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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Thonerde im reinen Zustande.
ein eigenes Gefühl hervorbringt, welches aus der Einsaugung der Feuchtigkeit der
Zunge durch die Thonerde entsteht. Ein ähnliches Gefühl bringt sie auch hervor,
wenn sie als ein feiner Staub in die Nase gezogen wird. Der eigenthümliche Geruch,
welchen der rohe Thon, besonders wenn er angehaucht oder angefeuchtet wird, von
sich giebt, ist der reinen Thonerde nicht eigen, und man hat ihm solchen unrichtig
beigemessen.

§. 23.

Gegen das Wasser äußert die Thonerde eine weit stärkere Anziehung, wie alleVerhalten ge-
gen das Was-
ser.

andere Erden, indem sie davon mehr zurückhält. Sie besitzt also die größte wasser-
haltende Kraft. Diese ist aber nach den verschiedenen Bereitungsarten der Thon-
erde merklich verschieden. Wenn sie frisch niedergeschlagen ist, so hält sie, ehe sie
wieder getrocknet worden, oft das sechsfache ihres eigenen Gewichts an Wasser an,
wogegen sie, wenn sie in mäßiger Wärme ausgetrocknet worden, nur 11/2 bis zwei
Mal so viel, als sie selbst wiegt, von demselben aufnehmen kann, ohne es tropfen-
weise fahren zu lassen. Wird sie scharf ausgetrocknet oder gar geglüht, so kann sie,
wie wir hören werden, noch weit weniger Feuchtigkeit in sich halten.

Die mit Wasser angefeuchtete Thonerde stellt einen mehr oder weniger schlüpfri-
gen Teig dar. Dieser Teig aus der reinen Thonerde ist aber nie so dehnbar, wie der
aus gutem rohen Thon, und man kann ihn nicht so leicht formen, wie diesen. Auch
trocknet der aus dieser reinen Erde bereitete Brei leichter aus.

§. 24.

Die reine Thonerde läßt sich in reinem Wasser nicht auflösen. Wird sie unterUnauflöslich
im reinen
Wasser.

vieles Wasser gemengt, so erscheinen ihre einzelnen Partikeln halb durchsichtig. Sie
vertheilen sich im Wasser äußerst fein, und setzen sich nur höchst langsam daraus wie-
der ab. Das Wasser hält aber nichts davon wirklich aufgelöst zurück. Dagegen
kann kohlensaures Wasser nach Saussure etwas Thon auflösen, welche Ver-
bindung aber nur so schwach ist, daß sie sich schon an der Luft leicht zersetzt, wo dann
die vorher klare Flüssigkeit sich trübt, und die Thonerde als ein gallertartiges leichtes
Sediment fallen läßt.

§. 25.

In einer gelinden Wärme von etwa 18 bis 20 Grad Reaumur verliert die Thon-
erde das ihr nur locker anhängende Wasser. Einen andern Theil der Feuchtigkeit

Thonerde im reinen Zuſtande.
ein eigenes Gefuͤhl hervorbringt, welches aus der Einſaugung der Feuchtigkeit der
Zunge durch die Thonerde entſteht. Ein aͤhnliches Gefuͤhl bringt ſie auch hervor,
wenn ſie als ein feiner Staub in die Naſe gezogen wird. Der eigenthuͤmliche Geruch,
welchen der rohe Thon, beſonders wenn er angehaucht oder angefeuchtet wird, von
ſich giebt, iſt der reinen Thonerde nicht eigen, und man hat ihm ſolchen unrichtig
beigemeſſen.

§. 23.

Gegen das Waſſer aͤußert die Thonerde eine weit ſtaͤrkere Anziehung, wie alleVerhalten ge-
gen das Waſ-
ſer.

andere Erden, indem ſie davon mehr zuruͤckhaͤlt. Sie beſitzt alſo die groͤßte waſſer-
haltende Kraft. Dieſe iſt aber nach den verſchiedenen Bereitungsarten der Thon-
erde merklich verſchieden. Wenn ſie friſch niedergeſchlagen iſt, ſo haͤlt ſie, ehe ſie
wieder getrocknet worden, oft das ſechsfache ihres eigenen Gewichts an Waſſer an,
wogegen ſie, wenn ſie in maͤßiger Waͤrme ausgetrocknet worden, nur 1½ bis zwei
Mal ſo viel, als ſie ſelbſt wiegt, von demſelben aufnehmen kann, ohne es tropfen-
weiſe fahren zu laſſen. Wird ſie ſcharf ausgetrocknet oder gar gegluͤht, ſo kann ſie,
wie wir hoͤren werden, noch weit weniger Feuchtigkeit in ſich halten.

