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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Höhere Sinne. Auge.
Treue und Schönheit Henle (l. c. fig. 6. e.) abgebildet haben. Schon
ohne Injection findet man häufig in frischen Augen diese Gefässe
von Blut roth gefärbt. Ihren Durchmesser berechnete ich am
Ende des dritten Monates im Minimum zu 0,000532 P. Z., im
Medium. 0,000658 P. Z. und im Maximum 0,001202 P. Z. und
am Ende des vierten Monates im Minimum 0,000608 P. Z., im
Medium 0,001520 P. Z. und im Maximum 0,001723 P. Z. --
Man sieht hieraus, dass im Allgemeinen im Kapselpupillarsacke
die Gefässe von hinten nach vorn schwächer werden. Nur die
Pupillarmembran macht wegen des Hinzutrittes neuer Gefässe aus
der Iris hiervon eine Ausnahme an manchen Stellen. -- In der
zehnten Woche beobachtete ich hinter dem Gefässblatte eine kör-
nige, ziemlich dichte Membran, welche dem äusseren Ansehen
nach wenigstens, der oben beschriebenen, von der Capsulo-pu-
pillaris
nach aussen gelegenen vollkommen glich.

Linse und Kapsel scheinen in ihrer frühesten Bildung gegen-
seitig einander zu bedingen, da beide aus einer Flüssigkeit ent-
stehen und, je jünger der Embryo, desto inniger mit einander
verbunden sind. So sah ich in der achten Woche, wie in Hüh-
nerembryonen vom fünften bis sechsten Tage, die ganze Linse
noch aus den bald zu erwähnenden Körnchen bestehen, welche
nach aussen durch eine äusserst zarte und durchsichtige, von ih-
nen noch nicht streng geschiedene Membran begrenzt wurden.
Ob nun zu dieser Zeit schon Faserung in dem Centrum der Linse
vorhanden sey, oder nicht, wage ich nicht zu entscheiden. In
der zehnten Woche dagegen habe ich sie in der dichteren, schon
mit blossem Auge kenntlichen Centrallinsenkugel mit vollkomme-
ner Deutlichkeit beobachtet. Die umgebende, lockerere Masse
bestand aus einer grossen Anzahl regelmässiger, runder, zierlicher
Kugeln, wie ich sie in Ammons Zeitschr. II. Hft. 3. und 4. be-
schrieben und abgebildet habe. Die Faserung verbreitet sich
nun immer mehr gegen die Oberfläche hin, so dass schon im An-
fange des fünften Monates nur eine verhältnissmässig eben so
dünne Körnerschicht vorhanden ist, als bei dem Erwachsenen.
Die Grösse der Körner fand ich im vierten Monate 0,000253 P.
Z. bis 0,000405 P. Z. und im fünften 0,000506 P. Z. Die Fa-
sern der Linse selbst entstehen dadurch, dass die Körnchen sich
longitudinal richten, verflüssigen und verschmelzen und so sich
in Fasern umwandeln, an deren Wandungen man im Anfange

Höhere Sinne. Auge.
Treue und Schönheit Henle (l. c. fig. 6. e.) abgebildet haben. Schon
ohne Injection findet man häufig in frischen Augen diese Gefäſse
von Blut roth gefärbt. Ihren Durchmesser berechnete ich am
Ende des dritten Monates im Minimum zu 0,000532 P. Z., im
Medium. 0,000658 P. Z. und im Maximum 0,001202 P. Z. und
am Ende des vierten Monates im Minimum 0,000608 P. Z., im
Medium 0,001520 P. Z. und im Maximum 0,001723 P. Z. —
Man sieht hieraus, daſs im Allgemeinen im Kapselpupillarsacke
die Gefäſse von hinten nach vorn schwächer werden. Nur die
Pupillarmembran macht wegen des Hinzutrittes neuer Gefäſse aus
der Iris hiervon eine Ausnahme an manchen Stellen. — In der
zehnten Woche beobachtete ich hinter dem Gefäſsblatte eine kör-
nige, ziemlich dichte Membran, welche dem äuſseren Ansehen
nach wenigstens, der oben beschriebenen, von der Capsulo-pu-
pillaris
nach auſsen gelegenen vollkommen glich.

