Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Ernährung des Rindviehes.
löcherter Boden befestigt ist, damit sich das wieder tropfbar gewordene Wasser
da hinein ziehen könne. In dieses Gefäß wird die Dampfröhre hinein gelei-
tet, der Deckel desselben, und eine gewöhnlich an der Seite desselben befind-
liche kleine Thür gut verschlossen, und nun das Wasser in der Blase zum
Sieden gebracht, wo dann die Kartoffeln in kürzerer Zeit, als beim Kochen
im Wasser, ihre Garheit erreichen.

Ob und in wiefern jene Wurzelgewächse und besonders die Kartoffeln
durch das Kochen für das Rindvieh verbessert werden, ist noch durch keine
lange genug fortgesetzte komparative Versuche vollkommen entschieden; kleinere
Versuche haben indessen gezeigt, daß der Unterschied nicht beträchtlich sey, und
daß sich die Kochung folglich in Ansehung ihres Aufwandes nicht hinreichend
verlohne, so sehr sonst Theorie und Analogie dafür zu sprechen schienen. Offen-
bar findet man, daß das Rindvieh die rohen Gewächse eben so gern und auf
die Dauer lieber als die gekochten fresse. Nur wenn sie in einem sehr gro-
ßen Maaße, welches nur beim Mastvieh statt findet, gegeben werden sollen,
so kann das Kochen die laxirende Eigenschaft, welche die Kartoffeln, in sehr
großem Maaße gegeben, allerdings äußern, dadurch vermindert werden, und
dies ist wohl die Ursach, warum einige große Viehhalter, besonders unter den
Engländern, die gekochten Kartoffeln mehr für das Mastvieh, die rohen für
das Milchvieh rühmen. Von der Brühfütterung und der Anwendung dieser
Gewächse dabei, weiter unten.

Diese Gewächse müssen zerkleinert werden. Es geschiehet im Kleinen
mittelst des Stampfeisens, im Großen durch die Schneidemaschinen, wovon
man mehrere Erfindungen hat. Die bekannteste ist die, wo eine mit drei oder
vier Messern versehene starke, und zur Verhütung des Werfens aus triangu-
lairen Stücken zusammengesetzte Scheibe vor einen Kasten umläuft, in wel-
chen die Wurzeln gethan werden, und welche sie so wie sie vorfallen zerschneidet.
Der mächtige Schwung, worin sich die Scheibe setzt, erleichtert die Arbeit so
sehr, daß sie von einer schwachen Person verrichtet werden kann. Die Mes-
ser sind gerade und schneiden in Scheiben, oder sie sind welligt gebogen an
ihrer Schneide, und zerschneiden in länglichte Streifen. Auch hat man letzte-
res durch andre quer stehende scharfe Eisen bewirkt. Meines Ermessens ist

Ernaͤhrung des Rindviehes.
loͤcherter Boden befeſtigt iſt, damit ſich das wieder tropfbar gewordene Waſſer
da hinein ziehen koͤnne. In dieſes Gefaͤß wird die Dampfroͤhre hinein gelei-
tet, der Deckel deſſelben, und eine gewoͤhnlich an der Seite deſſelben befind-
liche kleine Thuͤr gut verſchloſſen, und nun das Waſſer in der Blaſe zum
Sieden gebracht, wo dann die Kartoffeln in kuͤrzerer Zeit, als beim Kochen
im Waſſer, ihre Garheit erreichen.

Ob und in wiefern jene Wurzelgewaͤchſe und beſonders die Kartoffeln
durch das Kochen fuͤr das Rindvieh verbeſſert werden, iſt noch durch keine
lange genug fortgeſetzte komparative Verſuche vollkommen entſchieden; kleinere
Verſuche haben indeſſen gezeigt, daß der Unterſchied nicht betraͤchtlich ſey, und
daß ſich die Kochung folglich in Anſehung ihres Aufwandes nicht hinreichend
verlohne, ſo ſehr ſonſt Theorie und Analogie dafuͤr zu ſprechen ſchienen. Offen-
bar findet man, daß das Rindvieh die rohen Gewaͤchſe eben ſo gern und auf
die Dauer lieber als die gekochten freſſe. Nur wenn ſie in einem ſehr gro-
ßen Maaße, welches nur beim Maſtvieh ſtatt findet, gegeben werden ſollen,
ſo kann das Kochen die laxirende Eigenſchaft, welche die Kartoffeln, in ſehr
großem Maaße gegeben, allerdings aͤußern, dadurch vermindert werden, und
dies iſt wohl die Urſach, warum einige große Viehhalter, beſonders unter den
Englaͤndern, die gekochten Kartoffeln mehr fuͤr das Maſtvieh, die rohen fuͤr
das Milchvieh ruͤhmen. Von der Bruͤhfuͤtterung und der Anwendung dieſer
Gewaͤchſe dabei, weiter unten.

