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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Tempel des Apollo zu Delphi weihen zu müssen, weil er sonst nicht die Erinnyen los würde. Sein Diener verrieth die Nichtigkeit dieser Angabe, und die Brüder der verlassenen Gattin ermordeten den Alcmäon; - da bat Callirrhoe den Jupiter, er möge ihre beiden Söhne erwachsen lassen, damit sie den Vater rächen könnten. Jupiter liess ihren Wunsch in Erfüllung gehen; Amphoterus und Acarnan erwuchsen plötzlich zu Männern und tödteten Phegeus mit seiner Gemahlin und deren beiden Söhnen, Pronous und Agenor. - 5) C., des Flussgottes Scamander Tochter. Erichthonius hatte von seiner Gattin Astyoche, des Simois Tochter, einen Sohn Tros; dieser gab dem Reiche, das sein Vater beherrschte, den Namen Troja, und verband sich mit der Tochter des Scamander, des Gottes des Hauptflusses seines Landes, von welcher er mit Cleopatra und drei Knaben, Ilus, Assaracus und Ganymedes, beschenkt wurde. - 6) C., verschmähte die Liebe des Coresus, eines Priesters des Bacchus; dieser klagte sein Leid dem Gotte, und dieser machte mehrere Frauen der Gegend von Calydon, wo das spröde Mädchen wohnte, rasend. Auf des Orakels Rath sollte C. geopfert werden und Coresus das Opfer verrichten, seine Liebe aber bewog ihn, sich selbst für C. zu opfern, welches diese so sehr rührte, dass sie sich in einen Fluss stürzte, dessen Quelle, zum Andenken an diese That, nach ihr benannt wurde. - 7) C., Tochter des Piranthus (Sohnes des Argus und der Evadne), Schwester des Argus, Arestorides und Triopas.


Callistea (Gr. Festbrauch), ein Fest, welches die Bewohner von Lesbos der Juno zu Ehren anstellten, wobei die Schönheit um den Preis warb. Ein ähnlicher Wettkampf war bei den Parrhasiern in Arcadien, am Feste der eleusinischen Ceres, von Cypselus gestiftet; das reizendste Mädchen erhielt einen Schmuck, und die Frauen hiessen davon Chrysophoren, Goldtragende. In Elis bestand der gleiche festliche Wettkampf für Männer.


Callisto (Gr. M.), die schönste der Jungfrauen in Arcadien, aus Nonacris, einer Stadt, welche ihrer Mutter Nonacris den Namen dankte, und des Lycaon. Sie verschmähete die Geschäfte der Weiber; gleich den Männern führte sie Wurfspiess und Pfeile, und zog an der Seite der kühnen Diana, deren Liebling sie war, zur Jagd. Einst hatte sie ermüdet im dunklen Walde den Bogen abgespannt und ihr schönes Haupt auf den bunt bemalten Köcher gelegt, als Jupiter in Diana's Gestalt sich ihr nahete, die Arme überraschte und seinen Wünschen unterwarf. Ovid erzählt, wie sie beschämt der wahren Diana kaum zu nahen wagte, wie dann Arcas ihr Sohn geboren ward, und Juno voll Zorn herabstieg vom Himmel, bei dem Lockenhaar die Arme ergriff, zur Erde warf und in eine Bärin verwandelte; wie nach fünfzehn Jahren ihr eigener Sohn, ein muthiger Jäger, sie zu erlegen im Begriff war, als Jupiter den Arcas, so wie seine Mutter, an den Himmel versetzte. Juno, ihre Rachsucht nicht vergessend, stieg nochmals zur Erde und bat den Oceanus und die Tethys, den Beiden zu wehren, dass sie die ermatteten Glieder in des Meeres Fluth badeten, daher diese Gestirne niemals untergehen. Dieselben stehen sehr kenntlich am nördlichen Himmel. Der grosse Bär, im Munde des gemeinen Mannes der Himmelswagen genannt, in welchen C. verwandelt wurde, ist besonders durch sieben Sterne zweiter und dritter Grösse ausgezeichnet, wovon Viere in einem unregelmässigen Viereck, und Dreie in einer leicht gekrümmten Linie nahe an dem Viereck stehen, und eben den Wagen mit der Deichsel bilden, während sie nach der andern Auffassung den Schweif und den Rücken des grossen Bären einnehmen. Der kleine Bär, das Gestirn, in welches Arcas verwandelt wurde, hat gleichfalls vier Sterne in einem mehr regelmässigen Rechteck, und drei Sterne im Schweif, von denen der letzte der Polarstern ist.


