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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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V. d. Fruchthälter ausgesch. Membranen u. Flüssigk.
fein durchlöcherte, zum Theil durchsichtige Haut, welche nach
Metzger aus den allerfeinsten Gefässen besteht. Nach Lobstein
(l. c. S. 4.) ist sie um so dicker, je jünger das Ei, und gleicht
dann geronnenem Blute, das mehrere Male gewaschen eine Ent-
zündungshaut von gelblicher Farbe darstellt. So erscheint sie zu
Anfange des zweiten Monates der Schwangerschaft. Späterhin zeigt
sich eine um einen Punkt versammelte Menge Flocken auf der
mütterlichen Seite, um den Mutterkuchen zu bilden. An den
übrigen Stellen finden sich nur kleine, von Gefässen herrührende
Unebenheiten. Mit blossem Auge betrachtet scheint die caduca
von vielen, schief durch ihre Substanz hindurchgehenden Löchern
durchbohrt zu seyn; unter Vergrösserung sieht man eine Menge
paralleler Erhöhungen, welche Vertiefungen verschiedener Grösse
zwischen sich lassen. Die mütterliche Seite ist viel höckeriger,
als die kindliche. Die Gefässe der hinfälligen Haut (S. 12.) lassen
sich sehr leicht in dem ganz frischen Zustande beobachten u. sind
Fortsetzungen der Gebärmuttergefässe. Nach Moreau (bei Brechet p.
33.)zeigt die hinfällige Haut, gegen das Licht gehalten, viele schief durch
ihre Substanz hindurchgehende Oeffnungen. Nach dem dritten Mo-
nate der Schwangerschaft wird sie dünner, nimmt im vierten und
fünften Monate ein zelliges, grauliches Ansehen an, wird im sech-
sten röthlich und hat sich im siebenten Monate in wahres Zell-
gewebe verwandelt. Meckel (Menschliche Anatomie IV. S. 699.)
vergleicht sie ihrem Wesen und ihrer gelblichen Farbe nach mit
dem geronnenen Faserstoff, Heusinger (Zeitschr. für die org. Phy-
sik. II. S. 515.) mit einem homogenen, weichen, leicht zerreissli-
chen Zellstoff, welcher maschenförmige Oeffnungen zwischen sich
lässt. Die Beschreibung von R. Wagner (Meck. Arch. 1830. S.
82.) stimmt mit der von Lobstein überein, so wie Burdach (l. c.
S. 73.) den Vergleich des Letzteren mit der ausgewaschenen
Speckhaut wiederholt. Güntz (l. c. p. 21.) hat die Gefässe der
decidua selbst injicirt und E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S.
486.) genau beschrieben. Breschet's Beschreibung (l. c. p. 99.)
stimmt mit dem, was Lobstein und Moreau hierüber gesagt haben,
überein. Nur bemerkt er noch, dass die schief durchgehenden
Oeffnungen sich in der decidua schon vor der Ankunft des Ei-
chens in den Uterus und bei Extrauterinalschwangerschaften fin-
den. Velpeau (Embyologie. p. 5.) vertheidigt die früher schon
ausgesprochene Ansicht (s. Heusingers Zeitschr. II. S. 70.), dass

V. d. Fruchthälter ausgesch. Membranen u. Flüssigk.
fein durchlöcherte, zum Theil durchsichtige Haut, welche nach
Metzger aus den allerfeinsten Gefäſsen besteht. Nach Lobstein
(l. c. S. 4.) ist sie um so dicker, je jünger das Ei, und gleicht
dann geronnenem Blute, das mehrere Male gewaschen eine Ent-
zündungshaut von gelblicher Farbe darstellt. So erscheint sie zu
Anfange des zweiten Monates der Schwangerschaft. Späterhin zeigt
sich eine um einen Punkt versammelte Menge Flocken auf der
mütterlichen Seite, um den Mutterkuchen zu bilden. An den
übrigen Stellen finden sich nur kleine, von Gefäſsen herrührende
Unebenheiten. Mit bloſsem Auge betrachtet scheint die caduca
von vielen, schief durch ihre Substanz hindurchgehenden Löchern
durchbohrt zu seyn; unter Vergröſserung sieht man eine Menge
paralleler Erhöhungen, welche Vertiefungen verschiedener Gröſse
zwischen sich lassen. Die mütterliche Seite ist viel höckeriger,
als die kindliche. Die Gefäſse der hinfälligen Haut (S. 12.) lassen
sich sehr leicht in dem ganz frischen Zustande beobachten u. sind
Fortsetzungen der Gebärmuttergefäſse. Nach Moreau (bei Brechet p.
33.)zeigt die hinfällige Haut, gegen das Licht gehalten, viele schief durch
ihre Substanz hindurchgehende Oeffnungen. Nach dem dritten Mo-
nate der Schwangerschaft wird sie dünner, nimmt im vierten und
fünften Monate ein zelliges, grauliches Ansehen an, wird im sech-
sten röthlich und hat sich im siebenten Monate in wahres Zell-
gewebe verwandelt. Meckel (Menschliche Anatomie IV. S. 699.)
vergleicht sie ihrem Wesen und ihrer gelblichen Farbe nach mit
dem geronnenen Faserstoff, Heusinger (Zeitschr. für die org. Phy-
sik. II. S. 515.) mit einem homogenen, weichen, leicht zerreiſsli-
chen Zellstoff, welcher maschenförmige Oeffnungen zwischen sich
läſst. Die Beschreibung von R. Wagner (Meck. Arch. 1830. S.
82.) stimmt mit der von Lobstein überein, so wie Burdach (l. c.
S. 73.) den Vergleich des Letzteren mit der ausgewaschenen
Speckhaut wiederholt. Güntz (l. c. p. 21.) hat die Gefäſse der
decidua selbst injicirt und E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S.
486.) genau beschrieben. Breschet’s Beschreibung (l. c. p. 99.)
stimmt mit dem, was Lobstein und Moreau hierüber gesagt haben,
überein. Nur bemerkt er noch, daſs die schief durchgehenden
Oeffnungen sich in der decidua schon vor der Ankunft des Ei-
chens in den Uterus und bei Extrauterinalschwangerschaften fin-
den. Velpeau (Embyologie. p. 5.) vertheidigt die früher schon
ausgesprochene Ansicht (s. Heusingers Zeitschr. II. S. 70.), daſs

