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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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der Phäaken bei König Alcinous landeten, und dass Jason dort erst sein Beilager mit Medea hielt.


Argus (Gr. M.) 1) A., von welchem Mercur den Beinamen Argiphontes (s. d.) hat, war über den ganzen Leib mit Augen bedeckt (daher Panoptes, der Allsehende, genannt), von denen nur immer die Hälfte schlief; man konnte daher keinen bessern Hüter wählen, um so mehr, als er zugleich sehr stark war, wovon er durch Besiegung eines Satyrs, eines ungeheuern Stiers und der berüchtigten Echidna Beweise gegeben hatte. - Ihm ward die Bewachung der in eine Kuh verwandelten Io (s. d.) anvertraut; A. band sie an einen Oelbaum, sich selbst unfern desselben auf eine Anhöhe setzend, von welcher er die Gefilde rings umher wohl überschauen konnte. Jupiter trug dem Mercur auf, die Geliebte zu befreien, was bei des A. angeführten Eigenschaften keine leichte Aufgabe schien; dem Listigsten der Götter aber gelang es, dieselbe zu lösen. Als Hirt, mit der Panflöte und einem Schwert unter dem Mantel, ging er zu A., erzählte ihm viel, spielte auf seiner Flöte, und entlockte derselben zuletzt so liebliche, zarte Töne, dass der Hundertäugige entschlummerte. Da liess Mercur den Mantel fallen und hieb ihm mit seinem Schwerte den Kopf ab. Juno setzte des erschlagenen Hüters Augen in den Schweif ihres Lieblingsvogels, des Pfauen. Die Aeltern des A. sind durchaus zweifelhaft; Arestor, Argus, Agenor, Inachus, werden als Väter, Ismene als Mutter genannt. - 2) A., Sohn entweder des Alector, oder des Polybus von Argea, der Erbauer des berühmten fünfzigrudrigen Schiffes für Jason und seine Genossen. - 3) A., Sohn des Jupiter und der Niobe, der Tochter des Phoroneus, folgte dem Phoroneus in der Herrschaft über den Peloponnes, den er nach seinem Namen Argos nannte. - 4) A., einer der Söhne des Phrixus, welche auf der Insel Aretias als Schiffbrüchige mit den Argonauten zusammentrafen.


Arguta exta (Röm. Glaube), redende Eingeweide, in denen ein Augur Anzeichen zu einer Weissagung fand, im Gegensatz zu denen, welche kein Anzeichen gaben, und welche man muta, stumme, nannte.


Argyphia oder Argyphe (Gr. M.), Gattin des durch seine fünfzig Söhne und deren unglückliches Schicksal bekannten Aegyptus.


Argyra (Gr. M.), eine achäische Quellnymphe, welche den Selemnus, einen schönen Hirtenknaben, auf einem ihrem Walde benachbarten Hügel bei seinen Rinderheerden entschlafen fand, und sich von seiner Schönheit so hingerissen fühlte, dass sie ihm ihre Gunst schenkte. Als aber nach mehrjähriger Dauer eines höchst glücklichen Verhältnisses die ewig jung und ewig reizend bleibende Nymphe bemerkte, dass ihr Geliebter altere, verliess sie denselben, und er verging vor Gram. Venus verwandelte ihn in einen Fluss; aber auch als solcher liebte er fort, bis ihn Venus endlich mit Vergessenheit beglückte. Daher die Sage, wer im Selemnus bade, vergesse seine Liebesschmerzen.


Argyrotoxos (Gr. M.), Beiname des Apollo, "der Führer des silbernen Bogens".


