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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Oelgewächse.
Preis mit kleineren Wirthen halten, welche diese Kultur mit ihrer Familie emsig
betreiben. Diese nehmen dann mit einem geringen Verdienst vorlieb, bieten die
Waare sehr wohlfeil aus, so daß nur die Kaufleute, nicht die Anbauer, dabei
reich werden.

Daß der Handelsgewächsbau im allgemeinen das höchste Ziel sey, wonach
der rationelle Landwirth zu streben habe, indem er den höchsten Vortheil ge-
währt, erkennen wir vollkommen an: er muß sich aber mit Vorsicht langsam
fortschreitend, und nachdem er sich von der Nachhaltigkeit seiner Düngererzeu-
gung versichert hat, dazu erheben. Und so habe ich durch diese Vorerinnerun-
gen den verführerischen Anpreisungen der einen und den ängstlichen Bedenklich-
keiten der andern ihre Grenzen zu bestimmen gesucht.

Die Oelgewächse.
§. 190.

Die Pflanzen, welche am häufigsten zur Oelproduktion angebauet werden,
sind aus dem botanischen Geschlechte der Brassica. Dieses ganze Geschlecht hat
durch die uralte Kultur so mannichfaltige Abweichungen von seinem natürlichen
Zustande erlitten und so unzählige Abarten und Spielarten gebildet, daß es in
der That schwer hält, die verschiedenen und ziemlich konstant gewordenen Arten
genau zu unterscheiden und abzusondern, und noch schwerer, ihren Urstamm und
wie sie sich wahrscheinlich durch Vermischung erzeugt haben, zu bestimmen.

Wir reden hier nur von denen Pflanzen dieses Geschlechts, die vor an-
dern
um des Oels willen gebauet werden, obgleich die Saamen aller Arten
und Abarten aus diesem Geschlechte sehr ölhaltige Saamen tragen und zuweilen
dazu benutzt werden.

Alle Pflanzen dieses Geschlechts scheinen zweijährig zu seyn, so daß sie nur
im zweiten Jahre Blütstengel treiben und Saamen tragen bis auf eine einzige.
Dies ist nämlich der Sommerrübsen oder Sommerrapps (Brassica campestris),
welcher nicht, wie manche glauben, eine Spielart des Winterrübsens oder Win-
terrapses, sondern eine spezifisch verschiedene Gattung zu seyn scheint.


Oelgewaͤchſe.
Preis mit kleineren Wirthen halten, welche dieſe Kultur mit ihrer Familie emſig
betreiben. Dieſe nehmen dann mit einem geringen Verdienſt vorlieb, bieten die
Waare ſehr wohlfeil aus, ſo daß nur die Kaufleute, nicht die Anbauer, dabei
reich werden.

Daß der Handelsgewaͤchsbau im allgemeinen das hoͤchſte Ziel ſey, wonach
der rationelle Landwirth zu ſtreben habe, indem er den hoͤchſten Vortheil ge-
waͤhrt, erkennen wir vollkommen an: er muß ſich aber mit Vorſicht langſam
fortſchreitend, und nachdem er ſich von der Nachhaltigkeit ſeiner Duͤngererzeu-
gung verſichert hat, dazu erheben. Und ſo habe ich durch dieſe Vorerinnerun-
gen den verfuͤhreriſchen Anpreiſungen der einen und den aͤngſtlichen Bedenklich-
keiten der andern ihre Grenzen zu beſtimmen geſucht.

Die Oelgewaͤchſe.
§. 190.

Die Pflanzen, welche am haͤufigſten zur Oelproduktion angebauet werden,
ſind aus dem botaniſchen Geſchlechte der Brassica. Dieſes ganze Geſchlecht hat
durch die uralte Kultur ſo mannichfaltige Abweichungen von ſeinem natuͤrlichen
Zuſtande erlitten und ſo unzaͤhlige Abarten und Spielarten gebildet, daß es in
der That ſchwer haͤlt, die verſchiedenen und ziemlich konſtant gewordenen Arten
genau zu unterſcheiden und abzuſondern, und noch ſchwerer, ihren Urſtamm und
wie ſie ſich wahrſcheinlich durch Vermiſchung erzeugt haben, zu beſtimmen.

