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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. 1.

DIe Coccionellen/ wie sie bey den Materialisten zu finden/ sind kleine/ platte/ zum Theil vier-zum Theil drey-eckichte Körner/ außwendig Silberfarb und rauhicht/ wie Chagine, inwendig aber roth/ wie Ochsen-Blut anzusehen: werden sonsten auch Cochinillie und Französisch Cochenille, von den Teutschen aber Kutzenellen genennet/ und pflegen auß West-Indien über Cadix nach Marseille/ Holl- und Engeland/ auch von dorten in andere Länder gebracht/ und in hohem Preiß verhandelt zu werden.

§. 2.

Sie finden sich/ wie fast alle Indianische Scribenten und Materialisten/ so davon gedencken / berichten/ auf denen Indianischen Feigen/ einem in Teutschland wohl bekandten Gewächs / welches wohl eines guten Fingers dicke und stachelichte Blätter/ gelbe und runde Blumen/ auch erstlich grüne und endlich rothe Feigen träget/ von welchen die Mexicaner und Einwohner in Peru diese Cochinillen sorgfältig und mit grossem Fleiß gesamblet/ und von den Spaniern mit der Silber-Flothe in Europam gebracht werden.

§. 3.

Ob nun die Kutzenellen vor einen Saamen dieses Gewächses/ oder sonsten etwas zu halten seyen? davon sind biß auf den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Einige halten es vor den Saamen/ dahero auch die meiste Apothecker die Cochinellen unter die andern Saamen stecken und in ihren Catalogis als ein Sem. Coccionellae setzen; und ob zwar solches biß daher von andern gelehrten Medicis vor einen Irrthum gehalten worden/ so unterstehet sich doch Pomet, ein Französischer Materialist, in seiner nen außgegebenen Histoire des Drogues lib. I. cap. 25. p. 30. solchen zu vertheidigen/ theils/ weilen Coccionella von Cocco herkame und bey den Spaniern ein kleines Korn heisse/ wie in seinem Anhang pag. 13. zu sehen; theils/ weilen nicht allein Wilhelmus Pi so in seiner Historie der Brasilianischen Gewächsen eine Art Indianischer Feigen/ deren Gewächs Jamacaru genennet/ und von Mons. Pomet abgebildet wird / weitläufftig beschreibet/ an welchen die Coccionellen wachsen sollen; sondern auch ihn ein bekandter Franzoß/ Rousseau mit Nahmen/ welcher sich lang in West-Indien aufgehalten / versichert/ daß die Cochionillen nichts anders als der Saamen und Körner von den Indianischen Feigen seyen/ dessen Brieffe an jetzt berührtem Orth zu finden ist. Weilen aber doch eben dieser Materialist auch einen andern sehr weitläufftigen Bericht/ von einem Geistlichen/ so eben so wohl sich in Neu-Spanien lang aufgehalten hat/ überkommen/ worinnen die Coccionella vor ein gewisses Thierlein so an diesem Gewächs zu finden/ gehalten wird/ wie l. c. mit mehrerm zu sehen ist/ so scheinet er doch noch gantz zweiffelhafftig in seiner Meynung zu seyn / indem er auch alle/ so eine gewissere Nachricht hätten/ in seinem Appendice p. 13. umb fernern Unterricht ersuchet/ daß er doch endlich gewissen Grund hätte/ was eigentlich diese so kostbare Waare sey?

§. 4.

Andere und zwar die meiste/ so wohl von den Medicinischen als Indianischen Scribenten halten die Coccionell vor ein gewisses Thierlein/ wie Erasmus Francisci diese Meynung auß allen also zusammen gezogen: Dieses sind Würmer/ so an den Blättern eines Baums (ein Geschlecht der Feigenbäume) kleben/ und mit einem dünnen Häutlein bedecket seyn. Solche wissen die Indianer gar behende anzunehmen/ werden hernach getrucknet und naher Spanien geführet/ allda sie in hohem Preiß verkaufft werden u. s. w. welches mir desto glaubhaffter und wahrscheinlicher vorkommet/ weilen nicht allein der berümbte Hemandez, welcher alle Kräuter und andere natürliche Dinge/ so in Neu-Hispanien wachsen/ vorstellet/ in einem besondern kostbare und sehr rarren Buch/ so in Rom mit vielen Figuren getrucket worden/ lib. 3. c. 45. p. 75. zeuget / daß die Cochinilla nichts anders sey/ als die in den Indianischen Feigen gefundene runde Würmlein/ welche äusserlich weiß/ inwendig aber roth seyn und entweder selbsten darinn/ wie bey uns dergleichen in den Galläpffeln Rüste bäume sc. wachsen oder von den Einwohnern mit Fleiß darauf gesetzet und ernehret würden: Sondern auch die Welt-berümbte und die Natur täglich mehr untersuchende Königliche Societät in Engeland dieser Meynung auch in so weit beygepflichtet/ daß die Coccinillen mehr vor Thierlein/ als einen Saamen zu halten seyn/ wie Sam. Dale inseiner Pharmacologie p. 491. zeiget; und eben diese Meynung bestättiget auch die berümbte Königliche Societät der Wissenschafften zu Pariß/ welche auch erfahren/ daß die Kutzenellen von dem Indianischen Feigen-Baum (Opuntia) herrühret/ welche in Guatemala Früchte trägt/ so/ wann sie zeitig sind und aufgerissen werden/ eine grosse Menge solcher Thierlein außschütten/ welche die Einwohner auf leinen Tüchern auftrucknen/ wie auß des Hn. Du Hamel Hist. Reg. Scient. Acad. Solches in Act. Erud. Lips. A. 1703. Mens. Maj. pag. 219. beschrieben wird.

