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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Bodens.
Zeit aus, so daß er in Berührung mit der Luft kommt, so ist ein solcher Moder weit
schneller wirksam, wie der, welcher tief unter Wasser gelegen hat.

§. 118.

Entstehung
der Säuren
im Humus bei
der Nässe.
Wenn der Humus immer feucht, jedoch nicht ganz mit Wasser bedeckt liegt,
so erzeugt sich in demselben eine Säure, die schon dem Geschmacke sehr auffallend ist,
sich aber noch deutlicher durch das Röthen des Lakmuspapiers offenbart. Man hat
dies schon lange gewußt, und daher solche Wiesen und Gründe mit Recht sauer ge-
nannt, obwohl dieser Ausdruck häufig gemißbraucht ward. Wir haben aber wohl
die Sache zuerst genauer untersucht, und die eigenthümliche Beschaffenheit dieser
Säure erforscht, die wir anfangs für eine Säure besonderer Art, deren Basis Koh-
lenstoff sei, zu halten verleitet wurden. Sie ist aber mehrentheils Essig, zuweilen
auch Phosphorsäure, die sich sonderbar fest an den Humus hänget, so daß man sie
nicht abwaschen und selbst durch das Kochen nicht davon trennen kann. Die Flüssig-
keit, womit der Humus gekocht ist, bekommt zwar einen säuerlichen Geschmack, aber
der größte Theil der Säure bleibt an jenem hangen. Was das Wasser sonst noch
aufgelöst hat, besteht in einer geringen Menge von einer braunen, im trocknen Zu-
stande spröden Materie, die aber von dem Extraktivstoffe des gewöhnlichen Humus
sehr verschieden ist, und nicht die Eigenschaften besitzt, sich beim Zutritt der Luft aus
dem Wasser niederzuschlagen. Dagegen führt dieser saure Humus eine große Menge
von unauflöslichen Extraktivstoffen, und zuweilen besteht der größte Theil seines Ge-
wichts daraus. Wenn er daher mit einer alkalischen Lauge digerirt wird, so wird die
Lauge dunkelbraun, sogar von vieler aufgelösten Substanz dickflüssig. Wird zu der
Lauge dann eine Säure geschüttet, so schlägt sich der Extraktivstoff in dunkelbraunen
Flocken nieder, und nimmt, was merkwürdig ist, wenn man nur etwas mehr Säure,
als zur Neutralisirung des Alkali nöthig ist, hinzusetzt, die Essig- und Phosphor-
säure wieder in sich auf, so daß er eben so sauer bleibt, wie er vorher war. Ist aber
gerade nur so viel Säure, als nöthig ist das Alkali abzustumpfen, hinzugesetzt, so
bleiben die Säuren am Alkali gebunden in der Flüssigkeit zurück, und der Extraktiv-
stoff ist dann nicht mehr sauer. Dieser saure Humus enthält Ammonium, welcher
vorher an der Säure gebunden durch einen stechenden Geruch sehr merklich wird, wenn
man die Auflösung mit Alkalien behandelt.


Beſtandtheile des Bodens.
Zeit aus, ſo daß er in Beruͤhrung mit der Luft kommt, ſo iſt ein ſolcher Moder weit
ſchneller wirkſam, wie der, welcher tief unter Waſſer gelegen hat.

§. 118.

Entſtehung
der Saͤuren
im Humus bei
der Naͤſſe.
Wenn der Humus immer feucht, jedoch nicht ganz mit Waſſer bedeckt liegt,
ſo erzeugt ſich in demſelben eine Saͤure, die ſchon dem Geſchmacke ſehr auffallend iſt,
ſich aber noch deutlicher durch das Roͤthen des Lakmuspapiers offenbart. Man hat
dies ſchon lange gewußt, und daher ſolche Wieſen und Gruͤnde mit Recht ſauer ge-
nannt, obwohl dieſer Ausdruck haͤufig gemißbraucht ward. Wir haben aber wohl
die Sache zuerſt genauer unterſucht, und die eigenthuͤmliche Beſchaffenheit dieſer
Saͤure erforſcht, die wir anfangs fuͤr eine Saͤure beſonderer Art, deren Baſis Koh-
lenſtoff ſei, zu halten verleitet wurden. Sie iſt aber mehrentheils Eſſig, zuweilen
auch Phosphorſaͤure, die ſich ſonderbar feſt an den Humus haͤnget, ſo daß man ſie
nicht abwaſchen und ſelbſt durch das Kochen nicht davon trennen kann. Die Fluͤſſig-
keit, womit der Humus gekocht iſt, bekommt zwar einen ſaͤuerlichen Geſchmack, aber
der groͤßte Theil der Saͤure bleibt an jenem hangen. Was das Waſſer ſonſt noch
aufgeloͤſt hat, beſteht in einer geringen Menge von einer braunen, im trocknen Zu-
ſtande ſproͤden Materie, die aber von dem Extraktivſtoffe des gewoͤhnlichen Humus
ſehr verſchieden iſt, und nicht die Eigenſchaften beſitzt, ſich beim Zutritt der Luft aus
dem Waſſer niederzuſchlagen. Dagegen fuͤhrt dieſer ſaure Humus eine große Menge
von unaufloͤslichen Extraktivſtoffen, und zuweilen beſteht der groͤßte Theil ſeines Ge-
wichts daraus. Wenn er daher mit einer alkaliſchen Lauge digerirt wird, ſo wird die
Lauge dunkelbraun, ſogar von vieler aufgeloͤſten Subſtanz dickfluͤſſig. Wird zu der
Lauge dann eine Saͤure geſchuͤttet, ſo ſchlaͤgt ſich der Extraktivſtoff in dunkelbraunen
Flocken nieder, und nimmt, was merkwuͤrdig iſt, wenn man nur etwas mehr Saͤure,
als zur Neutraliſirung des Alkali noͤthig iſt, hinzuſetzt, die Eſſig- und Phosphor-
ſaͤure wieder in ſich auf, ſo daß er eben ſo ſauer bleibt, wie er vorher war. Iſt aber
gerade nur ſo viel Saͤure, als noͤthig iſt das Alkali abzuſtumpfen, hinzugeſetzt, ſo
bleiben die Saͤuren am Alkali gebunden in der Fluͤſſigkeit zuruͤck, und der Extraktiv-
ſtoff iſt dann nicht mehr ſauer. Dieſer ſaure Humus enthaͤlt Ammonium, welcher
vorher an der Saͤure gebunden durch einen ſtechenden Geruch ſehr merklich wird, wenn
man die Aufloͤſung mit Alkalien behandelt.


