Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite



Fig. 139.
gebar. Sie, die glücklichste Mutter bis zum Kriege, der Troja zerstörte, war bestimmt, die Unglücklichste unter allen Frauen zu werden. Als sie mit Paris in Hoffnung war, träumte sie, dass sie eine Fackel gebäre, welche ganz Troja verbrenne; Aesacus, der älteste Sohn des Priamus, legte diesen Traum dahin aus, dass jenes Kind, welches H. unter dem Herzen trage, den Untergang der Stadt herbeiführen würde. Obwohl nun ausgesetzt, ward Paris doch wunderbar erhalten, ward der Liebling seiner Mutter, und durch den Raub der Helena Ursache der Zerstörung der Stadt. H. sah ihre neunzehn Söhne vor den Mauern Troja's sterben, sah ihre Tochter Cassandra als Sclavin, ihre Tochter Polyxena am Grabe des Achilles dem Todten geopfert, sah ihres Gatten Haupt fallen und sich selbst als Sclavin des Ulysses fortgeführt; diesen schmähend, ward sie von den erzürnten Griechen gesteinigt, doch bei Hinwegräumung der Steine fand man ihren Leichnam nicht, sie war zu den Göttern entrückt, an ihrer Stelle lag ein todter Hund. Sie soll vorher noch Polymestor, König im thracischen Chersonnes, den Mörder ihres jüngsten Sohnes Polydorus (welchen sie zu jenem Könige geschickt hatte, damit von dem Königshause doch einer erhalten würde, der aber seiner Schätze wegen von Polymestor umgebracht worden war) bestraft haben, indem sie ihm die Augen ausriss und seine beiden Söhne tödtete. Auf unserer Abbildung sehen wir die trauernde H., ihren todten Enkel Astyanax auf dem Schoosse (Vasen-Gemälde).


Hedin (Nord. M.), 1) der Entführer der schönen Schildjungfrau Hildur (s. d.). - 2) H., s. Swawa.


Heffring (Nord. M.), "die sich Erhebende", eine von den neun Wellenmädchen, eine Tochter des Meergottes Aeger und der Ran.


Hefti (Nord. M.), ein Wurm im Fleische des ungeheuren ersten Eisriesen Ymer, dann aus demselben hervorgehend der erste Zwerg, welcher allen in der Erde wohnenden Zwergen das Dasein gab.


Hegemone (Gr. M.), 1) Beiname der Diana in Sparta und Arcadien. - 2) H., eine Charis (Grazie), die man in Athen anrief, wann die waffenfähig gewordenen Jünglinge den Bürger-Eid schwuren.


Hegetoria (Gr. M.), eine Nymphe zu Rhodus, mit welcher Ochimus, Sohn des Sonnengottes, König von Rhodus, sich vermählte; sie gebar ihm die Cydippe, welche sein Bruder Cercaphus, der ihm im Reiche folgte, zur Gattin nahm.


Heldrun (Nord. M.), eine grosse Ziege, welche vor Walhalla steht, deren Euter jedoch nicht Milch, sondern Meth, und zwar in solcher Menge gibt, dass alle Helden an Odins Tafel davon schwelgen können, und trotz des starken Verbrauchs es doch niemals fehlt.


Heimarmene (Gr. M.), "der zugewiesene Antheil", Personification des Verhängnisses.


Heimdal (Nord. M.), der Sohn, den Odin einst mit neun Joten-Mädchen, die er am Meere fand, erzeugte, so dass sie alle Mütter dieses einen Gottes wurden. Er erbte von seinen Müttern Schönheit und Grösse, so wie Weisheit und Stärke von seinem Vater, wesshalb ihm dieser ein hochwichtiges Amt, das des Wächters an der Bifröstbrücke, übertrug; dort wohnt er in einem freiligenden Palast Himminbiörg (Himmelsburg), und schaut rings um sich, ob Bergriesen oder sonst Feinde der Brücke sich nahen. Während er wacht, können die Götter ruhig schlummern, denn ihn täuscht man nicht: er sieht selbst des Nachts auf eine Entfernung von hundert Meilen, und hört Gras und Haare wachsen, auch schläft er kaum so viel als ein Adler; wenn Feinde kommen, stösst er in sein Giallarhorn, dass die ganze Welt erbebt; dann versammeln sich die Asen und die Einheriar, die Helden in Walhalla, zum Kampfe. Diess geschieht besonders beim Weltuntergange, bei welchem er mit Loke kämpft, und beide einander wechselseitig tödten. Einen Beinamen, Gullintani (Goldzahn), führt er davon, dass seine Zähne von Gold sind.


