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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Der Thon.

Man glaubte längst, daß der Thon Salpeter aus der Luft aufnehme, und man hat
sich wirklich überzeugt, daß aller Lehm die Salpetererzeugung in den Salpeterplan-
tagen befördere. Gebildeter Salpeter ist aber in der Luft nicht vorhanden. Allein
es ist aus mehreren Beobachtungen und Erfahrungen wahrscheinlich, daß der Thon
bei seiner Berührung mit der Lust Azote, Hydrogen, vielleicht auch die thierischen
Ausdünstungen aus derselben einsauge. Wenn man Thon in großen Ballen zusam-
mengeknetet an feuchten Orten lange liegen läßt, so entstehen alle Merkmale einer
Fäulniß, und es erzeugt sich Ammonium, welches die Gegenwart des Azot be-
weist, und dieses ist die Basis der Salpetersäure.

Wenn es von der reinen Thonerde noch nicht ganz ausgemacht ist, ob sie Oxygen
aus der Luft einsauge, so hat es doch beim Thon selbst gar keinen Zweifel. Hum-
bold
hat dieses nicht nur bei allen Thonarten, die er untersuchte, sondern auch selbst
bei dem harten Thonschiefer gefunden.

Durch die Einsaugung der verschiedenen bekannten und unbekannten Stoffe aus
der Atmosphäre wird der Thon immer mürber, weniger zähe, magerer. Diese That-
sache ist durch viele Erfahrungen und chemische Versuche bestätigt. Wir haben Thon
untersucht, der an der Oberfläche lag, und andern, der tiefer heraufgeholt war.
Beide hatten ein gleiches Verhältniß von Thon, Kieselerde und Eisenoxyd. Jener
war indessen auffallend magerer, wie dieser. Da also die Luft den Thon mürber
macht, so läßt sich der Nutzen einer fleißigen Bearbeitung des thonigsten Bodens auch
in dieser Hinsicht leicht begreifen, indem durch die Bearbeitung die Luft mehr Berüh-
rungspunkte mit der Ackerkrume erhält, tiefer eindringt, um so mehr von ihrer Materie
absetzen kann, mithin das Verwittern und Mürbewerden des Thons veranlaßt.

§. 46.

Gegen die
Gäuren.
Die Säuren greifen den kalklosen Thon wenig an, und erregen kein Aufbrausen,
es sey denn, daß er viel kohlensaures Eisenoxyd enthalte. Die reine Thonerde und
das Eisenoxyd sind zwar für sich in Säuren ziemlich leicht auflöslich, sie werden aber
im Thone durch die Kieselerde vor dem Angriff der Säure geschützt. Die Säuren,
welche man auf den Thon gießt, lösen von jenen Materien wohl etwas, aber nicht
alles auf. Sie lösen um so mehr davon auf, je größer das Verhältniß derselben ist,
und um so weniger, je geringer es gegen die Kieselerde steht. Eine fette Thonart
wird demnach den Säuren mehr Thonerde abgeben, wie eine magere, und von einer

stark
Der Thon.

Man glaubte laͤngſt, daß der Thon Salpeter aus der Luft aufnehme, und man hat
ſich wirklich uͤberzeugt, daß aller Lehm die Salpetererzeugung in den Salpeterplan-
tagen befoͤrdere. Gebildeter Salpeter iſt aber in der Luft nicht vorhanden. Allein
es iſt aus mehreren Beobachtungen und Erfahrungen wahrſcheinlich, daß der Thon
bei ſeiner Beruͤhrung mit der Luſt Azote, Hydrogen, vielleicht auch die thieriſchen
Ausduͤnſtungen aus derſelben einſauge. Wenn man Thon in großen Ballen zuſam-
mengeknetet an feuchten Orten lange liegen laͤßt, ſo entſtehen alle Merkmale einer
Faͤulniß, und es erzeugt ſich Ammonium, welches die Gegenwart des Azot be-
weiſt, und dieſes iſt die Baſis der Salpeterſaͤure.

Wenn es von der reinen Thonerde noch nicht ganz ausgemacht iſt, ob ſie Oxygen
aus der Luft einſauge, ſo hat es doch beim Thon ſelbſt gar keinen Zweifel. Hum-
bold
hat dieſes nicht nur bei allen Thonarten, die er unterſuchte, ſondern auch ſelbſt
bei dem harten Thonſchiefer gefunden.

