Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mergel.
chem sich der Brombeerenstrauch eingewurzelt hat. Diese Hügel selbst sind oft nichts
weniger als fruchtbar, obgleich der Lehm der Oberfläche schon einige Kalktheile enthält.
Der Mergel scheint hier den Humus schnell consumirt zu haben, oder dieser ist, durch
jenen auflöslicher gemacht, herabgespült worden. Durch stärkere Düngung wer-
den solche Hügel aber seuchtbar. Ich führe dies an, damit man sich durch die schein-
bare Unfruchtbarkeit dieser Hügel nicht abschrecken lasse, hier nach Mergel zu graben.
Die beiden letztern Arten finden sich nur in Gründen.

Die Bitter- oder Talkerde.
§. 101.

Wir finden diese Erde nicht so verbreitet in der Natur, wie die vorhergehenden,
auch nie rein, sondern mit andern Erden gemischt und mit Säuren verbunden.
Manche Mineralien enthalten sie, und sie ist im Meerwasser und in den Salzsohlen,
hauptsächlich mit Salz und Schwefelsäure verbunden, häufig vorhanden, so wie sie
auch in den thierischen Körpern, mehrentheils mit Phosphorsäure vereinigt,
oft vorkommt. Auch die Aschen der meisten Gewächse enthalten sie in größerer oder
geringerer Menge; zuweilen macht sie einen ganz beträchtlichen Bestandtheil der Ak-
kererde und auch des zur Düngung brauchbaren Mergels aus.

Diese Erde, welche überhaupt erst kürzlich entdeckt und unterschieden worden,
hat in den neusten Zeiten in Hinsicht des Ackerbaus wieder mehrere Aufmerksamkeit
erregt. Bergmann und andere erklärten sie für eine sehr fruchtbare Erde. Ein
Engländer Tennant aber hatte die Beobachtung gemacht, daß ein zur Düngung ge-
brauchter, gebrannter Kalk eine sehr nachtheilige Wirkung that, und fand bei der
Untersuchung desselben, daß er viele Bittererde enthielte. Er schloß daraus auf eine
allgemein schädliche Wirkung der Bittererde. Höchstens beweist dieser Fall aber nur,
daß sie in ihrem kohlensaure-freien Zustande nachtheilig wirken könne, in welchem sie
sich von Natur nie befindet. In ihrem natürlichen Zustande kömmt sie dem kohlensau-
ren Kalke vielmehr in allen Stücken gleich. Lampadius hat sie der Vegetation
des Rockens sehr zuträglich gefunden, und Einhoff hat einen sehr fruchtbaren Mer-
gel untersucht, der 20 Prozent Bittererde enthielt.


Der Mergel.
chem ſich der Brombeerenſtrauch eingewurzelt hat. Dieſe Huͤgel ſelbſt ſind oft nichts
weniger als fruchtbar, obgleich der Lehm der Oberflaͤche ſchon einige Kalktheile enthaͤlt.
Der Mergel ſcheint hier den Humus ſchnell conſumirt zu haben, oder dieſer iſt, durch
jenen aufloͤslicher gemacht, herabgeſpuͤlt worden. Durch ſtaͤrkere Duͤngung wer-
den ſolche Huͤgel aber ſeuchtbar. Ich fuͤhre dies an, damit man ſich durch die ſchein-
bare Unfruchtbarkeit dieſer Huͤgel nicht abſchrecken laſſe, hier nach Mergel zu graben.
Die beiden letztern Arten finden ſich nur in Gruͤnden.

Die Bitter- oder Talkerde.
§. 101.

Wir finden dieſe Erde nicht ſo verbreitet in der Natur, wie die vorhergehenden,
auch nie rein, ſondern mit andern Erden gemiſcht und mit Saͤuren verbunden.
Manche Mineralien enthalten ſie, und ſie iſt im Meerwaſſer und in den Salzſohlen,
hauptſaͤchlich mit Salz und Schwefelſaͤure verbunden, haͤufig vorhanden, ſo wie ſie
auch in den thieriſchen Koͤrpern, mehrentheils mit Phosphorſaͤure vereinigt,
oft vorkommt. Auch die Aſchen der meiſten Gewaͤchſe enthalten ſie in groͤßerer oder
geringerer Menge; zuweilen macht ſie einen ganz betraͤchtlichen Beſtandtheil der Ak-
kererde und auch des zur Duͤngung brauchbaren Mergels aus.

