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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] einem andern Orte ein Zinspflichtiger seinem Grundherrn ein einziges Ei auf einem vierspännigen Wagen alljährlich zu Hofe liefern; und ein thüringisches Dorf hatte in jedem Jahre dem zwölf Meilen entfernt wohnenden Herrn drei Dreihellerspfennige zu entrichten, die ein einäugiger Reiter auf einem einäugigen Pferde bringen musste. Auch der Kuttenzins des Dorfes Stangerode gehört hierher, der im Betrage von einem Pfennige dem Herrn stets am Thomastage, daher Thomaspfennig genannt, vor 12 Uhr nachts überbracht werden musste. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 385.)


Geissbohnen.

*1 Einem Geissbohnen (Ziegenkoth) anbieten (vorsetzen).

*2 Er hat die Geissbohnen funden. - Eiselein, 202.


Geissgraben.

In 'n Gässgraba naikumma. - Sartorius, 161.

In schlechte Zustände gerathen, verkommen.


Geisslein.

1 Das Geisslein hüpfet wie die Geiss.

Holl.: Het geitje huppelt in het groen, en zoo zal ook haar jonge doen. (Harrebomee, I, 213.)

2 Es ist böss das geisslein essen, ehe es die geiss gebiert. - Henisch, 1444, 16; Lehmann, II, 129, 161.

*3 Das letzte Geisslein schlachten, damit das Mäglein satt werde.

*4 Wer d' Geissle1 het, da chlöpft. (Solothurn.) - Schild, 60, 56.

1) Mir ist mitgetheilt worden, dass Geissel gemeint und der Sinn ist: Wer die Geissel hat, gebraucht, wer die Gewalt hat, übt sie.


Geisswolle.

* Vmb die geysswoll zancken. (S. Esel 651.) - Franck, II, 101b.

Lat.: De lana caprina loqui. (Binder I, 289; Faselius, 130; Wiegand, 844.)


Geist.

1 Alle guten Geister loben Gott den Herrn. - Eiselein, 216; Simrock, 3186.

Im Morgenlande bestimmt man das näher und sagt: Die Christen loben Gott morgens.

Holl.: Alle goede geesten loven den Heer. (Harrebomee, I, 211.)

2 Alle guten Geister loben ihren Meister. - Eiselein, 216; Simrock, 3185; Braun, II, 471.

3 Besser ein Geist der fliegt, als eine Seele die kriecht.

4 Dem Heiligen Geiste sind in Rom die Flügel beschroten und die Mönche haben aus den Federn Schlafkissen gemacht. - Klosterspiegel, 28, 6; Eiselein, 217.

5 Den Geist soll man nicht tödten.

"Einmal erweckt", sagte Hr. von Radowitz im erfurter Parlament, "ist der Geist nicht wieder zu bannen. Er kann zeitweise schlummern, aber er wird immer wieder erwachen." (Vgl. Westdeutsche Zeitung, 1850, Nr. 76.)

Frz.: On ouvre mieulx l'esprit que l'en ne le clost. (Leroux, II, 275.)

6 Der Geist baut den Körper.

Die Rückwirkung des Geistes auf Gestaltung, Haltung u. s. w. des Körpers ist wol nicht zu leugnen; aber sollte man nicht mit einigem Recht sagen können: Der Körper baut den Geist? (Vgl. Moleschott, Kreislauf des Lebens und Die Lehre von den Nahrungsmitteln; ferner Dr. L. Büchner, Kraft und Stoff.)

7 Der Geist der Frauen ist von Quecksilber, ihr Herz von Wachs.

8 Der Geist des Menschen ist wie ein unauslöschliches Flämmlein in einer papiernen Laterne.

9 Der Geist ist fort, das Fleisch ist geblieben.

Holl.: De geest is er bij hem uit. (Harrebomee, I, 211.)

10 Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. - Matth. 26, 41; Schulze, 230; Henisch, 1446; Büchmann, 161.

D. h. das Fleisch ist stärker als der vom Geist beeinflusste Wille. Die Chinesen sagen, um die Gewalt der sinnlichen Neigungen gegenüber den geistigen Einflüssen zu schildern: Der Geist Ngar beschützt den Saal, und doch verehrt man den Geist Sao mehr, der über die Küche gesetzt ist.

Frz.: L'esprit de l'homme est prompt et la chair est faible.

Holl.: De geest is wel gewillig, maar het vleesch is zwak. (Harrebomee, I, 211.)

