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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
Gestalt eines kohligen Torfs an, ziehet aber Feuchtigkeit schnell an sich, und zer-
fällt; läßt sich auch dann mit der Ackerkrume gleichmäßig mengen.

Andere geben dem langen unzersetzten Miste den Vorzug, und suchen es so
einzurichten, daß sie ihn sogleich aus dem Stalle auf den Acker bringen. Wenn
dieser Mist schon im Stalle zum Theil seine Hauptgahrungsperiode überstanden
hat, so ist wirklich seine Unterlage wenigstens schon in demselben Zustande, als
hätte er auf der Miststelle gelegen, und gelangt im Winter bei der höheren Tem-
peratur der Stallluft schneller dahin. Zuweilen fährt man aber auch den ganz
frischen und strohigen Mist auf den Acker, und pflügt ihn so gut wie möglich unter,
meint auch in einigen Fällen davon eine größere Wirkung verspürt zu haben, als
vom zergangenen Miste.

Auf den zähen und kaltgründigen Boden ist letzteres Ve[ - 3 Zeichen fehlen]hren, wenn es die
Wirthschaftsverhältnisse leiden, ohne allen Zweifel zu empfehlen, besonders wenn
man den Mist stark auf, und dann durch forgsältiges Einlegen in die Furche un-
ter die Erde bringt. In dem Falle hat er die Kraf., die Gährung hier anzufan-
gen, sich zu erwärmen, dem Boden selbst seine Wärme mitzutheilen, ihn erst
durch das Stroh zu luften, und dann dadurch und zugleich durch die Entwickelung
seiner Gase zu lockern, und damit zu durchdringen. Durch sein erzeugtes Ammo-
nium wirkt er besonders auf den unzersetzbaren Humus, der sich vorzüglich in sol-
chem Boden befindet. Er erregt mancherlei Wechselwirkungen, und äußert be-
sonders diejenige, vermöge welcher der Dünger die noch im Boden enthaltene
nährenden Theile aufschließt, stärker wie derjenige Mist, der seine Gährung schon
überstanden hat. Dagegen aber hat man von diesem langen Miste wenig oder gar
keinen Nutzen gehabt, oft sogar Nachtheil verspürt, wenn er auf trocknem, lockern
und ausgezehrten Boden, der wenige Nahrungstheile in sich enthielt, und dem
sie durch diesen Mist erst gegeben werden sollten, gebracht wurde. Insbesondere
habe ich seine Nachtheile sehr deutlich wahrgenommen, wenn er kurz vor der Ein-
saat eingebracht wurde, und vor der Vegetation nicht zersetzt war. Fiel Dürre
ein, so verdorrten die Pflanzen um so leichter; trat aber feuchte Witterung ein,
so trieben die Pflanzen zwar stark darauf empor, bekamen aber ein gelblichtes und
verbleichtes Ansehen, starben zum Theil ab, oder blieben doch schwächlich, waren

Zweiter Theil. B b

Die Miſtduͤngung.
Geſtalt eines kohligen Torfs an, ziehet aber Feuchtigkeit ſchnell an ſich, und zer-
faͤllt; laͤßt ſich auch dann mit der Ackerkrume gleichmaͤßig mengen.

Andere geben dem langen unzerſetzten Miſte den Vorzug, und ſuchen es ſo
einzurichten, daß ſie ihn ſogleich aus dem Stalle auf den Acker bringen. Wenn
dieſer Miſt ſchon im Stalle zum Theil ſeine Hauptgahrungsperiode uͤberſtanden
hat, ſo iſt wirklich ſeine Unterlage wenigſtens ſchon in demſelben Zuſtande, als
haͤtte er auf der Miſtſtelle gelegen, und gelangt im Winter bei der hoͤheren Tem-
peratur der Stallluft ſchneller dahin. Zuweilen faͤhrt man aber auch den ganz
friſchen und ſtrohigen Miſt auf den Acker, und pfluͤgt ihn ſo gut wie moͤglich unter,
meint auch in einigen Faͤllen davon eine groͤßere Wirkung verſpuͤrt zu haben, als
vom zergangenen Miſte.