Dieſe Erde, welche uͤberhaupt erſt kuͤrzlich entdeckt und unterſchieden worden,
hat in den neuſten Zeiten in Hinſicht des Ackerbaus wieder mehrere Aufmerkſamkeit
erregt. Bergmann und andere erklaͤrten ſie fuͤr eine ſehr fruchtbare Erde. Ein
Englaͤnder Tennant aber hatte die Beobachtung gemacht, daß ein zur Duͤngung ge-
brauchter, gebrannter Kalk eine ſehr nachtheilige Wirkung that, und fand bei der
Unterſuchung deſſelben, daß er viele Bittererde enthielte. Er ſchloß daraus auf eine
allgemein ſchaͤdliche Wirkung der Bittererde. Hoͤchſtens beweiſt dieſer Fall aber nur,
daß ſie in ihrem kohlenſaure-freien Zuſtande nachtheilig wirken koͤnne, in welchem ſie
ſich von Natur nie befindet. In ihrem natuͤrlichen Zuſtande koͤmmt ſie dem kohlenſau-
ren Kalke vielmehr in allen Stuͤcken gleich. Lampadius hat ſie der Vegetation
des Rockens ſehr zutraͤglich gefunden, und Einhoff hat einen ſehr fruchtbaren Mer-
gel unterſucht, der 20 Prozent Bittererde enthielt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0146" n="102"/><fw place="top" type="header">Der Mergel.</fw><lb/>
chem &#x017F;ich der Brombeeren&#x017F;trauch eingewurzelt hat. Die&#x017F;e Hu&#x0364;gel &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind oft nichts<lb/>
weniger als fruchtbar, obgleich der Lehm der Oberfla&#x0364;che &#x017F;chon einige Kalktheile entha&#x0364;lt.<lb/>
Der Mergel &#x017F;cheint hier den Humus &#x017F;chnell con&#x017F;umirt zu haben, oder die&#x017F;er i&#x017F;t, durch<lb/>
jenen auflo&#x0364;slicher gemacht, herabge&#x017F;pu&#x0364;lt worden. Durch &#x017F;ta&#x0364;rkere Du&#x0364;ngung wer-<lb/>
den &#x017F;olche Hu&#x0364;gel aber &#x017F;euchtbar. Ich fu&#x0364;hre dies an, damit man &#x017F;ich durch die &#x017F;chein-<lb/>
bare Unfruchtbarkeit die&#x017F;er Hu&#x0364;gel nicht ab&#x017F;chrecken la&#x017F;&#x017F;e, hier nach Mergel zu graben.<lb/>
Die beiden letztern Arten finden &#x017F;ich nur in Gru&#x0364;nden.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Die Bitter- oder Talkerde.</hi> </hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 101.</head><lb/>
            <p>Wir finden die&#x017F;e Erde nicht &#x017F;o verbreitet in der Natur, wie die vorhergehenden,<lb/>
auch nie rein, &#x017F;ondern mit andern Erden gemi&#x017F;cht und mit Sa&#x0364;uren verbunden.<lb/>
Manche Mineralien enthalten &#x017F;ie, und &#x017F;ie i&#x017F;t im Meerwa&#x017F;&#x017F;er und in den Salz&#x017F;ohlen,<lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich mit Salz und Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure verbunden, ha&#x0364;ufig vorhanden, &#x017F;o wie &#x017F;ie<lb/>
auch in den thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpern, mehrentheils mit Phosphor&#x017F;a&#x0364;ure vereinigt,<lb/>
oft vorkommt. Auch die A&#x017F;chen der mei&#x017F;ten Gewa&#x0364;ch&#x017F;e enthalten &#x017F;ie in gro&#x0364;ßerer oder<lb/>
geringerer Menge; zuweilen macht &#x017F;ie einen ganz betra&#x0364;chtlichen Be&#x017F;tandtheil der Ak-<lb/>
kererde und auch des zur Du&#x0364;ngung brauchbaren Mergels aus.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Erde, welche u&#x0364;berhaupt er&#x017F;t ku&#x0364;rzlich entdeckt und unter&#x017F;chieden worden,<lb/>
hat in den neu&#x017F;ten Zeiten in Hin&#x017F;icht des Ackerbaus wieder mehrere Aufmerk&#x017F;amkeit<lb/>
erregt. <hi rendition="#g">Bergmann</hi> und andere erkla&#x0364;rten &#x017F;ie fu&#x0364;r eine &#x017F;ehr fruchtbare Erde. Ein<lb/>