Heimir (Nord. M.), der heldenhafte Lehrer der mächtigen Schildjungfrau Brynhildur.


Heimonskinder, s. Aimon.


Heiti (Nord. M.), eine Zauberjungfrau von freundlichem Aeussern und bösem Sinn; sie verstand alles mögliche Unheil zu kochen, brachte durch ihre reichen Geschenke Habsucht unter die Menschen, machte die Mädchen lüstern und zu bösen Weibern, brachte Alles in's Unglück, indem ihr Gold entfloh, wie der Schatten einer Wolke, und nur die Bedürfnisse, nicht aber die Mittel, sie zu befriedigen, übrig blieben; brachte dann Raub und Krieg unter die Menschen, und obwohl die Asen sie schon dreimal getödtet haben, lebt sie doch noch immer.


Hel, Fig. 140 (Nord. M.), Tochter des Loke und der Riesin Angerbode, Schwester des Wolfes Fenrir und der Schlange Jormungand. Alle drei Geschwister gehörten


Fig. 140.
zu den entsetzlichsten Geburten der Unterwelt, und weil die Asen wussten, welche Schrecken ihrer von diesen Kindern warteten, so schleuderten sie die Schlange in das Meer, wo sie wuchs, bis sie die ganze Erde als Midgards-Schlange umgab, fesselten den Fenris mit einem unzerreissbaren Bande, und setzten endlich auch das dritte Kind des Loke, die grässliche H., in die Unterwelt. Dort ward sie Beherrscherin von den neun Welten, die zu dem Reiche Niflheim oder Helheim gehören, und



Fig. 139.
gebar. Sie, die glücklichste Mutter bis zum Kriege, der Troja zerstörte, war bestimmt, die Unglücklichste unter allen Frauen zu werden. Als sie mit Paris in Hoffnung war, träumte sie, dass sie eine Fackel gebäre, welche ganz Troja verbrenne; Aesacus, der älteste Sohn des Priamus, legte diesen Traum dahin aus, dass jenes Kind, welches H. unter dem Herzen trage, den Untergang der Stadt herbeiführen würde. Obwohl nun ausgesetzt, ward Paris doch wunderbar erhalten, ward der Liebling seiner Mutter, und durch den Raub der Helena Ursache der Zerstörung der Stadt. H. sah ihre neunzehn Söhne vor den Mauern Troja's sterben, sah ihre Tochter Cassandra als Sclavin, ihre Tochter Polyxena am Grabe des Achilles dem Todten geopfert, sah ihres Gatten Haupt fallen und sich selbst als Sclavin des Ulysses fortgeführt; diesen schmähend, ward sie von den erzürnten Griechen gesteinigt, doch bei Hinwegräumung der Steine fand man ihren Leichnam nicht, sie war zu den Göttern entrückt, an ihrer Stelle lag ein todter Hund. Sie soll vorher noch Polymestor, König im thracischen Chersonnes, den Mörder ihres jüngsten Sohnes Polydorus (welchen sie zu jenem Könige geschickt hatte, damit von dem Königshause doch einer erhalten würde, der aber seiner Schätze wegen von Polymestor umgebracht worden war) bestraft haben, indem sie ihm die Augen ausriss und seine beiden Söhne tödtete. Auf unserer Abbildung sehen wir die trauernde H., ihren todten Enkel Astyanax auf dem Schoosse (Vasen-Gemälde).


Hedin (Nord. M.), 1) der Entführer der schönen Schildjungfrau Hildur (s. d.). – 2) H., s. Swawa.


Heffring (Nord. M.), »die sich Erhebende«, eine von den neun Wellenmädchen, eine Tochter des Meergottes Aeger und der Ran.