11 Der Geist thut das allermeist.

Ueberall, namentlich aber in der Jugend- und Volksbildung; es ist aber ein trauriges Zeichen der Zeit, wenn man bei ihrem Anblick mit Faust ausrufen muss: [Spaltenumbruch] "Ich finde nicht die Spur von einem Geist und alles ist Dressur." (Goethe's Sämmtliche Werke.)

Holl.: Dat is de geest: die 't minst hebben, maaken 't meest. (Harrebomee, I, 211.) - Niets gaat voor eenen goeden geest. (Harrebomee, I, 212.)

12 Der Heilige Geist ist der Gottseligen, die Erfahrung aber der Gottlosen Schriftschlüssel. - Opel, 395.

13 Dess Geistes Trost vnd Muth ist mein Schatz vnd erbgut. - Petri, I, 23.

14 Du solt allen geystern nicht glauben. - Agricola I, 22; Simrock, 3187.

15 Ein geduldiger Geist ist besser denn ein hoher. - Petri, II, 188.

16 Ein Geist erkennt den andern.

Böhm.: Duch ducha poznava, a srdce srdci navesti dava. (Celakovsky, 238.)

17 Ein trawriger geist verdorret Marck vnd Bein. - Henisch, 1446, 45.

18 Es ist kein Geist so böse, der nicht vorm Kreuz entwiche.

19 Geist ist gut, aber Verstand besser.

Böhm.: Vtipu treba casem, ale rozumu vzdycky. (Celakovsky, 202.)

Poln.: Dowcip czasem potrzebny, ale rozum zawsze. (Celakovsky, 202.)

20 Geist macht nicht feist.

21 Grosse Geister begegnen sich. - Simrock, 3188.

22 Grosse Geister fehlen auch.

"Der Geist der Menschen sieht nur in die Höhe und sein Verstand vor die Füsse; daher kommt es, dass auch grosse Geister oft stolpern und hinfallen." (Welt und Zeit, V, 204, 306.)

23 Grosse Geister genirt es nicht und kleinen geht es nichts an.

24 Grosse Geister marschiren nicht auf der Heerstrasse.

"Grosse Geister eilen der Zeit stets voraus und sitzen immer schon oben auf der Wetterfahne des Thurms, wo sie sich lustig im Winde drehen, während die Schnecke des gewöhnlichen Menschen noch am Fusse herumkriecht." (Dr. Mises, Schutzmittel für die Cholera, Leipzig 1832.)

25 Grosse Geister und Krebse ehrt man nach dem Tode.

26 Hoe groter Gest, hoe groter Beest.

Je grösser Geist, je grösser Thier. Geniale Menschen sind nicht selten liederlich und ausschweifend.

Holl.: Hoe grooter geest, hoe grooter beest. (Harrebomee, I, 211.)

27 Ich mache Geister, aber ich sag's nicht, sprach der Kapuziner zum Nachtwächter. - Klosterspiegel, 47, 17.

Er setzte nämlich, als ihn der Nachtwächter traf, auf das Grab des jüngst verstorbenen Bürgermeisters Krebse, denen er brennende Wachslichter auf den Rücken klebte, damit die Witwe bei ihm Messe lesen lasse.

28 Ich will ihr einen neuen Geist geben, wie geschrieben steht, sagte der fromme Mann, und walkte seine Frau.

Holl.: Mijn geest getuigt zulks, zei Jeremias de kwaker, en hij ontboot zijne vrouw voor den vrederegter. (Harrebomee, I, 212.)

29 Irrige Geister stifften viel Böses. - Petri, I, 62; Henisch, 1446, 41.

30 Man muss an keine Geister glauben. - Simrock, 3190; Körte, 1865.

Oft liebt und diebt sich's nur, wo man glaubt, es spuke. "Nicht jedem Geist man trauen soll, die Welt ist falsch und Lügens voll." Darum schrieb auch A. von Humboldt unter dem 2. April 1856 an den Director Jobard, der ihn über seine Meinung in Betreff des neuen Spiritualismus gefragt hatte: "Ich habe immer die Schwäche, nie einen heiligen Schreck vor der Vergeistigung des Fichtenholzes und dem Psychographen-Mysticismus zu haben." (Vgl. National-Zeitung, Berlin 1856, Nr. 173.)

31 Man muss nicht jeglichem Geiste glauben. - 1 Joh. 4, 1; Schulze, 293; Richard, 378.

Böhm.: Ne vselikemu slovu ver. (Celakovsky, 20.)

Holl.: Men en sal alle gheesten niet gheloven. (Tunn., 18, 20; Harrebomee, I, 212.)

