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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
dieses zuvörderst in seiner ursprünglichen Reinheit, und dann in den man-
cherlei Zusätzen und Ausbesserungen, die man ihm gegeben hat, betrachten, und
zuletzt von den übrigen reden.

§. 300.

Das Dreifel-
dersystem.
Das Dreifeldersystem, so wie es wahrscheinlich seit der Römer Zeiten,
fast durch ganz Europa -- Italien gerade ausgenommen, wo es erst seit dem
14ten Jahrhundert von den Barberinis eingeführt zu seyn scheint, und des-
halb den Namen des Barberinischen erhielt -- sich verbreitet hat, hält
1) reine den Sommer hindurch gepflügte Brache; 2) bauet es Wintergetreide;
3) Sommergetreide. Die Brache soll jedesmal gedüngt werden, und dies ist in
vormaligen Zeiten, wie das Verhältniß des Weide- und Wiesenlandes zum
Ackerlande ungleich größer war, wie es gegenwärtig ist, wirklich geschehen.
Jetzt aber ist dies nur in wenigen fruchtbaren oder wiesenreichen Gegenden der
Fall, und vielleicht da, wo man es durch künstlichen Futterbau und Stall-
futterung
mit diesem Systeme verwebt, erzwingen kann. Gewöhnlich wird
jetzt die Brache nur ein um's andere Mal, der Acker also alle 6 Jahr gedüngt;
häufig aber geschiehet es auch nur um's 9te Jahr. Das erste nennen wir die
reiche, das zweite die vermögende, das dritte die arme Dreifelderwirth-
schaft. Nicht selten ist es aber durch Vermehrung des Ackerlandes mit dem umge-
brochenen Graslande durch immer schwächere Düngung, die aus der verminder-
ten Strohernte und geschmälerter Weide entstand, dahin gekommen, daß auch
nicht dieser neunte Theil gehörig ausgedünget werden kann, und man hat sich
deshalb genöthiget gesehen, einen Theil des Ackers ganz ungedüngt, oder doch
nur schwach mit Horden belegt zu lassen, um dem übrigen von Natur besseren,
oder dem Hofe näher gelegenen Theile, den nothwendigen Dünger geben zu kön-
nen. Dieser vernachläßigte Theil ist unter dem Namen der Außenfelder, oder
weil man ihn nur alle 3, 6 oder 9 Jahre ein einziges Mal mit Rocken bestellen
kann, des drei-, sechs- oder neunjährigen Rockenlandes bekannt. Wo
der Boden seiner natürlichen Beschaffenheit nach aus fruchtbarem Lehm besteht,
der sich bei gehöriger Kultur als Weizenacker qualifiziren würde, bauet man auf
diesem Lande auch Dinkel oder Einkorn, und es wird daselbst Dinkelland genannt.


§. 302.

Das Felderſyſtem.
dieſes zuvoͤrderſt in ſeiner urſpruͤnglichen Reinheit, und dann in den man-
cherlei Zuſaͤtzen und Ausbeſſerungen, die man ihm gegeben hat, betrachten, und
zuletzt von den uͤbrigen reden.

§. 300.

Das Dreifel-
derſyſtem.
Das Dreifelderſyſtem, ſo wie es wahrſcheinlich ſeit der Roͤmer Zeiten,
faſt durch ganz EuropaItalien gerade ausgenommen, wo es erſt ſeit dem
14ten Jahrhundert von den Barberinis eingefuͤhrt zu ſeyn ſcheint, und des-
halb den Namen des Barberiniſchen erhielt — ſich verbreitet hat, haͤlt
1) reine den Sommer hindurch gepfluͤgte Brache; 2) bauet es Wintergetreide;
3) Sommergetreide. Die Brache ſoll jedesmal geduͤngt werden, und dies iſt in
vormaligen Zeiten, wie das Verhaͤltniß des Weide- und Wieſenlandes zum
Ackerlande ungleich groͤßer war, wie es gegenwaͤrtig iſt, wirklich geſchehen.
Jetzt aber iſt dies nur in wenigen fruchtbaren oder wieſenreichen Gegenden der
Fall, und vielleicht da, wo man es durch kuͤnſtlichen Futterbau und Stall-
futterung
mit dieſem Syſteme verwebt, erzwingen kann. Gewoͤhnlich wird
jetzt die Brache nur ein um’s andere Mal, der Acker alſo alle 6 Jahr geduͤngt;
haͤufig aber geſchiehet es auch nur um’s 9te Jahr. Das erſte nennen wir die
reiche, das zweite die vermoͤgende, das dritte die arme Dreifelderwirth-
ſchaft. Nicht ſelten iſt es aber durch Vermehrung des Ackerlandes mit dem umge-
brochenen Graslande durch immer ſchwaͤchere Duͤngung, die aus der verminder-
ten Strohernte und geſchmaͤlerter Weide entſtand, dahin gekommen, daß auch
nicht dieſer neunte Theil gehoͤrig ausgeduͤnget werden kann, und man hat ſich
deshalb genoͤthiget geſehen, einen Theil des Ackers ganz ungeduͤngt, oder doch
nur ſchwach mit Horden belegt zu laſſen, um dem uͤbrigen von Natur beſſeren,
oder dem Hofe naͤher gelegenen Theile, den nothwendigen Duͤnger geben zu koͤn-
nen. Dieſer vernachlaͤßigte Theil iſt unter dem Namen der Außenfelder, oder
weil man ihn nur alle 3, 6 oder 9 Jahre ein einziges Mal mit Rocken beſtellen
kann, des drei-, ſechs- oder neunjaͤhrigen Rockenlandes bekannt. Wo
der Boden ſeiner natuͤrlichen Beſchaffenheit nach aus fruchtbarem Lehm beſteht,
der ſich bei gehoͤriger Kultur als Weizenacker qualifiziren wuͤrde, bauet man auf
dieſem Lande auch Dinkel oder Einkorn, und es wird daſelbſt Dinkelland genannt.