Die mit Waſſer angefeuchtete Thonerde ſtellt einen mehr oder weniger ſchluͤpfri-
gen Teig dar. Dieſer Teig aus der reinen Thonerde iſt aber nie ſo dehnbar, wie der
aus gutem rohen Thon, und man kann ihn nicht ſo leicht formen, wie dieſen. Auch
trocknet der aus dieſer reinen Erde bereitete Brei leichter aus.

§. 24.

Die reine Thonerde laͤßt ſich in reinem Waſſer nicht aufloͤſen. Wird ſie unterUnaufloͤslich
im reinen
Waſſer.

vieles Waſſer gemengt, ſo erſcheinen ihre einzelnen Partikeln halb durchſichtig. Sie
vertheilen ſich im Waſſer aͤußerſt fein, und ſetzen ſich nur hoͤchſt langſam daraus wie-
der ab. Das Waſſer haͤlt aber nichts davon wirklich aufgeloͤſt zuruͤck. Dagegen
kann kohlenſaures Waſſer nach Sauſſure etwas Thon aufloͤſen, welche Ver-
bindung aber nur ſo ſchwach iſt, daß ſie ſich ſchon an der Luft leicht zerſetzt, wo dann
die vorher klare Fluͤſſigkeit ſich truͤbt, und die Thonerde als ein gallertartiges leichtes
Sediment fallen laͤßt.

§. 25.

In einer gelinden Waͤrme von etwa 18 bis 20 Grad Reaumur verliert die Thon-
erde das ihr nur locker anhaͤngende Waſſer. Einen andern Theil der Feuchtigkeit

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[61/0105] Thonerde im reinen Zuſtande. ein eigenes Gefuͤhl hervorbringt, welches aus der Einſaugung der Feuchtigkeit der Zunge durch die Thonerde entſteht. Ein aͤhnliches Gefuͤhl bringt ſie auch hervor, wenn ſie als ein feiner Staub in die Naſe gezogen wird. Der eigenthuͤmliche Geruch, welchen der rohe Thon, beſonders wenn er angehaucht oder angefeuchtet wird, von ſich giebt, iſt der reinen Thonerde nicht eigen, und man hat ihm ſolchen unrichtig beigemeſſen. §. 23. Gegen das Waſſer aͤußert die Thonerde eine weit ſtaͤrkere Anziehung, wie alle andere Erden, indem ſie davon mehr zuruͤckhaͤlt. Sie beſitzt alſo die groͤßte waſſer- haltende Kraft. Dieſe iſt aber nach den verſchiedenen Bereitungsarten der Thon- erde merklich verſchieden. Wenn ſie friſch niedergeſchlagen iſt, ſo haͤlt ſie, ehe ſie wieder getrocknet worden, oft das ſechsfache ihres eigenen Gewichts an Waſſer an, wogegen ſie, wenn ſie in maͤßiger Waͤrme ausgetrocknet worden, nur 1½ bis zwei Mal ſo viel, als ſie ſelbſt wiegt, von demſelben aufnehmen kann, ohne es tropfen- weiſe fahren zu laſſen. Wird ſie ſcharf ausgetrocknet oder gar gegluͤht, ſo kann ſie, wie wir hoͤren werden, noch weit weniger Feuchtigkeit in ſich halten. Verhalten ge- gen das Waſ- ſer. Die mit Waſſer angefeuchtete Thonerde ſtellt einen mehr oder weniger ſchluͤpfri- gen Teig dar. Dieſer Teig aus der reinen Thonerde iſt aber nie ſo dehnbar, wie der aus gutem rohen Thon, und man kann ihn nicht ſo leicht formen, wie dieſen. Auch trocknet der aus dieſer reinen Erde bereitete Brei leichter aus. §. 24. Die reine Thonerde laͤßt ſich in reinem Waſſer nicht aufloͤſen. Wird ſie unter vieles Waſſer gemengt, ſo erſcheinen ihre einzelnen Partikeln halb durchſichtig. Sie vertheilen ſich im Waſſer aͤußerſt fein, und ſetzen ſich nur hoͤchſt langſam daraus wie- der ab. Das Waſſer haͤlt aber nichts davon wirklich aufgeloͤſt zuruͤck. Dagegen kann kohlenſaures Waſſer nach Sauſſure etwas Thon aufloͤſen, welche Ver- bindung aber nur ſo ſchwach iſt, daß ſie ſich ſchon an der Luft leicht zerſetzt, wo dann die vorher klare Fluͤſſigkeit ſich truͤbt, und die Thonerde als ein gallertartiges leichtes Sediment fallen laͤßt. Unaufloͤslich im reinen Waſſer. §. 25. In einer gelinden Waͤrme von etwa 18 bis 20 Grad Reaumur verliert die Thon- erde das ihr nur locker anhaͤngende Waſſer. Einen andern Theil der Feuchtigkeit

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/105>, abgerufen am 26.04.2024.