Lat.: Omni spiritui tu semper credere noli. (Fallersleben, 494.)

32 Man sieht wohl, wess Geistes Kind einer ist. - Körte, 1865a; Simrock, 3189; Eiselein, 217; Braun, II, 472.

[Spaltenumbruch] einem andern Orte ein Zinspflichtiger seinem Grundherrn ein einziges Ei auf einem vierspännigen Wagen alljährlich zu Hofe liefern; und ein thüringisches Dorf hatte in jedem Jahre dem zwölf Meilen entfernt wohnenden Herrn drei Dreihellerspfennige zu entrichten, die ein einäugiger Reiter auf einem einäugigen Pferde bringen musste. Auch der Kuttenzins des Dorfes Stangerode gehört hierher, der im Betrage von einem Pfennige dem Herrn stets am Thomastage, daher Thomaspfennig genannt, vor 12 Uhr nachts überbracht werden musste. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 385.)


Geissbohnen.

*1 Einem Geissbohnen (Ziegenkoth) anbieten (vorsetzen).

*2 Er hat die Geissbohnen funden.Eiselein, 202.


Geissgraben.

In 'n Gässgraba naikumma.Sartorius, 161.

In schlechte Zustände gerathen, verkommen.


Geisslein.

1 Das Geisslein hüpfet wie die Geiss.

Holl.: Het geitje huppelt in het groen, en zoo zal ook haar jonge doen. (Harrebomée, I, 213.)

2 Es ist böss das geisslein essen, ehe es die geiss gebiert.Henisch, 1444, 16; Lehmann, II, 129, 161.

*3 Das letzte Geisslein schlachten, damit das Mäglein satt werde.

*4 Wer d' Geissle1 het, da chlöpft. (Solothurn.) – Schild, 60, 56.

1) Mir ist mitgetheilt worden, dass Geissel gemeint und der Sinn ist: Wer die Geissel hat, gebraucht, wer die Gewalt hat, übt sie.


Geisswolle.

* Vmb die geysswoll zancken. (S. Esel 651.)Franck, II, 101b.

Lat.: De lana caprina loqui. (Binder I, 289; Faselius, 130; Wiegand, 844.)


Geist.

1 Alle guten Geister loben Gott den Herrn.Eiselein, 216; Simrock, 3186.

Im Morgenlande bestimmt man das näher und sagt: Die Christen loben Gott morgens.

Holl.: Alle goede geesten loven den Heer. (Harrebomée, I, 211.)

2 Alle guten Geister loben ihren Meister.Eiselein, 216; Simrock, 3185; Braun, II, 471.

3 Besser ein Geist der fliegt, als eine Seele die kriecht.

4 Dem Heiligen Geiste sind in Rom die Flügel beschroten und die Mönche haben aus den Federn Schlafkissen gemacht.Klosterspiegel, 28, 6; Eiselein, 217.

5 Den Geist soll man nicht tödten.

„Einmal erweckt“, sagte Hr. von Radowitz im erfurter Parlament, „ist der Geist nicht wieder zu bannen. Er kann zeitweise schlummern, aber er wird immer wieder erwachen.“ (Vgl. Westdeutsche Zeitung, 1850, Nr. 76.)

Frz.: On ouvre mieulx l'esprit que l'en ne le clost. (Leroux, II, 275.)

6 Der Geist baut den Körper.

Die Rückwirkung des Geistes auf Gestaltung, Haltung u. s. w. des Körpers ist wol nicht zu leugnen; aber sollte man nicht mit einigem Recht sagen können: Der Körper baut den Geist? (Vgl. Moleschott, Kreislauf des Lebens und Die Lehre von den Nahrungsmitteln; ferner Dr. L. Büchner, Kraft und Stoff.)

7 Der Geist der Frauen ist von Quecksilber, ihr Herz von Wachs.

8 Der Geist des Menschen ist wie ein unauslöschliches Flämmlein in einer papiernen Laterne.

9 Der Geist ist fort, das Fleisch ist geblieben.

Holl.: De geest is er bij hem uit. (Harrebomée, I, 211.)

10 Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.Matth. 26, 41; Schulze, 230; Henisch, 1446; Büchmann, 161.

D. h. das Fleisch ist stärker als der vom Geist beeinflusste Wille. Die Chinesen sagen, um die Gewalt der sinnlichen Neigungen gegenüber den geistigen Einflüssen zu schildern: Der Geist Ngar beschützt den Saal, und doch verehrt man den Geist Sao mehr, der über die Küche gesetzt ist.

Frz.: L'esprit de l'homme est prompt et la chair est faible.

