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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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dafür, dass Ino ihn aufgezogen, ihrem Feinde entrückt. Nach anderer Sage, welche von der Entdeckung des Betruges der Ino nichts erwähnt, verliert A. Ino und ihre Kinder durch den Zorn der Juno, den sein Haus gerade dadurch auf sich geladen hatte, dass in demselben Bacchus, das Kind der der Juno verhassten Semele von Jupiter, erzogen worden war. Sie machte beide Gatten rasend, so dass A. seinen Sohn Learchus für ein Reh ansah und erschoss, oder ihn für einen Löwen hielt und ihn an einem Steine zerschmetterte, die Mutter aber mit ihrem zweiten Sohne, Melicertes, von einem Felsen des Isthmus in das Meer sprang, in dessen Schooss sie, auf Bacchus' Bitte, von Neptun lebend aufgenommen und dann als Meeresgöttin Leucothea, Melicertes aber als Palämon verehrt wurde. - A. musste nun der Blutschuld wegen flüchtig werden, und fragte desshalb das Orakel, wo er sich niederlassen sollte. Die Antwort war: da, wo er von wilden Thieren würde gastlich bewirthet werden. Nach langem Umherirren traf er Wölfe an, die Schafkeulen verzehrten. Als sie ihn sahen, verliessen sie ihre Beute und flohen. An diesem Punkte baute er sich daher an, nannte das Land Athamantia, und vermählte sich mit Themisto, einer Tochter des Hypseus, Königs der Lapithen, und erzeugte mit ihr Schöneus, Erythrius, Leucon und Ptous. - Eine vom Vorigen abweichende weitere Sage erzählt, Ino, statt im Meere als Göttin zu walten, sei vielmehr mit den Bacchantinnen in den Schluchten des Parnassus umhergeirrt. Als A. diess erfuhr, liess er sie heimlich holen. Themisto, hierüber zornig, beschloss, die Kinder der Ino zu ermorden; daher liess sie dieselben in einer Nacht mit schwarzen Decken zudecken, während die ihrigen unter weissen schliefen. Ino verwechselte diese Abzeichen; Themisto ermordete in der Nacht ihre eigenen Kinder, und erhängte sich dann aus Gram über ihre Frevelthat. - Nach diesem schrecklichen Ende war es Venus, welche Neptun bat, Ino, der Göttin Enkelin, aufzunehmen unter die Götter, was er that, ihr den Namen Leucothea und ihrem Sohne den des Palämon beilegend. Schon bei Homer kommt die vergötterte Ino als Leucothea vor, ein Beweis vom hohen Alter der Sage. - A.s Namen führt noch einer seiner Enkel, von welchem jedoch weiter nichts bekannt ist, als dass er eine Colonie der Orchomenier nach Asien, nach der Stadt Teos führte.


Atharvan, Atharveda (Ind. M.), der vierte Theil der Vedas, früher verloren, wieder aus der Tradition ersetzt und für canonisch gehalten, enthält Gebete zur Versöhnung der Götter und Verwünschungen der Feinde u. s. w.


Aethe (Gr. M.), eine Stute des Agamemnon, welche er mit dem Hengste Podargus an seinen Streitwagen spannte.


Athenaea (Gr. M.), die Feste, welche man der Minerva feierte, die Panathenäen und die Chalceen.


Athenais (Gr. M.), Tochter des Hippobotes, Gemahlin des Alalcomenes (s. Alalcomeneis), Mutter des Glaucops.


Athene (Gr. M.), Name der Minerva bei den Griechen.


Aether (Gr. u. röm. M.). Nach der Cosmogonie Hygin's wird A. nebst der Nacht, dem Tage und dem Erebus von dem Chaos und der Caligo (Finsterniss) erzeugt; aus der Verbindung des A. mit der Erde gehen dann die personificirten Laster, so wie die Giganten und Titanen hervor. Nach Hesiod wird A. von Erebus und der Nacht erzeugt, welche beide Kinder des Chaos sind. Nach Beiden aber ist der A. eine der Grundsubstanzen, aus denen sich das Weltall gebildet. Später wird er als der Himmelsraum gedacht und erscheint als Wohnung der Götter; Herr des A. ist nunmehr Jupiter. Mit diesem wird aber A. auch identificirt, und als allbefruchtender Gott in einem ehelichen Verhältnisse mit der Erde dargestellt.