Dieſe Gewaͤchſe muͤſſen zerkleinert werden. Es geſchiehet im Kleinen
mittelſt des Stampfeiſens, im Großen durch die Schneidemaſchinen, wovon
man mehrere Erfindungen hat. Die bekannteſte iſt die, wo eine mit drei oder
vier Meſſern verſehene ſtarke, und zur Verhuͤtung des Werfens aus triangu-
lairen Stuͤcken zuſammengeſetzte Scheibe vor einen Kaſten umlaͤuft, in wel-
chen die Wurzeln gethan werden, und welche ſie ſo wie ſie vorfallen zerſchneidet.
Der maͤchtige Schwung, worin ſich die Scheibe ſetzt, erleichtert die Arbeit ſo
ſehr, daß ſie von einer ſchwachen Perſon verrichtet werden kann. Die Meſ-
ſer ſind gerade und ſchneiden in Scheiben, oder ſie ſind welligt gebogen an
ihrer Schneide, und zerſchneiden in laͤnglichte Streifen. Auch hat man letzte-
res durch andre quer ſtehende ſcharfe Eiſen bewirkt. Meines Ermeſſens iſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0349" n="325"/><fw place="top" type="header">Erna&#x0364;hrung des Rindviehes.</fw><lb/>
lo&#x0364;cherter Boden befe&#x017F;tigt i&#x017F;t, damit &#x017F;ich das wieder tropfbar gewordene Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
da hinein ziehen ko&#x0364;nne. In die&#x017F;es Gefa&#x0364;ß wird die Dampfro&#x0364;hre hinein gelei-<lb/>
tet, der Deckel de&#x017F;&#x017F;elben, und eine gewo&#x0364;hnlich an der Seite de&#x017F;&#x017F;elben befind-<lb/>
liche kleine Thu&#x0364;r gut ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und nun das Wa&#x017F;&#x017F;er in der Bla&#x017F;e zum<lb/>
Sieden gebracht, wo dann die Kartoffeln in ku&#x0364;rzerer Zeit, als beim Kochen<lb/>
im Wa&#x017F;&#x017F;er, ihre Garheit erreichen.</p><lb/>
              <p>Ob und in wiefern jene Wurzelgewa&#x0364;ch&#x017F;e und be&#x017F;onders die Kartoffeln<lb/>
durch das Kochen fu&#x0364;r das Rindvieh verbe&#x017F;&#x017F;ert werden, i&#x017F;t noch durch keine<lb/>
lange genug fortge&#x017F;etzte komparative Ver&#x017F;uche vollkommen ent&#x017F;chieden; kleinere<lb/>
Ver&#x017F;uche haben inde&#x017F;&#x017F;en gezeigt, daß der Unter&#x017F;chied nicht betra&#x0364;chtlich &#x017F;ey, und<lb/>
daß &#x017F;ich die Kochung folglich in An&#x017F;ehung ihres Aufwandes nicht hinreichend<lb/>
verlohne, &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;on&#x017F;t Theorie und Analogie dafu&#x0364;r zu &#x017F;prechen &#x017F;chienen. Offen-<lb/>
bar findet man, daß das Rindvieh die rohen Gewa&#x0364;ch&#x017F;e eben &#x017F;o gern und auf<lb/>
die Dauer lieber als die gekochten fre&#x017F;&#x017F;e. Nur wenn &#x017F;ie in einem &#x017F;ehr gro-<lb/>
ßen Maaße, welches nur beim Ma&#x017F;tvieh &#x017F;tatt findet, gegeben werden &#x017F;ollen,<lb/>
&#x017F;o kann das Kochen die laxirende Eigen&#x017F;chaft, welche die Kartoffeln, in &#x017F;ehr<lb/>
großem Maaße gegeben, allerdings a&#x0364;ußern, dadurch vermindert werden, und<lb/>
dies i&#x017F;t wohl die Ur&#x017F;ach, warum einige große Viehhalter, be&#x017F;onders unter den<lb/>
Engla&#x0364;ndern, die gekochten Kartoffeln mehr fu&#x0364;r das Ma&#x017F;tvieh, die rohen fu&#x0364;r<lb/>
das Milchvieh ru&#x0364;hmen. Von der Bru&#x0364;hfu&#x0364;tterung und der Anwendung die&#x017F;er<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;e dabei, weiter unten.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Gewa&#x0364;ch&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zerkleinert werden. Es ge&#x017F;chiehet im Kleinen<lb/>
mittel&#x017F;t des Stampfei&#x017F;ens, im Großen durch die Schneidema&#x017F;chinen, wovon<lb/>
man mehrere Erfindungen hat. Die bekannte&#x017F;te i&#x017F;t die, wo eine mit drei oder<lb/>
