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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
kann allerdings mit einer Zugabe von bloßem Stroh ausreichen, welches sie
begierig dabei fressen; aber ein Theil Heu gedeiht den Kühen doch besser, und
giebt die stärkste Milch. Bei der Kartoffelfütterung haben andere und ich ge-
funden, daß es am vortheilhaftesten sey, die Hälfte der Fütterung aus Heu,
die andre Hälfte aus Wurzelwerk nach Verhältniß ihrer Nahrungstheile beste-
hen zu lassen. Wenn z. B. die Kuh eine Fütterung von 20 Pfund Heu täg-
lich haben sollte, falls ihr bloß dieses gegeben würde, so erhält sie dann nur
10 Pfd. Heu, und statt der andern 10 Pfd., 20 Pfd. Kartoffeln, oder 46 Pfd.
Runkeln, 35 Pfd. Rotabaga, 52 Pfd. Wasserrüben. Vornehmlich ist jedoch
bei den ersteren die Nebenfütterung des Heues in Hinsicht auf die Milch rath-
sam, weil diese bei bloßen Kartoffeln und Stroh, weiße, käsigte und leicht bit-
ter werdende Butter, wie bei aller Mehlfütterung, giebt.

Ueber das Maaß der Kartoffelnfütterung vergl. die trefflichen v. Jenaischen
Versuche in den neuen Annalen 3ter Bd. 1stes St. S. 102.

Wenn von einem Futtermittel zum andern übergegangen wird, so habe ich
es immer wichtig gefunden, daß dieses nicht plötzlich geschehe. Wenn z. B. eine
Zeitlang bloß Runkeln gefüttert wurden, und diese zu Ende gehen, man dann
mit Kartoffeln anfangen will, so ist es zur Erhaltung eines gleichen Milch-
standes rathsam, acht Tage lang Runkeln mit Kartoffeln gemengt, und allmäh-
lig von letzteren immer mehr zu geben. Denn obgleich das Vieh eine Abwech-
selung liebt, so gewöhnt es sich dennoch an eine Fütterung so sehr, daß es
bei einer plötzlichen Abbrechung nicht so gern daran geht; was man durch
einen Abschlag in der Milch sogleich verspürt.

§. 31.

Das Brühen der Fütterung hat man nach Erfahrung und nach TheorieBrühfütte-
rung.

als eine die Nahrungstheile mehr aufschließende Methode allgemein angerühmt,
und sie ist in manchen Gegenden, wo man in kleinen Wirthschaften auf das
Milchvieh große Aufmerksamkeit richtet, allgemein gebräuchlich. Man gießt
entweder reines oder mit einem nahrhaften Zusatze geschwängertes Wasser
kochend über das zu Häcksel und Stroh geschnittene Heu, rührt es durch und
giebt es dem Vieh, wenn es ziemlich erkaltet ist. Mit dem Wasser können
alsdann Wurzelgewächse, oder andre oben erwähnte mehlige Nahrungsmittel

Ernaͤhrung des Rindviehes.
kann allerdings mit einer Zugabe von bloßem Stroh ausreichen, welches ſie
begierig dabei freſſen; aber ein Theil Heu gedeiht den Kuͤhen doch beſſer, und
giebt die ſtaͤrkſte Milch. Bei der Kartoffelfuͤtterung haben andere und ich ge-
funden, daß es am vortheilhafteſten ſey, die Haͤlfte der Fuͤtterung aus Heu,
die andre Haͤlfte aus Wurzelwerk nach Verhaͤltniß ihrer Nahrungstheile beſte-
hen zu laſſen. Wenn z. B. die Kuh eine Fuͤtterung von 20 Pfund Heu taͤg-
lich haben ſollte, falls ihr bloß dieſes gegeben wuͤrde, ſo erhaͤlt ſie dann nur
10 Pfd. Heu, und ſtatt der andern 10 Pfd., 20 Pfd. Kartoffeln, oder 46 Pfd.
Runkeln, 35 Pfd. Rotabaga, 52 Pfd. Waſſerruͤben. Vornehmlich iſt jedoch
bei den erſteren die Nebenfuͤtterung des Heues in Hinſicht auf die Milch rath-
ſam, weil dieſe bei bloßen Kartoffeln und Stroh, weiße, kaͤſigte und leicht bit-
ter werdende Butter, wie bei aller Mehlfuͤtterung, giebt.

Ueber das Maaß der Kartoffelnfuͤtterung vergl. die trefflichen v. Jenaiſchen
Verſuche in den neuen Annalen 3ter Bd. 1ſtes St. S. 102.

