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Civilprozeßordnung. Berlin, 1877.

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VIII. 3. Absch. §. 769--775.

Verzögert der Schuldner die Abforderung, so kann das Voll-
streckungsgericht den Verkauf der Sachen und die Hinterlegung
des Erlöses anordnen.

§. 772.

Befindet sich eine herauszugebende Sache im Gewahrsam
eines Dritten, so ist dem Gläubiger auf dessen Antrag der An-
spruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache nach den Vor-
schriften zu überweisen, welche die Pfändung einer Geldforderung
betreffen.

§. 773.

Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung
vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann,
so ist der Gläubiger von dem Prozeßgericht erster Instanz auf
Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung
vornehmen zu lassen.

Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur
Vorauszahlung der Kosten zu verurtheilen, welche durch die Vor-
nahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts
auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen
größeren Kostenaufwand verursacht.

Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe
oder Leistung von Sachen finden die vorstehenden Bestimmungen
keine Anwendung.

§. 774.

Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen
werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuld-
ners abhängt, auf Antrag von dem Prozeßgericht erster Instanz
zu erkennen, daß der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch
Geldstrafen bis zum Gesammtbetrage von fünfzehnhundert Mark
oder durch Haft anzuhalten sei.

Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur
Eingehung einer Ehe nicht und im Falle der Verurtheilung zur
Herstellung des ehelichen Lebens nur insoweit zur Anwendung,
als die Landesgesetze die Erzwingung der Herstellung des ehelichen
Lebens für zulässig erklären.

§. 775.

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Hand-
lung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden,

VIII. 3. Abſch. §. 769—775.

Verzögert der Schuldner die Abforderung, ſo kann das Voll-
ſtreckungsgericht den Verkauf der Sachen und die Hinterlegung
des Erlöſes anordnen.

§. 772.

Befindet ſich eine herauszugebende Sache im Gewahrſam
eines Dritten, ſo iſt dem Gläubiger auf deſſen Antrag der An-
ſpruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache nach den Vor-
ſchriften zu überweiſen, welche die Pfändung einer Geldforderung
betreffen.

§. 773.

Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung
vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann,
ſo iſt der Gläubiger von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz auf
Antrag zu ermächtigen, auf Koſten des Schuldners die Handlung
vornehmen zu laſſen.

Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur
Vorauszahlung der Koſten zu verurtheilen, welche durch die Vor-
nahme der Handlung entſtehen werden, unbeſchadet des Rechts
auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen
größeren Koſtenaufwand verurſacht.

Auf die Zwangsvollſtreckung zur Erwirkung der Herausgabe
oder Leiſtung von Sachen finden die vorſtehenden Beſtimmungen
keine Anwendung.

§. 774.

Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen
werden, ſo iſt, wenn ſie ausſchließlich von dem Willen des Schuld-
ners abhängt, auf Antrag von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz
zu erkennen, daß der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch
Geldſtrafen bis zum Geſammtbetrage von fünfzehnhundert Mark
oder durch Haft anzuhalten ſei.

Dieſe Beſtimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur
Eingehung einer Ehe nicht und im Falle der Verurtheilung zur
Herſtellung des ehelichen Lebens nur inſoweit zur Anwendung,
als die Landesgeſetze die Erzwingung der Herſtellung des ehelichen
Lebens für zuläſſig erklären.

§. 775.

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Hand-
lung zu unterlaſſen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden,

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[191/0197] VIII. 3. Abſch. §. 769—775. Verzögert der Schuldner die Abforderung, ſo kann das Voll- ſtreckungsgericht den Verkauf der Sachen und die Hinterlegung des Erlöſes anordnen. §. 772. Befindet ſich eine herauszugebende Sache im Gewahrſam eines Dritten, ſo iſt dem Gläubiger auf deſſen Antrag der An- ſpruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache nach den Vor- ſchriften zu überweiſen, welche die Pfändung einer Geldforderung betreffen. §. 773. Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, ſo iſt der Gläubiger von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz auf Antrag zu ermächtigen, auf Koſten des Schuldners die Handlung vornehmen zu laſſen. Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Koſten zu verurtheilen, welche durch die Vor- nahme der Handlung entſtehen werden, unbeſchadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Koſtenaufwand verurſacht. Auf die Zwangsvollſtreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leiſtung von Sachen finden die vorſtehenden Beſtimmungen keine Anwendung. §. 774. Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, ſo iſt, wenn ſie ausſchließlich von dem Willen des Schuld- ners abhängt, auf Antrag von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz zu erkennen, daß der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Geldſtrafen bis zum Geſammtbetrage von fünfzehnhundert Mark oder durch Haft anzuhalten ſei. Dieſe Beſtimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur Eingehung einer Ehe nicht und im Falle der Verurtheilung zur Herſtellung des ehelichen Lebens nur inſoweit zur Anwendung, als die Landesgeſetze die Erzwingung der Herſtellung des ehelichen Lebens für zuläſſig erklären. §. 775. Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Hand- lung zu unterlaſſen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden,

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Zitationshilfe: Civilprozeßordnung. Berlin, 1877, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_civilprozessordnung_1877/197>, abgerufen am 26.04.2024.