Hefti (Nord. M.), ein Wurm im Fleische des ungeheuren ersten Eisriesen Ymer, dann aus demselben hervorgehend der erste Zwerg, welcher allen in der Erde wohnenden Zwergen das Dasein gab.


Hegemone (Gr. M.), 1) Beiname der Diana in Sparta und Arcadien. – 2) H., eine Charis (Grazie), die man in Athen anrief, wann die waffenfähig gewordenen Jünglinge den Bürger-Eid schwuren.


Hegetoria (Gr. M.), eine Nymphe zu Rhodus, mit welcher Ochimus, Sohn des Sonnengottes, König von Rhodus, sich vermählte; sie gebar ihm die Cydippe, welche sein Bruder Cercaphus, der ihm im Reiche folgte, zur Gattin nahm.


Heldrun (Nord. M.), eine grosse Ziege, welche vor Walhalla steht, deren Euter jedoch nicht Milch, sondern Meth, und zwar in solcher Menge gibt, dass alle Helden an Odins Tafel davon schwelgen können, und trotz des starken Verbrauchs es doch niemals fehlt.


Heimarmene (Gr. M.), »der zugewiesene Antheil«, Personification des Verhängnisses.


Heimdal (Nord. M.), der Sohn, den Odin einst mit neun Joten-Mädchen, die er am Meere fand, erzeugte, so dass sie alle Mütter dieses einen Gottes wurden. Er erbte von seinen Müttern Schönheit und Grösse, so wie Weisheit und Stärke von seinem Vater, wesshalb ihm dieser ein hochwichtiges Amt, das des Wächters an der Bifröstbrücke, übertrug; dort wohnt er in einem freiligenden Palast Himminbiörg (Himmelsburg), und schaut rings um sich, ob Bergriesen oder sonst Feinde der Brücke sich nahen. Während er wacht, können die Götter ruhig schlummern, denn ihn täuscht man nicht: er sieht selbst des Nachts auf eine Entfernung von hundert Meilen, und hört Gras und Haare wachsen, auch schläft er kaum so viel als ein Adler; wenn Feinde kommen, stösst er in sein Giallarhorn, dass die ganze Welt erbebt; dann versammeln sich die Asen und die Einheriar, die Helden in Walhalla, zum Kampfe. Diess geschieht besonders beim Weltuntergange, bei welchem er mit Loke kämpft, und beide einander wechselseitig tödten. Einen Beinamen, Gullintani (Goldzahn), führt er davon, dass seine Zähne von Gold sind.


Heimir (Nord. M.), der heldenhafte Lehrer der mächtigen Schildjungfrau Brynhildur.


Heimonskinder, s. Aimon.


Heiti (Nord. M.), eine Zauberjungfrau von freundlichem Aeussern und bösem Sinn; sie verstand alles mögliche Unheil zu kochen, brachte durch ihre reichen Geschenke Habsucht unter die Menschen, machte die Mädchen lüstern und zu bösen Weibern, brachte Alles in's Unglück, indem ihr Gold entfloh, wie der Schatten einer Wolke, und nur die Bedürfnisse, nicht aber die Mittel, sie zu befriedigen, übrig blieben; brachte dann Raub und Krieg unter die Menschen, und obwohl die Asen sie schon dreimal getödtet haben, lebt sie doch noch immer.


Hel, Fig. 140 (Nord. M.), Tochter des Loke und der Riesin Angerbode, Schwester des Wolfes Fenrir und der Schlange Jormungand. Alle drei Geschwister gehörten


