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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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ihrem Hause war, keine Ruhe und kein Glück mehr. Sie ließ deshalb den Schäfer wieder kommen, und bat ihn, die Mütze zurückzunehmen; das wollte dieser Anfangs nicht, als ihm die Frau aber 6000 Thaler bot, da ließ er sich verblenden und nahm das Geld und die Mütze. Doch so wie er damit in sein Haus kam, wurde er auf der Stelle gefährlich krank, worauf er alsbald Mütze und Geld wieder auf das Amthaus schickte. Die Amtmannsfrau wollte die Mütze aber auch nicht behalten, und sie ließ sie daher in der Kirche des Dorfes einmauern, wo sie sich noch befindet.

Mündlich.
257. Die todte Schlange.

In der Barkowschen Haide liegt, nicht weit von dem Holzwege, der mitten durch die Haide geht, ein einsames Bauernhaus. In demselben wurde noch vor wenigen Jahren eine todte Schlange gezeigt, von der man sich Folgendes erzählt. In dem Hause wohnten vor langen Zeiten einmal Bauersleute, die nur ein einziges Kind hatten, ein Mädchen von vier Jahren. Im Sommer ließen sie das Kind vor dem Hause spielen, wohin sie ihm auch des Mittags seine Milch mit eingebrockter Semmel brachten. Wenn nun das Kind dies verzehrte, so kam jeden Mittag plötzlich eine große Schlange herbei, die sich zu ihm setzte, und mit ihm von der Milch trank und von der Semmel aß. Es fürchtete sich gar nicht vor derselben, wurde vielmehr so vertraut mit ihr, daß es sie ohne Scheu auf den Hals klopfte und zu ihr sagte, sie solle ihm nicht zu viel abtrinken. Seinen Eltern sagte es nichts hiervon. Als es aber eines Mittags viermal nach einander Milch forderte, da fiel dies der Mutter auf, und wie sie das letztemal die Milch hingebracht hatte, blieb sie hinter der Thür stehen,

ihrem Hause war, keine Ruhe und kein Glück mehr. Sie ließ deshalb den Schäfer wieder kommen, und bat ihn, die Mütze zurückzunehmen; das wollte dieser Anfangs nicht, als ihm die Frau aber 6000 Thaler bot, da ließ er sich verblenden und nahm das Geld und die Mütze. Doch so wie er damit in sein Haus kam, wurde er auf der Stelle gefährlich krank, worauf er alsbald Mütze und Geld wieder auf das Amthaus schickte. Die Amtmannsfrau wollte die Mütze aber auch nicht behalten, und sie ließ sie daher in der Kirche des Dorfes einmauern, wo sie sich noch befindet.

Mündlich.
257. Die todte Schlange.

In der Barkowschen Haide liegt, nicht weit von dem Holzwege, der mitten durch die Haide geht, ein einsames Bauernhaus. In demselben wurde noch vor wenigen Jahren eine todte Schlange gezeigt, von der man sich Folgendes erzählt. In dem Hause wohnten vor langen Zeiten einmal Bauersleute, die nur ein einziges Kind hatten, ein Mädchen von vier Jahren. Im Sommer ließen sie das Kind vor dem Hause spielen, wohin sie ihm auch des Mittags seine Milch mit eingebrockter Semmel brachten. Wenn nun das Kind dies verzehrte, so kam jeden Mittag plötzlich eine große Schlange herbei, die sich zu ihm setzte, und mit ihm von der Milch trank und von der Semmel aß. Es fürchtete sich gar nicht vor derselben, wurde vielmehr so vertraut mit ihr, daß es sie ohne Scheu auf den Hals klopfte und zu ihr sagte, sie solle ihm nicht zu viel abtrinken. Seinen Eltern sagte es nichts hiervon. Als es aber eines Mittags viermal nach einander Milch forderte, da fiel dies der Mutter auf, und wie sie das letztemal die Milch hingebracht hatte, blieb sie hinter der Thür stehen,

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[306/0338] ihrem Hause war, keine Ruhe und kein Glück mehr. Sie ließ deshalb den Schäfer wieder kommen, und bat ihn, die Mütze zurückzunehmen; das wollte dieser Anfangs nicht, als ihm die Frau aber 6000 Thaler bot, da ließ er sich verblenden und nahm das Geld und die Mütze. Doch so wie er damit in sein Haus kam, wurde er auf der Stelle gefährlich krank, worauf er alsbald Mütze und Geld wieder auf das Amthaus schickte. Die Amtmannsfrau wollte die Mütze aber auch nicht behalten, und sie ließ sie daher in der Kirche des Dorfes einmauern, wo sie sich noch befindet. Mündlich. 257. Die todte Schlange. In der Barkowschen Haide liegt, nicht weit von dem Holzwege, der mitten durch die Haide geht, ein einsames Bauernhaus. In demselben wurde noch vor wenigen Jahren eine todte Schlange gezeigt, von der man sich Folgendes erzählt. In dem Hause wohnten vor langen Zeiten einmal Bauersleute, die nur ein einziges Kind hatten, ein Mädchen von vier Jahren. Im Sommer ließen sie das Kind vor dem Hause spielen, wohin sie ihm auch des Mittags seine Milch mit eingebrockter Semmel brachten. Wenn nun das Kind dies verzehrte, so kam jeden Mittag plötzlich eine große Schlange herbei, die sich zu ihm setzte, und mit ihm von der Milch trank und von der Semmel aß. Es fürchtete sich gar nicht vor derselben, wurde vielmehr so vertraut mit ihr, daß es sie ohne Scheu auf den Hals klopfte und zu ihr sagte, sie solle ihm nicht zu viel abtrinken. Seinen Eltern sagte es nichts hiervon. Als es aber eines Mittags viermal nach einander Milch forderte, da fiel dies der Mutter auf, und wie sie das letztemal die Milch hingebracht hatte, blieb sie hinter der Thür stehen,

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/338>, abgerufen am 28.04.2024.