§. 5.

Was aber dieses vor eine Art der Thierlein sey/ davon sind abermahlen unterschiedliche Meynungen. Marxius ein Materialist von Nürnberg schreibet in seiner Material-Kammer/ daß Coccionellen-Mücken oder Fliegen seyen/ welche in Spanien in einem außgespanntem und mit Honig bestriechenem Tuch/ woran sie kleben bleiben/ gefangen würden. Andere

§. 1.

DIe Coccionellen/ wie sie bey den Materialisten zu finden/ sind kleine/ platte/ zum Theil vier-zum Theil drey-eckichte Körner/ außwendig Silberfarb und rauhicht/ wie Chagine, inwendig aber roth/ wie Ochsen-Blut anzusehen: werden sonsten auch Cochinillie und Französisch Cochenille, von den Teutschen aber Kutzenellen genennet/ und pflegen auß West-Indien über Cadix nach Marseille/ Holl- und Engeland/ auch von dorten in andere Länder gebracht/ und in hohem Preiß verhandelt zu werden.

§. 2.

Sie finden sich/ wie fast alle Indianische Scribenten und Materialisten/ so davon gedencken / berichten/ auf denen Indianischen Feigen/ einem in Teutschland wohl bekandten Gewächs / welches wohl eines guten Fingers dicke und stachelichte Blätter/ gelbe und runde Blumen/ auch erstlich grüne und endlich rothe Feigen träget/ von welchen die Mexicaner und Einwohner in Peru diese Cochinillen sorgfältig und mit grossem Fleiß gesamblet/ und von den Spaniern mit der Silber-Flothe in Europam gebracht werden.

§. 3.

Ob nun die Kutzenellen vor einen Saamen dieses Gewächses/ oder sonsten etwas zu halten seyen? davon sind biß auf den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Einige halten es vor den Saamen/ dahero auch die meiste Apothecker die Cochinellen unter die andern Saamen stecken und in ihren Catalogis als ein Sem. Coccionellae setzen; und ob zwar solches biß daher von andern gelehrten Medicis vor einen Irrthum gehalten worden/ so unterstehet sich doch Pomet, ein Französischer Materialist, in seiner nen außgegebenen Histoire des Drogues lib. I. cap. 25. p. 30. solchen zu vertheidigen/ theils/ weilen Coccionella von Cocco herkame und bey den Spaniern ein kleines Korn heisse/ wie in seinem Anhang pag. 13. zu sehen; theils/ weilen nicht allein Wilhelmus Pi so in seiner Historie der Brasilianischen Gewächsen eine Art Indianischer Feigen/ deren Gewächs Jamacaru genennet/ und von Mons. Pomet abgebildet wird / weitläufftig beschreibet/ an welchen die Coccionellen wachsen sollen; sondern auch ihn ein bekandter Franzoß/ Rousseau mit Nahmen/ welcher sich lang in West-Indien aufgehalten / versichert/ daß die Cochionillen nichts anders als der Saamen und Körner von den Indianischen Feigen seyen/ dessen Brieffe an jetzt berührtem Orth zu finden ist. Weilen aber doch eben dieser Materialist auch einen andern sehr weitläufftigen Bericht/ von einem Geistlichen/ so eben so wohl sich in Neu-Spanien lang aufgehalten hat/ überkommen/ worinnen die Coccionella vor ein gewisses Thierlein so an diesem Gewächs zu finden/ gehalten wird/ wie l. c. mit mehrerm zu sehen ist/ so scheinet er doch noch gantz zweiffelhafftig in seiner Meynung zu seyn / indem er auch alle/ so eine gewissere Nachricht hätten/ in seinem Appendice p. 13. umb fernern Unterricht ersuchet/ daß er doch endlich gewissen Grund hätte/ was eigentlich diese so kostbare Waare sey?

