Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Schon rüsten sich die Heere zum Verderben,
Der Frühling rüstet sich zu Spiel und Reigen;
Die Trommeln wirbeln, die Trommeten werben,
Indeß die wilden Winterstürme schweigen;
Mit Blute wild der Krieg die Erde färben,
Die sich mit Blumen schmückt und Blüthenzweigen:
Darf so der ird'sche Lenz sich frei erschließen,
So mög' auch unser Dichterfrühling sprießen!

2.
Nicht schamroth weichen soll der Sängerorden,
Wann Kriegerscharen ziehn im Waffenglanze;
Noch ist sein Lied kein schnödes Spiel geworden,
Doch ziert auch ihn der Degen und die Lanze;
Wohl schauervoll ist jener Sturm aus Norden,
Doch weht er frisch und stärkt zum Schwerdtertanze.
Wollt, Harfner, ihr durch Feindeslager schreiten,
Noch steht's euch frei -- den Eingang zu erstreiten.
Wann: Freiheit! Vaterland! ringsum erschallet,
Kein Sang tönt schöner in der Männer Ohren,
Im Kampfe, wo solch heilig Banner wallet,
Da wird der Sänger kräftig neugeboren.
Hat Aeschylos, deß Lied vom Siege hallet,
Hat Dante nicht dieß schönste Loos erkoren?
Cervantes ließ, gelähmt, die Rechte sinken
Und schrieb den Don Quixote mit der Linken. *)
*) Dieses ist unrichtig, dem Cervantes wurde in dem
Seetreffen bei Lepanto die linke Hand gelähmt
.
Schon rüſten ſich die Heere zum Verderben,
Der Frühling rüſtet ſich zu Spiel und Reigen;
Die Trommeln wirbeln, die Trommeten werben,
Indeß die wilden Winterſtürme ſchweigen;
Mit Blute wild der Krieg die Erde färben,
Die ſich mit Blumen ſchmückt und Blüthenzweigen:
Darf ſo der ird’ſche Lenz ſich frei erſchließen,
So mög’ auch unſer Dichterfrühling ſprießen!

2.
Nicht ſchamroth weichen ſoll der Sängerorden,
Wann Kriegerſcharen ziehn im Waffenglanze;
Noch iſt ſein Lied kein ſchnödes Spiel geworden,
Doch ziert auch ihn der Degen und die Lanze;
Wohl ſchauervoll iſt jener Sturm aus Norden,
Doch weht er friſch und ſtärkt zum Schwerdtertanze.
Wollt, Harfner, ihr durch Feindeslager ſchreiten,
Noch ſteht’s euch frei — den Eingang zu erſtreiten.
Wann: Freiheit! Vaterland! ringsum erſchallet,
Kein Sang tönt ſchöner in der Männer Ohren,
Im Kampfe, wo ſolch heilig Banner wallet,
Da wird der Sänger kräftig neugeboren.
Hat Aeſchylos, deß Lied vom Siege hallet,
Hat Dante nicht dieß ſchönſte Loos erkoren?