Calybe 1) (Gr. M.), eine Nymphe, mit welcher Laomedon den Bucolion erzeugte. Dieses Letztern Geliebte war die Nymphe Abarbarea, durch welche er Vater des Aesepus und Pedasus wurde. - 2) C. (Röm. M.), eine Priesterin der Juno in Ardea, deren Gestalt die Furie Alecto annahm, als sie den jungen Turnus zum Kriege gegen Aeneas antreiben wollte.


Calyce (Gr. M.), 1) Tochter des Aeolus, Königs der liparischen Inseln, und der Enarete; sie hatte vier Schwestern und sieben Brüder, denen allen der reiche König ganze Inseln schenkte, die jedoch bis zu seinem späten Alter sich täglich alle in seiner Halle versammeln mussten. Sie war die Mutter des Endymion von Aethlius, dem Sohne des Jupiter und der Protogenia. - 2) C., Tochter des Hecaton, Geliebte des Neptun, von welchem sie den Cycnus empfing, der später von Achilles vor Troja erschlagen und in einen Schwan verwandelt wurde.


Calydon (Gr. M.), Sohn des Aetolus, Königs von Elis, und der Pronoe (einer Tochter des Phorbas), Vater der Epicaste und der Protogenia, welche er mit der Tochter des messenischen Königs Amythaon, Aeolia, erzeugt hatte.


Calydonischer Eber (Gr. M.). Oeneus, König von Calydon, hatte allen Göttern ein feierliches Dankopfer gebracht, nur der Diana vergessen, welche ihm dafür ein Thier in Ebergestalt, doch von der Grösse des grössten Stieres, mit Borsten gleich Pfeilen, mit Hauern gleich Elephantenzähnen zuschickte; es spie Feuer, verwüstete die Weinberge, die Wälder, reutete die Kornfelder aus, tödtete das Vieh und zwang die Menschen, in die Stadt Calydon zu flüchten. Jetzt vereinigte der tapfere Meleager (s. d.) die heldenmüthigsten Jünglinge von ganz Griechenland zu einer grossen Jagd auf diess Unthier. Echion, Jason und Mopsus (s. dd.) warfen ihre Speere vergeblich nach dem Ungeheuer, Eupalamus und Pelagon wurden von demselben niedergestreckt, so auch Enäsimus, und Achilles' Vater entging dem Verderben nur, indem er sich auf einen Baum schwang, an welchem nun der Eber seine Zähne wetzte, um sie in die Seite desselben zu setzen und ihn mit den Wurzeln auszuheben, als Castor und Pollux sich naheten, vor deren Speeren das Thier sich in dem Dickicht des Waldes verbarg. Da schoss Atalanta (s. d.) einen gefiederten Pfeil auf dasselbe und traf es am Ohre. Meleager rühmte ihren Schuss, sagend, sie erringe sich den Preis der Männer; prahlend wollte nun Ancäus (s. d. 1) zeigen, was ein Mann für Thaten vollführe im Vergleich mit dem Weibe, und rief: "wenn Diana selbst den Eber schützte, sollte derselbe ihr zum Trotz doch erliegen;" so erhob er seine Streitaxt, aber noch ehe sie niederfiel, waren ihm die Weichen aufgeschlitzt; Peleus wollte das Wild tödten und traf seinen Schwiegervater Eurytion, und noch manches Unglück folgte, bevor Meleager zwei Speere nach dem Eber warf, worauf dieser todt niederstürzte. Die Gefährten eilten jubelnd herbei und tauchten ihre Waffen in das Blut des grimmigen Feindes, aber Meleager nahm die Siegesbeute, Haut und Kopf des Thieres, und schenkte beides der Atalanta, weil sie demselben die erste Wunde beigebracht hatte, worüber nun ein förmlicher Krieg mit Meleagers Oheimen entstand. Das Weitere unter Atalanta 1).


