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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der rothe Klee.
§. 347.

Wenn die Frucht, unter welcher der Klee gesäet war, abgeerntet ist, soVegetation.
zeigt sich anfangs zuweilen wenig Klee. Daran ist nichts gelegen; aber nach
14 Tagen muß er hervorkommen, oder doch sobald als nur ein durchdringen-
der Regen eintritt. Wächst der Klee in der Stoppel heran, so wird er manch-
mal noch stark genug, um einen Schnitt davon zu nehmen. Kann dies vor
der Mitte Septembers geschehen, so thut man es ohne Bedenken. Später-
hin aber muß man schon ein plötzliches Eintreten der Kälte besorgen, bei wel-
cher der Klee nicht wieder austreibt, sondern zu kahl in den Winter kommt,
und sodann vom Froste mehr leidet. Gewöhnlich wird der Klee nur abgewei-
det, und das kann ohne Bedenken bis Ende Septembers mit Rindvieh ge-
schehen. Mit Schaafen darf der Klee wohl übertrieben, aber nicht bis auf
den Grund abgefressen werden, weil sie sonst den Stamm selbst ergreifen und
ausfressen. Man ist zum Theil zu dreist, zum Theil zu furchtsam damit.

Der Klee kann auswintern, und zwar um so leichter, je weniger der Bo-
den von Natur oder durch seine Kultur dafür geeignet ist. Auf einem tief be-
arbeiteten Boden hielt er sich in Jahren, wo er auf anderm ausging, z. B.
im Jahre 180 2/3 , wo der Blachfrost über 3 Fuß tief in den Boden drang. Im
Winter auf 1811 ist der Klee an allen trocknerern und sandigern Stellen aus-
gegangen, an feuchterern hat er sich aber erhalten; dies schien mehr die Folge
der gewaltigen Ausdörrung des Bodens im Nachsommer als des Frostes zu seyn,
der in diesem Winter durchaus nicht stark war. Wenn man nach dem Aufge-
hen des Frostes den Klee gar nicht entdeckt, so muß man die Hoffnung nicht
aufgeben; siehet man aber Kleepflanzen, die auch auszugrünen anfangen,
die man aber mit Hinterlassung der Wurzel leicht wegziehen kann, wenn man
sie anfaßt, so bleibt wenig zu hoffen übrig. Daß solche Kleepflanzen wieder
neue Wurzeln schlagen, und festwachsen können, habe ich zwar deutlich be-
merkt; es gehören aber sehr günstige Umstände dazu.

Theils um den Klee gegen das Erfrieren zu sichern, theils um ihm Kraft
zu geben, bedeckte man ihn sonst vor Winter häufig mit langem Mist. Jetzt
thun es erfahrne Landwirthe nicht mehr, weil man nicht selten üble Folgen
durch Verzärtelung des Klees und durch Herbeilockung der Mäuse davon ver-

K k 2
Der rothe Klee.
§. 347.

Wenn die Frucht, unter welcher der Klee geſaͤet war, abgeerntet iſt, ſoVegetation.
zeigt ſich anfangs zuweilen wenig Klee. Daran iſt nichts gelegen; aber nach
14 Tagen muß er hervorkommen, oder doch ſobald als nur ein durchdringen-
der Regen eintritt. Waͤchſt der Klee in der Stoppel heran, ſo wird er manch-
mal noch ſtark genug, um einen Schnitt davon zu nehmen. Kann dies vor
der Mitte Septembers geſchehen, ſo thut man es ohne Bedenken. Spaͤter-
hin aber muß man ſchon ein ploͤtzliches Eintreten der Kaͤlte beſorgen, bei wel-
cher der Klee nicht wieder austreibt, ſondern zu kahl in den Winter kommt,
und ſodann vom Froſte mehr leidet. Gewoͤhnlich wird der Klee nur abgewei-
det, und das kann ohne Bedenken bis Ende Septembers mit Rindvieh ge-
ſchehen. Mit Schaafen darf der Klee wohl uͤbertrieben, aber nicht bis auf
den Grund abgefreſſen werden, weil ſie ſonſt den Stamm ſelbſt ergreifen und
ausfreſſen. Man iſt zum Theil zu dreiſt, zum Theil zu furchtſam damit.