Ariadne, Fig. 35 (Gr. M.), Tochter des Minos und der Pasiphae (s. dd.). Des Königs Sohn war in Athen erschlagen worden. Minos zwang den Beherrscher zu dem bekannten schimpflichen Tribut, den er ihm durch Uebersendung von sieben Jungfrauen und sieben Jünglingen für den furchtbaren Minotaurus entrichten musste. Bei der zweiten Sendung befand sich Theseus (s. d.) unter den Jünglingen. A. sah ihn und ward durch des Liebesgottes Pfeil getroffen; sie beschloss, ihn dem Tode, der seiner harrte, zu entreissen. Theseus, welcher freiwillig mit dem Tribut bringenden Schiffe nach Creta gegangen war, beabsichtigte, den Minotaurus zu tödten, und so sein Vaterland von der schmählichen Abgabe zu befreien, ergriff daher die sich darbietende Gelegenheit zur Flucht nicht, wohl aber das einzige Mittel, um sich aus den verschlungenen Gängen des Labyrinths heraus zu finden, einen Fadenknäuel, den ihm A. gab, und den er am Eingange in das Labyrinth befestigen und abwickeln, beim Zurückkehren aber wieder aufwinden sollte. - Theseus fand den Minotaurus, erlegte ihn, kehrte durch der A. Hülfe zurück und entfloh mit ihr; allein falsche Scham hielt ihn ab, das reizende Mädchen, das sich ihm hingegeben, nach Hause zu bringen, da es eine Schande war, ein fremdes Weib als Ehefrau nach Athen zu bringen; er verliess daher in der Nacht die schöne A. und gab sie auf dem


Fig. 35.
wüsten Felsen von Naxos allen Schrecknissen der Verlassenheit Preis, und verzweiflungsvoll machte sie ihrem Leben ein Ende. Indessen weichen die Sagen hier sehr von einander ab: nach dem Einen soll Diana die A. mit plötzlichem Tode hinweggerafft, nach Andern Bacchus die Verlassene gefunden, entzückt von ihrer Schönheit sich mit ihr verbunden, sie zu seiner Gemahlin gemacht haben, und so stellen auch viele Gemälde, geschnittene Steine, Reliefs von der ausgezeichnetsten Schönheit, so stellen antike Gruppen A. in Gesellschaft des Bacchus dar. Dieser nahm sie darauf mit sich auf seinen Zügen, ging mit ihr nach Indien (so entstand das neueste Kunstwerk über diesen Gegenstand, Ariadne, von Dannecker, auf einem Panther sitzend, jetzt in Frankfurt), und erhielt von ihr drei Söhne, Oenopion, Staphylus und Evanthes. Des Gottes Liebe war nicht so vergänglich, als die des Menschen; bis zu ihrem Tode blieb er ihr getreu, und um auch dann ihrer nicht verlustig zu gehen, vermochte er Zeus, sie unter die Götter aufzunehmen. Unser Bild zeigt eine Statue der Ariadne, eine Trinkschale in der Linken haltend und mit Epheu und Weintrauben bekränzt.


Aricia (Griech. u. röm. M.), eine Nymphe, mit der sich Hippolytus vermählte, nachdem ihn Diana von den Todten auferweckt und nach Italien versetzt hatte.


Aricina (M. der Lateiner). Bei Aricia, an der appischen Strasse, hatte Diana einen Hain, von welchem sie obigen Beinamen bekam. Der Priester dieses Heiligthums musste ein seinem Herrn entsprungener Sklave sein, welcher jedoch nicht zu dieser Würde gelangen konnte, wenn er nicht den vorigen Priester meuchel-mörderisch oder im Zweikampf umgebracht hatte. Er musste ferner mit Jedem einen Kampf bestehen, der ihn dadurch dazu aufforderte, dass er von einem gewissen Baume in diesem Hain einen Zweig abbrach. Man glaubte, dass dieser barbarische Dienst durch Orestes von Taurien dahin gebracht worden sei. Richtiger aber wird er für alt-etruskisch gehalten. - Ein in eben dem Haine verehrter italischer Nationalheld, Virbius, wird entweder für den Sohn des Hippolytus und seiner Gemahlin, der Nymphe Aricia, oder für den von den Todten wieder erstandenen Hippolyt selbst gehalten.


Aricores, eine südamerikanische, die Nordseite des Marannon in der Provinz Quito bewohnende Völkerschaft, die noch jetzt fast ganz in einem glücklichen Naturzustande lebt. Von ihren Religionsansichten weiss man nur, dass sie Sonne und Mond anbeten, den Vatipa für

der Phäaken bei König Alcinous landeten, und dass Jason dort erst sein Beilager mit Medea hielt.