Linse und Kapsel scheinen in ihrer frühesten Bildung gegen-
seitig einander zu bedingen, da beide aus einer Flüssigkeit ent-
stehen und, je jünger der Embryo, desto inniger mit einander
verbunden sind. So sah ich in der achten Woche, wie in Hüh-
nerembryonen vom fünften bis sechsten Tage, die ganze Linse
noch aus den bald zu erwähnenden Körnchen bestehen, welche
nach auſsen durch eine äuſserst zarte und durchsichtige, von ih-
nen noch nicht streng geschiedene Membran begrenzt wurden.
Ob nun zu dieser Zeit schon Faserung in dem Centrum der Linse
vorhanden sey, oder nicht, wage ich nicht zu entscheiden. In
der zehnten Woche dagegen habe ich sie in der dichteren, schon
mit bloſsem Auge kenntlichen Centrallinsenkugel mit vollkomme-
ner Deutlichkeit beobachtet. Die umgebende, lockerere Masse
bestand aus einer groſsen Anzahl regelmäſsiger, runder, zierlicher
Kugeln, wie ich sie in Ammons Zeitschr. II. Hft. 3. und 4. be-
schrieben und abgebildet habe. Die Faserung verbreitet sich
nun immer mehr gegen die Oberfläche hin, so daſs schon im An-
fange des fünften Monates nur eine verhältniſsmäſsig eben so
dünne Körnerschicht vorhanden ist, als bei dem Erwachsenen.
Die Gröſse der Körner fand ich im vierten Monate 0,000253 P.
Z. bis 0,000405 P. Z. und im fünften 0,000506 P. Z. Die Fa-
sern der Linse selbst entstehen dadurch, daſs die Körnchen sich
longitudinal richten, verflüssigen und verschmelzen und so sich
in Fasern umwandeln, an deren Wandungen man im Anfange

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[203/0231] Höhere Sinne. Auge. Treue und Schönheit Henle (l. c. fig. 6. e.) abgebildet haben. Schon ohne Injection findet man häufig in frischen Augen diese Gefäſse von Blut roth gefärbt. Ihren Durchmesser berechnete ich am Ende des dritten Monates im Minimum zu 0,000532 P. Z., im Medium. 0,000658 P. Z. und im Maximum 0,001202 P. Z. und am Ende des vierten Monates im Minimum 0,000608 P. Z., im Medium 0,001520 P. Z. und im Maximum 0,001723 P. Z. — Man sieht hieraus, daſs im Allgemeinen im Kapselpupillarsacke die Gefäſse von hinten nach vorn schwächer werden. Nur die Pupillarmembran macht wegen des Hinzutrittes neuer Gefäſse aus der Iris hiervon eine Ausnahme an manchen Stellen. — In der zehnten Woche beobachtete ich hinter dem Gefäſsblatte eine kör- nige, ziemlich dichte Membran, welche dem äuſseren Ansehen nach wenigstens, der oben beschriebenen, von der Capsulo-pu- pillaris nach auſsen gelegenen vollkommen glich. Linse und Kapsel scheinen in ihrer frühesten Bildung gegen- seitig einander zu bedingen, da beide aus einer Flüssigkeit ent- stehen und, je jünger der Embryo, desto inniger mit einander verbunden sind. So sah ich in der achten Woche, wie in Hüh- nerembryonen vom fünften bis sechsten Tage, die ganze Linse noch aus den bald zu erwähnenden Körnchen bestehen, welche nach auſsen durch eine äuſserst zarte und durchsichtige, von ih- nen noch nicht streng geschiedene Membran begrenzt wurden. Ob nun zu dieser Zeit schon Faserung in dem Centrum der Linse vorhanden sey, oder nicht, wage ich nicht zu entscheiden. In der zehnten Woche dagegen habe ich sie in der dichteren, schon mit bloſsem Auge kenntlichen Centrallinsenkugel mit vollkomme- ner Deutlichkeit beobachtet. Die umgebende, lockerere Masse bestand aus einer groſsen Anzahl regelmäſsiger, runder, zierlicher Kugeln, wie ich sie in Ammons Zeitschr. II. Hft. 3. und 4. be- schrieben und abgebildet habe. Die Faserung verbreitet sich nun immer mehr gegen die Oberfläche hin, so daſs schon im An- fange des fünften Monates nur eine verhältniſsmäſsig eben so dünne Körnerschicht vorhanden ist, als bei dem Erwachsenen. Die Gröſse der Körner fand ich im vierten Monate 0,000253 P. Z. bis 0,000405 P. Z. und im fünften 0,000506 P. Z. Die Fa- sern der Linse selbst entstehen dadurch, daſs die Körnchen sich longitudinal richten, verflüssigen und verschmelzen und so sich in Fasern umwandeln, an deren Wandungen man im Anfange

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/231>, abgerufen am 26.04.2024.