Fig. 140.
zu den entsetzlichsten Geburten der Unterwelt, und weil die Asen wussten, welche Schrecken ihrer von diesen Kindern warteten, so schleuderten sie die Schlange in das Meer, wo sie wuchs, bis sie die ganze Erde als Midgards-Schlange umgab, fesselten den Fenris mit einem unzerreissbaren Bande, und setzten endlich auch das dritte Kind des Loke, die grässliche H., in die Unterwelt. Dort ward sie Beherrscherin von den neun Welten, die zu dem Reiche Niflheim oder Helheim gehören, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0302" n="232"/><lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0139.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 139.</head><lb/></figure><lb/>
gebar. Sie, die glücklichste Mutter bis zum Kriege, der Troja zerstörte, war bestimmt, die Unglücklichste unter allen Frauen zu werden. Als sie mit Paris in Hoffnung war, träumte sie, dass sie eine Fackel gebäre, welche ganz Troja verbrenne; Aesacus, der älteste Sohn des Priamus, legte diesen Traum dahin aus, dass jenes Kind, welches H. unter dem Herzen trage, den Untergang der Stadt herbeiführen würde. Obwohl nun ausgesetzt, ward Paris doch wunderbar erhalten, ward der Liebling seiner Mutter, und durch den Raub der Helena Ursache der Zerstörung der Stadt. H. sah ihre neunzehn Söhne vor den Mauern Troja's sterben, sah ihre Tochter Cassandra als Sclavin, ihre Tochter Polyxena am Grabe des Achilles dem Todten geopfert, sah ihres Gatten Haupt fallen und sich selbst als Sclavin des Ulysses fortgeführt; diesen schmähend, ward sie von den erzürnten Griechen gesteinigt, doch bei Hinwegräumung der Steine fand man ihren Leichnam nicht, sie war zu den Göttern entrückt, an ihrer Stelle lag ein todter Hund. Sie soll vorher noch Polymestor, König im thracischen Chersonnes, den Mörder ihres jüngsten Sohnes Polydorus (welchen sie zu jenem Könige geschickt hatte, damit von dem Königshause doch <hi rendition="#g">einer</hi> erhalten würde, der aber seiner Schätze wegen von Polymestor umgebracht worden war) bestraft haben, indem sie ihm die Augen ausriss und seine beiden Söhne tödtete. Auf unserer Abbildung sehen wir die trauernde H., ihren todten Enkel Astyanax auf dem Schoosse (Vasen-Gemälde).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hedin</hi> (Nord. M.), 1) der Entführer der schönen Schildjungfrau Hildur (s. d.). &#x2013; 2) H., s. Swawa.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heffring</hi> (Nord. M.), »die sich Erhebende«, eine von den neun Wellenmädchen, eine Tochter des Meergottes Aeger und der Ran.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hefti</hi> (Nord. M.), ein Wurm im Fleische des ungeheuren ersten Eisriesen Ymer, dann aus demselben hervorgehend der erste Zwerg, welcher allen in der Erde wohnenden Zwergen das Dasein gab.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hegemone</hi> (Gr. M.), 1) Beiname der Diana in Sparta und Arcadien. &#x2013; 2) H., eine Charis (Grazie), die man in Athen anrief, wann die waffenfähig gewordenen Jünglinge den Bürger-Eid schwuren.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hegetoria</hi> (Gr. M.), eine Nymphe zu Rhodus, mit welcher Ochimus, Sohn des Sonnengottes, König von Rhodus, sich vermählte; sie gebar ihm die Cydippe, welche sein Bruder Cercaphus, der ihm im Reiche folgte, zur Gattin nahm.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heldrun</hi> (Nord. M.), eine grosse Ziege, welche vor Walhalla steht, deren Euter jedoch nicht Milch, sondern Meth, und zwar in solcher Menge gibt, dass alle Helden an Odins Tafel davon schwelgen können, und trotz des starken Verbrauchs es doch niemals fehlt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heimarmene</hi> (Gr. M.), »der zugewiesene Antheil«, Personification des <hi rendition="#g">Verhängnisses</hi>.