Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Juno. Die rohen thracischen Völker, von welchen seine Verehrung ausging, brachten ihm blutige Menschenopfer, und kannten ihn nur als einen blutdürstig mordenden Gott; er war ihnen ein so grässlicher Krieger, wie sie selbst, und nur wenig besser war er bei den Griechen, da er auch schon bei Homer am lauten Toben der Schlacht und am wilden Männermord sich erfreut, die Eris (Zwietracht) zur Schwester hat, und wegen seines wilden Trotzes selbst dem Jupiter verhasst ist. Dimus und Phobus (Furcht und Grauen) sind seine Söhne und Begleiter im Kampfe. Er mischt sich selbst unter die Streiter im trojanischen Kriege, wird von Diomedes, dem Minerva beisteht, verwundet, und brüllt vor Schmerz, wie wenn zehntausend Männer schrieen. Wie innig aber dem griechischen Volksgeiste das Bedürfniss einwohnte, auch dem Furchtbarsten wieder eine anmuthige Seite abzugewinnen, beweist das Liebesverständniss des Mars mit Venus, in welchem ihn Homer von Vulcan, dem Gatten der Letztern, in einer von allen Göttern beneideten Lage ertappt werden lässt. Mit Venus zeugte M. zwar die schrecklichen Brüder Dimus und Phobus, aber dagegen auch nach Einigen den Amor, den Anteros (die Gegenliebe) und die Harmonia. - Während bei den Griechen M. einfach der Gott des wilden Kriegsgetümmels ist, ist er bei den Römern ursprünglich, ein sehr vielseitiges Wesen, wiewohl in der späteren verfeinerten Zeit die manchfaltigen anderen Merkmale seines Begriffes neben dem kriegerischen, in Folge der gleichsam zum Gesetz erhobenen Vermengung der römischen Religion mit der griechischen, immer mehr zurücktreten mussten. Der älteste italische M., in voller Form Mavors, Mamers, Marmar, scheint bei den Sabinern zu Hause und bei ihnen, mit dem Grundbegriff der alle Lebensverrichtungen durchdringenden und beherrschenden männlichen Kraft und Stärke, oberster Gott gewesen zu sein. Insbesondere war er Gott des Ackerbaues, den man um Segen für die Feldfrüchte anrief; Lichtgott mit dem Symbol des Wolfes, daher auch Gott der Sonnenglut, der den Brand in das Getreide bringt, so wie andererseits Gott des Frühlings, daher der Monat März seinen Namen trägt und ihm geheiligt ist; ferner Weissage-Gott, der durch seinen heiligen Vogel, den Specht, Orakel ertheilt; dann aber natürlich auch der durch kriegerische Tüchtigkeit den Staat erhaltende Gott; darum ist er der Vater des Romulus, des Gründers der Stadt, und sein Speer wird im Tempel der Vesta aufbewahrt. Als Speer-Gott führt er den Beinamen Quirinus, welcher erst später auch auf den vergötterten Romulus überging; als der zum Kampfe schreitende heisst er Gradivus. - In den bildlichen Darstellungen erscheint er in kraftvoller Haltung, muskulös und gedrungen, theils unbärtig, die Stirne breit, der Mund klein, die Augen tiefliegend, das Haar dicht und kurz, die Miene drohend und verwegen; Schultern und Brust breit, die Schenkel leicht; öfters auf einem Zwiegespann stehend. Geopfert wurden ihm in Rom in älterer Zeit Menschen, und noch unter Julius Cäsar zwei Soldaten, die sich gegen diesen Feldherrn empört hatten; dem ländlichen M. Schafe, Schweine und Stiere; dem ritterlichen an seinem Fest im October ein Pferd; sein Märzfest feierte man durch den Aufzug der salischen Priester (s. d. und Ancile). Heilig waren ihm, ausser Wolf und Specht, auch der Hahn, das Gras, der Planet M. - Kunstdarstellungen des Mars sind u. a.: der ruhende Kriegsgott, ein Amor zwischen seinen Füssen, Statue aus der Villa Ludovisi, vielleicht nach dem sitzenden Mars des Scopas; Mars Enyalius, kämpfend gegen Vulcan, um ihn zu zwingen, ihre Mutter Juno loszubinden, die Vulcan mit unsichtbaren Banden gefesselt hat; der Friede bringende Mars, das Bild der Victoria auf der einen, den Oelzweig in der andern Hand, geschnittener Stein; Mars und Venus, Gruppe im capitolinischen Museum.