Engla&#x0364;nder Tennant aber hatte die Beobachtung gemacht, daß ein zur Du&#x0364;ngung ge-<lb/>
brauchter, gebrannter Kalk eine &#x017F;ehr nachtheilige Wirkung that, und fand bei der<lb/>
Unter&#x017F;uchung de&#x017F;&#x017F;elben, daß er viele Bittererde enthielte. Er &#x017F;chloß daraus auf eine<lb/>
allgemein &#x017F;cha&#x0364;dliche Wirkung der Bittererde. Ho&#x0364;ch&#x017F;tens bewei&#x017F;t die&#x017F;er Fall aber nur,<lb/>
daß &#x017F;ie in ihrem kohlen&#x017F;aure-freien Zu&#x017F;tande nachtheilig wirken ko&#x0364;nne, in welchem &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich von Natur nie befindet. In ihrem natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande ko&#x0364;mmt &#x017F;ie dem kohlen&#x017F;au-<lb/>
ren Kalke vielmehr in allen Stu&#x0364;cken gleich. <hi rendition="#g">Lampadius</hi> hat &#x017F;ie der Vegetation<lb/>
des Rockens &#x017F;ehr zutra&#x0364;glich gefunden, und <hi rendition="#g">Einhoff</hi> hat einen &#x017F;ehr fruchtbaren Mer-<lb/>
gel unter&#x017F;ucht, der 20 Prozent Bittererde enthielt.</p>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0146] Der Mergel. chem ſich der Brombeerenſtrauch eingewurzelt hat. Dieſe Huͤgel ſelbſt ſind oft nichts weniger als fruchtbar, obgleich der Lehm der Oberflaͤche ſchon einige Kalktheile enthaͤlt. Der Mergel ſcheint hier den Humus ſchnell conſumirt zu haben, oder dieſer iſt, durch jenen aufloͤslicher gemacht, herabgeſpuͤlt worden. Durch ſtaͤrkere Duͤngung wer- den ſolche Huͤgel aber ſeuchtbar. Ich fuͤhre dies an, damit man ſich durch die ſchein- bare Unfruchtbarkeit dieſer Huͤgel nicht abſchrecken laſſe, hier nach Mergel zu graben. Die beiden letztern Arten finden ſich nur in Gruͤnden. Die Bitter- oder Talkerde. §. 101. Wir finden dieſe Erde nicht ſo verbreitet in der Natur, wie die vorhergehenden, auch nie rein, ſondern mit andern Erden gemiſcht und mit Saͤuren verbunden. Manche Mineralien enthalten ſie, und ſie iſt im Meerwaſſer und in den Salzſohlen, hauptſaͤchlich mit Salz und Schwefelſaͤure verbunden, haͤufig vorhanden, ſo wie ſie auch in den thieriſchen Koͤrpern, mehrentheils mit Phosphorſaͤure vereinigt, oft vorkommt. Auch die Aſchen der meiſten Gewaͤchſe enthalten ſie in groͤßerer oder geringerer Menge; zuweilen macht ſie einen ganz betraͤchtlichen Beſtandtheil der Ak- kererde und auch des zur Duͤngung brauchbaren Mergels aus. Dieſe Erde, welche uͤberhaupt erſt kuͤrzlich entdeckt und unterſchieden worden, hat in den neuſten Zeiten in Hinſicht des Ackerbaus wieder mehrere Aufmerkſamkeit erregt. Bergmann und andere erklaͤrten ſie fuͤr eine ſehr fruchtbare Erde. Ein Englaͤnder Tennant aber hatte die Beobachtung gemacht, daß ein zur Duͤngung ge- brauchter, gebrannter Kalk eine ſehr nachtheilige Wirkung that, und fand bei der Unterſuchung deſſelben, daß er viele Bittererde enthielte. Er ſchloß daraus auf eine allgemein ſchaͤdliche Wirkung der Bittererde. Hoͤchſtens beweiſt dieſer Fall aber nur, daß ſie in ihrem kohlenſaure-freien Zuſtande nachtheilig wirken koͤnne, in welchem ſie ſich von Natur nie befindet. In ihrem natuͤrlichen Zuſtande koͤmmt ſie dem kohlenſau- ren Kalke vielmehr in allen Stuͤcken gleich. Lampadius hat ſie der Vegetation des Rockens ſehr zutraͤglich gefunden, und Einhoff hat einen ſehr fruchtbaren Mer- gel unterſucht, der 20 Prozent Bittererde enthielt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/146
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/146>, abgerufen am 26.04.2024.