Calypso (Gr. M.), eine Meernymphe, deren Eltern sehr verschieden angegeben werden, indem sie bald eine Nereide, bald eine Atlantide, bald eine Oceanide genannt wird. Auf der Insel Ogygia hatte sie ihr Feenschloss, das von unbeschreiblicher Pracht war; in diesem sass sie, webend künstliche Bilder am goldenen Webstuhl, als Ulysses, durch Stürme getrieben, nachdem er, an einen Mast angeklammert, neun Tage auf offenem Meere gewesen, auf ihrer Insel anlangte. Was die Götter an Freude zu geben vermögen, bot ihm die schöne Meerfee, Unsterblichkeit und ewige Jugend, wenn er immer bei ihr bleiben wolle. Sieben Jahre hielt sie ihn fest, während er vor Heimweh sich immer den Tod wünschte, bis auf Andringen der Minerva Jupiter durch Mercur der C. den Befehl sandte, ihren Geliebten zu entlassen, und nun gab sie ihm selbst Holz und Werkzeug, um sich ein Schiff zu bauen, auf welchem er zu Alcinous, dem Könige der Phäaken, entkam. C. hatte nach späteren Sagen von Ulysses zwei Söhne, Nausithous und Nausinous; einem dritten, Auson, Stammvater des ausonischen Volkes in Italien, gibt man bald C., bald Circe zur Mutter. Die Dichtung Fenelons, wonach Telemachus, seinen Vater suchend, zu C. kommt, hat keinen Grund in der alten Mythologie.


Calva (Röm. M.), "die Kahle", Beiname der Venus. Bei der Belagerung des Capitols durch die Gallier unter Brennus fehlte es zuletzt an Stricken zu Wurfmaschinen; nun gaben die Weiber ihre Haare dazu her, worauf nach beendigtem Kriege zum Andenken an diese Begebenheit der Venus unter obigem Beinamen eine Bildsäule geweiht wurde.


Tempel des Apollo zu Delphi weihen zu müssen, weil er sonst nicht die Erinnyen los würde. Sein Diener verrieth die Nichtigkeit dieser Angabe, und die Brüder der verlassenen Gattin ermordeten den Alcmäon; – da bat Callirrhoë den Jupiter, er möge ihre beiden Söhne erwachsen lassen, damit sie den Vater rächen könnten. Jupiter liess ihren Wunsch in Erfüllung gehen; Amphoterus und Acarnan erwuchsen plötzlich zu Männern und tödteten Phegeus mit seiner Gemahlin und deren beiden Söhnen, Pronous und Agenor. – 5) C., des Flussgottes Scamander Tochter. Erichthonius hatte von seiner Gattin Astyoche, des Simoïs Tochter, einen Sohn Tros; dieser gab dem Reiche, das sein Vater beherrschte, den Namen Troja, und verband sich mit der Tochter des Scamander, des Gottes des Hauptflusses seines Landes, von welcher er mit Cleopatra und drei Knaben, Ilus, Assaracus und Ganymedes, beschenkt wurde. – 6) C., verschmähte die Liebe des Coresus, eines Priesters des Bacchus; dieser klagte sein Leid dem Gotte, und dieser machte mehrere Frauen der Gegend von Calydon, wo das spröde Mädchen wohnte, rasend. Auf des Orakels Rath sollte C. geopfert werden und Coresus das Opfer verrichten, seine Liebe aber bewog ihn, sich selbst für C. zu opfern, welches diese so sehr rührte, dass sie sich in einen Fluss stürzte, dessen Quelle, zum Andenken an diese That, nach ihr benannt wurde. – 7) C., Tochter des Piranthus (Sohnes des Argus und der Evadne), Schwester des Argus, Arestorides und Triopas.