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[61/0089] V. d. Fruchthälter ausgesch. Membranen u. Flüssigk. fein durchlöcherte, zum Theil durchsichtige Haut, welche nach Metzger aus den allerfeinsten Gefäſsen besteht. Nach Lobstein (l. c. S. 4.) ist sie um so dicker, je jünger das Ei, und gleicht dann geronnenem Blute, das mehrere Male gewaschen eine Ent- zündungshaut von gelblicher Farbe darstellt. So erscheint sie zu Anfange des zweiten Monates der Schwangerschaft. Späterhin zeigt sich eine um einen Punkt versammelte Menge Flocken auf der mütterlichen Seite, um den Mutterkuchen zu bilden. An den übrigen Stellen finden sich nur kleine, von Gefäſsen herrührende Unebenheiten. Mit bloſsem Auge betrachtet scheint die caduca von vielen, schief durch ihre Substanz hindurchgehenden Löchern durchbohrt zu seyn; unter Vergröſserung sieht man eine Menge paralleler Erhöhungen, welche Vertiefungen verschiedener Gröſse zwischen sich lassen. Die mütterliche Seite ist viel höckeriger, als die kindliche. Die Gefäſse der hinfälligen Haut (S. 12.) lassen sich sehr leicht in dem ganz frischen Zustande beobachten u. sind Fortsetzungen der Gebärmuttergefäſse. Nach Moreau (bei Brechet p. 33.)zeigt die hinfällige Haut, gegen das Licht gehalten, viele schief durch ihre Substanz hindurchgehende Oeffnungen. Nach dem dritten Mo- nate der Schwangerschaft wird sie dünner, nimmt im vierten und fünften Monate ein zelliges, grauliches Ansehen an, wird im sech- sten röthlich und hat sich im siebenten Monate in wahres Zell- gewebe verwandelt. Meckel (Menschliche Anatomie IV. S. 699.) vergleicht sie ihrem Wesen und ihrer gelblichen Farbe nach mit dem geronnenen Faserstoff, Heusinger (Zeitschr. für die org. Phy- sik. II. S. 515.) mit einem homogenen, weichen, leicht zerreiſsli- chen Zellstoff, welcher maschenförmige Oeffnungen zwischen sich läſst. Die Beschreibung von R. Wagner (Meck. Arch. 1830. S. 82.) stimmt mit der von Lobstein überein, so wie Burdach (l. c. S. 73.) den Vergleich des Letzteren mit der ausgewaschenen Speckhaut wiederholt. Güntz (l. c. p. 21.) hat die Gefäſse der decidua selbst injicirt und E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S. 486.) genau beschrieben. Breschet’s Beschreibung (l. c. p. 99.) stimmt mit dem, was Lobstein und Moreau hierüber gesagt haben, überein. Nur bemerkt er noch, daſs die schief durchgehenden Oeffnungen sich in der decidua schon vor der Ankunft des Ei- chens in den Uterus und bei Extrauterinalschwangerschaften fin- den. Velpeau (Embyologie. p. 5.) vertheidigt die früher schon ausgesprochene Ansicht (s. Heusingers Zeitschr. II. S. 70.), daſs

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/89>, abgerufen am 26.04.2024.