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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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und gesagt, was Dir nicht aus dem Herzen
kam. Deine Philosophie war Eigensinn, alle
Deine Gefühle nichts weiter, als ein ewiger
Kampf mit Dir selber. Du hättest ein recht
ordentlicher, gewöhnlicher einfältiger Mensch
werden können; auf einem Kupferstich in einer
Waldgegend, neben einer jungen Frau sitzend,
würdest Du Dich ganz gut ausgenommen haben,
aber nun hast Du alles daran gewandt, um
ein unzusammenhängender philosophischer Narr
zu werden. -- Ich bin neugierig, Dich zu
sehn, und so magst Du denn hereinkommen. --
Wahrhaftig, ich kann aufhören, Dich zu be-
schreiben, denn da stehst Du ja nun leibhaftig
vor mir. --

Zum Schluß

Einige Worte über mich selbst.

Und wer bin ich denn? -- Wer ist das
Wesen, das hier so ernsthaft die Feder hält,
und nicht müde werden kann, Worte nieder-
zuschreiben? Bin ich denn ein so großer Thor,
daß ich alles für wahr halte, was ich gesagt
habe? Ich kann es von mir selbst nicht glau-

und geſagt, was Dir nicht aus dem Herzen
kam. Deine Philoſophie war Eigenſinn, alle
Deine Gefuͤhle nichts weiter, als ein ewiger
Kampf mit Dir ſelber. Du haͤtteſt ein recht
ordentlicher, gewoͤhnlicher einfaͤltiger Menſch
werden koͤnnen; auf einem Kupferſtich in einer
Waldgegend, neben einer jungen Frau ſitzend,
wuͤrdeſt Du Dich ganz gut ausgenommen haben,
aber nun haſt Du alles daran gewandt, um
ein unzuſammenhaͤngender philoſophiſcher Narr
zu werden. — Ich bin neugierig, Dich zu
ſehn, und ſo magſt Du denn hereinkommen. —
Wahrhaftig, ich kann aufhoͤren, Dich zu be-
ſchreiben, denn da ſtehſt Du ja nun leibhaftig
vor mir. —

Zum Schluß

Einige Worte uͤber mich ſelbſt.

Und wer bin ich denn? — Wer iſt das
Weſen, das hier ſo ernſthaft die Feder haͤlt,
und nicht muͤde werden kann, Worte nieder-
zuſchreiben? Bin ich denn ein ſo großer Thor,
daß ich alles fuͤr wahr halte, was ich geſagt
habe? Ich kann es von mir ſelbſt nicht glau-

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[455/0462] und geſagt, was Dir nicht aus dem Herzen kam. Deine Philoſophie war Eigenſinn, alle Deine Gefuͤhle nichts weiter, als ein ewiger Kampf mit Dir ſelber. Du haͤtteſt ein recht ordentlicher, gewoͤhnlicher einfaͤltiger Menſch werden koͤnnen; auf einem Kupferſtich in einer Waldgegend, neben einer jungen Frau ſitzend, wuͤrdeſt Du Dich ganz gut ausgenommen haben, aber nun haſt Du alles daran gewandt, um ein unzuſammenhaͤngender philoſophiſcher Narr zu werden. — Ich bin neugierig, Dich zu ſehn, und ſo magſt Du denn hereinkommen. — Wahrhaftig, ich kann aufhoͤren, Dich zu be- ſchreiben, denn da ſtehſt Du ja nun leibhaftig vor mir. — Zum Schluß Einige Worte uͤber mich ſelbſt. Und wer bin ich denn? — Wer iſt das Weſen, das hier ſo ernſthaft die Feder haͤlt, und nicht muͤde werden kann, Worte nieder- zuſchreiben? Bin ich denn ein ſo großer Thor, daß ich alles fuͤr wahr halte, was ich geſagt habe? Ich kann es von mir ſelbſt nicht glau-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/462>, abgerufen am 26.04.2024.