Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung oder Vorbericht/
Von
Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich darinn befin-
denden Simplicien ins gemein.

MErckwürdig und überaus nachdencklich ists/ wann mann im Buch der Schöpffung lieset/ daß / als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe / dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art absonderlich zulesen ist/ sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet/ indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte/ und sihe/ es war sehr gut. Es wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz/ daß sich der undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen/ daß er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat. Ich will jetzo nicht sagen/ daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren Text schon finden/ als welche die geringere Merallen/ so ihnen nicht gut genug sind/ in die edlere und köstlichere/ als Gold und Silber zuerhöhen/ und also Gottes Geschöpffe auch zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind/ auch die tägliche Erfahrung dezeuget/ daß ihre von lauter Gold

und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr gebe jetzo dieses zu überlegen/ ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden theilhafftig machen/ welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen/ doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen / sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece[unleserliches Material]t: oder durch Chymische Kunst daraus gezogene Quint Essentzen/ Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen / und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand/ daß sie purum ab impuro oder das Reine von dem Unreinen/ das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses mit der Heil. Schrifft/ welche bezeuget/ daß alles was GOtterschaffen hatte/ valde bonum und sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen/ gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man vielleicht sagen/ daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück bliebe/ welchen sie deswegen caput mortuum/ ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen / daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus gestocken/ sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde/ welches der gelahrte Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar[unleserliches Material]tier, das ist: den Tod in des Künstlers Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern Theilgen/ wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat/ so werden sie nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben/ als alle gekünstelte Salia, Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige/ was Gott zusammen gefüget und gleichsam vermählet hat/ aus menschlicher Aberwitz scheiden thut/ so macht man alsdann aus denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras damnatas &amp;amp;amp; inutilia terrae pondera. Glaube mir/ mein lieber Pyrophile daß dieses eine von den grösten Ursachen seye/ daß man heut zu tag so viel unheilbahre Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet/ gegen welche der höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel/ so aus der Erden wachsen/ gestiftet hat / wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff/ suchte/ und wie sie Gott geschaffen / unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch/ oder durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet/ hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der Erden geschaffen/ und ein Vernünfftiger nicht verachten solte/ fast gäntzlich hindan setzet: so ist nicht wunder/ daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig oder gar nichts zugenommen/ sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden/ daß sie damahlen viel grössere Thaten/ und Curen gethan/ als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden/ daß man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut/ als sie nur haben wollen/ angebotten/ die gröste Ehr erwiesen/ ja endlich/ auff heydnische Art und Weise/ gar vergöttert hat. Man

Einleitung oder Vorbericht/
Von
Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich darinn befin-
denden Simplicien ins gemein.

MErckwürdig und überaus nachdencklich ists/ wann mann im Buch der Schöpffung lieset/ daß / als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe / dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art absonderlich zulesen ist/ sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet/ indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte/ und sihe/ es war sehr gut. Es wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz/ daß sich der undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen/ daß er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat. Ich will jetzo nicht sagen/ daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren Text schon finden/ als welche die geringere Merallen/ so ihnen nicht gut genug sind/ in die edlere und köstlichere/ als Gold und Silber zuerhöhen/ und also Gottes Geschöpffe auch zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind/ auch die tägliche Erfahrung dezeuget/ daß ihre von lauter Gold

und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr gebe jetzo dieses zu überlegen/ ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden theilhafftig machen/ welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen/ doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen / sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece[unleserliches Material]t: oder durch Chymische Kunst daraus gezogene Quint Essentzen/ Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen / und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand/ daß sie purum ab impuro oder das Reine von dem Unreinen/ das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses mit der Heil. Schrifft/ welche bezeuget/ daß alles was GOtterschaffen hatte/ valdè bonum und sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen/ gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man vielleicht sagen/ daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück bliebe/ welchen sie deswegen caput mortuum/ ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen / daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus gestocken/ sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde/ welches der gelahrte Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar[unleserliches Material]tier, das ist: den Tod in des Künstlers Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern Theilgen/ wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat/ so werden sie nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben/ als alle gekünstelte Salia, Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige/ was Gott zusammen gefüget und gleichsam vermählet hat/ aus menschlicher Aberwitz scheiden thut/ so macht man alsdann aus denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras damnatas &amp;amp;amp; inutilia terrae pondera. Glaube mir/ mein lieber Pyrophile daß dieses eine von den grösten Ursachen seye/ daß man heut zu tag so viel unheilbahre Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet/ gegen welche der höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel/ so aus der Erden wachsen/ gestiftet hat / wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff/ suchte/ und wie sie Gott geschaffen / unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch/ oder durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet/ hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der Erden geschaffen/ und ein Vernünfftiger nicht verachten solte/ fast gäntzlich hindan setzet: so ist nicht wunder/ daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig oder gar nichts zugenommen/ sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden/ daß sie damahlen viel grössere Thaten/ und Curen gethan/ als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden/ daß man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut/ als sie nur haben wollen/ angebotten/ die gröste Ehr erwiesen/ ja endlich/ auff heydnische Art und Weise/ gar vergöttert hat. Man