Atheras (Gr. M.), ein Bewohner der Stadt Hermione in Argolis, der mit seinem Nachbar Mysius die trauernde Ceres, welche auf der Erde umherwanderte, um Proserpina (s. d.) zu suchen, gastfrei aufnahm und wohl bewirthete.


Aetheria (Röm. M.), Tochter des Sol und der Clymene, Schwester des Phaethon, über dessen Schicksal sie sich zu Tode grämte; sie zerfloss in Thränen, oder stürzte sich in's Meer, und wurde von den Göttern in Bernstein verwandelt.


Aethilla (Gr. M.), Tochter des Königs von Troja, Laomedon, ward bei Vertheilung der trojanischen Beute dem Protesilaus gegeben, welchen sie veranlasste, die Stadt Scione zu bauen und zu bevölkern. Er ging nämlich mit der ganzen Mannschaft seiner Schiffe auf der Halbinsel Pallene an's Land, um Wasser zu holen, da brachte A. die Weiber dazu, die ganze Flotte zu verbrennen, worauf den Griechen nichts übrig blieb, als sich dort niederzulassen und die genannte Stadt Scione zu erbauen.


Aethion (Gr. M.), 1) ein Streiter, der auf der Hochzeit des Perseus und der Andromeda dem Phineus, einem Mitbewerber um die Hand der Schönen, beistand, aber von Perseus erschlagen wurde. - 2) A. Sohn einer Nymphe vom Helicon, welcher bei dem Zuge der Sieben gegen Theben blieb.


Aethiopaes (Gr. M.), Beiname des Bacchus, wovon man nicht weiss, ob er von einer ägyptischen schwarzen Statue (also der Neger) hergenommen ist, oder ob er nur die von Dichtern ihm beigelegte Eigenschaft, "der Glühende", bezeichnen soll.


Aethiopen (Gr. M.), ein grosses und mächtiges Reich am äussersten Rande der Erde gen Süden, wo die Sonne Alles schwarz brennt. Die Bezeichnung der A. bei Homer: "zwiefach getheilt", bezieht sich auf die Lage des Landes, welches man vom arabischen Meerbusen gespalten dachte, so dass die eine Hälfte desselben östlich, die andere westlich von dem Meeresarme liege, die erstere also in Asien, die andere in Africa. Jope soll die Hauptstadt gewesen sein, Homer nennt die A. auch "die Untadligen", deren Fest-Hecatomben sich die Götter vorzüglich gut gefallen lassen. Diess deutet doch wohl auf ein uraltes und im Wohlstande lebendes Culturvolk hin. Ob es die Stammväter der jetzigen Araber und Aegypter, ob diesen verwandte Völker waren, ist nicht zu ermitteln, namentlich macht die schwarze Farbe der A. Schwierigkeit, wenn wir sie arabische Völker, caucasischen Ursprungs, sein lassen wollen; die hieroglyphischen Denkmale der Aegypter, ihre riesigen Intaglio's auf ganzen Fels- und Bergwänden, der Sculpturschmuck ihrer Tempel, zeigen viele Tausende von ganzen langen Reihen menschlicher Gestalten, welche durchgängig die Negerphysiognomie unverkennbar an sich tragen. Was Herodot von dem Tisch der Sonne erzählt, scheint die homerische Schilderung von den Aethiopen zu bestätigen. - "Cambyses beschloss, zu den A. zuvörderst Kundschafter zu senden, die sollten nach dem Tisch der Sonne sehen, der bei diesen A. sein soll, und dazu das Uebrige auskundschaften, zum Vorwande aber sollten sie dem Könige derselben Geschenke bringen. Mit dem Tisch der Sonne soll es diese Bewandtniss haben: es ist eine Wiese dicht vor der Stadt, die ist voll gekochten Fleisches von allen vierfüssigen Thieren; bei Nacht legen nämlich immer diejenigen Bürger, an welchen die Reihe ist, sorgsam das Fleisch darauf, bei Tage aber gehet hinzu, wer Lust hat, und isset, und die Leute des Landes sagen, das käme jedesmal aus der Erde selber hervor etc." - Was Herodot ferner von ihnen erzählt, schildert sie als einfache, kräftige und edel denkende Menschen, welche ihrer Nahrung und Lebensweise ein langes Leben, und einer Quelle mit äusserst mildem Wasser unerschütterliche Gesundheit verdankten. Astronomische, medicinische Kenntnisse - eine sehr geordnete Religion - waren bei ihnen heimisch, und wenn die Priestercolonieen, welche Aegypten urbar machten, das Steigen und Fallen des Nils ordneten, das Volk entwilderten, auch wirklich, wie man zu vermuthen Ursache hat, aus Indien nach Africa gekommen sind, so kamen sie doch unstreitig zunächst aus Aethiopien nach Aegypten, so dass dieses Land und dieses Volk das früher gebildete war. Uninteressant durfte nicht sein, was man noch zu Plinius' Zeiten von diesem Volke fabelte: "Der äthiopischen Könige sollen jetzt 45 sein. Das gesammte Volk hiess erst das ätherische, dann das atlantische, und zuletzt vom Sohne Vulcans, Aethiops, das äthiopische." - Dass sehr wunderbare Thier- und Menschengestalten an seiner Grenze erzeugt werden, ist kein Wunder, denn die Bewegbarkeit des Feuers ist in der Bildung der Körper und Formirung der Gestalten sehr kunstreich. Man erzählt für gewiss, dass in dem innern, östlichen Theile Völker leben, die keine Nasen und ein ganz glattes Gesicht haben, anderswo sind welche ohne Oberlippe, und in einer andern Gegend fehlt ihnen

