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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Thonerde im reinen Zustande.
geblieben ist, so werden wir diesen beibehalten, müssen aber wohl bemerken, daß
wir sie mit dem Thone, der ein zusammengesetzter Körper ist, nicht verwechseln müs-
sen. Unter Thonerde verstehen wir also die reine elementarische Erde; unterUnterschei-
dung derselben
vom Thon.

Thon aber, von welchem wir in der Folge reden werden, die Verbindung derselben
mit Kieselerde und Eisenoxyd.

§. 20.

Nächst der Kieselerde finden wir unter allen Erden die Thonerde in der größten
Menge und am meisten verbreitet auf unserm Erdboden. Der Thon, in welchem die
Thonerde immer einen Bestandtheil ausmacht, ist in größerer oder geringerer Menge
fast in jeder Bodenart vorhanden, und findet sich auch in großen Lagern unter der
Oberfläche der Erde. Ueberdem macht die Thonerde einen Bestandtheil der meisten
Steinarten aus, und ist in einigen vorwaltend. Die organischen Körper enthalten
sie nur in sehr geringer Menge, und wenn wir gleich aus der Asche der meisten Vege-
tabilien einige Thonerde ausgeschieden haben, so scheint sie doch den Gewächsen nicht
wesentlich, sondern vielmehr zufällig in ihre Substanz oder in ihre Asche gekommen
zu seyn.

Die Thonerde ist für den Landwirth von der größten Wichtigkeit, indem
sie im Thone einen wesentlichen Bestandtheil des fruchtbaren Bodens aus-
macht. Von ihrer Kenntniß hängt die genauere Kenntniß des letzteren ab, und
von dieser wieder die richtige Beurtheilung der Wirkungen des Thons im Acker, die
Verbesserung und Verschlechterung des Ackers durch ihn. Auch ist sie in Hinsicht auf
Ziegelbrennerey und Verfertigung von Töpferwaare merkwürdig. Deshalb werden
wir erst die Eigenschaften der reinen Thonerde, dann die des Thons, kurz aber
gründlich durchnehmen.

§. 21.

Wenn man gleich den Thon seit uralten Zeiten wegen seiner nützlichen Eigen-
schaften kannte, und ihn zur Verfertigung irdener Waaren und Ziegel benutzte, so ist
doch die Thonerde noch nicht lange als ein besonderer Naturstoff angesehen worden.
Lange hat man sie mit der Erde überhaupt verwechselt, dann bald dem Kalke, bald
der Kieselerde, die durch Säuren oder Phlogiston einen andern Charakter angenom-
men hätten, beigezählt. Erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde es

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Thonerde im reinen Zuſtande.
geblieben iſt, ſo werden wir dieſen beibehalten, muͤſſen aber wohl bemerken, daß
wir ſie mit dem Thone, der ein zuſammengeſetzter Koͤrper iſt, nicht verwechſeln muͤſ-
ſen. Unter Thonerde verſtehen wir alſo die reine elementariſche Erde; unterUnterſchei-
dung derſelben
vom Thon.

Thon aber, von welchem wir in der Folge reden werden, die Verbindung derſelben
mit Kieſelerde und Eiſenoxyd.

§. 20.

Naͤchſt der Kieſelerde finden wir unter allen Erden die Thonerde in der groͤßten
Menge und am meiſten verbreitet auf unſerm Erdboden. Der Thon, in welchem die
Thonerde immer einen Beſtandtheil ausmacht, iſt in groͤßerer oder geringerer Menge
faſt in jeder Bodenart vorhanden, und findet ſich auch in großen Lagern unter der
Oberflaͤche der Erde. Ueberdem macht die Thonerde einen Beſtandtheil der meiſten
Steinarten aus, und iſt in einigen vorwaltend. Die organiſchen Koͤrper enthalten
ſie nur in ſehr geringer Menge, und wenn wir gleich aus der Aſche der meiſten Vege-
tabilien einige Thonerde ausgeſchieden haben, ſo ſcheint ſie doch den Gewaͤchſen nicht
weſentlich, ſondern vielmehr zufaͤllig in ihre Subſtanz oder in ihre Aſche gekommen
zu ſeyn.