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div>
        <pb facs="#f0025"/>
      </div>
      <div>
        <head>Einleitung oder Vorbericht/<lb/>
Von<lb/>
Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich       darinn befin-<lb/>
denden Simplicien ins gemein.</head>
        <p>MErckwürdig und überaus nachdencklich ists/ wann mann im Buch der Schöpffung lieset/ daß /       als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe /       dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art       absonderlich zulesen ist/ sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt       mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet/ indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels       Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte/ und sihe/ es war sehr gut. Es       wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz/ daß sich der       undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen/ daß       er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern       oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die       vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat.       Ich will jetzo nicht sagen/ daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren       Text schon finden/ als welche die geringere Merallen/ so ihnen nicht gut genug sind/ in die       edlere und köstlichere/ als Gold und Silber zuerhöhen/ und also Gottes Geschöpffe auch       zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu       Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind/ auch       die tägliche Erfahrung dezeuget/ daß ihre von lauter Gold</p>
        <p>und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr       gebe jetzo dieses zu überlegen/ ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden       theilhafftig machen/ welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so       genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen/ doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen      / sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece<gap reason="illegible"/>t: oder durch Chymische Kunst       daraus gezogene Quint Essentzen/ Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen /       und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand/ daß sie purum ab       impuro oder das Reine von dem Unreinen/ das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das       nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses       mit der Heil. Schrifft/ welche bezeuget/ daß alles was GOtterschaffen hatte/ valdè bonum und       sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen/ gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man       vielleicht sagen/ daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück       bliebe/ welchen sie deswegen caput mortuum/ ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen      / daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus       gestocken/ sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde/ welches der gelahrte       Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar<gap reason="illegible"/>tier, das ist: den Tod in des Künstlers       Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern       Theilgen/ wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat/ so werden sie       nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben/ als alle gekünstelte Salia,       Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige/ was Gott zusammen gefüget und       gleichsam vermählet hat/ aus menschlicher Aberwitz scheiden thut/ so macht man alsdann aus       denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras       damnatas &amp;amp;amp;amp; inutilia terrae pondera. Glaube mir/ mein lieber Pyrophile daß       dieses eine von den grösten Ursachen seye/ daß man heut zu tag so viel unheilbahre       Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet/ gegen welche der       höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel/ so aus der Erden wachsen/ gestiftet hat      / wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff/ suchte/ und wie sie Gott geschaffen      / unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch/ oder       durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet/ hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der       Erden geschaffen/ und ein Vernünfftiger nicht verachten solte/ fast gäntzlich hindan setzet:       so ist nicht wunder/ daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig       oder gar nichts zugenommen/ sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man       sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als       AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache       Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden/ daß sie damahlen viel grössere Thaten/ und       Curen gethan/ als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden/ daß       man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut/ als sie nur haben wollen/ angebotten/ die       gröste Ehr erwiesen/ ja endlich/ auff heydnische Art und Weise/ gar vergöttert hat. Man
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0025] Einleitung oder Vorbericht/ Von Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich darinn befin- denden Simplicien ins gemein. MErckwürdig und überaus nachdencklich ists/ wann mann im Buch der Schöpffung lieset/ daß / als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe / dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art absonderlich zulesen ist/ sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet/ indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte/ und sihe/ es war sehr gut. Es wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz/ daß sich der undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen/ daß er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat. Ich will jetzo nicht sagen/ daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren Text schon finden/ als welche die geringere Merallen/ so ihnen nicht gut genug sind/ in die edlere und köstlichere/ als Gold und Silber zuerhöhen/ und also Gottes Geschöpffe auch zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind/ auch die tägliche Erfahrung dezeuget/ daß ihre von lauter Gold und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr gebe jetzo dieses zu überlegen/ ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden theilhafftig machen/ welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen/ doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen / sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece_ t: oder durch Chymische Kunst daraus gezogene Quint Essentzen/ Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen / und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand/ daß sie purum ab impuro oder das Reine von dem Unreinen/ das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses mit der Heil. Schrifft/ welche bezeuget/ daß alles was GOtterschaffen hatte/ valdè bonum und sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen/ gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man vielleicht sagen/ daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück bliebe/ welchen sie deswegen caput mortuum/ ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen / daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus gestocken/ sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde/ welches der gelahrte Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar_ tier, das ist: den Tod in des Künstlers Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern Theilgen/ wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat/ so werden sie nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben/ als alle gekünstelte Salia, Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige/ was Gott zusammen gefüget und gleichsam vermählet hat/ aus menschlicher Aberwitz scheiden thut/ so macht man alsdann aus denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras damnatas &amp;amp;amp; inutilia terrae pondera. Glaube mir/ mein lieber Pyrophile daß dieses eine von den grösten Ursachen seye/ daß man heut zu tag so viel unheilbahre Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet/ gegen welche der höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel/ so aus der Erden wachsen/ gestiftet hat / wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff/ suchte/ und wie sie Gott geschaffen / unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch/ oder durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet/ hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der Erden geschaffen/ und ein Vernünfftiger nicht verachten solte/ fast gäntzlich hindan setzet: so ist nicht wunder/ daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig oder gar nichts zugenommen/ sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden/ daß sie damahlen viel grössere Thaten/ und Curen gethan/ als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden/ daß man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut/ als sie nur haben wollen/ angebotten/ die gröste Ehr erwiesen/ ja endlich/ auff heydnische Art und Weise/ gar vergöttert hat. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/25
Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/25>, abgerufen am 26.04.2024.