Callistea (Gr. Festbrauch), ein Fest, welches die Bewohner von Lesbos der Juno zu Ehren anstellten, wobei die Schönheit um den Preis warb. Ein ähnlicher Wettkampf war bei den Parrhasiern in Arcadien, am Feste der eleusinischen Ceres, von Cypselus gestiftet; das reizendste Mädchen erhielt einen Schmuck, und die Frauen hiessen davon Chrysophoren, Goldtragende. In Elis bestand der gleiche festliche Wettkampf für Männer.


Callisto (Gr. M.), die schönste der Jungfrauen in Arcadien, aus Nonacris, einer Stadt, welche ihrer Mutter Nonacris den Namen dankte, und des Lycaon. Sie verschmähete die Geschäfte der Weiber; gleich den Männern führte sie Wurfspiess und Pfeile, und zog an der Seite der kühnen Diana, deren Liebling sie war, zur Jagd. Einst hatte sie ermüdet im dunklen Walde den Bogen abgespannt und ihr schönes Haupt auf den bunt bemalten Köcher gelegt, als Jupiter in Diana's Gestalt sich ihr nahete, die Arme überraschte und seinen Wünschen unterwarf. Ovid erzählt, wie sie beschämt der wahren Diana kaum zu nahen wagte, wie dann Arcas ihr Sohn geboren ward, und Juno voll Zorn herabstieg vom Himmel, bei dem Lockenhaar die Arme ergriff, zur Erde warf und in eine Bärin verwandelte; wie nach fünfzehn Jahren ihr eigener Sohn, ein muthiger Jäger, sie zu erlegen im Begriff war, als Jupiter den Arcas, so wie seine Mutter, an den Himmel versetzte. Juno, ihre Rachsucht nicht vergessend, stieg nochmals zur Erde und bat den Oceanus und die Tethys, den Beiden zu wehren, dass sie die ermatteten Glieder in des Meeres Fluth badeten, daher diese Gestirne niemals untergehen. Dieselben stehen sehr kenntlich am nördlichen Himmel. Der grosse Bär, im Munde des gemeinen Mannes der Himmelswagen genannt, in welchen C. verwandelt wurde, ist besonders durch sieben Sterne zweiter und dritter Grösse ausgezeichnet, wovon Viere in einem unregelmässigen Viereck, und Dreie in einer leicht gekrümmten Linie nahe an dem Viereck stehen, und eben den Wagen mit der Deichsel bilden, während sie nach der andern Auffassung den Schweif und den Rücken des grossen Bären einnehmen. Der kleine Bär, das Gestirn, in welches Arcas verwandelt wurde, hat gleichfalls vier Sterne in einem mehr regelmässigen Rechteck, und drei Sterne im Schweif, von denen der letzte der Polarstern ist.


Calybe 1) (Gr. M.), eine Nymphe, mit welcher Laomedon den Bucolion erzeugte. Dieses Letztern Geliebte war die Nymphe Abarbarea, durch welche er Vater des Aesepus und Pedasus wurde. – 2) C. (Röm. M.), eine Priesterin der Juno in Ardea, deren Gestalt die Furie Alecto annahm, als sie den jungen Turnus zum Kriege gegen Aeneas antreiben wollte.


Calyce (Gr. M.), 1) Tochter des Aeolus, Königs der liparischen Inseln, und der Enarete; sie hatte vier Schwestern und sieben Brüder, denen allen der reiche König ganze Inseln schenkte, die jedoch bis zu seinem späten Alter sich täglich alle in seiner Halle versammeln mussten. Sie war die Mutter des Endymion von Aethlius, dem Sohne des Jupiter und der Protogenia. – 2) C., Tochter des Hecaton, Geliebte des Neptun, von welchem sie den Cycnus empfing, der später von Achilles vor Troja erschlagen und in einen Schwan verwandelt wurde.


Calydon (Gr. M.), Sohn des Aetolus, Königs von Elis, und der Pronoë (einer Tochter des Phorbas), Vater der Epicaste und der Protogenia, welche er mit der Tochter des messenischen Königs Amythaon, Aeolia, erzeugt hatte.


