Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
23.
William Lovell an Rosa.

Ich bin wieder hier auf dem großen Tummel-
platz einer dichtgedrängten, geräuschvollen Welt.
Ich konnte unmöglich länger in Emiliens Ge-
sellschaft bleiben, die mir mit ihrer aufdringli-
chen Liebe alle Laune verdarb. -- Sie ist noch
in Nottingham, und ich habe bey ihr eine noth-
wendige Reise nach einer der nächsten Städte
vorgegeben. Wenn sie erfährt daß ich nicht
dort bin, mag sie zu ihrem Bruder zurück-
kehren.

Der Haß und die Liebe der Menschen ist
mir jetzt in einem gleich hohen Grade zuwider,
es soll sich keiner um mich kümmern, so wie
ich nach keinem zurücksehe, um ihn mit einem
freundlichen oder verdrüßlichen Gesichte zu be-
trachten. -- Für mich giebt es nichts Widri-
gers als das Aufdringen der Menschen, um
mir ihre Freundschaft, ihre Liebe zu schenken;
es sind Narren die nicht wissen, was sie mit
sich selber machen sollen, und daher andere Nar-

23.
William Lovell an Roſa.

Ich bin wieder hier auf dem großen Tummel-
platz einer dichtgedraͤngten, geraͤuſchvollen Welt.
Ich konnte unmoͤglich laͤnger in Emiliens Ge-
ſellſchaft bleiben, die mir mit ihrer aufdringli-
chen Liebe alle Laune verdarb. — Sie iſt noch
in Nottingham, und ich habe bey ihr eine noth-
wendige Reiſe nach einer der naͤchſten Staͤdte
vorgegeben. Wenn ſie erfaͤhrt daß ich nicht
dort bin, mag ſie zu ihrem Bruder zuruͤck-
kehren.

Der Haß und die Liebe der Menſchen iſt
mir jetzt in einem gleich hohen Grade zuwider,
es ſoll ſich keiner um mich kuͤmmern, ſo wie
ich nach keinem zuruͤckſehe, um ihn mit einem
freundlichen oder verdruͤßlichen Geſichte zu be-
trachten. — Fuͤr mich giebt es nichts Widri-
gers als das Aufdringen der Menſchen, um
mir ihre Freundſchaft, ihre Liebe zu ſchenken;
es ſind Narren die nicht wiſſen, was ſie mit
ſich ſelber machen ſollen, und daher andere Nar-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0105" n="98"/>
        <div n="2">
          <head>23.<lb/><hi rendition="#g">William Lovell</hi> an <hi rendition="#g">Ro&#x017F;a</hi>.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">London</hi>.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch bin wieder hier auf dem großen Tummel-<lb/>
platz einer dichtgedra&#x0364;ngten, gera&#x0364;u&#x017F;chvollen Welt.<lb/>
Ich konnte unmo&#x0364;glich la&#x0364;nger in Emiliens Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft bleiben, die mir mit ihrer aufdringli-<lb/>
chen Liebe alle Laune verdarb. &#x2014; Sie i&#x017F;t noch<lb/><choice><sic>iu</sic><corr>in</corr></choice> Nottingham, und ich habe bey ihr eine noth-<lb/>
wendige Rei&#x017F;e nach einer der na&#x0364;ch&#x017F;ten Sta&#x0364;dte<lb/>
vorgegeben. Wenn &#x017F;ie erfa&#x0364;hrt daß ich nicht<lb/>
dort bin, mag &#x017F;ie zu ihrem Bruder zuru&#x0364;ck-<lb/>
kehren.</p><lb/>
          <p>Der Haß und die Liebe der Men&#x017F;chen i&#x017F;t<lb/>
mir jetzt in einem gleich hohen Grade zuwider,<lb/>
es &#x017F;oll &#x017F;ich keiner um mich ku&#x0364;mmern, &#x017F;o wie<lb/>
ich nach keinem zuru&#x0364;ck&#x017F;ehe, um ihn mit einem<lb/>
freundlichen oder verdru&#x0364;ßlichen Ge&#x017F;ichte zu be-<lb/>
trachten. &#x2014; Fu&#x0364;r mich giebt es nichts Widri-<lb/>
gers als das Aufdringen der Men&#x017F;chen, um<lb/>
mir ihre Freund&#x017F;chaft, ihre Liebe zu &#x017F;chenken;<lb/>
es &#x017F;ind Narren die nicht wi&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;ie mit<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elber machen &#x017F;ollen, und daher andere Nar-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0105] 23. William Lovell an Roſa. London. Ich bin wieder hier auf dem großen Tummel- platz einer dichtgedraͤngten, geraͤuſchvollen Welt. Ich konnte unmoͤglich laͤnger in Emiliens Ge- ſellſchaft bleiben, die mir mit ihrer aufdringli- chen Liebe alle Laune verdarb. — Sie iſt noch in Nottingham, und ich habe bey ihr eine noth- wendige Reiſe nach einer der naͤchſten Staͤdte vorgegeben. Wenn ſie erfaͤhrt daß ich nicht dort bin, mag ſie zu ihrem Bruder zuruͤck- kehren. Der Haß und die Liebe der Menſchen iſt mir jetzt in einem gleich hohen Grade zuwider, es ſoll ſich keiner um mich kuͤmmern, ſo wie ich nach keinem zuruͤckſehe, um ihn mit einem freundlichen oder verdruͤßlichen Geſichte zu be- trachten. — Fuͤr mich giebt es nichts Widri- gers als das Aufdringen der Menſchen, um mir ihre Freundſchaft, ihre Liebe zu ſchenken; es ſind Narren die nicht wiſſen, was ſie mit ſich ſelber machen ſollen, und daher andere Nar-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/105
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/105>, abgerufen am 27.04.2024.