Marse (Gr. M.), eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Bucolus.


Marsus (Ital. M.), Sohn der Zaubrerin Circe, der für den Stammvater der Marser gehalten wird.


Marsyas, (Gr. M.), Sohn des Oeager, oder des Olympus, oder des Hyagnis, ein Phrygier; wird auch ein Satyr oder Silen genannt. Er hatte die Flöte gefunden, welche Minerva weggeworfen, da sie ihr die Lippen entstellte, und lernte das Instrument so trefflich behandeln, dass er den Apollo zum Wettstreit forderte, welchen selbst die Musen zu M.' Gunsten entschieden; da fügte


Fig. 209.
Apollo zu dem Zitherspiel noch den Gesang, und so ungerecht diese war, so sehr sich M. widersetzte, so behauptete der Gott doch Recht zu haben, und da nun sein Gesang schöner war, als M.' Flötenspiel, hatte er die Wette gewonnen, und zog dem Unglücklichen die Haut vom Leibe. Auf unserm Bilde lehrt M. den jungen Olympus die Flöte blasen; Gemälde aus Herculanum.


Martakend (Pers. M.), ein uralter fabelhafter König von Iran, Grossvater des berühmten Dschamschid, des Erbauers von Tschilminar (Persepolis).


Martea (Röm. M.), eine Göttin, welcher man bei zu hoffenden oder gemachten Erbschaften opferte. S. Here Martea.


Martichoras (Pers. M.), das fabelhafte Ungeheuer, dessen Abbildung, dem Greifen ähnlich, auf den grossen Mauern der Ruinen von Persepolis vorkommt. Man stellte es, dem Löwen am nächsten kommend, doch grösser, stärker, mit einem Menschen-Antlitz, einem Scorpionstachel und roth von Farbe dar; gewöhnlich war es im Kampf mit dem Könige begriffen, dessen Pflicht es sein sollte, alles Böse (und dieses war in M., einem Geschöpf des Ahriman, personificirt) zu bekriegen. Auch das Einhorn, das Sinnbild aller guten Geschöpfe, aller Diener des Ormuzd, wird von demselben angegriffen.


Maru, identisch mit Meru (s. d.).


Marut (Pers. M.), einer der beiden Genien, welche die reizende Sühre, bevor sie ihrer Tugend wegen als Planet Venus an den Himmel versetzt wurde, verführen wollten (s. Anahid).


Marzanna (Slav. M.), eine Göttin der Schlesier und Polen. Da sie das Gedeihen der Feldfrüchte beförderte, so hält man sie für identisch mit Ceres. Sie ist mit der Morana der Böhmen, der Göttin des Herbstes und Winters, somit auch des Todes, nahe verwandt. Es scheinen ihr in früherer Zeit Menschenopfer gebracht worden zu sein, und der Gebrauch, an ihrem Feste eine Strohfigur in das nächste Wasser zu werfen, hat sich lange erhalten.


Mastusius (Gr. M.), s. Demiphon.


Matali (Ind. M.), der Wagenführer des Indra, welcher unter Andern in der Sakontala erscheint, um den König Duschmanta in Indra's Himmel zu führen.


