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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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der Einbildungen.
hervor, weil die Seele in ihrer Einbildung, (Wiederho-
lung,) hauptsächlich nur die subordinirte äußere Empfin-
dung, den Schmerz vom Magenkrampfe, dachte, und den
vorhergehenden ursprünglichen vom Drücken der Speise im
Magen, nicht mit in die Einbildung fasset. §. 230.

§. 232.

Da die Ursache, warum die Seelenwirkungen der Ein-
bildungen unvollständiger und schwächer als der äußern
Empfindungen sind, blos im Mangel des sinnlichen äußern
Eindrucks in die Nerven liegt, §. 228. 229. starke Ein-
bildungen aber unächte äußere Empfindungen veranlassen
können, die den äußern sinnlichen Eindruck in den Nerven
nachahmen, §. 148. so können Einbildungen mit unäch-
ten äußern Empfindungen vergesellschaftet, so vollständige
und starke Seelenwirkungen in den mechanischen Maschi-
nen hervorbringen, daß sie von den Seelenwirkungen wah-
rer äußerer Empfindungen schwerlich unterschieden werden
können. §. 229. 150. So kann ein Verrückter, ein Träu-
mender, oder jeder Mensch von sehr starker Einbildungs-
kraft, wenn er sich einbildet, eine heftige Purganz zu ver-
schlingen, wirklich davon purgiren, so kann er sich von ei-
ner im Traume genommenen eckelhaften Speise erbrechen,
u. s. w.

§. 233.

1. Der bloße äußere sinnliche Eindruck in die Nerven
kann, in so fern er nicht empfunden wird, der Seele keine
Einbildung geben. Also ist auch seine Nervenwirkung,
als solche, nie zugleich eine Seelenwirkung von einer Ein-
bildung, ehe sie nicht die Seelenwirkung seiner Empfin-
dung gewesen ist. §. 228. 184. N. 1. Hingegen kann die
Seele eine solche Nervenwirkung selbst empfinden, mithin
sich auch einbilden, §. 228. und diese Einbildungen kön-
nen Seelenwirkungen in den mechanischen Maschinen
haben.

2. Weil
O 3

der Einbildungen.
hervor, weil die Seele in ihrer Einbildung, (Wiederho-
lung,) hauptſaͤchlich nur die ſubordinirte aͤußere Empfin-
dung, den Schmerz vom Magenkrampfe, dachte, und den
vorhergehenden urſpruͤnglichen vom Druͤcken der Speiſe im
Magen, nicht mit in die Einbildung faſſet. §. 230.

§. 232.

Da die Urſache, warum die Seelenwirkungen der Ein-
bildungen unvollſtaͤndiger und ſchwaͤcher als der aͤußern
Empfindungen ſind, blos im Mangel des ſinnlichen aͤußern
Eindrucks in die Nerven liegt, §. 228. 229. ſtarke Ein-
bildungen aber unaͤchte aͤußere Empfindungen veranlaſſen
koͤnnen, die den aͤußern ſinnlichen Eindruck in den Nerven
nachahmen, §. 148. ſo koͤnnen Einbildungen mit unaͤch-
ten aͤußern Empfindungen vergeſellſchaftet, ſo vollſtaͤndige
und ſtarke Seelenwirkungen in den mechaniſchen Maſchi-
nen hervorbringen, daß ſie von den Seelenwirkungen wah-
rer aͤußerer Empfindungen ſchwerlich unterſchieden werden
koͤnnen. §. 229. 150. So kann ein Verruͤckter, ein Traͤu-
mender, oder jeder Menſch von ſehr ſtarker Einbildungs-
kraft, wenn er ſich einbildet, eine heftige Purganz zu ver-
ſchlingen, wirklich davon purgiren, ſo kann er ſich von ei-
ner im Traume genommenen eckelhaften Speiſe erbrechen,
u. ſ. w.

§. 233.

1. Der bloße aͤußere ſinnliche Eindruck in die Nerven
kann, in ſo fern er nicht empfunden wird, der Seele keine
Einbildung geben. Alſo iſt auch ſeine Nervenwirkung,
als ſolche, nie zugleich eine Seelenwirkung von einer Ein-
bildung, ehe ſie nicht die Seelenwirkung ſeiner Empfin-
dung geweſen iſt. §. 228. 184. N. 1. Hingegen kann die
Seele eine ſolche Nervenwirkung ſelbſt empfinden, mithin
ſich auch einbilden, §. 228. und dieſe Einbildungen koͤn-
nen Seelenwirkungen in den mechaniſchen Maſchinen
haben.

2. Weil
O 3
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[213/0237] der Einbildungen. hervor, weil die Seele in ihrer Einbildung, (Wiederho- lung,) hauptſaͤchlich nur die ſubordinirte aͤußere Empfin- dung, den Schmerz vom Magenkrampfe, dachte, und den vorhergehenden urſpruͤnglichen vom Druͤcken der Speiſe im Magen, nicht mit in die Einbildung faſſet. §. 230. §. 232. Da die Urſache, warum die Seelenwirkungen der Ein- bildungen unvollſtaͤndiger und ſchwaͤcher als der aͤußern Empfindungen ſind, blos im Mangel des ſinnlichen aͤußern Eindrucks in die Nerven liegt, §. 228. 229. ſtarke Ein- bildungen aber unaͤchte aͤußere Empfindungen veranlaſſen koͤnnen, die den aͤußern ſinnlichen Eindruck in den Nerven nachahmen, §. 148. ſo koͤnnen Einbildungen mit unaͤch- ten aͤußern Empfindungen vergeſellſchaftet, ſo vollſtaͤndige und ſtarke Seelenwirkungen in den mechaniſchen Maſchi- nen hervorbringen, daß ſie von den Seelenwirkungen wah- rer aͤußerer Empfindungen ſchwerlich unterſchieden werden koͤnnen. §. 229. 150. So kann ein Verruͤckter, ein Traͤu- mender, oder jeder Menſch von ſehr ſtarker Einbildungs- kraft, wenn er ſich einbildet, eine heftige Purganz zu ver- ſchlingen, wirklich davon purgiren, ſo kann er ſich von ei- ner im Traume genommenen eckelhaften Speiſe erbrechen, u. ſ. w. §. 233. 1. Der bloße aͤußere ſinnliche Eindruck in die Nerven kann, in ſo fern er nicht empfunden wird, der Seele keine Einbildung geben. Alſo iſt auch ſeine Nervenwirkung, als ſolche, nie zugleich eine Seelenwirkung von einer Ein- bildung, ehe ſie nicht die Seelenwirkung ſeiner Empfin- dung geweſen iſt. §. 228. 184. N. 1. Hingegen kann die Seele eine ſolche Nervenwirkung ſelbſt empfinden, mithin ſich auch einbilden, §. 228. und dieſe Einbildungen koͤn- nen Seelenwirkungen in den mechaniſchen Maſchinen haben. 2. Weil O 3

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/237>, abgerufen am 27.04.2024.