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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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Das XXVI. Capitel.

Von dem Bibergeil/ Biber-Lett und dessen Haaren.

[Abbildung]

§. I.

DAs so genandte Bibergeil oder

CASTOREUM

bestehet aus länglicht runden Eicheln oder Säcklein/ bey nahe eines Eyes groß/ äusserlich braun anzusehen/ inwendig mit einer Zimmetfarbichten Materie/ theils einer Fettigkeit angefüllet/ welche einen scharffen und etwas bittern Geschmack/ nebst einem starcken und sehr widrigen Geruch haben; kommt meistens aus Litthauen über Dantzig/ wiewohlen es auch in Teutschland Franckreich und andern Orten zu finden ist.

§. II.

Der Nahme dieses Mittels kommet von dem Thier/ worvon es herstammet/ welches Biber oder CASTOR genennet wird/ und ein recht wundersames Thier ist/ so von fornen einem vierfüßigen Thier/ von hinten aber einem Fische ähnlich ist/ und weilen es sich theils auff dem truckenen Laud/ theils in dem Wasser ernehret/ unter die Amphibia gezehlet wird. Der Gestalt nach stehet es vornher einem Dachs gleich/ hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier/ und forn un Mund viel lange Zähne/ so auswendig Pomerantzengelb/ inwendig weiß sind/ mit welchen es nicht allein die Bäume schaben/ sondern auch dieselbe gar ninbhauen kan/ auch wann es jemand damit beisset/ nicht nachlassen soll/ biß es die Beine krachen höret. Am Leib ist es ziemlich corpulent/ und ohngefehr wie ein halbjähriges Schwein/ mit kurtzen Füssen wie ein Dachs / davon die forderste Pfoten den Hunds-Füssen/ die hinderste aber den Gäns- oder Schwanen-Füssen gleich kommen: Und da es sonsten am gantzen Leib schöne dunckelbraune und sehr zarte Haare am Beltz hat/ ist der Schwantz nur eine auffgeblasene Haut/ gleichsam in Schuppen unterschieden / und auswendig Aschenfarbigt anzusehen/ welchen es immer im Wasser halten soll/ indem es seine Höhle gar künstlicher weiß/ mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen/ und daraus den Fischen und Krebsen/ wormit es sich im Wasser nehret/ nachstellen soll/ wie Johann Marius, ein Augspurger Medicus, in seiner Castrologia weitlaufftig darvon handelt/ welche D. Johann Francus nach seinem Tod in Druck gegeben hat.

§. III.

Nun fragt sichs/ wo das so gerühmte Castoreum an diesem Thier wachse und zu finden sey? Unsere alte Vorfahren gaben einhellig vor/ es wäre dasselbige nichts anderst/ als die Geilen oder Hödlein des Bibers/ weswegen es auch Bibergeil genennet worden: Ja viele setzen hierzu / daß weilen das Thier wüste/ daß es deswegen von den Jägern auffgesuchet würde/ sich in der Flucht dieselbe selbsten abbisse/ und von sich werffe/ damit die Jäger von ihm ablassen möchten. Allein heut zu Tag wird diese Meinung von allen Gelehrten vor ein blosses Mährlein und Gedicht gehalten/ ohnerachtet Schroederus selbsten in seiner Pharmacop. Med. Chym. lib. 5. p. 14. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 172. denselben noch beygepflichtet haben; dann zugeschweigen/ daß die Biber sich immer umb das Wasser halten/ und wann sie verfolget werden/ sich leicht ins Wasser werffen könten/ so

Das XXVI. Capitel.

Von dem Bibergeil/ Biber-Lett und dessen Haaren.

[Abbildung]

§. I.

DAs so genandte Bibergeil oder

CASTOREUM

bestehet aus länglicht runden Eicheln oder Säcklein/ bey nahe eines Eyes groß/ äusserlich braun anzusehen/ inwendig mit einer Zimmetfarbichten Materie/ theils einer Fettigkeit angefüllet/ welche einen scharffen und etwas bittern Geschmack/ nebst einem starcken und sehr widrigen Geruch haben; kommt meistens aus Litthauen über Dantzig/ wiewohlen es auch in Teutschland Franckreich und andern Orten zu finden ist.

§. II.

Der Nahme dieses Mittels kommet von dem Thier/ worvon es herstammet/ welches Biber oder CASTOR genennet wird/ und ein recht wundersames Thier ist/ so von fornen einem vierfüßigen Thier/ von hinten aber einem Fische ähnlich ist/ und weilen es sich theils auff dem truckenen Laud/ theils in dem Wasser ernehret/ unter die Amphibia gezehlet wird. Der Gestalt nach stehet es vornher einem Dachs gleich/ hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier/ und forn un Mund viel lange Zähne/ so auswendig Pomerantzengelb/ inwendig weiß sind/ mit welchen es nicht allein die Bäume schaben/ sondern auch dieselbe gar ninbhauen kan/ auch wann es jemand damit beisset/ nicht nachlassen soll/ biß es die Beine krachen höret. Am Leib ist es ziemlich corpulent/ und ohngefehr wie ein halbjähriges Schwein/ mit kurtzen Füssen wie ein Dachs / davon die forderste Pfoten den Hunds-Füssen/ die hinderste aber den Gäns- oder Schwanen-Füssen gleich kommen: Und da es sonsten am gantzen Leib schöne dunckelbraune und sehr zarte Haare am Beltz hat/ ist der Schwantz nur eine auffgeblasene Haut/ gleichsam in Schuppen unterschieden / und auswendig Aschenfarbigt anzusehen/ welchen es immer im Wasser halten soll/ indem es seine Höhle gar künstlicher weiß/ mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen/ und daraus den Fischen und Krebsen/ wormit es sich im Wasser nehret/ nachstellen soll/ wie Johann Marius, ein Augspurger Medicus, in seiner Castrologia weitlaufftig darvon handelt/ welche D. Johann Francus nach seinem Tod in Druck gegeben hat.