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heimdal</hi> (Nord. M.), der Sohn, den Odin einst mit neun Joten-Mädchen, die er am Meere fand, erzeugte, so dass sie alle Mütter dieses einen Gottes wurden. Er erbte von seinen Müttern Schönheit und Grösse, so wie Weisheit und Stärke von seinem Vater, wesshalb ihm dieser ein hochwichtiges Amt, das des Wächters an der Bifröstbrücke, übertrug; dort wohnt er in einem freiligenden Palast Himminbiörg (Himmelsburg), und schaut rings um sich, ob Bergriesen oder sonst Feinde der Brücke sich nahen. Während er wacht, können die Götter ruhig schlummern, denn ihn täuscht man nicht: er sieht selbst des Nachts auf eine Entfernung von hundert Meilen, und hört Gras und Haare wachsen, auch schläft er kaum so viel als ein Adler; wenn Feinde kommen, stösst er in sein Giallarhorn, dass die ganze Welt erbebt; dann versammeln sich die Asen und die Einheriar, die Helden in Walhalla, zum Kampfe. Diess geschieht besonders beim Weltuntergange, bei welchem er mit Loke kämpft, und beide einander wechselseitig tödten. Einen Beinamen, <hi rendition="#g">Gullintani</hi> (Goldzahn), führt er davon, dass seine Zähne von Gold sind.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heimir</hi> (Nord. M.), der heldenhafte Lehrer der mächtigen Schildjungfrau Brynhildur.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heimonskinder</hi>, s. <hi rendition="#g">Aimon</hi>.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heiti</hi> (Nord. M.), eine Zauberjungfrau von freundlichem Aeussern und bösem Sinn; sie verstand alles mögliche Unheil zu kochen, brachte durch ihre reichen Geschenke Habsucht unter die Menschen, machte die Mädchen lüstern und zu bösen Weibern, brachte Alles in's Unglück, indem ihr Gold entfloh, wie der Schatten einer Wolke, und nur die Bedürfnisse, nicht aber die Mittel, sie zu befriedigen, übrig blieben; brachte dann Raub und Krieg unter die Menschen, und obwohl die Asen sie schon dreimal getödtet haben, lebt sie doch noch immer.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hel</hi>, Fig. 140 (Nord. M.), Tochter des Loke und der Riesin Angerbode, Schwester des Wolfes Fenrir und der Schlange Jormungand. Alle drei Geschwister gehörten<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0140.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 140.</head><lb/></figure><lb/>
zu den entsetzlichsten Geburten der Unterwelt, und weil die Asen wussten, welche Schrecken ihrer von diesen Kindern warteten, so schleuderten sie die Schlange in das Meer, wo sie wuchs, bis sie die ganze Erde als Midgards-Schlange umgab, fesselten den Fenris mit einem unzerreissbaren Bande, und setzten endlich auch das dritte Kind des Loke, die grässliche H., in die Unterwelt. Dort ward sie Beherrscherin von den neun Welten, die zu dem Reiche Niflheim oder Helheim gehören, und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0302] [Abbildung Fig. 139. ] gebar. Sie, die glücklichste Mutter bis zum Kriege, der Troja zerstörte, war bestimmt, die Unglücklichste unter allen Frauen zu werden. Als sie mit Paris in Hoffnung war, träumte sie, dass sie eine Fackel gebäre, welche ganz Troja verbrenne; Aesacus, der älteste Sohn des Priamus, legte diesen Traum dahin aus, dass jenes Kind, welches H. unter dem Herzen trage, den Untergang der Stadt herbeiführen würde. Obwohl nun ausgesetzt, ward Paris doch wunderbar erhalten, ward der Liebling seiner Mutter, und durch den Raub der Helena Ursache der Zerstörung der Stadt. H. sah ihre neunzehn Söhne vor den Mauern Troja's sterben, sah ihre Tochter Cassandra als Sclavin, ihre Tochter Polyxena am Grabe des Achilles dem Todten geopfert, sah ihres Gatten Haupt fallen und sich selbst als Sclavin des Ulysses fortgeführt; diesen schmähend, ward sie von den erzürnten Griechen gesteinigt, doch bei Hinwegräumung der Steine fand man ihren Leichnam nicht, sie war zu den Göttern entrückt, an ihrer Stelle lag ein todter Hund. Sie soll vorher noch Polymestor, König im thracischen Chersonnes, den Mörder ihres jüngsten Sohnes Polydorus (welchen sie zu jenem Könige geschickt hatte, damit von dem Königshause doch einer