§. 4.

Andere und zwar die meiste/ so wohl von den Medicinischen als Indianischen Scribenten halten die Coccionell vor ein gewisses Thierlein/ wie Erasmus Francisci diese Meynung auß allen also zusammen gezogen: Dieses sind Würmer/ so an den Blättern eines Baums (ein Geschlecht der Feigenbäume) kleben/ und mit einem dünnen Häutlein bedecket seyn. Solche wissen die Indianer gar behende anzunehmen/ werden hernach getrucknet und naher Spanien geführet/ allda sie in hohem Preiß verkaufft werden u. s. w. welches mir desto glaubhaffter und wahrscheinlicher vorkommet/ weilen nicht allein der berümbte Hemandez, welcher alle Kräuter und andere natürliche Dinge/ so in Neu-Hispanien wachsen/ vorstellet/ in einem besondern kostbarë und sehr rarren Buch/ so in Rom mit vielen Figuren getrucket worden/ lib. 3. c. 45. p. 75. zeuget / daß die Cochinilla nichts anders sey/ als die in den Indianischen Feigen gefundene runde Würmlein/ welche äusserlich weiß/ inwendig aber roth seyn und entweder selbsten darinn/ wie bey uns dergleichen in den Galläpffeln Rüste bäumë sc. wachsen oder von den Einwohnern mit Fleiß darauf gesetzet und ernehret würden: Sondern auch die Welt-berümbte und die Natur täglich mehr untersuchende Königliche Societät in Engeland dieser Meynung auch in so weit beygepflichtet/ daß die Coccinillen mehr vor Thierlein/ als einen Saamen zu halten seyn/ wie Sam. Dale inseiner Pharmacologie p. 491. zeiget; und eben diese Meynung bestättiget auch die berümbte Königliche Societät der Wissenschafften zu Pariß/ welche auch erfahren/ daß die Kutzenellen von dem Indianischen Feigen-Baum (Opuntia) herrühret/ welche in Guatemala Früchte trägt/ so/ wann sie zeitig sind und aufgerissen werden/ eine grosse Menge solcher Thierlein außschütten/ welche die Einwohner auf leinen Tüchern auftrucknen/ wie auß des Hn. Du Hamel Hist. Reg. Sciént. Acad. Solches in Act. Erud. Lips. A. 1703. Mens. Maj. pag. 219. beschrieben wird.

§. 5.

Was aber dieses vor eine Art der Thierlein sey/ davon sind abermahlen unterschiedliche Meynungen. Marxius ein Materialist von Nürnberg schreibet in seiner Material-Kammer/ daß Coccionellen-Mücken oder Fliegen seyen/ welche in Spanien in einem außgespanntem und mit Honig bestriechenem Tuch/ woran sie kleben bleiben/ gefangen würden. Andere