Auf den zaͤhen und kaltgruͤndigen Boden iſt letzteres Ve[ – 3 Zeichen fehlen]hren, wenn es die
Wirthſchaftsverhaͤltniſſe leiden, ohne allen Zweifel zu empfehlen, beſonders wenn
man den Miſt ſtark auf, und dann durch forgſaͤltiges Einlegen in die Furche un-
ter die Erde bringt. In dem Falle hat er die Kraf., die Gaͤhrung hier anzufan-
gen, ſich zu erwaͤrmen, dem Boden ſelbſt ſeine Waͤrme mitzutheilen, ihn erſt
durch das Stroh zu luften, und dann dadurch und zugleich durch die Entwickelung
ſeiner Gaſe zu lockern, und damit zu durchdringen. Durch ſein erzeugtes Ammo-
nium wirkt er beſonders auf den unzerſetzbaren Humus, der ſich vorzuͤglich in ſol-
chem Boden befindet. Er erregt mancherlei Wechſelwirkungen, und aͤußert be-
ſonders diejenige, vermoͤge welcher der Duͤnger die noch im Boden enthaltene
naͤhrenden Theile aufſchließt, ſtaͤrker wie derjenige Miſt, der ſeine Gaͤhrung ſchon
uͤberſtanden hat. Dagegen aber hat man von dieſem langen Miſte wenig oder gar
keinen Nutzen gehabt, oft ſogar Nachtheil verſpuͤrt, wenn er auf trocknem, lockern
und ausgezehrten Boden, der wenige Nahrungstheile in ſich enthielt, und dem
ſie durch dieſen Miſt erſt gegeben werden ſollten, gebracht wurde. Insbeſondere
habe ich ſeine Nachtheile ſehr deutlich wahrgenommen, wenn er kurz vor der Ein-
ſaat eingebracht wurde, und vor der Vegetation nicht zerſetzt war. Fiel Duͤrre
ein, ſo verdorrten die Pflanzen um ſo leichter; trat aber feuchte Witterung ein,
ſo trieben die Pflanzen zwar ſtark darauf empor, bekamen aber ein gelblichtes und
verbleichtes Anſehen, ſtarben zum Theil ab, oder blieben doch ſchwaͤchlich, waren

Zweiter Theil. B b
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[193/0241] Die Miſtduͤngung. Geſtalt eines kohligen Torfs an, ziehet aber Feuchtigkeit ſchnell an ſich, und zer- faͤllt; laͤßt ſich auch dann mit der Ackerkrume gleichmaͤßig mengen. Andere geben dem langen unzerſetzten Miſte den Vorzug, und ſuchen es ſo einzurichten, daß ſie ihn ſogleich aus dem Stalle auf den Acker bringen. Wenn dieſer Miſt ſchon im Stalle zum Theil ſeine Hauptgahrungsperiode uͤberſtanden hat, ſo iſt wirklich ſeine Unterlage wenigſtens ſchon in demſelben Zuſtande, als haͤtte er auf der Miſtſtelle gelegen, und gelangt im Winter bei der hoͤheren Tem- peratur der Stallluft ſchneller dahin. Zuweilen faͤhrt man aber auch den ganz friſchen und ſtrohigen Miſt auf den Acker, und pfluͤgt ihn ſo gut wie moͤglich unter, meint auch in einigen Faͤllen davon eine groͤßere Wirkung verſpuͤrt zu haben, als vom zergangenen Miſte. Auf den zaͤhen und kaltgruͤndigen Boden iſt letzteres Ve___hren, wenn es die Wirthſchaftsverhaͤltniſſe leiden, ohne allen Zweifel zu empfehlen, beſonders wenn man den Miſt ſtark auf, und dann durch forgſaͤltiges Einlegen in die Furche un- ter die Erde bringt. In dem Falle hat er die Kraf., die Gaͤhrung hier anzufan- gen, ſich zu erwaͤrmen, dem Boden ſelbſt ſeine Waͤrme mitzutheilen, ihn erſt durch das Stroh zu luften, und dann dadurch und zugleich durch die Entwickelung ſeiner Gaſe zu lockern, und damit zu durchdringen. Durch ſein erzeugtes Ammo- nium wirkt er beſonders auf den unzerſetzbaren Humus, der ſich vorzuͤglich in ſol- chem Boden befindet. Er erregt mancherlei Wechſelwirkungen, und aͤußert be- ſonders diejenige, vermoͤge welcher der Duͤnger die noch im Boden enthaltene naͤhrenden Theile aufſchließt, ſtaͤrker wie derjenige Miſt, der ſeine Gaͤhrung ſchon uͤberſtanden hat. Dagegen aber hat man von dieſem langen Miſte wenig oder gar keinen Nutzen gehabt, oft ſogar Nachtheil verſpuͤrt, wenn er auf trocknem, lockern und ausgezehrten Boden, der wenige Nahrungstheile in ſich enthielt, und dem ſie durch dieſen Miſt erſt gegeben werden ſollten, gebracht wurde. Insbeſondere habe ich ſeine Nachtheile ſehr deutlich wahrgenommen, wenn er kurz vor der Ein- ſaat eingebracht wurde, und vor der Vegetation nicht zerſetzt war. Fiel Duͤrre ein, ſo verdorrten die Pflanzen um ſo leichter; trat aber feuchte Witterung ein, ſo trieben die Pflanzen zwar ſtark darauf empor, bekamen aber ein gelblichtes und verbleichtes Anſehen, ſtarben zum Theil ab, oder blieben doch ſchwaͤchlich, waren Zweiter Theil. B b

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/241>, abgerufen am 26.04.2024.