Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise vom Cap nach Rothesand.
aus hernach verschiedne von den oben angeführten Sa-
chen, und um ihnen die gehörige Form zu geben, nahm
man bisweilen die Schere zu Hülfe. Aus den Sten-
geln machte man Strümpfe und lange Frauenshandschuh;
aus den kleineren Blättern Mützen. So war demnach
die Sache an sich selbst nicht ganz so wunderbar, als sie
erzählt wurde; für mich aber war noch übrig, zu unter-
suchen, zu welchem Gewächse diese Blätter gehörten.
Dies nöthigte mich, selbst auf die höchsten Spitzen der
Berge zu klettern, woher man sie gehohlt hatte. Hier
war das Gewächs selbst zwar nicht selten, aber ich hatte
doch viel Mühe, eins davon in der Blüthe und mit Sa-
men anzutreffen. Endlich erreichte ich meinen Zweck,
und überzeugte mich, daß es zu dem Geschlechte des Ha-
senöhrleins (Bupleurum giganteum) gehöre. Der rau-
he Ueberzug wird auch, wie feine Wolle, zurecht gemacht
und wohl getrocknet anstatt Zunders gebraucht, wozu es
sehr tauglich ist.

Von Rothesand merke ich übrigens noch an, daß
dieser Distrikt eine schöne Kirche mit einem eignen Predi-
ger hat. In dieser Kirche sind alle diejenigen einge-
pfarret, die tiefer im Lande wohnen. Diese Leute kom-
men aber selten öfter als jährlich einmahl hin, und bey
dieser Gelegenheit lassen sie zugleich ihre Kinder taufen.

Dritter Abschnitt.
Reise von Rothesand nach Zwellendam
.

Den 6. October verließen wir diese anmuthige Ge-
gend, nachdem ich sowohl von Kräutern und Samen,
als von Vögeln eine ansehnliche Menge gesammelt, und
unsre Zugochsen sich hinlänglich erhohlt hatten. Unsern

K 2

Reiſe vom Cap nach Rotheſand.
aus hernach verſchiedne von den oben angefuͤhrten Sa-
chen, und um ihnen die gehoͤrige Form zu geben, nahm
man bisweilen die Schere zu Huͤlfe. Aus den Sten-
geln machte man Struͤmpfe und lange Frauenshandſchuh;
aus den kleineren Blaͤttern Muͤtzen. So war demnach
die Sache an ſich ſelbſt nicht ganz ſo wunderbar, als ſie
erzaͤhlt wurde; fuͤr mich aber war noch uͤbrig, zu unter-
ſuchen, zu welchem Gewaͤchſe dieſe Blaͤtter gehoͤrten.
Dies noͤthigte mich, ſelbſt auf die hoͤchſten Spitzen der
Berge zu klettern, woher man ſie gehohlt hatte. Hier
war das Gewaͤchs ſelbſt zwar nicht ſelten, aber ich hatte
doch viel Muͤhe, eins davon in der Bluͤthe und mit Sa-
men anzutreffen. Endlich erreichte ich meinen Zweck,
und uͤberzeugte mich, daß es zu dem Geſchlechte des Ha-
ſenoͤhrleins (Bupleurum giganteum) gehoͤre. Der rau-
he Ueberzug wird auch, wie feine Wolle, zurecht gemacht
und wohl getrocknet anſtatt Zunders gebraucht, wozu es
ſehr tauglich iſt.

Von Rotheſand merke ich uͤbrigens noch an, daß
dieſer Diſtrikt eine ſchoͤne Kirche mit einem eignen Predi-
ger hat. In dieſer Kirche ſind alle diejenigen einge-
pfarret, die tiefer im Lande wohnen. Dieſe Leute kom-
men aber ſelten oͤfter als jaͤhrlich einmahl hin, und bey
dieſer Gelegenheit laſſen ſie zugleich ihre Kinder taufen.

Dritter Abſchnitt.
Reiſe von Rotheſand nach Zwellendam
.

Den 6. October verließen wir dieſe anmuthige Ge-
gend, nachdem ich ſowohl von Kraͤutern und Samen,
als von Voͤgeln eine anſehnliche Menge geſammelt, und
unſre Zugochſen ſich hinlaͤnglich erhohlt hatten. Unſern