Matatron (Talmud.), einer der erhabensten Engel, wo nicht selbst ihr Herrscher. Er findet Gnade vor den Augen des Herrn, so dass er täglich sein Antlitz schaut, und täglich aus seinem Munde erfährt, welche Menschen sterben sollen, worauf er zwei Engel, Samuel und Gabriel, aussendet, um die Seelen derselben zu holen, wobei

und der Juno. Die rohen thracischen Völker, von welchen seine Verehrung ausging, brachten ihm blutige Menschenopfer, und kannten ihn nur als einen blutdürstig mordenden Gott; er war ihnen ein so grässlicher Krieger, wie sie selbst, und nur wenig besser war er bei den Griechen, da er auch schon bei Homer am lauten Toben der Schlacht und am wilden Männermord sich erfreut, die Eris (Zwietracht) zur Schwester hat, und wegen seines wilden Trotzes selbst dem Jupiter verhasst ist. Dimus und Phobus (Furcht und Grauen) sind seine Söhne und Begleiter im Kampfe. Er mischt sich selbst unter die Streiter im trojanischen Kriege, wird von Diomedes, dem Minerva beisteht, verwundet, und brüllt vor Schmerz, wie wenn zehntausend Männer schrieen. Wie innig aber dem griechischen Volksgeiste das Bedürfniss einwohnte, auch dem Furchtbarsten wieder eine anmuthige Seite abzugewinnen, beweist das Liebesverständniss des Mars mit Venus, in welchem ihn Homer von Vulcan, dem Gatten der Letztern, in einer von allen Göttern beneideten Lage ertappt werden lässt. Mit Venus zeugte M. zwar die schrecklichen Brüder Dimus und Phobus, aber dagegen auch nach Einigen den Amor, den Anteros (die Gegenliebe) und die Harmonia. – Während bei den Griechen M. einfach der Gott des wilden Kriegsgetümmels ist, ist er bei den Römern ursprünglich, ein sehr vielseitiges Wesen, wiewohl in der späteren verfeinerten Zeit die manchfaltigen anderen Merkmale seines Begriffes neben dem kriegerischen, in Folge der gleichsam zum Gesetz erhobenen Vermengung der römischen Religion mit der griechischen, immer mehr zurücktreten mussten. Der älteste italische M., in voller Form Mavors, Mamers, Marmar, scheint bei den Sabinern zu Hause und bei ihnen, mit dem Grundbegriff der alle Lebensverrichtungen durchdringenden und beherrschenden männlichen Kraft und Stärke, oberster Gott gewesen zu sein. Insbesondere war er Gott des Ackerbaues, den man um Segen für die Feldfrüchte anrief; Lichtgott mit dem Symbol des Wolfes, daher auch Gott der Sonnenglut, der den Brand in das Getreide bringt, so wie andererseits Gott des Frühlings, daher der Monat März seinen Namen trägt und ihm geheiligt ist; ferner Weissage-Gott, der durch seinen heiligen Vogel, den Specht, Orakel ertheilt; dann aber natürlich auch der durch kriegerische Tüchtigkeit den Staat erhaltende Gott; darum ist er der Vater des Romulus, des Gründers der Stadt, und sein Speer wird im Tempel der Vesta aufbewahrt. Als Speer-Gott führt er den Beinamen Quirinus, welcher erst später auch auf den vergötterten Romulus überging; als der zum Kampfe schreitende heisst er Gradivus. – In den bildlichen Darstellungen erscheint er in kraftvoller Haltung, muskulös und gedrungen, theils unbärtig, die Stirne breit, der Mund klein, die Augen tiefliegend, das Haar dicht und kurz, die Miene drohend und verwegen; Schultern und Brust breit, die Schenkel leicht; öfters auf einem Zwiegespann stehend. Geopfert wurden ihm in Rom in älterer Zeit Menschen, und noch unter Julius Cäsar zwei Soldaten, die sich gegen diesen Feldherrn empört hatten; dem ländlichen M. Schafe, Schweine und Stiere; dem ritterlichen an seinem Fest im October ein Pferd; sein Märzfest feierte man durch den Aufzug der salischen Priester (s. d. und Ancile). Heilig waren ihm, ausser Wolf und Specht, auch der Hahn, das Gras, der Planet M. – Kunstdarstellungen des Mars sind u. a.: der ruhende Kriegsgott, ein Amor zwischen seinen Füssen, Statue aus der Villa Ludovisi, vielleicht nach dem sitzenden Mars des Scopas; Mars Enyalius, kämpfend gegen Vulcan, um ihn zu zwingen, ihre Mutter Juno loszubinden, die Vulcan mit unsichtbaren Banden gefesselt hat; der Friede bringende Mars, das Bild der Victoria auf der einen, den Oelzweig in der andern Hand, geschnittener Stein; Mars und Venus, Gruppe im capitolinischen Museum.