dafür, dass Ino ihn aufgezogen, ihrem Feinde entrückt. Nach anderer Sage, welche von der Entdeckung des Betruges der Ino nichts erwähnt, verliert A. Ino und ihre Kinder durch den Zorn der Juno, den sein Haus gerade dadurch auf sich geladen hatte, dass in demselben Bacchus, das Kind der der Juno verhassten Semele von Jupiter, erzogen worden war. Sie machte beide Gatten rasend, so dass A. seinen Sohn Learchus für ein Reh ansah und erschoss, oder ihn für einen Löwen hielt und ihn an einem Steine zerschmetterte, die Mutter aber mit ihrem zweiten Sohne, Melicertes, von einem Felsen des Isthmus in das Meer sprang, in dessen Schooss sie, auf Bacchus' Bitte, von Neptun lebend aufgenommen und dann als Meeresgöttin Leucothea, Melicertes aber als Palämon verehrt wurde. – A. musste nun der Blutschuld wegen flüchtig werden, und fragte desshalb das Orakel, wo er sich niederlassen sollte. Die Antwort war: da, wo er von wilden Thieren würde gastlich bewirthet werden. Nach langem Umherirren traf er Wölfe an, die Schafkeulen verzehrten. Als sie ihn sahen, verliessen sie ihre Beute und flohen. An diesem Punkte baute er sich daher an, nannte das Land Athamantia, und vermählte sich mit Themisto, einer Tochter des Hypseus, Königs der Lapithen, und erzeugte mit ihr Schöneus, Erythrius, Leucon und Ptous. – Eine vom Vorigen abweichende weitere Sage erzählt, Ino, statt im Meere als Göttin zu walten, sei vielmehr mit den Bacchantinnen in den Schluchten des Parnassus umhergeirrt. Als A. diess erfuhr, liess er sie heimlich holen. Themisto, hierüber zornig, beschloss, die Kinder der Ino zu ermorden; daher liess sie dieselben in einer Nacht mit schwarzen Decken zudecken, während die ihrigen unter weissen schliefen. Ino verwechselte diese Abzeichen; Themisto ermordete in der Nacht ihre eigenen Kinder, und erhängte sich dann aus Gram über ihre Frevelthat. – Nach diesem schrecklichen Ende war es Venus, welche Neptun bat, Ino, der Göttin Enkelin, aufzunehmen unter die Götter, was er that, ihr den Namen Leucothea und ihrem Sohne den des Palämon beilegend. Schon bei Homer kommt die vergötterte Ino als Leucothea vor, ein Beweis vom hohen Alter der Sage. – A.s Namen führt noch einer seiner Enkel, von welchem jedoch weiter nichts bekannt ist, als dass er eine Colonie der Orchomenier nach Asien, nach der Stadt Teos führte.