erhalten würde, der aber seiner Schätze wegen von Polymestor umgebracht worden war) bestraft haben, indem sie ihm die Augen ausriss und seine beiden Söhne tödtete. Auf unserer Abbildung sehen wir die trauernde H., ihren todten Enkel Astyanax auf dem Schoosse (Vasen-Gemälde). Hedin (Nord. M.), 1) der Entführer der schönen Schildjungfrau Hildur (s. d.). – 2) H., s. Swawa. Heffring (Nord. M.), »die sich Erhebende«, eine von den neun Wellenmädchen, eine Tochter des Meergottes Aeger und der Ran. Hefti (Nord. M.), ein Wurm im Fleische des ungeheuren ersten Eisriesen Ymer, dann aus demselben hervorgehend der erste Zwerg, welcher allen in der Erde wohnenden Zwergen das Dasein gab. Hegemone (Gr. M.), 1) Beiname der Diana in Sparta und Arcadien. – 2) H., eine Charis (Grazie), die man in Athen anrief, wann die waffenfähig gewordenen Jünglinge den Bürger-Eid schwuren. Hegetoria (Gr. M.), eine Nymphe zu Rhodus, mit welcher Ochimus, Sohn des Sonnengottes, König von Rhodus, sich vermählte; sie gebar ihm die Cydippe, welche sein Bruder Cercaphus, der ihm im Reiche folgte, zur Gattin nahm. Heldrun (Nord. M.), eine grosse Ziege, welche vor Walhalla steht, deren Euter jedoch nicht Milch, sondern Meth, und zwar in solcher Menge gibt, dass alle Helden an Odins Tafel davon schwelgen können, und trotz des starken Verbrauchs es doch niemals fehlt. Heimarmene (Gr. M.), »der zugewiesene Antheil«, Personification des Verhängnisses. Heimdal (Nord. M.), der Sohn, den Odin einst mit neun Joten-Mädchen, die er am Meere fand, erzeugte, so dass sie alle Mütter dieses einen Gottes wurden. Er erbte von seinen Müttern Schönheit und Grösse, so wie Weisheit und Stärke von seinem Vater, wesshalb ihm dieser ein hochwichtiges Amt, das des Wächters an der Bifröstbrücke, übertrug; dort wohnt er in einem freiligenden Palast Himminbiörg (Himmelsburg), und schaut rings um sich, ob Bergriesen oder sonst Feinde der Brücke sich nahen. Während er wacht, können die Götter ruhig schlummern, denn ihn täuscht man nicht: er sieht selbst des Nachts auf eine Entfernung von hundert Meilen, und hört Gras und Haare wachsen, auch schläft er kaum so viel als ein Adler; wenn Feinde kommen, stösst er in sein Giallarhorn, dass die ganze Welt erbebt; dann versammeln sich die Asen und die Einheriar, die Helden in Walhalla, zum Kampfe. Diess geschieht besonders beim Weltuntergange, bei welchem er mit Loke kämpft, und beide einander wechselseitig tödten. Einen Beinamen, Gullintani (Goldzahn), führt er davon, dass seine Zähne von Gold sind. Heimir (Nord. M.), der heldenhafte Lehrer der mächtigen Schildjungfrau Brynhildur. Heimonskinder, s. Aimon. Heiti (Nord. M.), eine Zauberjungfrau von freundlichem Aeussern und bösem Sinn; sie verstand alles mögliche Unheil zu kochen, brachte durch ihre reichen Geschenke Habsucht unter die Menschen, machte die Mädchen lüstern und zu bösen Weibern, brachte Alles in's Unglück, indem ihr Gold entfloh, wie der Schatten einer Wolke, und nur die Bedürfnisse, nicht aber die Mittel, sie zu befriedigen, übrig blieben; brachte dann Raub und Krieg unter die Menschen, und obwohl die Asen sie schon dreimal getödtet haben, lebt sie doch noch immer. Hel, Fig. 140 (Nord. M.), Tochter des Loke und der Riesin Angerbode, Schwester des Wolfes Fenrir und der Schlange Jormungand. Alle drei Geschwister gehörten [Abbildung Fig. 140. ] zu den entsetzlichsten Geburten der Unterwelt, und weil die Asen wussten, welche Schrecken ihrer von diesen Kindern warteten, so schleuderten sie die Schlange in das Meer, wo sie wuchs, bis sie die ganze Erde als Midgards-Schlange umgab, fesselten den Fenris mit einem unzerreissbaren Bande, und setzten endlich auch das dritte Kind des Loke, die grässliche H., in die Unterwelt. Dort ward sie Beherrscherin von den neun Welten, die zu dem Reiche Niflheim oder Helheim gehören, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/302
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/302>, abgerufen am 15.05.2024.