Calydonischer Eber (Gr. M.). Oeneus, König von Calydon, hatte allen Göttern ein feierliches Dankopfer gebracht, nur der Diana vergessen, welche ihm dafür ein Thier in Ebergestalt, doch von der Grösse des grössten Stieres, mit Borsten gleich Pfeilen, mit Hauern gleich Elephantenzähnen zuschickte; es spie Feuer, verwüstete die Weinberge, die Wälder, reutete die Kornfelder aus, tödtete das Vieh und zwang die Menschen, in die Stadt Calydon zu flüchten. Jetzt vereinigte der tapfere Meleager (s. d.) die heldenmüthigsten Jünglinge von ganz Griechenland zu einer grossen Jagd auf diess Unthier. Echion, Jason und Mopsus (s. dd.) warfen ihre Speere vergeblich nach dem Ungeheuer, Eupalamus und Pelagon wurden von demselben niedergestreckt, so auch Enäsimus, und Achilles' Vater entging dem Verderben nur, indem er sich auf einen Baum schwang, an welchem nun der Eber seine Zähne wetzte, um sie in die Seite desselben zu setzen und ihn mit den Wurzeln auszuheben, als Castor und Pollux sich naheten, vor deren Speeren das Thier sich in dem Dickicht des Waldes verbarg. Da schoss Atalanta (s. d.) einen gefiederten Pfeil auf dasselbe und traf es am Ohre. Meleager rühmte ihren Schuss, sagend, sie erringe sich den Preis der Männer; prahlend wollte nun Ancäus (s. d. 1) zeigen, was ein Mann für Thaten vollführe im Vergleich mit dem Weibe, und rief: »wenn Diana selbst den Eber schützte, sollte derselbe ihr zum Trotz doch erliegen;« so erhob er seine Streitaxt, aber noch ehe sie niederfiel, waren ihm die Weichen aufgeschlitzt; Peleus wollte das Wild tödten und traf seinen Schwiegervater Eurytion, und noch manches Unglück folgte, bevor Meleager zwei Speere nach dem Eber warf, worauf dieser todt niederstürzte. Die Gefährten eilten jubelnd herbei und tauchten ihre Waffen in das Blut des grimmigen Feindes, aber Meleager nahm die Siegesbeute, Haut und Kopf des Thieres, und schenkte beides der Atalanta, weil sie demselben die erste Wunde beigebracht hatte, worüber nun ein förmlicher Krieg mit Meleagers Oheimen entstand. Das Weitere unter Atalanta 1).


Calypso (Gr. M.), eine Meernymphe, deren Eltern sehr verschieden angegeben werden, indem sie bald eine Nereïde, bald eine Atlantide, bald eine Oceanide genannt wird. Auf der Insel Ogygia hatte sie ihr Feenschloss, das von unbeschreiblicher Pracht war; in diesem sass sie, webend künstliche Bilder am goldenen Webstuhl, als Ulysses, durch Stürme getrieben, nachdem er, an einen Mast angeklammert, neun Tage auf offenem Meere gewesen, auf ihrer Insel anlangte. Was die Götter an Freude zu geben vermögen, bot ihm die schöne Meerfee, Unsterblichkeit und ewige Jugend, wenn er immer bei ihr bleiben wolle. Sieben Jahre hielt sie ihn fest, während er vor Heimweh sich immer den Tod wünschte, bis auf Andringen der Minerva Jupiter durch Mercur der C. den Befehl sandte, ihren Geliebten zu entlassen, und nun gab sie ihm selbst Holz und Werkzeug, um sich ein Schiff zu bauen, auf welchem er zu Alcinous, dem Könige der Phäaken, entkam. C. hatte nach späteren Sagen von Ulysses zwei Söhne, Nausithous und Nausinous; einem dritten, Auson, Stammvater des ausonischen Volkes in Italien, gibt man bald C., bald Circe zur Mutter. Die Dichtung Fénélons, wonach Telemachus, seinen Vater suchend, zu C. kommt, hat keinen Grund in der alten Mythologie.


Calva (Röm. M.), »die Kahle«, Beiname der Venus. Bei der Belagerung des Capitols durch die Gallier unter Brennus fehlte es zuletzt an Stricken zu Wurfmaschinen; nun gaben die Weiber ihre Haare dazu her, worauf nach beendigtem Kriege zum Andenken an diese Begebenheit der Venus unter obigem Beinamen eine Bildsäule geweiht wurde.


