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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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XIV. Vers. Ueber die Perfektibilität
merkende Veränderung ist, welche wir für die Bestän-
digkeit ansehen.

IV.
Einige allgemeine Anmerkungen über die verschie-
denen Entstehungsarten organisirter Kör-
per, besonders über das Evolutionssystem.

1) Es sind zween verschiedene Sätze; der erste:
"Es entstehen keine neue Formen, die nicht
"schon in dem Keim enthalten sind;" der
zweete: "Der Keim bestimmt allein die
"Bildung, und bestimmt sie völlig."

2) Die bonnetische Hypothese hat eine dunkle
Stelle. Es ist schwer, ein bestimmtes Un-
terscheidungsmerkmal zwischen einer orga-
nischen Form
anzugeben, und zwischen den
unorganischen Verbindungsarten, die
nothwendig entstehen müssen, wenn mehr
Materie hinzukommt.

3) Diese Hypothese kann nie durch die Erfah-
rungen völlig bewiesen werden.

4) Erfahrungen, welche zeigen, daß neue For-
men durch die Verbindung anderer For-
men entstehen.

5) Die Entstehung neuer organischer For-
men
setzet eine Entwickelung schon vor-
handener Formen
voraus, und eine Ver-
bindung
derselben. Diese Epigenesis
durch Evolution scheinet die allgemeine
Entstehungsart organisirter Wesen zu seyn.
Sie muß auch bey den organischen Kon-
kretionen
stattfinden.

1. Es

XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
merkende Veraͤnderung iſt, welche wir fuͤr die Beſtaͤn-
digkeit anſehen.

IV.
Einige allgemeine Anmerkungen uͤber die verſchie-
denen Entſtehungsarten organiſirter Koͤr-
per, beſonders uͤber das Evolutionsſyſtem.

1) Es ſind zween verſchiedene Saͤtze; der erſte:
„Es entſtehen keine neue Formen, die nicht
„ſchon in dem Keim enthalten ſind;‟ der
zweete: „Der Keim beſtimmt allein die
„Bildung, und beſtimmt ſie voͤllig.‟

2) Die bonnetiſche Hypotheſe hat eine dunkle
Stelle. Es iſt ſchwer, ein beſtimmtes Un-
terſcheidungsmerkmal zwiſchen einer orga-
niſchen Form
anzugeben, und zwiſchen den
unorganiſchen Verbindungsarten, die
nothwendig entſtehen muͤſſen, wenn mehr
Materie hinzukommt.

3) Dieſe Hypotheſe kann nie durch die Erfah-
rungen voͤllig bewieſen werden.

4) Erfahrungen, welche zeigen, daß neue For-
men durch die Verbindung anderer For-
men entſtehen.

5) Die Entſtehung neuer organiſcher For-
men
ſetzet eine Entwickelung ſchon vor-
handener Formen
voraus, und eine Ver-
bindung
derſelben. Dieſe Epigeneſis
durch Evolution ſcheinet die allgemeine
Entſtehungsart organiſirter Weſen zu ſeyn.
Sie muß auch bey den organiſchen Kon-
kretionen
ſtattfinden.

1. Es
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[500/0530] XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt merkende Veraͤnderung iſt, welche wir fuͤr die Beſtaͤn- digkeit anſehen. IV. Einige allgemeine Anmerkungen uͤber die verſchie- denen Entſtehungsarten organiſirter Koͤr- per, beſonders uͤber das Evolutionsſyſtem. 1) Es ſind zween verſchiedene Saͤtze; der erſte: „Es entſtehen keine neue Formen, die nicht „ſchon in dem Keim enthalten ſind;‟ der zweete: „Der Keim beſtimmt allein die „Bildung, und beſtimmt ſie voͤllig.‟ 2) Die bonnetiſche Hypotheſe hat eine dunkle Stelle. Es iſt ſchwer, ein beſtimmtes Un- terſcheidungsmerkmal zwiſchen einer orga- niſchen Form anzugeben, und zwiſchen den unorganiſchen Verbindungsarten, die nothwendig entſtehen muͤſſen, wenn mehr Materie hinzukommt. 3) Dieſe Hypotheſe kann nie durch die Erfah- rungen voͤllig bewieſen werden. 4) Erfahrungen, welche zeigen, daß neue For- men durch die Verbindung anderer For- men entſtehen. 5) Die Entſtehung neuer organiſcher For- men ſetzet eine Entwickelung ſchon vor- handener Formen voraus, und eine Ver- bindung derſelben. Dieſe Epigeneſis durch Evolution ſcheinet die allgemeine Entſtehungsart organiſirter Weſen zu ſeyn. Sie muß auch bey den organiſchen Kon- kretionen ſtattfinden. 1. Es

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/530>, abgerufen am 30.04.2024.