Wenn von einem Futtermittel zum andern uͤbergegangen wird, ſo habe ich
es immer wichtig gefunden, daß dieſes nicht ploͤtzlich geſchehe. Wenn z. B. eine
Zeitlang bloß Runkeln gefuͤttert wurden, und dieſe zu Ende gehen, man dann
mit Kartoffeln anfangen will, ſo iſt es zur Erhaltung eines gleichen Milch-
ſtandes rathſam, acht Tage lang Runkeln mit Kartoffeln gemengt, und allmaͤh-
lig von letzteren immer mehr zu geben. Denn obgleich das Vieh eine Abwech-
ſelung liebt, ſo gewoͤhnt es ſich dennoch an eine Fuͤtterung ſo ſehr, daß es
bei einer ploͤtzlichen Abbrechung nicht ſo gern daran geht; was man durch
einen Abſchlag in der Milch ſogleich verſpuͤrt.

§. 31.

Das Bruͤhen der Fuͤtterung hat man nach Erfahrung und nach TheorieBruͤhfuͤtte-
rung.

als eine die Nahrungstheile mehr aufſchließende Methode allgemein angeruͤhmt,
und ſie iſt in manchen Gegenden, wo man in kleinen Wirthſchaften auf das
Milchvieh große Aufmerkſamkeit richtet, allgemein gebraͤuchlich. Man gießt
entweder reines oder mit einem nahrhaften Zuſatze geſchwaͤngertes Waſſer
kochend uͤber das zu Haͤckſel und Stroh geſchnittene Heu, ruͤhrt es durch und
giebt es dem Vieh, wenn es ziemlich erkaltet iſt. Mit dem Waſſer koͤnnen
alsdann Wurzelgewaͤchſe, oder andre oben erwaͤhnte mehlige Nahrungsmittel

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[327/0351] Ernaͤhrung des Rindviehes. kann allerdings mit einer Zugabe von bloßem Stroh ausreichen, welches ſie begierig dabei freſſen; aber ein Theil Heu gedeiht den Kuͤhen doch beſſer, und giebt die ſtaͤrkſte Milch. Bei der Kartoffelfuͤtterung haben andere und ich ge- funden, daß es am vortheilhafteſten ſey, die Haͤlfte der Fuͤtterung aus Heu, die andre Haͤlfte aus Wurzelwerk nach Verhaͤltniß ihrer Nahrungstheile beſte- hen zu laſſen. Wenn z. B. die Kuh eine Fuͤtterung von 20 Pfund Heu taͤg- lich haben ſollte, falls ihr bloß dieſes gegeben wuͤrde, ſo erhaͤlt ſie dann nur 10 Pfd. Heu, und ſtatt der andern 10 Pfd., 20 Pfd. Kartoffeln, oder 46 Pfd. Runkeln, 35 Pfd. Rotabaga, 52 Pfd. Waſſerruͤben. Vornehmlich iſt jedoch bei den erſteren die Nebenfuͤtterung des Heues in Hinſicht auf die Milch rath- ſam, weil dieſe bei bloßen Kartoffeln und Stroh, weiße, kaͤſigte und leicht bit- ter werdende Butter, wie bei aller Mehlfuͤtterung, giebt. Ueber das Maaß der Kartoffelnfuͤtterung vergl. die trefflichen v. Jenaiſchen Verſuche in den neuen Annalen 3ter Bd. 1ſtes St. S. 102. Wenn von einem Futtermittel zum andern uͤbergegangen wird, ſo habe ich es immer wichtig gefunden, daß dieſes nicht ploͤtzlich geſchehe. Wenn z. B. eine Zeitlang bloß Runkeln gefuͤttert wurden, und dieſe zu Ende gehen, man dann mit Kartoffeln anfangen will, ſo iſt es zur Erhaltung eines gleichen Milch- ſtandes rathſam, acht Tage lang Runkeln mit Kartoffeln gemengt, und allmaͤh- lig von letzteren immer mehr zu geben. Denn obgleich das Vieh eine Abwech- ſelung liebt, ſo gewoͤhnt es ſich dennoch an eine Fuͤtterung ſo ſehr, daß es bei einer ploͤtzlichen Abbrechung nicht ſo gern daran geht; was man durch einen Abſchlag in der Milch ſogleich verſpuͤrt. §. 31. Das Bruͤhen der Fuͤtterung hat man nach Erfahrung und nach Theorie als eine die Nahrungstheile mehr aufſchließende Methode allgemein angeruͤhmt, und ſie iſt in manchen Gegenden, wo man in kleinen Wirthſchaften auf das Milchvieh große Aufmerkſamkeit richtet, allgemein gebraͤuchlich. Man gießt entweder reines oder mit einem nahrhaften Zuſatze geſchwaͤngertes Waſſer kochend uͤber das zu Haͤckſel und Stroh geſchnittene Heu, ruͤhrt es durch und giebt es dem Vieh, wenn es ziemlich erkaltet iſt. Mit dem Waſſer koͤnnen alsdann Wurzelgewaͤchſe, oder andre oben erwaͤhnte mehlige Nahrungsmittel Bruͤhfuͤtte- rung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/351>, abgerufen am 27.04.2024.