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[517/0569] §. 1. DIe Coccionellen/ wie sie bey den Materialisten zu finden/ sind kleine/ platte/ zum Theil vier-zum Theil drey-eckichte Körner/ außwendig Silberfarb und rauhicht/ wie Chagine, inwendig aber roth/ wie Ochsen-Blut anzusehen: werden sonsten auch Cochinillie und Französisch Cochenille, von den Teutschen aber Kutzenellen genennet/ und pflegen auß West-Indien über Cadix nach Marseille/ Holl- und Engeland/ auch von dorten in andere Länder gebracht/ und in hohem Preiß verhandelt zu werden. §. 2. Sie finden sich/ wie fast alle Indianische Scribenten und Materialisten/ so davon gedencken / berichten/ auf denen Indianischen Feigen/ einem in Teutschland wohl bekandten Gewächs / welches wohl eines guten Fingers dicke und stachelichte Blätter/ gelbe und runde Blumen/ auch erstlich grüne und endlich rothe Feigen träget/ von welchen die Mexicaner und Einwohner in Peru diese Cochinillen sorgfältig und mit grossem Fleiß gesamblet/ und von den Spaniern mit der Silber-Flothe in Europam gebracht werden. §. 3. Ob nun die Kutzenellen vor einen Saamen dieses Gewächses/ oder sonsten etwas zu halten seyen? davon sind biß auf den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Einige halten es vor den Saamen/ dahero auch die meiste Apothecker die Cochinellen unter die andern Saamen stecken und in ihren Catalogis als ein Sem. Coccionellae setzen; und ob zwar solches biß daher von andern gelehrten Medicis vor einen Irrthum gehalten worden/ so unterstehet sich doch Pomet, ein Französischer Materialist, in seiner nen außgegebenen Histoire des Drogues lib. I. cap. 25. p. 30. solchen zu vertheidigen/ theils/ weilen Coccionella von Cocco herkame und bey den Spaniern ein kleines Korn heisse/ wie in seinem Anhang pag. 13. zu sehen; theils/ weilen nicht allein Wilhelmus Pi so in seiner Historie der Brasilianischen Gewächsen eine Art Indianischer Feigen/ deren Gewächs Jamacaru genennet/ und von Mons. Pomet abgebildet wird / weitläufftig beschreibet/ an welchen die Coccionellen wachsen sollen; sondern auch ihn ein bekandter Franzoß/ Rousseau mit Nahmen/ welcher sich lang in West-Indien aufgehalten / versichert/ daß die Cochionillen nichts anders als der Saamen und Körner von den Indianischen Feigen seyen/ dessen Brieffe an jetzt berührtem Orth zu finden ist. Weilen aber doch eben dieser Materialist auch einen andern sehr weitläufftigen Bericht/ von einem Geistlichen/ so eben so wohl sich in Neu-Spanien lang aufgehalten hat/ überkommen/ worinnen die Coccionella vor ein gewisses Thierlein so an diesem Gewächs zu finden/ gehalten wird/ wie l. c. mit mehrerm zu sehen ist/ so scheinet er doch noch gantz zweiffelhafftig in seiner Meynung zu seyn / indem er auch alle/ so eine gewissere Nachricht hätten/ in seinem Appendice p. 13. umb fernern Unterricht ersuchet/ daß er doch endlich gewissen Grund hätte/ was eigentlich diese so kostbare Waare sey? §. 4. Andere und zwar die meiste/ so wohl von den Medicinischen als Indianischen Scribenten halten die Coccionell vor ein gewisses Thierlein/ wie Erasmus Francisci diese Meynung auß allen also zusammen gezogen: Dieses sind Würmer/ so an den Blättern eines Baums (ein Geschlecht der Feigenbäume) kleben/ und mit einem dünnen Häutlein bedecket seyn. Solche wissen die Indianer gar behende anzunehmen/ werden hernach getrucknet und naher Spanien geführet/ allda sie in hohem Preiß verkaufft werden u. s. w. welches mir desto glaubhaffter und wahrscheinlicher vorkommet/ weilen nicht allein der berümbte Hemandez, welcher alle Kräuter und andere natürliche Dinge/ so in Neu-Hispanien wachsen/ vorstellet/ in einem besondern kostbarë und sehr rarren Buch/ so in Rom mit vielen Figuren getrucket worden/ lib. 3. c. 45. p. 75. zeuget / daß die Cochinilla nichts anders sey/ als die in den Indianischen Feigen gefundene runde Würmlein/ welche äusserlich weiß/ inwendig aber roth seyn und entweder selbsten darinn/ wie bey uns dergleichen in den Galläpffeln Rüste bäumë sc. wachsen oder von den Einwohnern mit Fleiß darauf gesetzet und ernehret würden: Sondern auch die Welt-berümbte und die Natur täglich mehr untersuchende Königliche Societät in Engeland dieser Meynung auch in so weit beygepflichtet/ daß die Coccinillen mehr vor Thierlein/ als einen Saamen zu halten seyn/ wie Sam. Dale inseiner Pharmacologie p. 491. zeiget; und eben diese Meynung bestättiget auch die berümbte Königliche Societät der Wissenschafften zu Pariß/ welche auch erfahren/ daß die Kutzenellen von dem Indianischen Feigen-Baum (Opuntia) herrühret/ welche in Guatemala Früchte trägt/ so/ wann sie zeitig sind und aufgerissen werden/ eine grosse Menge solcher Thierlein außschütten/ welche die Einwohner auf leinen Tüchern auftrucknen/ wie auß des Hn. Du Hamel Hist. Reg. Sciént. Acad. Solches in Act. Erud. Lips. A. 1703. Mens. Maj. pag. 219. beschrieben wird. §. 5. Was aber dieses vor eine Art der Thierlein sey/ davon sind abermahlen unterschiedliche Meynungen. Marxius ein Materialist von Nürnberg schreibet in seiner Material-Kammer/ daß Coccionellen-Mücken oder Fliegen seyen/ welche in Spanien in einem außgespanntem und mit Honig bestriechenem Tuch/ woran sie kleben bleiben/ gefangen würden. Andere

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/569>, abgerufen am 26.04.2024.