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Tempel des Apollo zu Delphi weihen zu müssen, weil er sonst nicht die Erinnyen los würde. Sein Diener verrieth die Nichtigkeit dieser Angabe, und die Brüder der verlassenen Gattin ermordeten den Alcmäon; &#x2013; da bat Callirrhoë den Jupiter, er möge ihre beiden Söhne erwachsen lassen, damit sie den Vater rächen könnten. Jupiter liess ihren Wunsch in Erfüllung gehen; Amphoterus und Acarnan erwuchsen plötzlich zu Männern und tödteten Phegeus mit seiner Gemahlin und deren beiden Söhnen, Pronous und Agenor. &#x2013; 5) C., des Flussgottes Scamander Tochter. Erichthonius hatte von seiner Gattin Astyoche, des Simoïs Tochter, einen Sohn Tros; dieser gab dem Reiche, das sein Vater beherrschte, den Namen Troja, und verband sich mit der Tochter des Scamander, des Gottes des Hauptflusses seines Landes, von welcher er mit Cleopatra und drei Knaben, Ilus, Assaracus und Ganymedes, beschenkt wurde. &#x2013; 6) C., verschmähte die Liebe des Coresus, eines Priesters des Bacchus; dieser klagte sein Leid dem Gotte, und dieser machte mehrere Frauen der Gegend von Calydon, wo das spröde Mädchen wohnte, rasend. Auf des Orakels Rath sollte C. geopfert werden und Coresus das Opfer verrichten, seine Liebe aber bewog ihn, sich selbst für C. zu opfern, welches diese so sehr rührte, dass sie sich in einen Fluss stürzte, dessen Quelle, zum Andenken an diese That, nach ihr benannt wurde. &#x2013; 7) C., Tochter des Piranthus (Sohnes des Argus und der Evadne), Schwester des Argus, Arestorides und Triopas.</p><lb/>
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[121/0191] Tempel des Apollo zu Delphi weihen zu müssen, weil er sonst nicht die Erinnyen los würde. Sein Diener verrieth die Nichtigkeit dieser Angabe, und die Brüder der verlassenen Gattin ermordeten den Alcmäon; – da bat Callirrhoë den Jupiter, er möge ihre beiden Söhne erwachsen lassen, damit sie den Vater rächen könnten. Jupiter liess ihren Wunsch in Erfüllung gehen; Amphoterus und Acarnan erwuchsen plötzlich zu Männern und tödteten Phegeus mit seiner Gemahlin und deren beiden Söhnen, Pronous und Agenor. – 5) C., des Flussgottes Scamander Tochter. Erichthonius hatte von seiner Gattin Astyoche, des Simoïs Tochter, einen Sohn Tros; dieser gab dem Reiche, das sein Vater beherrschte, den Namen Troja, und verband sich mit der Tochter des Scamander, des Gottes des Hauptflusses seines Landes, von welcher er mit Cleopatra und drei Knaben, Ilus, Assaracus und Ganymedes, beschenkt wurde. – 6) C., verschmähte die Liebe des Coresus, eines Priesters des Bacchus; dieser klagte sein Leid dem Gotte, und dieser machte mehrere Frauen der Gegend von Calydon, wo das spröde Mädchen wohnte, rasend. Auf des Orakels Rath sollte C. geopfert werden und Coresus das Opfer verrichten, seine Liebe aber bewog ihn, sich selbst für C. zu opfern, welches diese so sehr rührte, dass sie sich in einen Fluss stürzte, dessen Quelle, zum Andenken an diese That, nach ihr benannt wurde. – 7) C., Tochter des Piranthus (Sohnes des Argus und der Evadne), Schwester des Argus, Arestorides und Triopas. Callistea (Gr. Festbrauch), ein Fest, welches die Bewohner von Lesbos der Juno zu Ehren anstellten, wobei die Schönheit um den Preis warb. Ein ähnlicher Wettkampf war bei den Parrhasiern in Arcadien, am Feste der eleusinischen Ceres, von Cypselus gestiftet; das reizendste Mädchen erhielt