Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

DRITTE IDYLLE
Trautes Kind! und zumal am heiligen Pol-
terabend, 105
Da schon Kammer und Bette zur Hoch-
zeitfeier geschmückt ist!
Schad' um die kleine Luise, das jugend-
lich hüpfende Mägdlein,
Dass es so bald Hausmütterchen wird,
und dem Manne gehorsam!
Männer küssen nicht mehr mit Beschei-
denheit, oder erröthend;
Herrisch umarmt die Gattin der Herr Ge-
mahl, und zerküsst ihr, 110
Oft mit stechendem Kusse, die Wängelein,
wann es ihm einfällt:
Alles nach Pflicht und Gesez, und endlich
muss sie noch wiegen.
Sage, wie bogst du den Nacken so willig
ins Joch, da du schön bist?

DRITTE IDYLLE
Trautes Kind! und zumal am heiligen Pol-
terabend, 105
Da ſchon Kammer und Bette zur Hoch-
zeitfeier geſchmückt iſt!
Schad’ um die kleine Luiſe, das jugend-
lich hüpfende Mägdlein,
Daſs es ſo bald Hausmütterchen wird,
und dem Manne gehorſam!
Männer küſſen nicht mehr mit Beſchei-
denheit, oder erröthend;
Herriſch umarmt die Gattin der Herr Ge-
mahl, und zerküſst ihr, 110
Oft mit ſtechendem Kuſſe, die Wängelein,
wann es ihm einfällt:
Alles nach Pflicht und Geſez, und endlich
muſs ſie noch wiegen.
Sage, wie bogſt du den Nacken ſo willig
ins Joch, da du ſchön biſt?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">DRITTE IDYLLE</hi></fw><lb/>
Trautes Kind! und zumal am heiligen Pol-<lb/>
terabend, <lb n="105"/>
Da &#x017F;chon Kammer und Bette zur Hoch-<lb/>
zeitfeier ge&#x017F;chmückt i&#x017F;t!<lb/>
Schad&#x2019; um die kleine Lui&#x017F;e, das jugend-<lb/>
lich hüpfende Mägdlein,<lb/>
Da&#x017F;s es &#x017F;o bald Hausmütterchen wird,<lb/>
und dem Manne gehor&#x017F;am!<lb/>
Männer kü&#x017F;&#x017F;en nicht mehr mit Be&#x017F;chei-<lb/>
denheit, oder erröthend;<lb/>
Herri&#x017F;ch umarmt die Gattin der Herr Ge-<lb/>
mahl, und zerkü&#x017F;st ihr, <lb n="110"/>
Oft mit &#x017F;techendem Ku&#x017F;&#x017F;e, die Wängelein,<lb/>
wann es ihm einfällt:<lb/>
Alles nach Pflicht und Ge&#x017F;ez, und endlich<lb/>
mu&#x017F;s &#x017F;ie noch wiegen.<lb/>
Sage, wie bog&#x017F;t du den Nacken &#x017F;o willig<lb/>
ins Joch, da du &#x017F;chön bi&#x017F;t?<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0145] DRITTE IDYLLE Trautes Kind! und zumal am heiligen Pol- terabend, 105 Da ſchon Kammer und Bette zur Hoch- zeitfeier geſchmückt iſt! Schad’ um die kleine Luiſe, das jugend- lich hüpfende Mägdlein, Daſs es ſo bald Hausmütterchen wird, und dem Manne gehorſam! Männer küſſen nicht mehr mit Beſchei- denheit, oder erröthend; Herriſch umarmt die Gattin der Herr Ge- mahl, und zerküſst ihr, 110 Oft mit ſtechendem Kuſſe, die Wängelein, wann es ihm einfällt: Alles nach Pflicht und Geſez, und endlich muſs ſie noch wiegen. Sage, wie bogſt du den Nacken ſo willig ins Joch, da du ſchön biſt?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/145
Zitationshilfe: Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/145>, abgerufen am 26.04.2024.