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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Bertha. Er hat mir schon ohne Hörner
nicht sonderlich gefallen, viel weniger jetzt, man
müßte sich ja vor allen Menschen schämen. Was
müßte der Priester nur sagen, wenn wir so vor
den Altar träten?
Martin. Und die Kinder könnten auch solche
Waldteufel werden.
Bertha. O Pfui, mein Lieber, denken wir
daran nicht.
Martin. Schönes Mädchen, mir fehlt nur
eine Summe, um Meister zu werden, sonst hätte
ich schon lange um Dich angehalten: den Kerl
müssen wir festhalten, so wie er da ist, der kann
unser Glück machen; mein Vetter, der Gesell beim
Theaterschneider, macht mir einen Satyrpelz für
ihn, ich baue einen schönen Käfig, und so ziehn
wir mit ihm herum und lassen ihn für Geld sehn,
erst in den kleinern Städten, und dann hier in
London; ich gebe ihn dann für einen wahrhaftigen
Satyr aus, die Hörner sind ja auch ächt, und so
können wir reich durch ihn werden.
Bertha. Martin, den Verstand hätt' ich
Euch nicht zugetraut; das ist ein Einfall, der sein
Geld werth ist.
Martin. Kommt nur jetzt mit hinein, und
helft mir ihn festbinden und knebeln, daß er uns
nicht entläuft, dann muß ich auch die Thür wieder
in Stand setzen, dann bau' ich den Käfig, und
dann wollen wir unser Glück mit ihm versuchen.

(sie gehn ab.)


Zweite Abtheilung.
Bertha. Er hat mir ſchon ohne Hoͤrner
nicht ſonderlich gefallen, viel weniger jetzt, man
muͤßte ſich ja vor allen Menſchen ſchaͤmen. Was
muͤßte der Prieſter nur ſagen, wenn wir ſo vor
den Altar traͤten?
Martin. Und die Kinder koͤnnten auch ſolche
Waldteufel werden.
Bertha. O Pfui, mein Lieber, denken wir
daran nicht.
Martin. Schoͤnes Maͤdchen, mir fehlt nur
eine Summe, um Meiſter zu werden, ſonſt haͤtte
ich ſchon lange um Dich angehalten: den Kerl
muͤſſen wir feſthalten, ſo wie er da iſt, der kann
unſer Gluͤck machen; mein Vetter, der Geſell beim
Theaterſchneider, macht mir einen Satyrpelz fuͤr
ihn, ich baue einen ſchoͤnen Kaͤfig, und ſo ziehn
wir mit ihm herum und laſſen ihn fuͤr Geld ſehn,
erſt in den kleinern Staͤdten, und dann hier in
London; ich gebe ihn dann fuͤr einen wahrhaftigen
Satyr aus, die Hoͤrner ſind ja auch aͤcht, und ſo
koͤnnen wir reich durch ihn werden.
Bertha. Martin, den Verſtand haͤtt' ich
Euch nicht zugetraut; das iſt ein Einfall, der ſein
Geld werth iſt.
Martin. Kommt nur jetzt mit hinein, und
helft mir ihn feſtbinden und knebeln, daß er uns
nicht entlaͤuft, dann muß ich auch die Thuͤr wieder
in Stand ſetzen, dann bau' ich den Kaͤfig, und
dann wollen wir unſer Gluͤck mit ihm verſuchen.

(ſie gehn ab.)


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[388/0398] Zweite Abtheilung. Bertha. Er hat mir ſchon ohne Hoͤrner nicht ſonderlich gefallen, viel weniger jetzt, man muͤßte ſich ja vor allen Menſchen ſchaͤmen. Was muͤßte der Prieſter nur ſagen, wenn wir ſo vor den Altar traͤten? Martin. Und die Kinder koͤnnten auch ſolche Waldteufel werden. Bertha. O Pfui, mein Lieber, denken wir daran nicht. Martin. Schoͤnes Maͤdchen, mir fehlt nur eine Summe, um Meiſter zu werden, ſonſt haͤtte ich ſchon lange um Dich angehalten: den Kerl muͤſſen wir feſthalten, ſo wie er da iſt, der kann unſer Gluͤck machen; mein Vetter, der Geſell beim Theaterſchneider, macht mir einen Satyrpelz fuͤr ihn, ich baue einen ſchoͤnen Kaͤfig, und ſo ziehn wir mit ihm herum und laſſen ihn fuͤr Geld ſehn, erſt in den kleinern Staͤdten, und dann hier in London; ich gebe ihn dann fuͤr einen wahrhaftigen Satyr aus, die Hoͤrner ſind ja auch aͤcht, und ſo koͤnnen wir reich durch ihn werden. Bertha. Martin, den Verſtand haͤtt' ich Euch nicht zugetraut; das iſt ein Einfall, der ſein Geld werth iſt. Martin. Kommt nur jetzt mit hinein, und helft mir ihn feſtbinden und knebeln, daß er uns nicht entlaͤuft, dann muß ich auch die Thuͤr wieder in Stand ſetzen, dann bau' ich den Kaͤfig, und dann wollen wir unſer Gluͤck mit ihm verſuchen. (ſie gehn ab.)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/398>, abgerufen am 26.04.2024.