Argus (Gr. M.) 1) A., von welchem Mercur den Beinamen Argiphontes (s. d.) hat, war über den ganzen Leib mit Augen bedeckt (daher Panoptes, der Allsehende, genannt), von denen nur immer die Hälfte schlief; man konnte daher keinen bessern Hüter wählen, um so mehr, als er zugleich sehr stark war, wovon er durch Besiegung eines Satyrs, eines ungeheuern Stiers und der berüchtigten Echidna Beweise gegeben hatte. – Ihm ward die Bewachung der in eine Kuh verwandelten Io (s. d.) anvertraut; A. band sie an einen Oelbaum, sich selbst unfern desselben auf eine Anhöhe setzend, von welcher er die Gefilde rings umher wohl überschauen konnte. Jupiter trug dem Mercur auf, die Geliebte zu befreien, was bei des A. angeführten Eigenschaften keine leichte Aufgabe schien; dem Listigsten der Götter aber gelang es, dieselbe zu lösen. Als Hirt, mit der Panflöte und einem Schwert unter dem Mantel, ging er zu A., erzählte ihm viel, spielte auf seiner Flöte, und entlockte derselben zuletzt so liebliche, zarte Töne, dass der Hundertäugige entschlummerte. Da liess Mercur den Mantel fallen und hieb ihm mit seinem Schwerte den Kopf ab. Juno setzte des erschlagenen Hüters Augen in den Schweif ihres Lieblingsvogels, des Pfauen. Die Aeltern des A. sind durchaus zweifelhaft; Arestor, Argus, Agenor, Inachus, werden als Väter, Ismene als Mutter genannt. – 2) A., Sohn entweder des Alector, oder des Polybus von Argea, der Erbauer des berühmten fünfzigrudrigen Schiffes für Jason und seine Genossen. – 3) A., Sohn des Jupiter und der Niobe, der Tochter des Phoroneus, folgte dem Phoroneus in der Herrschaft über den Peloponnes, den er nach seinem Namen Argos nannte. – 4) A., einer der Söhne des Phrixus, welche auf der Insel Aretias als Schiffbrüchige mit den Argonauten zusammentrafen.


Arguta exta (Röm. Glaube), redende Eingeweide, in denen ein Augur Anzeichen zu einer Weissagung fand, im Gegensatz zu denen, welche kein Anzeichen gaben, und welche man muta, stumme, nannte.


Argyphia oder Argyphe (Gr. M.), Gattin des durch seine fünfzig Söhne und deren unglückliches Schicksal bekannten Aegyptus.


Argyra (Gr. M.), eine achäische Quellnymphe, welche den Selemnus, einen schönen Hirtenknaben, auf einem ihrem Walde benachbarten Hügel bei seinen Rinderheerden entschlafen fand, und sich von seiner Schönheit so hingerissen fühlte, dass sie ihm ihre Gunst schenkte. Als aber nach mehrjähriger Dauer eines höchst glücklichen Verhältnisses die ewig jung und ewig reizend bleibende Nymphe bemerkte, dass ihr Geliebter altere, verliess sie denselben, und er verging vor Gram. Venus verwandelte ihn in einen Fluss; aber auch als solcher liebte er fort, bis ihn Venus endlich mit Vergessenheit beglückte. Daher die Sage, wer im Selemnus bade, vergesse seine Liebesschmerzen.


Argyrotoxos (Gr. M.), Beiname des Apollo, »der Führer des silbernen Bogens«.