K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0175" n="147"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e vom <placeName>Cap</placeName> nach <placeName>Rothe&#x017F;and</placeName>.</hi></fw><lb/>
aus hernach ver&#x017F;chiedne von den oben angefu&#x0364;hrten Sa-<lb/>
chen, und um ihnen die geho&#x0364;rige Form zu geben, nahm<lb/>
man bisweilen die Schere zu Hu&#x0364;lfe. Aus den Sten-<lb/>
geln machte man Stru&#x0364;mpfe und lange <choice><sic>Franenshand&#x017F;chuh</sic><corr>Frauenshand&#x017F;chuh</corr></choice>;<lb/>
aus den kleineren Bla&#x0364;ttern Mu&#x0364;tzen. So war demnach<lb/>
die Sache an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht ganz &#x017F;o wunderbar, als &#x017F;ie<lb/>
erza&#x0364;hlt wurde; fu&#x0364;r mich aber war noch u&#x0364;brig, zu unter-<lb/>
&#x017F;uchen, zu welchem Gewa&#x0364;ch&#x017F;e die&#x017F;e Bla&#x0364;tter geho&#x0364;rten.<lb/>
Dies no&#x0364;thigte mich, &#x017F;elb&#x017F;t auf die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Spitzen der<lb/>
Berge zu klettern, woher man &#x017F;ie gehohlt hatte. Hier<lb/>
war das Gewa&#x0364;chs &#x017F;elb&#x017F;t zwar nicht &#x017F;elten, aber ich hatte<lb/>
doch viel Mu&#x0364;he, eins davon in der Blu&#x0364;the und mit Sa-<lb/>
men anzutreffen. Endlich erreichte ich meinen Zweck,<lb/>
und u&#x0364;berzeugte mich, daß es zu dem Ge&#x017F;chlechte des Ha-<lb/>
&#x017F;eno&#x0364;hrleins (<hi rendition="#aq">Bupleurum giganteum</hi>) geho&#x0364;re. Der rau-<lb/>
he Ueberzug wird auch, wie feine Wolle, zurecht gemacht<lb/>
und wohl getrocknet an&#x017F;tatt Zunders gebraucht, wozu es<lb/>
&#x017F;ehr tauglich i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Von <placeName>Rothe&#x017F;and</placeName> merke ich u&#x0364;brigens noch an, daß<lb/>
die&#x017F;er Di&#x017F;trikt eine &#x017F;cho&#x0364;ne Kirche mit einem eignen Predi-<lb/>
ger hat. In die&#x017F;er Kirche &#x017F;ind alle diejenigen einge-<lb/>
pfarret, die tiefer im Lande wohnen. Die&#x017F;e Leute kom-<lb/>
men aber &#x017F;elten o&#x0364;fter als ja&#x0364;hrlich einmahl hin, und bey<lb/>
die&#x017F;er Gelegenheit la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie zugleich ihre Kinder taufen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Ab&#x017F;chnitt.<lb/>
Rei&#x017F;e von <placeName>Rothe&#x017F;and</placeName> nach <placeName>Zwellendam</placeName></hi>.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>en 6. October verließen wir die&#x017F;e anmuthige Ge-<lb/>
gend, nachdem ich &#x017F;owohl von Kra&#x0364;utern und Samen,<lb/>
als von Vo&#x0364;geln eine an&#x017F;ehnliche Menge ge&#x017F;ammelt, und<lb/>
un&#x017F;re Zugoch&#x017F;en &#x017F;ich hinla&#x0364;nglich erhohlt hatten. Un&#x017F;ern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0175] Reiſe vom Cap nach Rotheſand. aus hernach verſchiedne von den oben angefuͤhrten Sa- chen, und um ihnen die gehoͤrige Form zu geben, nahm man bisweilen die Schere zu Huͤlfe. Aus den Sten- geln machte man Struͤmpfe und lange Frauenshandſchuh; aus den kleineren Blaͤttern Muͤtzen. So war demnach die Sache an ſich ſelbſt nicht ganz ſo wunderbar, als ſie erzaͤhlt wurde; fuͤr mich aber war noch uͤbrig, zu unter- ſuchen, zu welchem Gewaͤchſe dieſe Blaͤtter gehoͤrten. Dies noͤthigte mich, ſelbſt auf die hoͤchſten Spitzen der Berge zu klettern, woher man ſie gehohlt hatte. Hier war das Gewaͤchs ſelbſt zwar nicht ſelten, aber ich hatte doch viel Muͤhe, eins davon in der Bluͤthe und mit Sa- men anzutreffen. Endlich erreichte ich meinen Zweck, und uͤberzeugte mich, daß es zu dem Geſchlechte des Ha- ſenoͤhrleins (Bupleurum giganteum) gehoͤre. Der rau- he Ueberzug wird auch, wie feine Wolle, zurecht gemacht und wohl getrocknet anſtatt Zunders gebraucht, wozu es ſehr tauglich iſt. Von Rotheſand merke ich uͤbrigens noch an, daß dieſer Diſtrikt eine ſchoͤne Kirche mit einem eignen Predi- ger hat. In dieſer Kirche ſind alle diejenigen einge- pfarret, die tiefer im Lande wohnen. Dieſe Leute kom- men aber ſelten oͤfter als jaͤhrlich einmahl hin, und bey dieſer Gelegenheit laſſen ſie zugleich ihre Kinder taufen. Dritter Abſchnitt. Reiſe von Rotheſand nach Zwellendam. Den 6. October verließen wir dieſe anmuthige Ge- gend, nachdem ich ſowohl von Kraͤutern und Samen, als von Voͤgeln eine anſehnliche Menge geſammelt, und unſre Zugochſen ſich hinlaͤnglich erhohlt hatten. Unſern K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/175
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/175>, abgerufen am 27.04.2024.