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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.

Das Lachen schweigt, die Begebenheiten des
Stücks laufen zu Ende, der Vorhang fällt endlich
zum letztenmal, die Zuschauer gehn nach Hause.
Einmal kommen sie dann nicht wieder, sie sind
fortgegangen, Niemand kann sagen, wohin; Nie-
mand kann sie erfragen, keiner betritt die schreck-
liche, grauenvolle Wüste, der jemals wieder käme.
Ach du schwaches, leichtzerbrechliches Menschenle-
ben! Ich will dich immer als ein Kunstwerk be-
trachten, das mich ergötzt und das einen Schluß
haben muß, damit es ein Kunstwerk seyn und mich
ergötzen könne. Dann bin ich stets zufrieden, dann
bin ich von gemeiner Freude und von dem lasten-
den Trübsinne gleich weit entfernt. O daß nur
alle Freude mit mir bleiben, bis ich selber nicht
mehr bin, daß sie kein Seufzer und keine Thräne
vergebens suchen darf.



Zweite Abtheilung.

Das Lachen ſchweigt, die Begebenheiten des
Stuͤcks laufen zu Ende, der Vorhang faͤllt endlich
zum letztenmal, die Zuſchauer gehn nach Hauſe.
Einmal kommen ſie dann nicht wieder, ſie ſind
fortgegangen, Niemand kann ſagen, wohin; Nie-
mand kann ſie erfragen, keiner betritt die ſchreck-
liche, grauenvolle Wuͤſte, der jemals wieder kaͤme.
Ach du ſchwaches, leichtzerbrechliches Menſchenle-
ben! Ich will dich immer als ein Kunſtwerk be-
trachten, das mich ergoͤtzt und das einen Schluß
haben muß, damit es ein Kunſtwerk ſeyn und mich
ergoͤtzen koͤnne. Dann bin ich ſtets zufrieden, dann
bin ich von gemeiner Freude und von dem laſten-
den Truͤbſinne gleich weit entfernt. O daß nur
alle Freude mit mir bleiben, bis ich ſelber nicht
mehr bin, daß ſie kein Seufzer und keine Thraͤne
vergebens ſuchen darf.



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[274/0283] Zweite Abtheilung. Das Lachen ſchweigt, die Begebenheiten des Stuͤcks laufen zu Ende, der Vorhang faͤllt endlich zum letztenmal, die Zuſchauer gehn nach Hauſe. Einmal kommen ſie dann nicht wieder, ſie ſind fortgegangen, Niemand kann ſagen, wohin; Nie- mand kann ſie erfragen, keiner betritt die ſchreck- liche, grauenvolle Wuͤſte, der jemals wieder kaͤme. Ach du ſchwaches, leichtzerbrechliches Menſchenle- ben! Ich will dich immer als ein Kunſtwerk be- trachten, das mich ergoͤtzt und das einen Schluß haben muß, damit es ein Kunſtwerk ſeyn und mich ergoͤtzen koͤnne. Dann bin ich ſtets zufrieden, dann bin ich von gemeiner Freude und von dem laſten- den Truͤbſinne gleich weit entfernt. O daß nur alle Freude mit mir bleiben, bis ich ſelber nicht mehr bin, daß ſie kein Seufzer und keine Thraͤne vergebens ſuchen darf.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/283>, abgerufen am 26.04.2024.