vier Me&#x017F;&#x017F;ern ver&#x017F;ehene &#x017F;tarke, und zur Verhu&#x0364;tung des Werfens aus triangu-<lb/>
lairen Stu&#x0364;cken zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Scheibe vor einen Ka&#x017F;ten umla&#x0364;uft, in wel-<lb/>
chen die Wurzeln gethan werden, und welche &#x017F;ie &#x017F;o wie &#x017F;ie vorfallen zer&#x017F;chneidet.<lb/>
Der ma&#x0364;chtige Schwung, worin &#x017F;ich die Scheibe &#x017F;etzt, erleichtert die Arbeit &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr, daß &#x017F;ie von einer &#x017F;chwachen Per&#x017F;on verrichtet werden kann. Die Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;ind gerade und &#x017F;chneiden in Scheiben, oder &#x017F;ie &#x017F;ind welligt gebogen an<lb/>
ihrer Schneide, und zer&#x017F;chneiden in la&#x0364;nglichte Streifen. Auch hat man letzte-<lb/>
res durch andre quer &#x017F;tehende &#x017F;charfe Ei&#x017F;en bewirkt. Meines Erme&#x017F;&#x017F;ens i&#x017F;t<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0349] Ernaͤhrung des Rindviehes. loͤcherter Boden befeſtigt iſt, damit ſich das wieder tropfbar gewordene Waſſer da hinein ziehen koͤnne. In dieſes Gefaͤß wird die Dampfroͤhre hinein gelei- tet, der Deckel deſſelben, und eine gewoͤhnlich an der Seite deſſelben befind- liche kleine Thuͤr gut verſchloſſen, und nun das Waſſer in der Blaſe zum Sieden gebracht, wo dann die Kartoffeln in kuͤrzerer Zeit, als beim Kochen im Waſſer, ihre Garheit erreichen. Ob und in wiefern jene Wurzelgewaͤchſe und beſonders die Kartoffeln durch das Kochen fuͤr das Rindvieh verbeſſert werden, iſt noch durch keine lange genug fortgeſetzte komparative Verſuche vollkommen entſchieden; kleinere Verſuche haben indeſſen gezeigt, daß der Unterſchied nicht betraͤchtlich ſey, und daß ſich die Kochung folglich in Anſehung ihres Aufwandes nicht hinreichend verlohne, ſo ſehr ſonſt Theorie und Analogie dafuͤr zu ſprechen ſchienen. Offen- bar findet man, daß das Rindvieh die rohen Gewaͤchſe eben ſo gern und auf die Dauer lieber als die gekochten freſſe. Nur wenn ſie in einem ſehr gro- ßen Maaße, welches nur beim Maſtvieh ſtatt findet, gegeben werden ſollen, ſo kann das Kochen die laxirende Eigenſchaft, welche die Kartoffeln, in ſehr großem Maaße gegeben, allerdings aͤußern, dadurch vermindert werden, und dies iſt wohl die Urſach, warum einige große Viehhalter, beſonders unter den Englaͤndern, die gekochten Kartoffeln mehr fuͤr das Maſtvieh, die rohen fuͤr das Milchvieh ruͤhmen. Von der Bruͤhfuͤtterung und der Anwendung dieſer Gewaͤchſe dabei, weiter unten. Dieſe Gewaͤchſe muͤſſen zerkleinert werden. Es geſchiehet im Kleinen mittelſt des Stampfeiſens, im Großen durch die Schneidemaſchinen, wovon man mehrere Erfindungen hat. Die bekannteſte iſt die, wo eine mit drei oder vier Meſſern verſehene ſtarke, und zur Verhuͤtung des Werfens aus triangu- lairen Stuͤcken zuſammengeſetzte Scheibe vor einen Kaſten umlaͤuft, in wel- chen die Wurzeln gethan werden, und welche ſie ſo wie ſie vorfallen zerſchneidet. Der maͤchtige Schwung, worin ſich die Scheibe ſetzt, erleichtert die Arbeit ſo ſehr, daß ſie von einer ſchwachen Perſon verrichtet werden kann. Die Meſ- ſer ſind gerade und ſchneiden in Scheiben, oder ſie ſind welligt gebogen an ihrer Schneide, und zerſchneiden in laͤnglichte Streifen. Auch hat man letzte- res durch andre quer ſtehende ſcharfe Eiſen bewirkt. Meines Ermeſſens iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/349
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/349>, abgerufen am 07.05.2024.