§. III.

Nun fragt sichs/ wo das so gerühmte Castoreum an diesem Thier wachse und zu finden sey? Unsere alte Vorfahren gaben einhellig vor/ es wäre dasselbige nichts anderst/ als die Geilen oder Hödlein des Bibers/ weswegen es auch Bibergeil genennet worden: Ja viele setzen hierzu / daß weilen das Thier wüste/ daß es deswegen von den Jägern auffgesuchet würde/ sich in der Flucht dieselbe selbsten abbisse/ und von sich werffe/ damit die Jäger von ihm ablassen möchten. Allein heut zu Tag wird diese Meinung von allen Gelehrten vor ein blosses Mährlein und Gedicht gehalten/ ohnerachtet Schroederus selbsten in seiner Pharmacop. Med. Chym. lib. 5. p. 14. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 172. denselben noch beygepflichtet haben; dann zugeschweigen/ daß die Biber sich immer umb das Wasser halten/ und wañ sie verfolget werden/ sich leicht ins Wasser werffen könten/ so

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[473/0520] Das XXVI. Capitel. Von dem Bibergeil/ Biber-Lett und dessen Haaren. [Abbildung] §. I. DAs so genandte Bibergeil oder CASTOREUM bestehet aus länglicht runden Eicheln oder Säcklein/ bey nahe eines Eyes groß/ äusserlich braun anzusehen/ inwendig mit einer Zimmetfarbichten Materie/ theils einer Fettigkeit angefüllet/ welche einen scharffen und etwas bittern Geschmack/ nebst einem starcken und sehr widrigen Geruch haben; kommt meistens aus Litthauen über Dantzig/ wiewohlen es auch in Teutschland Franckreich und andern Orten zu finden ist. §. II. Der Nahme dieses Mittels kommet von dem Thier/ worvon es herstammet/ welches Biber oder CASTOR genennet wird/ und ein recht wundersames Thier ist/ so von fornen einem vierfüßigen Thier/ von hinten aber einem Fische ähnlich ist/ und weilen es sich theils auff dem truckenen Laud/ theils in dem Wasser ernehret/ unter die Amphibia gezehlet wird. Der Gestalt nach stehet es vornher einem Dachs gleich/ hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier/ und forn un Mund viel lange Zähne/ so auswendig Pomerantzengelb/ inwendig weiß sind/ mit welchen es nicht allein die Bäume schaben/ sondern auch dieselbe gar ninbhauen kan/ auch wann es jemand damit beisset/ nicht nachlassen soll/ biß es die Beine krachen höret. Am Leib ist es ziemlich corpulent/ und ohngefehr wie ein halbjähriges Schwein/ mit kurtzen Füssen wie ein Dachs / davon die forderste Pfoten den Hunds-Füssen/ die hinderste aber den Gäns- oder Schwanen-Füssen gleich kommen: Und da es sonsten am gantzen Leib schöne dunckelbraune und sehr zarte Haare am Beltz hat/ ist der Schwantz nur eine auffgeblasene Haut/ gleichsam in Schuppen unterschieden / und auswendig Aschenfarbigt anzusehen/ welchen es immer im Wasser halten soll/ indem es seine Höhle gar künstlicher weiß/ mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen/ und daraus den Fischen und Krebsen/ wormit es sich im Wasser nehret/ nachstellen soll/ wie Johann Marius, ein Augspurger Medicus, in seiner Castrologia weitlaufftig darvon handelt/ welche D. Johann Francus nach seinem Tod in Druck gegeben hat. §. III. Nun fragt sichs/ wo das so gerühmte Castoreum an diesem Thier wachse und zu finden sey? Unsere alte Vorfahren gaben einhellig vor/ es wäre dasselbige nichts anderst/ als die Geilen oder Hödlein des Bibers/ weswegen es auch Bibergeil genennet worden: Ja viele setzen hierzu / daß weilen das Thier wüste/ daß es deswegen von den Jägern auffgesuchet würde/ sich in der Flucht dieselbe selbsten abbisse/ und von sich werffe/ damit die Jäger von ihm ablassen möchten. Allein heut zu Tag wird diese Meinung von allen Gelehrten vor ein blosses Mährlein und Gedicht gehalten/ ohnerachtet Schroederus selbsten in seiner Pharmacop. Med. Chym. lib. 5. p. 14. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 172. denselben noch beygepflichtet haben; dann zugeschweigen/ daß die Biber sich immer umb das Wasser halten/ und wañ sie verfolget werden/ sich leicht ins Wasser werffen könten/ so

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/520>, abgerufen am 27.04.2024.