Die Thonerde iſt fuͤr den Landwirth von der groͤßten Wichtigkeit, indem
ſie im Thone einen weſentlichen Beſtandtheil des fruchtbaren Bodens aus-
macht. Von ihrer Kenntniß haͤngt die genauere Kenntniß des letzteren ab, und
von dieſer wieder die richtige Beurtheilung der Wirkungen des Thons im Acker, die
Verbeſſerung und Verſchlechterung des Ackers durch ihn. Auch iſt ſie in Hinſicht auf
Ziegelbrennerey und Verfertigung von Toͤpferwaare merkwuͤrdig. Deshalb werden
wir erſt die Eigenſchaften der reinen Thonerde, dann die des Thons, kurz aber
gruͤndlich durchnehmen.

§. 21.

Wenn man gleich den Thon ſeit uralten Zeiten wegen ſeiner nuͤtzlichen Eigen-
ſchaften kannte, und ihn zur Verfertigung irdener Waaren und Ziegel benutzte, ſo iſt
doch die Thonerde noch nicht lange als ein beſonderer Naturſtoff angeſehen worden.
Lange hat man ſie mit der Erde uͤberhaupt verwechſelt, dann bald dem Kalke, bald
der Kieſelerde, die durch Saͤuren oder Phlogiſton einen andern Charakter angenom-
men haͤtten, beigezaͤhlt. Erſt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde es

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[59/0103] Thonerde im reinen Zuſtande. geblieben iſt, ſo werden wir dieſen beibehalten, muͤſſen aber wohl bemerken, daß wir ſie mit dem Thone, der ein zuſammengeſetzter Koͤrper iſt, nicht verwechſeln muͤſ- ſen. Unter Thonerde verſtehen wir alſo die reine elementariſche Erde; unter Thon aber, von welchem wir in der Folge reden werden, die Verbindung derſelben mit Kieſelerde und Eiſenoxyd. Unterſchei- dung derſelben vom Thon. §. 20. Naͤchſt der Kieſelerde finden wir unter allen Erden die Thonerde in der groͤßten Menge und am meiſten verbreitet auf unſerm Erdboden. Der Thon, in welchem die Thonerde immer einen Beſtandtheil ausmacht, iſt in groͤßerer oder geringerer Menge faſt in jeder Bodenart vorhanden, und findet ſich auch in großen Lagern unter der Oberflaͤche der Erde. Ueberdem macht die Thonerde einen Beſtandtheil der meiſten Steinarten aus, und iſt in einigen vorwaltend. Die organiſchen Koͤrper enthalten ſie nur in ſehr geringer Menge, und wenn wir gleich aus der Aſche der meiſten Vege- tabilien einige Thonerde ausgeſchieden haben, ſo ſcheint ſie doch den Gewaͤchſen nicht weſentlich, ſondern vielmehr zufaͤllig in ihre Subſtanz oder in ihre Aſche gekommen zu ſeyn. Die Thonerde iſt fuͤr den Landwirth von der groͤßten Wichtigkeit, indem ſie im Thone einen weſentlichen Beſtandtheil des fruchtbaren Bodens aus- macht. Von ihrer Kenntniß haͤngt die genauere Kenntniß des letzteren ab, und von dieſer wieder die richtige Beurtheilung der Wirkungen des Thons im Acker, die Verbeſſerung und Verſchlechterung des Ackers durch ihn. Auch iſt ſie in Hinſicht auf Ziegelbrennerey und Verfertigung von Toͤpferwaare merkwuͤrdig. Deshalb werden wir erſt die Eigenſchaften der reinen Thonerde, dann die des Thons, kurz aber gruͤndlich durchnehmen. §. 21. Wenn man gleich den Thon ſeit uralten Zeiten wegen ſeiner nuͤtzlichen Eigen- ſchaften kannte, und ihn zur Verfertigung irdener Waaren und Ziegel benutzte, ſo iſt doch die Thonerde noch nicht lange als ein beſonderer Naturſtoff angeſehen worden. Lange hat man ſie mit der Erde uͤberhaupt verwechſelt, dann bald dem Kalke, bald der Kieſelerde, die durch Saͤuren oder Phlogiſton einen andern Charakter angenom- men haͤtten, beigezaͤhlt. Erſt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde es H 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/103>, abgerufen am 26.04.2024.