Wir reden hier nur von denen Pflanzen dieſes Geſchlechts, die vor an-
dern
um des Oels willen gebauet werden, obgleich die Saamen aller Arten
und Abarten aus dieſem Geſchlechte ſehr oͤlhaltige Saamen tragen und zuweilen
dazu benutzt werden.

Alle Pflanzen dieſes Geſchlechts ſcheinen zweijaͤhrig zu ſeyn, ſo daß ſie nur
im zweiten Jahre Bluͤtſtengel treiben und Saamen tragen bis auf eine einzige.
Dies iſt naͤmlich der Sommerruͤbſen oder Sommerrapps (Brassica campestris),
welcher nicht, wie manche glauben, eine Spielart des Winterruͤbſens oder Win-
terrapſes, ſondern eine ſpezifiſch verſchiedene Gattung zu ſeyn ſcheint.


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[154/0178] Oelgewaͤchſe. Preis mit kleineren Wirthen halten, welche dieſe Kultur mit ihrer Familie emſig betreiben. Dieſe nehmen dann mit einem geringen Verdienſt vorlieb, bieten die Waare ſehr wohlfeil aus, ſo daß nur die Kaufleute, nicht die Anbauer, dabei reich werden. Daß der Handelsgewaͤchsbau im allgemeinen das hoͤchſte Ziel ſey, wonach der rationelle Landwirth zu ſtreben habe, indem er den hoͤchſten Vortheil ge- waͤhrt, erkennen wir vollkommen an: er muß ſich aber mit Vorſicht langſam fortſchreitend, und nachdem er ſich von der Nachhaltigkeit ſeiner Duͤngererzeu- gung verſichert hat, dazu erheben. Und ſo habe ich durch dieſe Vorerinnerun- gen den verfuͤhreriſchen Anpreiſungen der einen und den aͤngſtlichen Bedenklich- keiten der andern ihre Grenzen zu beſtimmen geſucht. Die Oelgewaͤchſe. §. 190. Die Pflanzen, welche am haͤufigſten zur Oelproduktion angebauet werden, ſind aus dem botaniſchen Geſchlechte der Brassica. Dieſes ganze Geſchlecht hat durch die uralte Kultur ſo mannichfaltige Abweichungen von ſeinem natuͤrlichen Zuſtande erlitten und ſo unzaͤhlige Abarten und Spielarten gebildet, daß es in der That ſchwer haͤlt, die verſchiedenen und ziemlich konſtant gewordenen Arten genau zu unterſcheiden und abzuſondern, und noch ſchwerer, ihren Urſtamm und wie ſie ſich wahrſcheinlich durch Vermiſchung erzeugt haben, zu beſtimmen. Wir reden hier nur von denen Pflanzen dieſes Geſchlechts, die vor an- dern um des Oels willen gebauet werden, obgleich die Saamen aller Arten und Abarten aus dieſem Geſchlechte ſehr oͤlhaltige Saamen tragen und zuweilen dazu benutzt werden. Alle Pflanzen dieſes Geſchlechts ſcheinen zweijaͤhrig zu ſeyn, ſo daß ſie nur im zweiten Jahre Bluͤtſtengel treiben und Saamen tragen bis auf eine einzige. Dies iſt naͤmlich der Sommerruͤbſen oder Sommerrapps (Brassica campestris), welcher nicht, wie manche glauben, eine Spielart des Winterruͤbſens oder Win- terrapſes, ſondern eine ſpezifiſch verſchiedene Gattung zu ſeyn ſcheint.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/178>, abgerufen am 26.04.2024.