Marse (Gr. M.), eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Bucolus.


Marsus (Ital. M.), Sohn der Zaubrerin Circe, der für den Stammvater der Marser gehalten wird.


Marsyas, (Gr. M.), Sohn des Oeager, oder des Olympus, oder des Hyagnis, ein Phrygier; wird auch ein Satyr oder Silen genannt. Er hatte die Flöte gefunden, welche Minerva weggeworfen, da sie ihr die Lippen entstellte, und lernte das Instrument so trefflich behandeln, dass er den Apollo zum Wettstreit forderte, welchen selbst die Musen zu M.' Gunsten entschieden; da fügte


Fig. 209.
Apollo zu dem Zitherspiel noch den Gesang, und so ungerecht diese war, so sehr sich M. widersetzte, so behauptete der Gott doch Recht zu haben, und da nun sein Gesang schöner war, als M.' Flötenspiel, hatte er die Wette gewonnen, und zog dem Unglücklichen die Haut vom Leibe. Auf unserm Bilde lehrt M. den jungen Olympus die Flöte blasen; Gemälde aus Herculanum.


Martakend (Pers. M.), ein uralter fabelhafter König von Iran, Grossvater des berühmten Dschamschid, des Erbauers von Tschilminar (Persepolis).


Martea (Röm. M.), eine Göttin, welcher man bei zu hoffenden oder gemachten Erbschaften opferte. S. Here Martea.


Martichoras (Pers. M.), das fabelhafte Ungeheuer, dessen Abbildung, dem Greifen ähnlich, auf den grossen Mauern der Ruinen von Persepolis vorkommt. Man stellte es, dem Löwen am nächsten kommend, doch grösser, stärker, mit einem Menschen-Antlitz, einem Scorpionstachel und roth von Farbe dar; gewöhnlich war es im Kampf mit dem Könige begriffen, dessen Pflicht es sein sollte, alles Böse (und dieses war in M., einem Geschöpf des Ahriman, personificirt) zu bekriegen. Auch das Einhorn, das Sinnbild aller guten Geschöpfe, aller Diener des Ormuzd, wird von demselben angegriffen.


Maru, identisch mit Meru (s. d.).


Marut (Pers. M.), einer der beiden Genien, welche die reizende Sühre, bevor sie ihrer Tugend wegen als Planet Venus an den Himmel versetzt wurde, verführen wollten (s. Anahid).


Marzanna (Slav. M.), eine Göttin der Schlesier und Polen. Da sie das Gedeihen der Feldfrüchte beförderte, so hält man sie für identisch mit Ceres. Sie ist mit der Morana der Böhmen, der Göttin des Herbstes und Winters, somit auch des Todes, nahe verwandt. Es scheinen ihr in früherer Zeit Menschenopfer gebracht worden zu sein, und der Gebrauch, an ihrem Feste eine Strohfigur in das nächste Wasser zu werfen, hat sich lange erhalten.


Mastusius (Gr. M.), s. Demiphon.


Matali (Ind. M.), der Wagenführer des Indra, welcher unter Andern in der Sakontala erscheint, um den König Duschmanta in Indra's Himmel zu führen.