Atharvan, Atharveda (Ind. M.), der vierte Theil der Vedas, früher verloren, wieder aus der Tradition ersetzt und für canonisch gehalten, enthält Gebete zur Versöhnung der Götter und Verwünschungen der Feinde u. s. w.


Aethe (Gr. M.), eine Stute des Agamemnon, welche er mit dem Hengste Podargus an seinen Streitwagen spannte.


Athenaea (Gr. M.), die Feste, welche man der Minerva feierte, die Panathenäen und die Chalceen.


Athenaïs (Gr. M.), Tochter des Hippobotes, Gemahlin des Alalcomenes (s. Alalcomeneïs), Mutter des Glaucops.


Athene (Gr. M.), Name der Minerva bei den Griechen.


Aether (Gr. u. röm. M.). Nach der Cosmogonie Hygin's wird A. nebst der Nacht, dem Tage und dem Erebus von dem Chaos und der Caligo (Finsterniss) erzeugt; aus der Verbindung des A. mit der Erde gehen dann die personificirten Laster, so wie die Giganten und Titanen hervor. Nach Hesiod wird A. von Erebus und der Nacht erzeugt, welche beide Kinder des Chaos sind. Nach Beiden aber ist der A. eine der Grundsubstanzen, aus denen sich das Weltall gebildet. Später wird er als der Himmelsraum gedacht und erscheint als Wohnung der Götter; Herr des A. ist nunmehr Jupiter. Mit diesem wird aber A. auch identificirt, und als allbefruchtender Gott in einem ehelichen Verhältnisse mit der Erde dargestellt.


Atheras (Gr. M.), ein Bewohner der Stadt Hermione in Argolis, der mit seinem Nachbar Mysius die trauernde Ceres, welche auf der Erde umherwanderte, um Proserpina (s. d.) zu suchen, gastfrei aufnahm und wohl bewirthete.


Aetheria (Röm. M.), Tochter des Sol und der Clymene, Schwester des Phaëthon, über dessen Schicksal sie sich zu Tode grämte; sie zerfloss in Thränen, oder stürzte sich in's Meer, und wurde von den Göttern in Bernstein verwandelt.


Aethilla (Gr. M.), Tochter des Königs von Troja, Laomedon, ward bei Vertheilung der trojanischen Beute dem Protesilaus gegeben, welchen sie veranlasste, die Stadt Scione zu bauen und zu bevölkern. Er ging nämlich mit der ganzen Mannschaft seiner Schiffe auf der Halbinsel Pallene an's Land, um Wasser zu holen, da brachte A. die Weiber dazu, die ganze Flotte zu verbrennen, worauf den Griechen nichts übrig blieb, als sich dort niederzulassen und die genannte Stadt Scione zu erbauen.


Aethion (Gr. M.), 1) ein Streiter, der auf der Hochzeit des Perseus und der Andromeda dem Phineus, einem Mitbewerber um die Hand der Schönen, beistand, aber von Perseus erschlagen wurde. – 2) A. Sohn einer Nymphe vom Helicon, welcher bei dem Zuge der Sieben gegen Theben blieb.


Aethiopaes (Gr. M.), Beiname des Bacchus, wovon man nicht weiss, ob er von einer ägyptischen schwarzen Statue (also der Neger) hergenommen ist, oder ob er nur die von Dichtern ihm beigelegte Eigenschaft, »der Glühende«, bezeichnen soll.


