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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
454. Sie hängen etwas entfernter, als die Einbildun-
gen, von den äußern Empfindungen ab, indem sie schon
mit auf Einbildungen gegründet sind, da jene hingegen
sich nur auf äußere Empfindungen unmittelbar gründen.
§. 65. Blos sinnliche Erwartungen heißen Ahndungen.
B. M. 454. Vorhersehungen, Erwartungen und Ahn-
dungen sind demnach Vorstellungen zukünftiger äußerer
Empfindungen, die also Merkmale von ihnen in sich ent-
halten. Mithin müssen auch die materiellen Jdeen aller
dieser Vorhersehungen, die, von zukünftigen äußern Em-
pfindungen, aber sehr unvollständig seyn, da sie die Seele
ohne unmittelbare Beyhülfe des äußern sinnlichen Ein-
drucks in die Nerven nur so weit, als sie dieß vermag, ei-
genmächtig hervorbringt, §. 35. 53. das ist: Wenn die
Vorstellungskraft Vorhersehungen hervorbringt, so ent-
stehen im Gehirne Bewegungen, welche unvollständige
materielle Jdeen künftiger äußerer Empfindungen sind. So
wie die Vorhersehungen schwächer als die äußern Empfin-
dungen, und selbst als die Einbildungen sind, B. M.
445. 446. so sind auch ihre materiellen Jdeen im Ge-
hirne von schwächerm Nachdrucke, als jene Beyde. §. 53.
Je stärker indessen die Vorhersehungen sind, desto mehr
Stärke haben auch ihre materiellen Jdeen. §. 26.

§. 74.

Wenn die materiellen Jdeen der sinnlichen Vorherse-
hungen, Erwartungen und Ahndungen thierische Wirkun-
gen im Körper äußern, so müssen sie mit denen von den
zukünftigen äußern Empfindungen zum Theil übereinkom-
men, und sich nach ihrer Stärke richten. §. 66. 73.

§. 75.

Jm Traume, in der Verrückung erzeugen sich oft sinn-
liche Vorhersehungen und Ahndungen. B. M. §. 458. Von
diesen und besonders von denen der Wahrsager, welches

Leute

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
454. Sie haͤngen etwas entfernter, als die Einbildun-
gen, von den aͤußern Empfindungen ab, indem ſie ſchon
mit auf Einbildungen gegruͤndet ſind, da jene hingegen
ſich nur auf aͤußere Empfindungen unmittelbar gruͤnden.
§. 65. Blos ſinnliche Erwartungen heißen Ahndungen.
B. M. 454. Vorherſehungen, Erwartungen und Ahn-
dungen ſind demnach Vorſtellungen zukuͤnftiger aͤußerer
Empfindungen, die alſo Merkmale von ihnen in ſich ent-
halten. Mithin muͤſſen auch die materiellen Jdeen aller
dieſer Vorherſehungen, die, von zukuͤnftigen aͤußern Em-
pfindungen, aber ſehr unvollſtaͤndig ſeyn, da ſie die Seele
ohne unmittelbare Beyhuͤlfe des aͤußern ſinnlichen Ein-
drucks in die Nerven nur ſo weit, als ſie dieß vermag, ei-
genmaͤchtig hervorbringt, §. 35. 53. das iſt: Wenn die
Vorſtellungskraft Vorherſehungen hervorbringt, ſo ent-
ſtehen im Gehirne Bewegungen, welche unvollſtaͤndige
materielle Jdeen kuͤnftiger aͤußerer Empfindungen ſind. So
wie die Vorherſehungen ſchwaͤcher als die aͤußern Empfin-
dungen, und ſelbſt als die Einbildungen ſind, B. M.
445. 446. ſo ſind auch ihre materiellen Jdeen im Ge-
hirne von ſchwaͤcherm Nachdrucke, als jene Beyde. §. 53.
Je ſtaͤrker indeſſen die Vorherſehungen ſind, deſto mehr
Staͤrke haben auch ihre materiellen Jdeen. §. 26.

§. 74.

Wenn die materiellen Jdeen der ſinnlichen Vorherſe-
hungen, Erwartungen und Ahndungen thieriſche Wirkun-
gen im Koͤrper aͤußern, ſo muͤſſen ſie mit denen von den
zukuͤnftigen aͤußern Empfindungen zum Theil uͤbereinkom-
men, und ſich nach ihrer Staͤrke richten. §. 66. 73.

§. 75.

Jm Traume, in der Verruͤckung erzeugen ſich oft ſinn-
liche Vorherſehungen und Ahndungen. B. M. §. 458. Von
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Leute
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[86/0110] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. 454. Sie haͤngen etwas entfernter, als die Einbildun- gen, von den aͤußern Empfindungen ab, indem ſie ſchon mit auf Einbildungen gegruͤndet ſind, da jene hingegen ſich nur auf aͤußere Empfindungen unmittelbar gruͤnden. §. 65. Blos ſinnliche Erwartungen heißen Ahndungen. B. M. 454. Vorherſehungen, Erwartungen und Ahn- dungen ſind demnach Vorſtellungen zukuͤnftiger aͤußerer Empfindungen, die alſo Merkmale von ihnen in ſich ent- halten. Mithin muͤſſen auch die materiellen Jdeen aller dieſer Vorherſehungen, die, von zukuͤnftigen aͤußern Em- pfindungen, aber ſehr unvollſtaͤndig ſeyn, da ſie die Seele ohne unmittelbare Beyhuͤlfe des aͤußern ſinnlichen Ein- drucks in die Nerven nur ſo weit, als ſie dieß vermag, ei- genmaͤchtig hervorbringt, §. 35. 53. das iſt: Wenn die Vorſtellungskraft Vorherſehungen hervorbringt, ſo ent- ſtehen im Gehirne Bewegungen, welche unvollſtaͤndige materielle Jdeen kuͤnftiger aͤußerer Empfindungen ſind. So wie die Vorherſehungen ſchwaͤcher als die aͤußern Empfin- dungen, und ſelbſt als die Einbildungen ſind, B. M. 445. 446. ſo ſind auch ihre materiellen Jdeen im Ge- hirne von ſchwaͤcherm Nachdrucke, als jene Beyde. §. 53. Je ſtaͤrker indeſſen die Vorherſehungen ſind, deſto mehr Staͤrke haben auch ihre materiellen Jdeen. §. 26. §. 74. Wenn die materiellen Jdeen der ſinnlichen Vorherſe- hungen, Erwartungen und Ahndungen thieriſche Wirkun- gen im Koͤrper aͤußern, ſo muͤſſen ſie mit denen von den zukuͤnftigen aͤußern Empfindungen zum Theil uͤbereinkom- men, und ſich nach ihrer Staͤrke richten. §. 66. 73. §. 75. Jm Traume, in der Verruͤckung erzeugen ſich oft ſinn- liche Vorherſehungen und Ahndungen. B. M. §. 458. Von dieſen und beſonders von denen der Wahrſager, welches Leute

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/110>, abgerufen am 26.04.2024.