Matatron (Talmud.), einer der erhabensten Engel, wo nicht selbst ihr Herrscher. Er findet Gnade vor den Augen des Herrn, so dass er täglich sein Antlitz schaut, und täglich aus seinem Munde erfährt, welche Menschen sterben sollen, worauf er zwei Engel, Samuel und Gabriel, aussendet, um die Seelen derselben zu holen, wobei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0394" n="324"/>
und der Juno. Die rohen thracischen Völker, von welchen seine Verehrung ausging, brachten ihm blutige Menschenopfer, und kannten ihn nur als einen blutdürstig mordenden Gott; er war ihnen ein so grässlicher Krieger, wie sie selbst, und nur wenig besser war er bei den Griechen, da er auch schon bei Homer am lauten Toben der Schlacht und am wilden Männermord sich erfreut, die Eris (Zwietracht) zur Schwester hat, und wegen seines wilden Trotzes selbst dem Jupiter verhasst ist. Dimus und Phobus (Furcht und Grauen) sind seine Söhne und Begleiter im Kampfe. Er mischt sich selbst unter die Streiter im trojanischen Kriege, wird von Diomedes, dem Minerva beisteht, verwundet, und brüllt vor Schmerz, wie wenn zehntausend Männer schrieen. Wie innig aber dem griechischen Volksgeiste das Bedürfniss einwohnte, auch dem Furchtbarsten wieder eine anmuthige Seite abzugewinnen, beweist das Liebesverständniss des Mars mit Venus, in welchem ihn Homer von Vulcan, dem Gatten der Letztern, in einer von allen Göttern beneideten Lage ertappt werden lässt. Mit Venus zeugte M. zwar die schrecklichen Brüder Dimus und Phobus, aber dagegen auch nach Einigen den Amor, den Anteros (die Gegenliebe) und die Harmonia. &#x2013; Während bei den Griechen M. einfach der Gott des wilden Kriegsgetümmels ist, ist er bei den Römern ursprünglich, ein sehr vielseitiges Wesen, wiewohl in der späteren verfeinerten Zeit die manchfaltigen anderen Merkmale seines Begriffes neben dem kriegerischen, in Folge der gleichsam zum Gesetz erhobenen Vermengung der römischen Religion mit der griechischen, immer mehr zurücktreten mussten. Der älteste italische M., in voller Form Mavors, Mamers, Marmar, scheint bei den Sabinern zu Hause und bei ihnen, mit dem Grundbegriff der alle Lebensverrichtungen durchdringenden und beherrschenden männlichen Kraft und Stärke, oberster Gott gewesen zu sein. Insbesondere war er Gott des Ackerbaues, den man um Segen für die Feldfrüchte anrief; Lichtgott mit dem Symbol des Wolfes, daher auch Gott der Sonnenglut, der den Brand in das Getreide bringt, so wie andererseits Gott des Frühlings, daher der Monat März seinen Namen trägt und ihm geheiligt ist; ferner Weissage-Gott, der durch seinen heiligen Vogel, den Specht, Orakel ertheilt; dann aber natürlich auch der durch kriegerische Tüchtigkeit den Staat erhaltende Gott; darum ist er der Vater des Romulus, des Gründers der Stadt, und sein Speer wird im Tempel der Vesta aufbewahrt. Als Speer-Gott führt er den Beinamen Quirinus, welcher erst später auch auf den vergötterten Romulus überging; als der zum Kampfe schreitende heisst er Gradivus. &#x2013; In den bildlichen Darstellungen erscheint er in kraftvoller Haltung, muskulös und gedrungen, theils unbärtig, die Stirne breit, der Mund klein, die Augen tiefliegend, das Haar dicht und kurz, die Miene drohend und verwegen; Schultern und Brust breit, die Schenkel leicht; öfters auf einem Zwiegespann stehend. Geopfert wurden ihm in Rom in älterer Zeit Menschen, und noch unter Julius Cäsar zwei Soldaten, die sich gegen diesen Feldherrn empört hatten; dem ländlichen M. Schafe, Schweine und Stiere; dem ritterlichen an seinem Fest im October ein Pferd; sein Märzfest feierte man durch den Aufzug der salischen Priester (s. d. und <hi rendition="#g">Ancile</hi>). Heilig waren ihm, ausser Wolf und Specht, auch der Hahn, das Gras, der Planet M. &#x2013; <hi rendition="#g">Kunstdarstellungen des Mars</hi> sind u. a.: der ruhende Kriegsgott, ein Amor zwischen seinen Füssen, Statue aus der Villa Ludovisi, vielleicht nach dem sitzenden Mars des Scopas; Mars Enyalius, kämpfend gegen Vulcan, um ihn zu zwingen, ihre Mutter Juno loszubinden, die Vulcan mit unsichtbaren Banden gefesselt hat; der Friede bringende Mars, das Bild der Victoria auf der einen, den Oelzweig in der andern Hand, geschnittener Stein; Mars und Venus, Gruppe im capitolinischen Museum.