Aethiopen (Gr. M.), ein grosses und mächtiges Reich am äussersten Rande der Erde gen Süden, wo die Sonne Alles schwarz brennt. Die Bezeichnung der A. bei Homer: »zwiefach getheilt«, bezieht sich auf die Lage des Landes, welches man vom arabischen Meerbusen gespalten dachte, so dass die eine Hälfte desselben östlich, die andere westlich von dem Meeresarme liege, die erstere also in Asien, die andere in Africa. Jope soll die Hauptstadt gewesen sein, Homer nennt die A. auch »die Untadligen«, deren Fest-Hecatomben sich die Götter vorzüglich gut gefallen lassen. Diess deutet doch wohl auf ein uraltes und im Wohlstande lebendes Culturvolk hin. Ob es die Stammväter der jetzigen Araber und Aegypter, ob diesen verwandte Völker waren, ist nicht zu ermitteln, namentlich macht die schwarze Farbe der A. Schwierigkeit, wenn wir sie arabische Völker, caucasischen Ursprungs, sein lassen wollen; die hieroglyphischen Denkmale der Aegypter, ihre riesigen Intaglio's auf ganzen Fels- und Bergwänden, der Sculpturschmuck ihrer Tempel, zeigen viele Tausende von ganzen langen Reihen menschlicher Gestalten, welche durchgängig die Negerphysiognomie unverkennbar an sich tragen. Was Herodot von dem Tisch der Sonne erzählt, scheint die homerische Schilderung von den Aethiopen zu bestätigen. – »Cambyses beschloss, zu den A. zuvörderst Kundschafter zu senden, die sollten nach dem Tisch der Sonne sehen, der bei diesen A. sein soll, und dazu das Uebrige auskundschaften, zum Vorwande aber sollten sie dem Könige derselben Geschenke bringen. Mit dem Tisch der Sonne soll es diese Bewandtniss haben: es ist eine Wiese dicht vor der Stadt, die ist voll gekochten Fleisches von allen vierfüssigen Thieren; bei Nacht legen nämlich immer diejenigen Bürger, an welchen die Reihe ist, sorgsam das Fleisch darauf, bei Tage aber gehet hinzu, wer Lust hat, und isset, und die Leute des Landes sagen, das käme jedesmal aus der Erde selber hervor etc.« – Was Herodot ferner von ihnen erzählt, schildert sie als einfache, kräftige und edel denkende Menschen, welche ihrer Nahrung und Lebensweise ein langes Leben, und einer Quelle mit äusserst mildem Wasser unerschütterliche Gesundheit verdankten. Astronomische, medicinische Kenntnisse – eine sehr geordnete Religion – waren bei ihnen heimisch, und wenn die Priestercolonieen, welche Aegypten urbar machten, das Steigen und Fallen des Nils ordneten, das Volk entwilderten, auch wirklich, wie man zu vermuthen Ursache hat, aus Indien nach Africa gekommen sind, so kamen sie doch unstreitig zunächst aus Aethiopien nach Aegypten, so dass dieses Land und dieses Volk das früher gebildete war. Uninteressant durfte nicht sein, was man noch zu Plinius' Zeiten von diesem Volke fabelte: »Der äthiopischen Könige sollen jetzt 45 sein. Das gesammte Volk hiess erst das ätherische, dann das atlantische, und zuletzt vom Sohne Vulcans, Aethiops, das äthiopische.« – Dass sehr wunderbare Thier- und Menschengestalten an seiner Grenze erzeugt werden, ist kein Wunder, denn die Bewegbarkeit des Feuers ist in der Bildung der Körper und Formirung der Gestalten sehr kunstreich. Man erzählt für gewiss, dass in dem innern, östlichen Theile Völker leben, die keine Nasen und ein ganz glattes Gesicht haben, anderswo sind welche ohne Oberlippe, und in einer andern Gegend fehlt ihnen