§. 302.
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[288/0334] Das Felderſyſtem. dieſes zuvoͤrderſt in ſeiner urſpruͤnglichen Reinheit, und dann in den man- cherlei Zuſaͤtzen und Ausbeſſerungen, die man ihm gegeben hat, betrachten, und zuletzt von den uͤbrigen reden. §. 300. Das Dreifelderſyſtem, ſo wie es wahrſcheinlich ſeit der Roͤmer Zeiten, faſt durch ganz Europa — Italien gerade ausgenommen, wo es erſt ſeit dem 14ten Jahrhundert von den Barberinis eingefuͤhrt zu ſeyn ſcheint, und des- halb den Namen des Barberiniſchen erhielt — ſich verbreitet hat, haͤlt 1) reine den Sommer hindurch gepfluͤgte Brache; 2) bauet es Wintergetreide; 3) Sommergetreide. Die Brache ſoll jedesmal geduͤngt werden, und dies iſt in vormaligen Zeiten, wie das Verhaͤltniß des Weide- und Wieſenlandes zum Ackerlande ungleich groͤßer war, wie es gegenwaͤrtig iſt, wirklich geſchehen. Jetzt aber iſt dies nur in wenigen fruchtbaren oder wieſenreichen Gegenden der Fall, und vielleicht da, wo man es durch kuͤnſtlichen Futterbau und Stall- futterung mit dieſem Syſteme verwebt, erzwingen kann. Gewoͤhnlich wird jetzt die Brache nur ein um’s andere Mal, der Acker alſo alle 6 Jahr geduͤngt; haͤufig aber geſchiehet es auch nur um’s 9te Jahr. Das erſte nennen wir die reiche, das zweite die vermoͤgende, das dritte die arme Dreifelderwirth- ſchaft. Nicht ſelten iſt es aber durch Vermehrung des Ackerlandes mit dem umge- brochenen Graslande durch immer ſchwaͤchere Duͤngung, die aus der verminder- ten Strohernte und geſchmaͤlerter Weide entſtand, dahin gekommen, daß auch nicht dieſer neunte Theil gehoͤrig ausgeduͤnget werden kann, und man hat ſich deshalb genoͤthiget geſehen, einen Theil des Ackers ganz ungeduͤngt, oder doch nur ſchwach mit Horden belegt zu laſſen, um dem uͤbrigen von Natur beſſeren, oder dem Hofe naͤher gelegenen Theile, den nothwendigen Duͤnger geben zu koͤn- nen. Dieſer vernachlaͤßigte Theil iſt unter dem Namen der Außenfelder, oder weil man ihn nur alle 3, 6 oder 9 Jahre ein einziges Mal mit Rocken beſtellen kann, des drei-, ſechs- oder neunjaͤhrigen Rockenlandes bekannt. Wo der Boden ſeiner natuͤrlichen Beſchaffenheit nach aus fruchtbarem Lehm beſteht, der ſich bei gehoͤriger Kultur als Weizenacker qualifiziren wuͤrde, bauet man auf dieſem Lande auch Dinkel oder Einkorn, und es wird daſelbſt Dinkelland genannt. Das Dreifel- derſyſtem. §. 302.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/334>, abgerufen am 26.04.2024.