Cervantes ließ, gelähmt, die Rechte ſinken
Und ſchrieb den Don Quixote mit der Linken. *)
*) Dieſes iſt unrichtig, dem Cervantes wurde in dem
Seetreffen bei Lepanto die linke Hand gelähmt
.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0127" n="121"/>
              <lg n="4">
                <l>Schon rü&#x017F;ten &#x017F;ich die Heere zum Verderben,</l><lb/>
                <l>Der Frühling rü&#x017F;tet &#x017F;ich zu Spiel und Reigen;</l><lb/>
                <l>Die Trommeln wirbeln, die Trommeten werben,</l><lb/>
                <l>Indeß die wilden Winter&#x017F;türme &#x017F;chweigen;</l><lb/>
                <l>Mit Blute wild der Krieg die Erde färben,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;ich mit Blumen &#x017F;chmückt und Blüthenzweigen:</l><lb/>
                <l>Darf &#x017F;o der ird&#x2019;&#x017F;che Lenz &#x017F;ich frei er&#x017F;chließen,</l><lb/>
                <l>So mög&#x2019; auch un&#x017F;er Dichterfrühling &#x017F;prießen!</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>2.</head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Nicht &#x017F;chamroth weichen &#x017F;oll der Sängerorden,</l><lb/>
                <l>Wann Krieger&#x017F;charen ziehn im Waffenglanze;</l><lb/>
                <l>Noch i&#x017F;t &#x017F;ein Lied kein &#x017F;chnödes Spiel geworden,</l><lb/>
                <l>Doch ziert auch ihn der Degen und die Lanze;</l><lb/>
                <l>Wohl &#x017F;chauervoll i&#x017F;t jener Sturm aus Norden,</l><lb/>
                <l>Doch weht er fri&#x017F;ch und &#x017F;tärkt zum Schwerdtertanze.</l><lb/>
                <l>Wollt, Harfner, ihr durch Feindeslager &#x017F;chreiten,</l><lb/>
                <l>Noch &#x017F;teht&#x2019;s euch frei &#x2014; den Eingang zu er&#x017F;treiten.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Wann: Freiheit! Vaterland! ringsum er&#x017F;challet,</l><lb/>
                <l>Kein Sang tönt &#x017F;chöner in der Männer Ohren,</l><lb/>
                <l>Im Kampfe, wo &#x017F;olch heilig Banner wallet,</l><lb/>
                <l>Da wird der Sänger kräftig neugeboren.</l><lb/>
                <l>Hat Ae&#x017F;chylos, deß Lied vom Siege hallet,</l><lb/>
                <l>Hat Dante nicht dieß &#x017F;chön&#x017F;te Loos erkoren?</l><lb/>
                <l>Cervantes ließ, gelähmt, die Rechte &#x017F;inken</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;chrieb den Don Quixote mit der Linken. <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Die&#x017F;es i&#x017F;t unrichtig, dem Cervantes wurde in dem<lb/>
Seetreffen bei Lepanto die linke Hand gelähmt</hi>.</note></l>
              </lg><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0127] Schon rüſten ſich die Heere zum Verderben, Der Frühling rüſtet ſich zu Spiel und Reigen; Die Trommeln wirbeln, die Trommeten werben, Indeß die wilden Winterſtürme ſchweigen; Mit Blute wild der Krieg die Erde färben, Die ſich mit Blumen ſchmückt und Blüthenzweigen: Darf ſo der ird’ſche Lenz ſich frei erſchließen, So mög’ auch unſer Dichterfrühling ſprießen! 2. Nicht ſchamroth weichen ſoll der Sängerorden, Wann Kriegerſcharen ziehn im Waffenglanze; Noch iſt ſein Lied kein ſchnödes Spiel geworden, Doch ziert auch ihn der Degen und die Lanze; Wohl ſchauervoll iſt jener Sturm aus Norden, Doch weht er friſch und ſtärkt zum Schwerdtertanze. Wollt, Harfner, ihr durch Feindeslager ſchreiten, Noch ſteht’s euch frei — den Eingang zu erſtreiten. Wann: Freiheit! Vaterland! ringsum erſchallet, Kein Sang tönt ſchöner in der Männer Ohren, Im Kampfe, wo ſolch heilig Banner wallet, Da wird der Sänger kräftig neugeboren. Hat Aeſchylos, deß Lied vom Siege hallet, Hat Dante nicht dieß ſchönſte Loos erkoren? Cervantes ließ, gelähmt, die Rechte ſinken Und ſchrieb den Don Quixote mit der Linken. *) *) Dieſes iſt unrichtig, dem Cervantes wurde in dem Seetreffen bei Lepanto die linke Hand gelähmt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/127
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/127>, abgerufen am 27.04.2024.