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[79/0149] dafür, dass Ino ihn aufgezogen, ihrem Feinde entrückt. Nach anderer Sage, welche von der Entdeckung des Betruges der Ino nichts erwähnt, verliert A. Ino und ihre Kinder durch den Zorn der Juno, den sein Haus gerade dadurch auf sich geladen hatte, dass in demselben Bacchus, das Kind der der Juno verhassten Semele von Jupiter, erzogen worden war. Sie machte beide Gatten rasend, so dass A. seinen Sohn Learchus für ein Reh ansah und erschoss, oder ihn für einen Löwen hielt und ihn an einem Steine zerschmetterte, die Mutter aber mit ihrem zweiten Sohne, Melicertes, von einem Felsen des Isthmus in das Meer sprang, in dessen Schooss sie, auf Bacchus' Bitte, von Neptun lebend aufgenommen und dann als Meeresgöttin Leucothea, Melicertes aber als Palämon verehrt wurde. – A. musste nun der Blutschuld wegen flüchtig werden, und fragte desshalb das Orakel, wo er sich niederlassen sollte. Die Antwort war: da, wo er von wilden Thieren würde gastlich bewirthet werden. Nach langem Umherirren traf er Wölfe an, die Schafkeulen verzehrten. Als sie ihn sahen, verliessen sie ihre Beute und flohen. An diesem Punkte baute er sich daher an, nannte das Land Athamantia, und vermählte sich mit Themisto, einer Tochter des Hypseus, Königs der Lapithen, und erzeugte mit ihr Schöneus, Erythrius, Leucon und Ptous. – Eine vom Vorigen abweichende weitere Sage erzählt, Ino, statt im Meere als Göttin zu walten, sei vielmehr mit den Bacchantinnen in den Schluchten des Parnassus umhergeirrt. Als A. diess erfuhr, liess er sie heimlich holen. Themisto, hierüber zornig, beschloss, die Kinder der Ino zu ermorden; daher liess sie dieselben in einer Nacht mit schwarzen Decken zudecken, während die ihrigen unter weissen schliefen. Ino verwechselte diese Abzeichen; Themisto ermordete in der Nacht ihre eigenen Kinder, und erhängte sich dann aus Gram über ihre Frevelthat. – Nach diesem schrecklichen Ende war es Venus, welche Neptun bat, Ino, der Göttin Enkelin, aufzunehmen unter die Götter, was er that, ihr den Namen Leucothea und ihrem Sohne den des Palämon beilegend. Schon bei Homer kommt die vergötterte Ino als Leucothea vor, ein Beweis vom hohen Alter der Sage. – A.s Namen führt noch einer seiner Enkel, von welchem jedoch weiter nichts bekannt ist, als dass er eine Colonie der Orchomenier nach Asien, nach der Stadt Teos führte. Atharvan, Atharveda (Ind. M.), der vierte Theil der Vedas, früher verloren, wieder aus der Tradition ersetzt und für canonisch gehalten, enthält Gebete zur Versöhnung der Götter und Verwünschungen der Feinde u. s. w. Aethe (Gr. M.), eine Stute des Agamemnon, welche er mit dem Hengste Podargus an seinen Streitwagen spannte. Athenaea (Gr. M.), die Feste, welche man der Minerva feierte, die Panathenäen und die Chalceen. Athenaïs (Gr. M.), Tochter des Hippobotes, Gemahlin des Alalcomenes (s. Alalcomeneïs), Mutter des Glaucops. Athene (Gr. M.), Name der Minerva bei den Griechen. Aether (Gr. u. röm. M.). Nach der Cosmogonie Hygin's wird A. nebst der Nacht, dem Tage und dem Erebus von dem Chaos und der Caligo (Finsterniss) erzeugt; aus der Verbindung des A. mit der Erde gehen dann die personificirten Laster, so wie die Giganten und Titanen hervor. Nach Hesiod wird A. von Erebus und der Nacht erzeugt, welche beide Kinder des Chaos sind. Nach Beiden aber ist der A. eine der Grundsubstanzen, aus denen sich das Weltall gebildet. Später wird er als der Himmelsraum gedacht und erscheint als Wohnung der Götter; Herr des A. ist nunmehr Jupiter. Mit diesem wird aber A. auch identificirt, und als allbefruchtender Gott in einem ehelichen Verhältnisse mit der Erde dargestellt. Atheras (Gr. M.), ein Bewohner der Stadt Hermione in Argolis, der mit seinem Nachbar Mysius die trauernde Ceres, welche auf der Erde umherwanderte, um Proserpina (s. d.) zu suchen, gastfrei aufnahm und wohl bewirthete. Aetheria (Röm. M.), Tochter des Sol und der Clymene, Schwester des Phaëthon, über dessen Schicksal sie sich zu Tode grämte; sie zerfloss in Thränen, oder stürzte sich in's Meer, und wurde von den Göttern in Bernstein verwandelt. Aethilla (Gr. M.), Tochter des Königs von Troja, Laomedon, ward bei Vertheilung der trojanischen Beute dem Protesilaus gegeben, welchen