die sind aber jetzt heraus. Es lebte nämlich vor Zeiten dort in der Gegend ein Bauer; zu dem kam eines Tages ein fremder Knecht, der sich bei ihm vermiethen wollte. Der Bauer fragte den Knecht, welchen Lohn er denn verlange, worauf dieser ihm erwiederte, was er verlange, sey nur eine Kleinigkeit, die für den Bauern gar keinen besonderen Werth habe; dieser wisse nicht einmal, daß er sie besitze. Weil der Knecht nun ein schmucker, rühriger Mensch war, so nahm der Bauer ihn auf, obgleich er aus dem sonderbaren Begehren wegen des Lohnes nicht recht klug werden konnte. Der Knecht war auch treu und fleißig, und es gerieth Alles unter seinen Händen, was er vornahm, so daß der Bauer ganz zufrieden mit ihm war.

Wie nun sein Jahr um war, so trat der Knecht vor den Bauern, und verlangte seinen versprochenen Lohn. Der Bauer erwiederte ihm aber: Wie kann ich dir den

haben, gerade so alt, als die sieben kleinen Mädchen waren, da sie verwandelt wurden. Wenn die Frau nun mit ihren sieben Söhnen auf einen Charfreitag, gerade um die Mittagszeit, in den Mäusewinkel kommt, und sie sich alle auf den runden Stein setzen, dann wird dieser Stein und die sieben Mäuse wieder zu Menschen werden, und sie werden gerade so aussehen, und dieselben Kleider tragen, wie vor tausend Jahren zur Zeit ihrer Verwandlung. Wenn dann die vierzehn Kinder groß werden, so sollen sie einander heirathen, und sie sollen sehr glücklich und reich werden, denn alle Güter und Höfe ringsumher sollen ihnen gehören.

E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 3-9.
252. Der Erbdegen.

In der Gegend vom Dorfe Gristow unweit des Greifswalder Boddens liegt im Felde ein Teich, in welchem früher große Schätze sollen verborgen gewesen seyn. Die sind aber jetzt heraus. Es lebte nämlich vor Zeiten dort in der Gegend ein Bauer; zu dem kam eines Tages ein fremder Knecht, der sich bei ihm vermiethen wollte. Der Bauer fragte den Knecht, welchen Lohn er denn verlange, worauf dieser ihm erwiederte, was er verlange, sey nur eine Kleinigkeit, die für den Bauern gar keinen besonderen Werth habe; dieser wisse nicht einmal, daß er sie besitze. Weil der Knecht nun ein schmucker, rühriger Mensch war, so nahm der Bauer ihn auf, obgleich er aus dem sonderbaren Begehren wegen des Lohnes nicht recht klug werden konnte. Der Knecht war auch treu und fleißig, und es gerieth Alles unter seinen Händen, was er vornahm, so daß der Bauer ganz zufrieden mit ihm war.

Wie nun sein Jahr um war, so trat der Knecht vor den Bauern, und verlangte seinen versprochenen Lohn. Der Bauer erwiederte ihm aber: Wie kann ich dir den

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[297/0329] haben, gerade so alt, als die sieben kleinen Mädchen waren, da sie verwandelt wurden. Wenn die Frau nun mit ihren sieben Söhnen auf einen Charfreitag, gerade um die Mittagszeit, in den Mäusewinkel kommt, und sie sich alle auf den runden Stein setzen, dann wird dieser Stein und die sieben Mäuse wieder zu Menschen werden, und sie werden gerade so aussehen, und dieselben Kleider tragen, wie vor tausend Jahren zur Zeit ihrer Verwandlung. Wenn dann die vierzehn Kinder groß werden, so sollen sie einander heirathen, und sie sollen sehr glücklich und reich werden, denn alle Güter und Höfe ringsumher sollen ihnen gehören. E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 3-9. 252. Der Erbdegen. In der Gegend vom Dorfe Gristow unweit des Greifswalder Boddens liegt im Felde ein Teich, in welchem früher große Schätze sollen verborgen gewesen seyn. Die sind aber jetzt heraus. Es lebte nämlich vor Zeiten dort in der Gegend ein Bauer; zu dem kam eines Tages ein fremder Knecht, der sich bei ihm vermiethen wollte. Der Bauer fragte den Knecht, welchen Lohn er denn verlange, worauf dieser ihm erwiederte, was er verlange, sey nur eine Kleinigkeit, die für den Bauern gar keinen besonderen Werth habe; dieser wisse nicht einmal, daß er sie besitze. Weil der Knecht nun ein schmucker, rühriger Mensch war, so nahm der Bauer ihn auf, obgleich er aus dem sonderbaren Begehren wegen des Lohnes nicht recht klug werden konnte. Der Knecht war auch treu und fleißig, und es gerieth Alles unter seinen Händen, was er vornahm, so daß der Bauer ganz zufrieden mit ihm war. Wie nun sein Jahr um war, so trat der Knecht vor den Bauern, und verlangte seinen versprochenen Lohn. Der Bauer erwiederte ihm aber: Wie kann ich dir den

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/329>, abgerufen am 27.04.2024.