Ariadne, Fig. 35 (Gr. M.), Tochter des Minos und der Pasiphaë (s. dd.). Des Königs Sohn war in Athen erschlagen worden. Minos zwang den Beherrscher zu dem bekannten schimpflichen Tribut, den er ihm durch Uebersendung von sieben Jungfrauen und sieben Jünglingen für den furchtbaren Minotaurus entrichten musste. Bei der zweiten Sendung befand sich Theseus (s. d.) unter den Jünglingen. A. sah ihn und ward durch des Liebesgottes Pfeil getroffen; sie beschloss, ihn dem Tode, der seiner harrte, zu entreissen. Theseus, welcher freiwillig mit dem Tribut bringenden Schiffe nach Creta gegangen war, beabsichtigte, den Minotaurus zu tödten, und so sein Vaterland von der schmählichen Abgabe zu befreien, ergriff daher die sich darbietende Gelegenheit zur Flucht nicht, wohl aber das einzige Mittel, um sich aus den verschlungenen Gängen des Labyrinths heraus zu finden, einen Fadenknäuel, den ihm A. gab, und den er am Eingange in das Labyrinth befestigen und abwickeln, beim Zurückkehren aber wieder aufwinden sollte. – Theseus fand den Minotaurus, erlegte ihn, kehrte durch der A. Hülfe zurück und entfloh mit ihr; allein falsche Scham hielt ihn ab, das reizende Mädchen, das sich ihm hingegeben, nach Hause zu bringen, da es eine Schande war, ein fremdes Weib als Ehefrau nach Athen zu bringen; er verliess daher in der Nacht die schöne A. und gab sie auf dem


Fig. 35.
wüsten Felsen von Naxos allen Schrecknissen der Verlassenheit Preis, und verzweiflungsvoll machte sie ihrem Leben ein Ende. Indessen weichen die Sagen hier sehr von einander ab: nach dem Einen soll Diana die A. mit plötzlichem Tode hinweggerafft, nach Andern Bacchus die Verlassene gefunden, entzückt von ihrer Schönheit sich mit ihr verbunden, sie zu seiner Gemahlin gemacht haben, und so stellen auch viele Gemälde, geschnittene Steine, Reliefs von der ausgezeichnetsten Schönheit, so stellen antike Gruppen A. in Gesellschaft des Bacchus dar. Dieser nahm sie darauf mit sich auf seinen Zügen, ging mit ihr nach Indien (so entstand das neueste Kunstwerk über diesen Gegenstand, Ariadne, von Dannecker, auf einem Panther sitzend, jetzt in Frankfurt), und erhielt von ihr drei Söhne, Oenopion, Staphylus und Evanthes. Des Gottes Liebe war nicht so vergänglich, als die des Menschen; bis zu ihrem Tode blieb er ihr getreu, und um auch dann ihrer nicht verlustig zu gehen, vermochte er Zeus, sie unter die Götter aufzunehmen. Unser Bild zeigt eine Statue der Ariadne, eine Trinkschale in der Linken haltend und mit Epheu und Weintrauben bekränzt.


Aricia (Griech. u. röm. M.), eine Nymphe, mit der sich Hippolytus vermählte, nachdem ihn Diana von den Todten auferweckt und nach Italien versetzt hatte.


Aricina (M. der Lateiner). Bei Aricia, an der appischen Strasse, hatte Diana einen Hain, von welchem sie obigen Beinamen bekam. Der Priester dieses Heiligthums musste ein seinem Herrn entsprungener Sklave sein, welcher jedoch nicht zu dieser Würde gelangen konnte, wenn er nicht den vorigen Priester meuchel-mörderisch oder im Zweikampf umgebracht hatte. Er musste ferner mit Jedem einen Kampf bestehen, der ihn dadurch dazu aufforderte, dass er von einem gewissen Baume in diesem Hain einen Zweig abbrach. Man glaubte, dass dieser barbarische Dienst durch Orestes von Taurien dahin gebracht worden sei. Richtiger aber wird er für alt-etruskisch gehalten. – Ein in eben dem Haine verehrter italischer Nationalheld, Virbius, wird entweder für den Sohn des Hippolytus und seiner Gemahlin, der Nymphe Aricia, oder für den von den Todten wieder erstandenen Hippolyt selbst gehalten.