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Marse</hi> (Gr. M.), eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Bucolus.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Marsus</hi> (Ital. M.), Sohn der Zaubrerin Circe, der für den Stammvater der Marser gehalten wird.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Marsyas</hi>, (Gr. M.), Sohn des Oeager, oder des Olympus, oder des Hyagnis, ein Phrygier; wird auch ein Satyr oder Silen genannt. Er hatte die Flöte gefunden, welche Minerva weggeworfen, da sie ihr die Lippen entstellte, und lernte das Instrument so trefflich behandeln, dass er den Apollo zum Wettstreit forderte, welchen selbst die Musen zu M.' Gunsten entschieden; da fügte<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0209.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 209.</head><lb/></figure><lb/>
Apollo zu dem Zitherspiel noch den Gesang, und so ungerecht diese war, so sehr sich M. widersetzte, so behauptete der Gott doch Recht zu haben, und da nun sein Gesang schöner war, als M.' Flötenspiel, hatte er die Wette gewonnen, und zog dem Unglücklichen die Haut vom Leibe. Auf unserm Bilde lehrt M. den jungen Olympus die Flöte blasen; Gemälde aus Herculanum.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Martakend</hi> (Pers. M.), ein uralter fabelhafter König von Iran, Grossvater des berühmten Dschamschid, des Erbauers von Tschilminar (Persepolis).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Martea</hi> (Röm. M.), eine Göttin, welcher man bei zu hoffenden oder gemachten Erbschaften opferte. S. Here Martea.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Martichoras</hi> (Pers. M.), das fabelhafte Ungeheuer, dessen Abbildung, dem Greifen ähnlich, auf den grossen Mauern der Ruinen von Persepolis vorkommt. Man stellte es, dem Löwen am nächsten kommend, doch grösser, stärker, mit einem Menschen-Antlitz, einem Scorpionstachel und roth von Farbe dar; gewöhnlich war es im Kampf mit dem Könige begriffen, dessen Pflicht es sein sollte, alles Böse (und dieses war in M., einem Geschöpf des Ahriman, personificirt) zu bekriegen. Auch das Einhorn, das Sinnbild aller guten Geschöpfe, aller Diener des Ormuzd, wird von demselben angegriffen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Maru</hi>, identisch mit <hi rendition="#g">Meru</hi> (s. d.).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Marut</hi> (Pers. M.), einer der beiden Genien, welche die reizende Sühre, bevor sie ihrer Tugend wegen als Planet Venus an den Himmel versetzt wurde, verführen wollten (s. <hi rendition="#g">Anahid</hi>).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Marzanna</hi> (Slav. M.), eine Göttin der Schlesier und Polen. Da sie das Gedeihen der Feldfrüchte beförderte, so hält man sie für identisch mit Ceres. Sie ist mit der Morana der Böhmen, der Göttin des Herbstes und Winters, somit auch des Todes, nahe verwandt. Es scheinen ihr in früherer Zeit Menschenopfer gebracht worden zu sein, und der Gebrauch, an ihrem Feste eine Strohfigur in das nächste Wasser zu werfen, hat sich lange erhalten.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Mastusius</hi> (Gr. M.), s. Demiphon.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Matali</hi> (Ind. M.), der Wagenführer des Indra, welcher unter Andern in der Sakontala erscheint, um den König Duschmanta in Indra's Himmel zu führen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Matatron</hi> (Talmud.), einer der erhabensten Engel, wo nicht selbst ihr Herrscher. Er findet Gnade vor den Augen des Herrn, so dass er täglich sein Antlitz schaut, und täglich aus seinem Munde erfährt, welche Menschen sterben sollen, worauf er zwei Engel, Samuel und Gabriel, aussendet, um die Seelen derselben zu holen, wobei