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[114/0158] Beſtandtheile des Bodens. Zeit aus, ſo daß er in Beruͤhrung mit der Luft kommt, ſo iſt ein ſolcher Moder weit ſchneller wirkſam, wie der, welcher tief unter Waſſer gelegen hat. §. 118. Wenn der Humus immer feucht, jedoch nicht ganz mit Waſſer bedeckt liegt, ſo erzeugt ſich in demſelben eine Saͤure, die ſchon dem Geſchmacke ſehr auffallend iſt, ſich aber noch deutlicher durch das Roͤthen des Lakmuspapiers offenbart. Man hat dies ſchon lange gewußt, und daher ſolche Wieſen und Gruͤnde mit Recht ſauer ge- nannt, obwohl dieſer Ausdruck haͤufig gemißbraucht ward. Wir haben aber wohl die Sache zuerſt genauer unterſucht, und die eigenthuͤmliche Beſchaffenheit dieſer Saͤure erforſcht, die wir anfangs fuͤr eine Saͤure beſonderer Art, deren Baſis Koh- lenſtoff ſei, zu halten verleitet wurden. Sie iſt aber mehrentheils Eſſig, zuweilen auch Phosphorſaͤure, die ſich ſonderbar feſt an den Humus haͤnget, ſo daß man ſie nicht abwaſchen und ſelbſt durch das Kochen nicht davon trennen kann. Die Fluͤſſig- keit, womit der Humus gekocht iſt, bekommt zwar einen ſaͤuerlichen Geſchmack, aber der groͤßte Theil der Saͤure bleibt an jenem hangen. Was das Waſſer ſonſt noch aufgeloͤſt hat, beſteht in einer geringen Menge von einer braunen, im trocknen Zu- ſtande ſproͤden Materie, die aber von dem Extraktivſtoffe des gewoͤhnlichen Humus ſehr verſchieden iſt, und nicht die Eigenſchaften beſitzt, ſich beim Zutritt der Luft aus dem Waſſer niederzuſchlagen. Dagegen fuͤhrt dieſer ſaure Humus eine große Menge von unaufloͤslichen Extraktivſtoffen, und zuweilen beſteht der groͤßte Theil ſeines Ge- wichts daraus. Wenn er daher mit einer alkaliſchen Lauge digerirt wird, ſo wird die Lauge dunkelbraun, ſogar von vieler aufgeloͤſten Subſtanz dickfluͤſſig. Wird zu der Lauge dann eine Saͤure geſchuͤttet, ſo ſchlaͤgt ſich der Extraktivſtoff in dunkelbraunen Flocken nieder, und nimmt, was merkwuͤrdig iſt, wenn man nur etwas mehr Saͤure, als zur Neutraliſirung des Alkali noͤthig iſt, hinzuſetzt, die Eſſig- und Phosphor- ſaͤure wieder in ſich auf, ſo daß er eben ſo ſauer bleibt, wie er vorher war. Iſt aber gerade nur ſo viel Saͤure, als noͤthig iſt das Alkali abzuſtumpfen, hinzugeſetzt, ſo bleiben die Saͤuren am Alkali gebunden in der Fluͤſſigkeit zuruͤck, und der Extraktiv- ſtoff iſt dann nicht mehr ſauer. Dieſer ſaure Humus enthaͤlt Ammonium, welcher vorher an der Saͤure gebunden durch einen ſtechenden Geruch ſehr merklich wird, wenn man die Aufloͤſung mit Alkalien behandelt. Entſtehung der Saͤuren im Humus bei der Naͤſſe.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/158>, abgerufen am 26.04.2024.