sie veranlasste, die Stadt Scione zu bauen und zu bevölkern. Er ging nämlich mit der ganzen Mannschaft seiner Schiffe auf der Halbinsel Pallene an's Land, um Wasser zu holen, da brachte A. die Weiber dazu, die ganze Flotte zu verbrennen, worauf den Griechen nichts übrig blieb, als sich dort niederzulassen und die genannte Stadt Scione zu erbauen. Aethion (Gr. M.), 1) ein Streiter, der auf der Hochzeit des Perseus und der Andromeda dem Phineus, einem Mitbewerber um die Hand der Schönen, beistand, aber von Perseus erschlagen wurde. – 2) A. Sohn einer Nymphe vom Helicon, welcher bei dem Zuge der Sieben gegen Theben blieb. Aethiopaes (Gr. M.), Beiname des Bacchus, wovon man nicht weiss, ob er von einer ägyptischen schwarzen Statue (also der Neger) hergenommen ist, oder ob er nur die von Dichtern ihm beigelegte Eigenschaft, »der Glühende«, bezeichnen soll. Aethiopen (Gr. M.), ein grosses und mächtiges Reich am äussersten Rande der Erde gen Süden, wo die Sonne Alles schwarz brennt. Die Bezeichnung der A. bei Homer: »zwiefach getheilt«, bezieht sich auf die Lage des Landes, welches man vom arabischen Meerbusen gespalten dachte, so dass die eine Hälfte desselben östlich, die andere westlich von dem Meeresarme liege, die erstere also in Asien, die andere in Africa. Jope soll die Hauptstadt gewesen sein, Homer nennt die A. auch »die Untadligen«, deren Fest-Hecatomben sich die Götter vorzüglich gut gefallen lassen. Diess deutet doch wohl auf ein uraltes und im Wohlstande lebendes Culturvolk hin. Ob es die Stammväter der jetzigen Araber und Aegypter, ob diesen verwandte Völker waren, ist nicht zu ermitteln, namentlich macht die schwarze Farbe der A. Schwierigkeit, wenn wir sie arabische Völker, caucasischen Ursprungs, sein lassen wollen; die hieroglyphischen Denkmale der Aegypter, ihre riesigen Intaglio's auf ganzen Fels- und Bergwänden, der Sculpturschmuck ihrer Tempel, zeigen viele Tausende von ganzen langen Reihen menschlicher Gestalten, welche durchgängig die Negerphysiognomie unverkennbar an sich tragen. Was Herodot von dem Tisch der Sonne erzählt, scheint die homerische Schilderung von den Aethiopen zu bestätigen. – »Cambyses beschloss, zu den A. zuvörderst Kundschafter zu senden, die sollten nach dem Tisch der Sonne sehen, der bei diesen A. sein soll, und dazu das Uebrige auskundschaften, zum Vorwande aber sollten sie dem Könige derselben Geschenke bringen. Mit dem Tisch der Sonne soll es diese Bewandtniss haben: es ist eine Wiese dicht vor der Stadt, die ist voll gekochten Fleisches von allen vierfüssigen Thieren; bei Nacht legen nämlich immer diejenigen Bürger, an welchen die Reihe ist, sorgsam das Fleisch darauf, bei Tage aber gehet hinzu, wer Lust hat, und isset, und die Leute des Landes sagen, das käme jedesmal aus der Erde selber hervor etc.« – Was Herodot ferner von ihnen erzählt, schildert sie als einfache, kräftige und edel denkende Menschen, welche ihrer Nahrung und Lebensweise ein langes Leben, und einer Quelle mit äusserst mildem Wasser unerschütterliche Gesundheit verdankten. Astronomische, medicinische Kenntnisse – eine sehr geordnete Religion – waren bei ihnen heimisch, und wenn die Priestercolonieen, welche Aegypten urbar machten, das Steigen und Fallen des Nils ordneten, das Volk entwilderten, auch wirklich, wie man zu vermuthen Ursache hat, aus Indien nach Africa gekommen sind, so kamen sie doch unstreitig zunächst aus Aethiopien nach Aegypten, so dass dieses Land und dieses Volk das früher gebildete war. Uninteressant durfte nicht sein, was man noch zu Plinius' Zeiten von diesem Volke fabelte: »Der äthiopischen Könige sollen jetzt 45 sein. Das gesammte Volk hiess erst das ätherische, dann das atlantische, und zuletzt vom Sohne Vulcans, Aethiops, das äthiopische.« – Dass sehr wunderbare Thier- und Menschengestalten an seiner Grenze erzeugt werden, ist kein Wunder, denn die Bewegbarkeit des Feuers ist in der Bildung der Körper und Formirung der Gestalten sehr kunstreich. Man erzählt für gewiss, dass in dem innern, östlichen Theile Völker leben, die keine Nasen und ein ganz glattes Gesicht haben, anderswo sind welche ohne Oberlippe, und in einer andern Gegend fehlt ihnen

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/149>, abgerufen am 15.05.2024.