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0394] und der Juno. Die rohen thracischen Völker, von welchen seine Verehrung ausging, brachten ihm blutige Menschenopfer, und kannten ihn nur als einen blutdürstig mordenden Gott; er war ihnen ein so grässlicher Krieger, wie sie selbst, und nur wenig besser war er bei den Griechen, da er auch schon bei Homer am lauten Toben der Schlacht und am wilden Männermord sich erfreut, die Eris (Zwietracht) zur Schwester hat, und wegen seines wilden Trotzes selbst dem Jupiter verhasst ist. Dimus und Phobus (Furcht und Grauen) sind seine Söhne und Begleiter im Kampfe. Er mischt sich selbst unter die Streiter im trojanischen Kriege, wird von Diomedes, dem Minerva beisteht, verwundet, und brüllt vor Schmerz, wie wenn zehntausend Männer schrieen. Wie innig aber dem griechischen Volksgeiste das Bedürfniss einwohnte, auch dem Furchtbarsten wieder eine anmuthige Seite abzugewinnen, beweist das Liebesverständniss des Mars mit Venus, in welchem ihn Homer von Vulcan, dem Gatten der Letztern, in einer von allen Göttern beneideten Lage ertappt werden lässt. Mit Venus zeugte M. zwar die schrecklichen Brüder Dimus und Phobus, aber dagegen auch nach Einigen den Amor, den Anteros (die Gegenliebe) und die Harmonia. – Während bei den Griechen M. einfach der Gott des wilden Kriegsgetümmels ist, ist er bei den Römern ursprünglich, ein sehr vielseitiges Wesen, wiewohl in der späteren verfeinerten Zeit die manchfaltigen anderen Merkmale seines Begriffes neben dem kriegerischen, in Folge der gleichsam zum Gesetz erhobenen Vermengung der römischen Religion mit der griechischen, immer mehr zurücktreten mussten. Der älteste italische M., in voller Form Mavors, Mamers, Marmar, scheint bei den Sabinern zu Hause und bei ihnen, mit dem Grundbegriff der alle Lebensverrichtungen durchdringenden und beherrschenden männlichen Kraft und Stärke, oberster Gott gewesen zu sein. Insbesondere war er Gott des Ackerbaues, den man um Segen für die Feldfrüchte anrief; Lichtgott mit dem Symbol des Wolfes, daher auch Gott der Sonnenglut, der den Brand in das Getreide bringt, so wie andererseits Gott des Frühlings, daher der Monat März seinen Namen trägt und ihm geheiligt ist; ferner Weissage-Gott, der durch seinen heiligen Vogel, den Specht, Orakel ertheilt; dann aber natürlich auch der durch kriegerische Tüchtigkeit den Staat erhaltende Gott; darum ist er der Vater des Romulus, des Gründers der Stadt, und sein Speer wird im Tempel der Vesta aufbewahrt. Als Speer-Gott führt er den Beinamen Quirinus, welcher erst später auch auf den vergötterten Romulus überging; als der zum Kampfe schreitende heisst er Gradivus. – In den bildlichen Darstellungen erscheint er in kraftvoller Haltung, muskulös und gedrungen, theils unbärtig, die Stirne breit, der Mund klein, die Augen tiefliegend, das Haar dicht und kurz, die Miene drohend und verwegen; Schultern und Brust breit, die Schenkel leicht; öfters auf einem Zwiegespann stehend. Geopfert wurden ihm in Rom in älterer Zeit Menschen, und noch unter Julius Cäsar zwei Soldaten, die sich gegen diesen Feldherrn empört hatten; dem ländlichen M. Schafe, Schweine und Stiere; dem ritterlichen an