einen Schmuck, und die Frauen hiessen davon Chrysophoren, Goldtragende. In Elis bestand der gleiche festliche Wettkampf für Männer. Callisto (Gr. M.), die schönste der Jungfrauen in Arcadien, aus Nonacris, einer Stadt, welche ihrer Mutter Nonacris den Namen dankte, und des Lycaon. Sie verschmähete die Geschäfte der Weiber; gleich den Männern führte sie Wurfspiess und Pfeile, und zog an der Seite der kühnen Diana, deren Liebling sie war, zur Jagd. Einst hatte sie ermüdet im dunklen Walde den Bogen abgespannt und ihr schönes Haupt auf den bunt bemalten Köcher gelegt, als Jupiter in Diana's Gestalt sich ihr nahete, die Arme überraschte und seinen Wünschen unterwarf. Ovid erzählt, wie sie beschämt der wahren Diana kaum zu nahen wagte, wie dann Arcas ihr Sohn geboren ward, und Juno voll Zorn herabstieg vom Himmel, bei dem Lockenhaar die Arme ergriff, zur Erde warf und in eine Bärin verwandelte; wie nach fünfzehn Jahren ihr eigener Sohn, ein muthiger Jäger, sie zu erlegen im Begriff war, als Jupiter den Arcas, so wie seine Mutter, an den Himmel versetzte. Juno, ihre Rachsucht nicht vergessend, stieg nochmals zur Erde und bat den Oceanus und die Tethys, den Beiden zu wehren, dass sie die ermatteten Glieder in des Meeres Fluth badeten, daher diese Gestirne niemals untergehen. Dieselben stehen sehr kenntlich am nördlichen Himmel. Der grosse Bär, im Munde des gemeinen Mannes der Himmelswagen genannt, in welchen C. verwandelt wurde, ist besonders durch sieben Sterne zweiter und dritter Grösse ausgezeichnet, wovon Viere in einem unregelmässigen Viereck, und Dreie in einer leicht gekrümmten Linie nahe an dem Viereck stehen, und eben den Wagen mit der Deichsel bilden, während sie nach der andern Auffassung den Schweif und den Rücken des grossen Bären einnehmen. Der kleine Bär, das Gestirn, in welches Arcas verwandelt wurde, hat gleichfalls vier Sterne in einem mehr regelmässigen Rechteck, und drei Sterne im Schweif, von denen der letzte der Polarstern ist. Calybe 1) (Gr. M.), eine Nymphe, mit welcher Laomedon den Bucolion erzeugte. Dieses Letztern Geliebte war die Nymphe Abarbarea, durch welche er Vater des Aesepus und Pedasus wurde. – 2) C. (Röm. M.), eine Priesterin der Juno in Ardea, deren Gestalt die Furie Alecto annahm, als sie den jungen Turnus zum Kriege gegen Aeneas antreiben wollte. Calyce (Gr. M.), 1) Tochter des Aeolus, Königs der liparischen Inseln, und der Enarete; sie hatte vier Schwestern und sieben Brüder, denen allen der reiche König ganze Inseln schenkte, die jedoch bis zu seinem späten Alter sich täglich alle in seiner Halle versammeln mussten. Sie war die Mutter des Endymion von Aethlius, dem Sohne des Jupiter und der Protogenia. – 2) C., Tochter des Hecaton, Geliebte des Neptun, von welchem sie den Cycnus empfing, der später von Achilles vor Troja erschlagen und in einen Schwan verwandelt wurde. Calydon (Gr. M.), Sohn des Aetolus, Königs von Elis, und der Pronoë (einer Tochter des Phorbas), Vater der Epicaste und der Protogenia, welche er mit der Tochter des messenischen Königs Amythaon, Aeolia, erzeugt hatte. Calydonischer Eber (Gr. M.). Oeneus, König von Calydon, hatte allen Göttern ein feierliches Dankopfer gebracht, nur der Diana vergessen, welche ihm dafür ein Thier in Ebergestalt, doch von der Grösse des grössten Stieres, mit Borsten gleich Pfeilen, mit Hauern gleich Elephantenzähnen zuschickte; es spie