Aricores, eine südamerikanische, die Nordseite des Marannon in der Provinz Quito bewohnende Völkerschaft, die noch jetzt fast ganz in einem glücklichen Naturzustande lebt. Von ihren Religionsansichten weiss man nur, dass sie Sonne und Mond anbeten, den Vatipa für

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[65/0135] der Phäaken bei König Alcinous landeten, und dass Jason dort erst sein Beilager mit Medea hielt. Argus (Gr. M.) 1) A., von welchem Mercur den Beinamen Argiphontes (s. d.) hat, war über den ganzen Leib mit Augen bedeckt (daher Panoptes, der Allsehende, genannt), von denen nur immer die Hälfte schlief; man konnte daher keinen bessern Hüter wählen, um so mehr, als er zugleich sehr stark war, wovon er durch Besiegung eines Satyrs, eines ungeheuern Stiers und der berüchtigten Echidna Beweise gegeben hatte. – Ihm ward die Bewachung der in eine Kuh verwandelten Io (s. d.) anvertraut; A. band sie an einen Oelbaum, sich selbst unfern desselben auf eine Anhöhe setzend, von welcher er die Gefilde rings umher wohl überschauen konnte. Jupiter trug dem Mercur auf, die Geliebte zu befreien, was bei des A. angeführten Eigenschaften keine leichte Aufgabe schien; dem Listigsten der Götter aber gelang es, dieselbe zu lösen. Als Hirt, mit der Panflöte und einem Schwert unter dem Mantel, ging er zu A., erzählte ihm viel, spielte auf seiner Flöte, und entlockte derselben zuletzt so liebliche, zarte Töne, dass der Hundertäugige entschlummerte. Da liess Mercur den Mantel fallen und hieb ihm mit seinem Schwerte den Kopf ab. Juno setzte des erschlagenen Hüters Augen in den Schweif ihres Lieblingsvogels, des Pfauen. Die Aeltern des A. sind durchaus zweifelhaft; Arestor, Argus, Agenor, Inachus, werden als Väter, Ismene als Mutter genannt. – 2) A., Sohn entweder des Alector, oder des Polybus von Argea, der Erbauer des berühmten fünfzigrudrigen Schiffes für Jason und seine Genossen. – 3) A., Sohn des Jupiter und der Niobe, der Tochter des Phoroneus, folgte dem Phoroneus in der Herrschaft über den Peloponnes, den er nach seinem Namen Argos nannte. – 4) A., einer der Söhne des Phrixus, welche auf der Insel Aretias als Schiffbrüchige mit den Argonauten zusammentrafen. Arguta exta (Röm. Glaube), redende Eingeweide, in denen ein Augur Anzeichen zu einer Weissagung fand, im Gegensatz zu denen, welche kein Anzeichen gaben, und welche man muta, stumme, nannte. Argyphia oder Argyphe (Gr. M.), Gattin des durch seine fünfzig Söhne und deren unglückliches Schicksal bekannten Aegyptus. Argyra (Gr. M.), eine achäische Quellnymphe, welche den Selemnus, einen schönen Hirtenknaben, auf einem ihrem Walde benachbarten Hügel bei seinen Rinderheerden entschlafen fand, und sich von seiner Schönheit so hingerissen fühlte, dass sie ihm ihre Gunst schenkte. Als aber nach mehrjähriger Dauer eines höchst glücklichen Verhältnisses die ewig jung und ewig reizend bleibende Nymphe bemerkte, dass ihr Geliebter altere, verliess sie denselben, und er verging vor Gram. Venus verwandelte ihn in einen Fluss; aber auch als solcher liebte er fort, bis ihn Venus endlich mit Vergessenheit beglückte. Daher die Sage, wer im Selemnus bade, vergesse seine Liebesschmerzen. Argyrotoxos (Gr. M.), Beiname des Apollo, »der Führer des silbernen Bogens«. Ariadne, Fig. 35 (Gr. M.), Tochter des Minos und der Pasiphaë (s. dd.). Des Königs Sohn war in Athen erschlagen worden. Minos zwang den Beherrscher zu dem bekannten schimpflichen Tribut, den er ihm durch Uebersendung von sieben Jungfrauen und sieben Jünglingen für den furchtbaren Minotaurus entrichten musste. Bei der zweiten