seinem Fest im October ein Pferd; sein Märzfest feierte man durch den Aufzug der salischen Priester (s. d. und Ancile). Heilig waren ihm, ausser Wolf und Specht, auch der Hahn, das Gras, der Planet M. – Kunstdarstellungen des Mars sind u. a.: der ruhende Kriegsgott, ein Amor zwischen seinen Füssen, Statue aus der Villa Ludovisi, vielleicht nach dem sitzenden Mars des Scopas; Mars Enyalius, kämpfend gegen Vulcan, um ihn zu zwingen, ihre Mutter Juno loszubinden, die Vulcan mit unsichtbaren Banden gefesselt hat; der Friede bringende Mars, das Bild der Victoria auf der einen, den Oelzweig in der andern Hand, geschnittener Stein; Mars und Venus, Gruppe im capitolinischen Museum. Marse (Gr. M.), eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Bucolus. Marsus (Ital. M.), Sohn der Zaubrerin Circe, der für den Stammvater der Marser gehalten wird. Marsyas, (Gr. M.), Sohn des Oeager, oder des Olympus, oder des Hyagnis, ein Phrygier; wird auch ein Satyr oder Silen genannt. Er hatte die Flöte gefunden, welche Minerva weggeworfen, da sie ihr die Lippen entstellte, und lernte das Instrument so trefflich behandeln, dass er den Apollo zum Wettstreit forderte, welchen selbst die Musen zu M.' Gunsten entschieden; da fügte [Abbildung Fig. 209. ] Apollo zu dem Zitherspiel noch den Gesang, und so ungerecht diese war, so sehr sich M. widersetzte, so behauptete der Gott doch Recht zu haben, und da nun sein Gesang schöner war, als M.' Flötenspiel, hatte er die Wette gewonnen, und zog dem Unglücklichen die Haut vom Leibe. Auf unserm Bilde lehrt M. den jungen Olympus die Flöte blasen; Gemälde aus Herculanum. Martakend (Pers. M.), ein uralter fabelhafter König von Iran, Grossvater des berühmten Dschamschid, des Erbauers von Tschilminar (Persepolis). Martea (Röm. M.), eine Göttin, welcher man bei zu hoffenden oder gemachten Erbschaften opferte. S. Here Martea. Martichoras (Pers. M.), das fabelhafte Ungeheuer, dessen Abbildung, dem Greifen ähnlich, auf den grossen Mauern der Ruinen von Persepolis vorkommt. Man stellte es, dem Löwen am nächsten kommend, doch grösser, stärker, mit einem Menschen-Antlitz, einem Scorpionstachel und roth von Farbe dar; gewöhnlich war es im Kampf mit dem Könige begriffen, dessen Pflicht es sein sollte, alles Böse (und dieses war in M., einem Geschöpf des Ahriman, personificirt) zu bekriegen. Auch das Einhorn, das Sinnbild aller guten Geschöpfe, aller Diener des Ormuzd, wird von demselben angegriffen. Maru, identisch mit Meru (s. d.). Marut (Pers. M.), einer der beiden Genien, welche die reizende Sühre, bevor sie ihrer Tugend wegen als Planet Venus an den Himmel versetzt wurde, verführen wollten (s. Anahid). Marzanna (Slav. M.), eine Göttin der Schlesier und Polen. Da sie das Gedeihen der Feldfrüchte beförderte, so hält man sie für identisch mit Ceres. Sie ist mit der Morana der Böhmen, der Göttin des Herbstes und Winters, somit auch des Todes, nahe verwandt. Es scheinen ihr in früherer Zeit Menschenopfer gebracht worden zu sein, und der Gebrauch, an ihrem Feste eine Strohfigur in das nächste Wasser zu werfen, hat sich lange erhalten. Mastusius (Gr. M.), s. Demiphon. Matali (Ind. M.), der Wagenführer des Indra, welcher unter Andern in der Sakontala erscheint, um den König Duschmanta in Indra's Himmel zu führen. Matatron (Talmud.), einer der erhabensten Engel, wo nicht selbst ihr Herrscher. Er findet Gnade vor den Augen des Herrn, so dass er täglich sein Antlitz schaut, und täglich aus seinem Munde erfährt, welche Menschen sterben sollen, worauf er zwei Engel, Samuel und Gabriel, aussendet, um die Seelen derselben zu holen, wobei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/394
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/394>, abgerufen am 15.05.2024.