Feuer, verwüstete die Weinberge, die Wälder, reutete die Kornfelder aus, tödtete das Vieh und zwang die Menschen, in die Stadt Calydon zu flüchten. Jetzt vereinigte der tapfere Meleager (s. d.) die heldenmüthigsten Jünglinge von ganz Griechenland zu einer grossen Jagd auf diess Unthier. Echion, Jason und Mopsus (s. dd.) warfen ihre Speere vergeblich nach dem Ungeheuer, Eupalamus und Pelagon wurden von demselben niedergestreckt, so auch Enäsimus, und Achilles' Vater entging dem Verderben nur, indem er sich auf einen Baum schwang, an welchem nun der Eber seine Zähne wetzte, um sie in die Seite desselben zu setzen und ihn mit den Wurzeln auszuheben, als Castor und Pollux sich naheten, vor deren Speeren das Thier sich in dem Dickicht des Waldes verbarg. Da schoss Atalanta (s. d.) einen gefiederten Pfeil auf dasselbe und traf es am Ohre. Meleager rühmte ihren Schuss, sagend, sie erringe sich den Preis der Männer; prahlend wollte nun Ancäus (s. d. 1) zeigen, was ein Mann für Thaten vollführe im Vergleich mit dem Weibe, und rief: »wenn Diana selbst den Eber schützte, sollte derselbe ihr zum Trotz doch erliegen;« so erhob er seine Streitaxt, aber noch ehe sie niederfiel, waren ihm die Weichen aufgeschlitzt; Peleus wollte das Wild tödten und traf seinen Schwiegervater Eurytion, und noch manches Unglück folgte, bevor Meleager zwei Speere nach dem Eber warf, worauf dieser todt niederstürzte. Die Gefährten eilten jubelnd herbei und tauchten ihre Waffen in das Blut des grimmigen Feindes, aber Meleager nahm die Siegesbeute, Haut und Kopf des Thieres, und schenkte beides der Atalanta, weil sie demselben die erste Wunde beigebracht hatte, worüber nun ein förmlicher Krieg mit Meleagers Oheimen entstand. Das Weitere unter Atalanta 1). Calypso (Gr. M.), eine Meernymphe, deren Eltern sehr verschieden angegeben werden, indem sie bald eine Nereïde, bald eine Atlantide, bald eine Oceanide genannt wird. Auf der Insel Ogygia hatte sie ihr Feenschloss, das von unbeschreiblicher Pracht war; in diesem sass sie, webend künstliche Bilder am goldenen Webstuhl, als Ulysses, durch Stürme getrieben, nachdem er, an einen Mast angeklammert, neun Tage auf offenem Meere gewesen, auf ihrer Insel anlangte. Was die Götter an Freude zu geben vermögen, bot ihm die schöne Meerfee, Unsterblichkeit und ewige Jugend, wenn er immer bei ihr bleiben wolle. Sieben Jahre hielt sie ihn fest, während er vor Heimweh sich immer den Tod wünschte, bis auf Andringen der Minerva Jupiter durch Mercur der C. den Befehl sandte, ihren Geliebten zu entlassen, und nun gab sie ihm selbst Holz und Werkzeug, um sich ein Schiff zu bauen, auf welchem er zu Alcinous, dem Könige der Phäaken, entkam. C. hatte nach späteren Sagen von Ulysses zwei Söhne, Nausithous und Nausinous; einem dritten, Auson, Stammvater des ausonischen Volkes in Italien, gibt man bald C., bald Circe zur Mutter. Die Dichtung Fénélons, wonach Telemachus, seinen Vater suchend, zu C. kommt, hat keinen Grund in der alten Mythologie. Calva (Röm. M.), »die Kahle«, Beiname der Venus. Bei der Belagerung des Capitols durch die Gallier unter Brennus fehlte es zuletzt an Stricken zu Wurfmaschinen; nun gaben die Weiber ihre Haare dazu her, worauf nach beendigtem Kriege zum Andenken an diese Begebenheit der Venus unter obigem Beinamen eine Bildsäule geweiht wurde.

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/191>, abgerufen am 15.05.2024.