Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

ist. Viele standen an vielen Orten auf, und
erhoben sich ganz durch eigene Stärke: ihr
Leben und ihre Arbeiten hatten Gewicht, und
waren der Mühe werth, in ausführlichen
Chroniken, wie wir sie noch von den Hän¬
den damaliger Verehrer der Kunst besitzen,
der Nachwelt aufbewahrt zu werden; und
ihr Geist war so ehrwürdig, als es uns noch
ihre bärtigen Häupter sind, die wir in den
schätzbaren Sammlungen ihrer Bildnisse mit
Ehrfurcht betrachten. Es geschahen unter ih¬
nen ungewöhnliche, und vielen jetzt unglaub¬
liche Dinge, weil der Enthusiasmus, der itzt
nur in wenigen einzelnen Herzen, wie ein
schwaches Lämpchen flimmert, in jener gol¬
denen Zeit alle Welt entflammte. Die ent¬
artete Nachkommenschaft bezweifelt oder be¬
lacht so manche bewährte Geschichte aus die¬
sen Zeiten als Mährchen, weil der göttliche
Funken ganz aus ihrer Seele gewichen ist.

iſt. Viele ſtanden an vielen Orten auf, und
erhoben ſich ganz durch eigene Stärke: ihr
Leben und ihre Arbeiten hatten Gewicht, und
waren der Mühe werth, in ausführlichen
Chroniken, wie wir ſie noch von den Hän¬
den damaliger Verehrer der Kunſt beſitzen,
der Nachwelt aufbewahrt zu werden; und
ihr Geiſt war ſo ehrwürdig, als es uns noch
ihre bärtigen Häupter ſind, die wir in den
ſchätzbaren Sammlungen ihrer Bildniſſe mit
Ehrfurcht betrachten. Es geſchahen unter ih¬
nen ungewöhnliche, und vielen jetzt unglaub¬
liche Dinge, weil der Enthuſiasmus, der itzt
nur in wenigen einzelnen Herzen, wie ein
ſchwaches Lämpchen flimmert, in jener gol¬
denen Zeit alle Welt entflammte. Die ent¬
artete Nachkommenſchaft bezweifelt oder be¬
lacht ſo manche bewährte Geſchichte aus die¬
ſen Zeiten als Mährchen, weil der göttliche
Funken ganz aus ihrer Seele gewichen iſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="28"/>
i&#x017F;t. Viele &#x017F;tanden an vielen Orten auf, und<lb/>
erhoben &#x017F;ich ganz durch eigene Stärke: ihr<lb/>
Leben und ihre Arbeiten hatten Gewicht, und<lb/>
waren der Mühe werth, in ausführlichen<lb/>
Chroniken, wie wir &#x017F;ie noch von den Hän¬<lb/>
den damaliger Verehrer der Kun&#x017F;t be&#x017F;itzen,<lb/>
der Nachwelt aufbewahrt zu werden; und<lb/>
ihr Gei&#x017F;t war &#x017F;o ehrwürdig, als es uns noch<lb/>
ihre bärtigen Häupter &#x017F;ind, die wir in den<lb/>
&#x017F;chätzbaren Sammlungen ihrer Bildni&#x017F;&#x017F;e mit<lb/>
Ehrfurcht betrachten. Es ge&#x017F;chahen unter ih¬<lb/>
nen ungewöhnliche, und vielen jetzt unglaub¬<lb/>
liche Dinge, weil der Enthu&#x017F;iasmus, der itzt<lb/>
nur in wenigen einzelnen Herzen, wie ein<lb/>
&#x017F;chwaches Lämpchen flimmert, in jener gol¬<lb/>
denen Zeit alle Welt entflammte. Die ent¬<lb/>
artete Nachkommen&#x017F;chaft bezweifelt oder be¬<lb/>
lacht &#x017F;o manche bewährte Ge&#x017F;chichte aus die¬<lb/>
&#x017F;en Zeiten als Mährchen, weil der göttliche<lb/>
Funken ganz aus ihrer Seele gewichen i&#x017F;t.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0036] iſt. Viele ſtanden an vielen Orten auf, und erhoben ſich ganz durch eigene Stärke: ihr Leben und ihre Arbeiten hatten Gewicht, und waren der Mühe werth, in ausführlichen Chroniken, wie wir ſie noch von den Hän¬ den damaliger Verehrer der Kunſt beſitzen, der Nachwelt aufbewahrt zu werden; und ihr Geiſt war ſo ehrwürdig, als es uns noch ihre bärtigen Häupter ſind, die wir in den ſchätzbaren Sammlungen ihrer Bildniſſe mit Ehrfurcht betrachten. Es geſchahen unter ih¬ nen ungewöhnliche, und vielen jetzt unglaub¬ liche Dinge, weil der Enthuſiasmus, der itzt nur in wenigen einzelnen Herzen, wie ein ſchwaches Lämpchen flimmert, in jener gol¬ denen Zeit alle Welt entflammte. Die ent¬ artete Nachkommenſchaft bezweifelt oder be¬ lacht ſo manche bewährte Geſchichte aus die¬ ſen Zeiten als Mährchen, weil der göttliche Funken ganz aus ihrer Seele gewichen iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/36
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/36>, abgerufen am 26.04.2024.