Sendung befand sich Theseus (s. d.) unter den Jünglingen. A. sah ihn und ward durch des Liebesgottes Pfeil getroffen; sie beschloss, ihn dem Tode, der seiner harrte, zu entreissen. Theseus, welcher freiwillig mit dem Tribut bringenden Schiffe nach Creta gegangen war, beabsichtigte, den Minotaurus zu tödten, und so sein Vaterland von der schmählichen Abgabe zu befreien, ergriff daher die sich darbietende Gelegenheit zur Flucht nicht, wohl aber das einzige Mittel, um sich aus den verschlungenen Gängen des Labyrinths heraus zu finden, einen Fadenknäuel, den ihm A. gab, und den er am Eingange in das Labyrinth befestigen und abwickeln, beim Zurückkehren aber wieder aufwinden sollte. – Theseus fand den Minotaurus, erlegte ihn, kehrte durch der A. Hülfe zurück und entfloh mit ihr; allein falsche Scham hielt ihn ab, das reizende Mädchen, das sich ihm hingegeben, nach Hause zu bringen, da es eine Schande war, ein fremdes Weib als Ehefrau nach Athen zu bringen; er verliess daher in der Nacht die schöne A. und gab sie auf dem [Abbildung Fig. 35. ] wüsten Felsen von Naxos allen Schrecknissen der Verlassenheit Preis, und verzweiflungsvoll machte sie ihrem Leben ein Ende. Indessen weichen die Sagen hier sehr von einander ab: nach dem Einen soll Diana die A. mit plötzlichem Tode hinweggerafft, nach Andern Bacchus die Verlassene gefunden, entzückt von ihrer Schönheit sich mit ihr verbunden, sie zu seiner Gemahlin gemacht haben, und so stellen auch viele Gemälde, geschnittene Steine, Reliefs von der ausgezeichnetsten Schönheit, so stellen antike Gruppen A. in Gesellschaft des Bacchus dar. Dieser nahm sie darauf mit sich auf seinen Zügen, ging mit ihr nach Indien (so entstand das neueste Kunstwerk über diesen Gegenstand, Ariadne, von Dannecker, auf einem Panther sitzend, jetzt in Frankfurt), und erhielt von ihr drei Söhne, Oenopion, Staphylus und Evanthes. Des Gottes Liebe war nicht so vergänglich, als die des Menschen; bis zu ihrem Tode blieb er ihr getreu, und um auch dann ihrer nicht verlustig zu gehen, vermochte er Zeus, sie unter die Götter aufzunehmen. Unser Bild zeigt eine Statue der Ariadne, eine Trinkschale in der Linken haltend und mit Epheu und Weintrauben bekränzt. Aricia (Griech. u. röm. M.), eine Nymphe, mit der sich Hippolytus vermählte, nachdem ihn Diana von den Todten auferweckt und nach Italien versetzt hatte. Aricina (M. der Lateiner). Bei Aricia, an der appischen Strasse, hatte Diana einen Hain, von welchem sie obigen Beinamen bekam. Der Priester dieses Heiligthums musste ein seinem Herrn entsprungener Sklave sein, welcher jedoch nicht zu dieser Würde gelangen konnte, wenn er nicht den vorigen Priester meuchel-mörderisch oder im Zweikampf umgebracht hatte. Er musste ferner mit Jedem einen Kampf bestehen, der ihn dadurch dazu aufforderte, dass er von einem gewissen Baume in diesem Hain einen Zweig abbrach. Man glaubte, dass dieser barbarische Dienst durch Orestes von Taurien dahin gebracht worden sei. Richtiger aber wird er für alt-etruskisch gehalten. – Ein in eben dem Haine verehrter italischer Nationalheld, Virbius, wird entweder für den Sohn des Hippolytus und seiner Gemahlin, der Nymphe Aricia, oder für den von den Todten wieder erstandenen Hippolyt selbst gehalten. Aricores, eine südamerikanische, die Nordseite des Marannon in der Provinz Quito bewohnende Völkerschaft, die noch jetzt fast ganz in einem glücklichen Naturzustande lebt. Von ihren Religionsansichten weiss man nur, dass sie Sonne und Mond anbeten, den Vatipa für

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/135>, abgerufen am 15.05.2024.