Der Klee kann auswintern, und zwar um ſo leichter, je weniger der Bo-
den von Natur oder durch ſeine Kultur dafuͤr geeignet iſt. Auf einem tief be-
arbeiteten Boden hielt er ſich in Jahren, wo er auf anderm ausging, z. B.
im Jahre 180⅔, wo der Blachfroſt uͤber 3 Fuß tief in den Boden drang. Im
Winter auf 1811 iſt der Klee an allen trocknerern und ſandigern Stellen aus-
gegangen, an feuchterern hat er ſich aber erhalten; dies ſchien mehr die Folge
der gewaltigen Ausdoͤrrung des Bodens im Nachſommer als des Froſtes zu ſeyn,
der in dieſem Winter durchaus nicht ſtark war. Wenn man nach dem Aufge-
hen des Froſtes den Klee gar nicht entdeckt, ſo muß man die Hoffnung nicht
aufgeben; ſiehet man aber Kleepflanzen, die auch auszugruͤnen anfangen,
die man aber mit Hinterlaſſung der Wurzel leicht wegziehen kann, wenn man
ſie anfaßt, ſo bleibt wenig zu hoffen uͤbrig. Daß ſolche Kleepflanzen wieder
neue Wurzeln ſchlagen, und feſtwachſen koͤnnen, habe ich zwar deutlich be-
merkt; es gehoͤren aber ſehr guͤnſtige Umſtaͤnde dazu.

Theils um den Klee gegen das Erfrieren zu ſichern, theils um ihm Kraft
zu geben, bedeckte man ihn ſonſt vor Winter haͤufig mit langem Miſt. Jetzt
thun es erfahrne Landwirthe nicht mehr, weil man nicht ſelten uͤble Folgen
durch Verzaͤrtelung des Klees und durch Herbeilockung der Maͤuſe davon ver-

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[259/0283] Der rothe Klee. §. 347. Wenn die Frucht, unter welcher der Klee geſaͤet war, abgeerntet iſt, ſo zeigt ſich anfangs zuweilen wenig Klee. Daran iſt nichts gelegen; aber nach 14 Tagen muß er hervorkommen, oder doch ſobald als nur ein durchdringen- der Regen eintritt. Waͤchſt der Klee in der Stoppel heran, ſo wird er manch- mal noch ſtark genug, um einen Schnitt davon zu nehmen. Kann dies vor der Mitte Septembers geſchehen, ſo thut man es ohne Bedenken. Spaͤter- hin aber muß man ſchon ein ploͤtzliches Eintreten der Kaͤlte beſorgen, bei wel- cher der Klee nicht wieder austreibt, ſondern zu kahl in den Winter kommt, und ſodann vom Froſte mehr leidet. Gewoͤhnlich wird der Klee nur abgewei- det, und das kann ohne Bedenken bis Ende Septembers mit Rindvieh ge- ſchehen. Mit Schaafen darf der Klee wohl uͤbertrieben, aber nicht bis auf den Grund abgefreſſen werden, weil ſie ſonſt den Stamm ſelbſt ergreifen und ausfreſſen. Man iſt zum Theil zu dreiſt, zum Theil zu furchtſam damit. Vegetation. Der Klee kann auswintern, und zwar um ſo leichter, je weniger der Bo- den von Natur oder durch ſeine Kultur dafuͤr geeignet iſt. Auf einem tief be- arbeiteten Boden hielt er ſich in Jahren, wo er auf anderm ausging, z. B. im Jahre 180⅔, wo der Blachfroſt uͤber 3 Fuß tief in den Boden drang. Im Winter auf 1811 iſt der Klee an allen trocknerern und ſandigern Stellen aus- gegangen, an feuchterern hat er ſich aber erhalten; dies ſchien mehr die Folge der gewaltigen Ausdoͤrrung des Bodens im Nachſommer als des Froſtes zu ſeyn, der in dieſem Winter durchaus nicht ſtark war. Wenn man nach dem Aufge- hen des Froſtes den Klee gar nicht entdeckt, ſo muß man die Hoffnung nicht aufgeben; ſiehet man aber Kleepflanzen, die auch auszugruͤnen anfangen, die man aber mit Hinterlaſſung der Wurzel leicht wegziehen kann, wenn man ſie anfaßt, ſo bleibt wenig zu hoffen uͤbrig. Daß ſolche Kleepflanzen wieder neue Wurzeln ſchlagen, und feſtwachſen koͤnnen, habe ich zwar deutlich be- merkt; es gehoͤren aber ſehr guͤnſtige Umſtaͤnde dazu. Theils um den Klee gegen das Erfrieren zu ſichern, theils um ihm Kraft zu geben, bedeckte man ihn ſonſt vor Winter haͤufig mit langem Miſt. Jetzt thun es erfahrne Landwirthe nicht mehr, weil man nicht ſelten uͤble Folgen durch Verzaͤrtelung des Klees und durch Herbeilockung der Maͤuſe davon ver- K k 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/283>, abgerufen am 26.04.2024.