Durch die Einſaugung der verſchiedenen bekannten und unbekannten Stoffe aus
der Atmoſphaͤre wird der Thon immer muͤrber, weniger zaͤhe, magerer. Dieſe That-
ſache iſt durch viele Erfahrungen und chemiſche Verſuche beſtaͤtigt. Wir haben Thon
unterſucht, der an der Oberflaͤche lag, und andern, der tiefer heraufgeholt war.
Beide hatten ein gleiches Verhaͤltniß von Thon, Kieſelerde und Eiſenoxyd. Jener
war indeſſen auffallend magerer, wie dieſer. Da alſo die Luft den Thon muͤrber
macht, ſo laͤßt ſich der Nutzen einer fleißigen Bearbeitung des thonigſten Bodens auch
in dieſer Hinſicht leicht begreifen, indem durch die Bearbeitung die Luft mehr Beruͤh-
rungspunkte mit der Ackerkrume erhaͤlt, tiefer eindringt, um ſo mehr von ihrer Materie
abſetzen kann, mithin das Verwittern und Muͤrbewerden des Thons veranlaßt.

§. 46.

Gegen die
Gaͤuren.
Die Saͤuren greifen den kalkloſen Thon wenig an, und erregen kein Aufbrauſen,
es ſey denn, daß er viel kohlenſaures Eiſenoxyd enthalte. Die reine Thonerde und
das Eiſenoxyd ſind zwar fuͤr ſich in Saͤuren ziemlich leicht aufloͤslich, ſie werden aber
im Thone durch die Kieſelerde vor dem Angriff der Saͤure geſchuͤtzt. Die Saͤuren,
welche man auf den Thon gießt, loͤſen von jenen Materien wohl etwas, aber nicht
alles auf. Sie loͤſen um ſo mehr davon auf, je groͤßer das Verhaͤltniß derſelben iſt,
und um ſo weniger, je geringer es gegen die Kieſelerde ſteht. Eine fette Thonart
wird demnach den Saͤuren mehr Thonerde abgeben, wie eine magere, und von einer

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[72/0116] Der Thon. Man glaubte laͤngſt, daß der Thon Salpeter aus der Luft aufnehme, und man hat ſich wirklich uͤberzeugt, daß aller Lehm die Salpetererzeugung in den Salpeterplan- tagen befoͤrdere. Gebildeter Salpeter iſt aber in der Luft nicht vorhanden. Allein es iſt aus mehreren Beobachtungen und Erfahrungen wahrſcheinlich, daß der Thon bei ſeiner Beruͤhrung mit der Luſt Azote, Hydrogen, vielleicht auch die thieriſchen Ausduͤnſtungen aus derſelben einſauge. Wenn man Thon in großen Ballen zuſam- mengeknetet an feuchten Orten lange liegen laͤßt, ſo entſtehen alle Merkmale einer Faͤulniß, und es erzeugt ſich Ammonium, welches die Gegenwart des Azot be- weiſt, und dieſes iſt die Baſis der Salpeterſaͤure. Wenn es von der reinen Thonerde noch nicht ganz ausgemacht iſt, ob ſie Oxygen aus der Luft einſauge, ſo hat es doch beim Thon ſelbſt gar keinen Zweifel. Hum- bold hat dieſes nicht nur bei allen Thonarten, die er unterſuchte, ſondern auch ſelbſt bei dem harten Thonſchiefer gefunden. Durch die Einſaugung der verſchiedenen bekannten und unbekannten Stoffe aus der Atmoſphaͤre wird der Thon immer muͤrber, weniger zaͤhe, magerer. Dieſe That- ſache iſt durch viele Erfahrungen und chemiſche Verſuche beſtaͤtigt. Wir haben Thon unterſucht, der an der Oberflaͤche lag, und andern, der tiefer heraufgeholt war. Beide hatten ein gleiches Verhaͤltniß von Thon, Kieſelerde und Eiſenoxyd. Jener war indeſſen auffallend magerer, wie dieſer. Da alſo die Luft den Thon muͤrber macht, ſo laͤßt ſich der Nutzen einer fleißigen Bearbeitung des thonigſten Bodens auch in dieſer Hinſicht leicht begreifen, indem durch die Bearbeitung die Luft mehr Beruͤh- rungspunkte mit der Ackerkrume erhaͤlt, tiefer eindringt, um ſo mehr von ihrer Materie abſetzen kann, mithin das Verwittern und Muͤrbewerden des Thons veranlaßt. §. 46. Die Saͤuren greifen den kalkloſen Thon wenig an, und erregen kein Aufbrauſen, es ſey denn, daß er viel kohlenſaures Eiſenoxyd enthalte. Die reine Thonerde und das Eiſenoxyd ſind zwar fuͤr ſich in Saͤuren ziemlich leicht aufloͤslich, ſie werden aber im Thone durch die Kieſelerde vor dem Angriff der Saͤure geſchuͤtzt. Die Saͤuren, welche man auf den Thon gießt, loͤſen von jenen Materien wohl etwas, aber nicht alles auf. Sie loͤſen um ſo mehr davon auf, je groͤßer das Verhaͤltniß derſelben iſt, und um ſo weniger, je geringer es gegen die Kieſelerde ſteht. Eine fette Thonart wird demnach den Saͤuren mehr Thonerde abgeben, wie eine magere, und von einer ſtark Gegen die Gaͤuren.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/116>, abgerufen am 26.04.2024.