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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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her Alles leisten, und doch thut er nichts als dass er eine
richtige Methode oder die Mittel und Wege zu einem Ziele
wie ein wirkliches Ding hingibt oder zeigt; sie aufzufassen,
zu ergreifen und zu benutzen ist des Adepten eigene Sache;
es wird vorausgesetzt, dass er die allgemeine Fähigkeit dazu
habe, denn dass sie sich ausbilde zu helfen, geht nicht den
Demonstrirenden als solchen an. Dieser, als Lehrender
oder Rathgeber, hat hier eine begrenzte Aufgabe und Ge-
schäft, dessen er sich entledigen kann und seine Leistung
dem Anderen mittheilen, damit dieser ihren Inhalt wie das
Seinige benutze. Für die Wirkung der Erkenntniss und
der erkannten begriffenen Methode, des angenommenen
Rathes (welche der Beschluss und somit die That ist)
bleibt es gleichgültig, ob sie selbstgeschaffen und erarbeitet
oder als fertige empfangen und genommen wurde. Dass
aber die nach ihr gerichtete, ihrer sich bedienende That,
wirklich den gewünschten und vorgestellten Erfolg habe,
hierdurch allein wird die Bewährung ihrer Wahrheit und
Richtigkeit gegeben, denn sie ist so wahr und richtig, als
sie tauglich, zweckmässig, brauchbar ist. -- Sowie aber
hier Erkenntniss zu derjenigen Zweck-Handlung sich ver-
hält, welche Fassung des Beschlusses ist, so verhält sie
sich überall, wo sie auf die möglichst zweckmässige
oder richtige Bildung der Willensgeräthe als solcher sich
bezieht. -- Der Lehrer und Rathgeber verhält sich anders,
wenn es nicht sowohl um Mittheilung von Wahrheiten, als
um Erzeugung und Ausbildung der Fähigkeit zu bestimmten
Leistungen, gerade insofern als diese eine mentale Kraft
sein mag, sich handelt. Jener muss dann selber ein Meister
oder doch ein Erfahrener und Geübter in dieser Kunst sein;
oder wenn doch die Form der Mittheilung einer Lehre und
Weisheit nothwendig ist, Glauben und Vertrauen finden
oder erzeugen; an den guten Willen anstatt an die Vernunft
sich wenden: Versuche und Bemühung mehr als Auffassung
und Begreifen fordern.

§ 32.

Die Formen des Wesenwillens sind in stärkerer oder
schwächerer Weise immer thätig und wirksam, weil sie

her Alles leisten, und doch thut er nichts als dass er eine
richtige Methode oder die Mittel und Wege zu einem Ziele
wie ein wirkliches Ding hingibt oder zeigt; sie aufzufassen,
zu ergreifen und zu benutzen ist des Adepten eigene Sache;
es wird vorausgesetzt, dass er die allgemeine Fähigkeit dazu
habe, denn dass sie sich ausbilde zu helfen, geht nicht den
Demonstrirenden als solchen an. Dieser, als Lehrender
oder Rathgeber, hat hier eine begrenzte Aufgabe und Ge-
schäft, dessen er sich entledigen kann und seine Leistung
dem Anderen mittheilen, damit dieser ihren Inhalt wie das
Seinige benutze. Für die Wirkung der Erkenntniss und
der erkannten begriffenen Methode, des angenommenen
Rathes (welche der Beschluss und somit die That ist)
bleibt es gleichgültig, ob sie selbstgeschaffen und erarbeitet
oder als fertige empfangen und genommen wurde. Dass
aber die nach ihr gerichtete, ihrer sich bedienende That,
wirklich den gewünschten und vorgestellten Erfolg habe,
hierdurch allein wird die Bewährung ihrer Wahrheit und
Richtigkeit gegeben, denn sie ist so wahr und richtig, als
sie tauglich, zweckmässig, brauchbar ist. — Sowie aber
hier Erkenntniss zu derjenigen Zweck-Handlung sich ver-
hält, welche Fassung des Beschlusses ist, so verhält sie
sich überall, wo sie auf die möglichst zweckmässige
oder richtige Bildung der Willensgeräthe als solcher sich
bezieht. — Der Lehrer und Rathgeber verhält sich anders,
wenn es nicht sowohl um Mittheilung von Wahrheiten, als
um Erzeugung und Ausbildung der Fähigkeit zu bestimmten
Leistungen, gerade insofern als diese eine mentale Kraft
sein mag, sich handelt. Jener muss dann selber ein Meister
oder doch ein Erfahrener und Geübter in dieser Kunst sein;
oder wenn doch die Form der Mittheilung einer Lehre und
Weisheit nothwendig ist, Glauben und Vertrauen finden
oder erzeugen; an den guten Willen anstatt an die Vernunft
sich wenden: Versuche und Bemühung mehr als Auffassung
und Begreifen fordern.

§ 32.

Die Formen des Wesenwillens sind in stärkerer oder
schwächerer Weise immer thätig und wirksam, weil sie

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[164/0200] her Alles leisten, und doch thut er nichts als dass er eine richtige Methode oder die Mittel und Wege zu einem Ziele wie ein wirkliches Ding hingibt oder zeigt; sie aufzufassen, zu ergreifen und zu benutzen ist des Adepten eigene Sache; es wird vorausgesetzt, dass er die allgemeine Fähigkeit dazu habe, denn dass sie sich ausbilde zu helfen, geht nicht den Demonstrirenden als solchen an. Dieser, als Lehrender oder Rathgeber, hat hier eine begrenzte Aufgabe und Ge- schäft, dessen er sich entledigen kann und seine Leistung dem Anderen mittheilen, damit dieser ihren Inhalt wie das Seinige benutze. Für die Wirkung der Erkenntniss und der erkannten begriffenen Methode, des angenommenen Rathes (welche der Beschluss und somit die That ist) bleibt es gleichgültig, ob sie selbstgeschaffen und erarbeitet oder als fertige empfangen und genommen wurde. Dass aber die nach ihr gerichtete, ihrer sich bedienende That, wirklich den gewünschten und vorgestellten Erfolg habe, hierdurch allein wird die Bewährung ihrer Wahrheit und Richtigkeit gegeben, denn sie ist so wahr und richtig, als sie tauglich, zweckmässig, brauchbar ist. — Sowie aber hier Erkenntniss zu derjenigen Zweck-Handlung sich ver- hält, welche Fassung des Beschlusses ist, so verhält sie sich überall, wo sie auf die möglichst zweckmässige oder richtige Bildung der Willensgeräthe als solcher sich bezieht. — Der Lehrer und Rathgeber verhält sich anders, wenn es nicht sowohl um Mittheilung von Wahrheiten, als um Erzeugung und Ausbildung der Fähigkeit zu bestimmten Leistungen, gerade insofern als diese eine mentale Kraft sein mag, sich handelt. Jener muss dann selber ein Meister oder doch ein Erfahrener und Geübter in dieser Kunst sein; oder wenn doch die Form der Mittheilung einer Lehre und Weisheit nothwendig ist, Glauben und Vertrauen finden oder erzeugen; an den guten Willen anstatt an die Vernunft sich wenden: Versuche und Bemühung mehr als Auffassung und Begreifen fordern. § 32. Die Formen des Wesenwillens sind in stärkerer oder schwächerer Weise immer thätig und wirksam, weil sie

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/200>, abgerufen am 26.04.2024.