Holl.: De geest is wel gewillig, maar het vleesch is zwak. (Harrebomée, I, 211.)

11 Der Geist thut das allermeist.

Ueberall, namentlich aber in der Jugend- und Volksbildung; es ist aber ein trauriges Zeichen der Zeit, wenn man bei ihrem Anblick mit Faust ausrufen muss: [Spaltenumbruch] „Ich finde nicht die Spur von einem Geist und alles ist Dressur.“ (Goethe's Sämmtliche Werke.)

Holl.: Dat is de geest: die 't minst hebben, maaken 't meest. (Harrebomée, I, 211.) – Niets gaat voor eenen goeden geest. (Harrebomée, I, 212.)

12 Der Heilige Geist ist der Gottseligen, die Erfahrung aber der Gottlosen Schriftschlüssel.Opel, 395.

13 Dess Geistes Trost vnd Muth ist mein Schatz vnd erbgut.Petri, I, 23.

14 Du solt allen geystern nicht glauben.Agricola I, 22; Simrock, 3187.

15 Ein geduldiger Geist ist besser denn ein hoher.Petri, II, 188.

16 Ein Geist erkennt den andern.

Böhm.: Duch ducha poznává, a srdce srdci návĕští dává. (Čelakovský, 238.)

17 Ein trawriger geist verdorret Marck vnd Bein.Henisch, 1446, 45.

18 Es ist kein Geist so böse, der nicht vorm Kreuz entwiche.

19 Geist ist gut, aber Verstand besser.

Böhm.: Vtipu třeba časem, ale rozumu vždycky. (Čelakovský, 202.)

Poln.: Dowcip czasem potrzebny, ale rozum zawsze. (Čelakovský, 202.)

20 Geist macht nicht feist.

21 Grosse Geister begegnen sich.Simrock, 3188.

22 Grosse Geister fehlen auch.

„Der Geist der Menschen sieht nur in die Höhe und sein Verstand vor die Füsse; daher kommt es, dass auch grosse Geister oft stolpern und hinfallen.“ (Welt und Zeit, V, 204, 306.)

23 Grosse Geister genirt es nicht und kleinen geht es nichts an.

24 Grosse Geister marschiren nicht auf der Heerstrasse.

„Grosse Geister eilen der Zeit stets voraus und sitzen immer schon oben auf der Wetterfahne des Thurms, wo sie sich lustig im Winde drehen, während die Schnecke des gewöhnlichen Menschen noch am Fusse herumkriecht.“ (Dr. Mises, Schutzmittel für die Cholera, Leipzig 1832.)

25 Grosse Geister und Krebse ehrt man nach dem Tode.

26 Hoe groter Gêst, hoe groter Bêest.

Je grösser Geist, je grösser Thier. Geniale Menschen sind nicht selten liederlich und ausschweifend.

Holl.: Hoe grooter geest, hoe grooter beest. (Harrebomée, I, 211.)

27 Ich mache Geister, aber ich sag's nicht, sprach der Kapuziner zum Nachtwächter.Klosterspiegel, 47, 17.

Er setzte nämlich, als ihn der Nachtwächter traf, auf das Grab des jüngst verstorbenen Bürgermeisters Krebse, denen er brennende Wachslichter auf den Rücken klebte, damit die Witwe bei ihm Messe lesen lasse.

28 Ich will ihr einen neuen Geist geben, wie geschrieben steht, sagte der fromme Mann, und walkte seine Frau.

Holl.: Mijn geest getuigt zulks, zei Jeremias de kwaker, en hij ontboot zijne vrouw voor den vrederegter. (Harrebomée, I, 212.)

29 Irrige Geister stifften viel Böses.Petri, I, 62; Henisch, 1446, 41.

30 Man muss an keine Geister glauben.Simrock, 3190; Körte, 1865.

Oft liebt und diebt sich's nur, wo man glaubt, es spuke. „Nicht jedem Geist man trauen soll, die Welt ist falsch und Lügens voll.“ Darum schrieb auch A. von Humboldt unter dem 2. April 1856 an den Director Jobard, der ihn über seine Meinung in Betreff des neuen Spiritualismus gefragt hatte: „Ich habe immer die Schwäche, nie einen heiligen Schreck vor der Vergeistigung des Fichtenholzes und dem Psychographen-Mysticismus zu haben.“ (Vgl. National-Zeitung, Berlin 1856, Nr. 173.)

31 Man muss nicht jeglichem Geiste glauben.1 Joh. 4, 1; Schulze, 293; Richard, 378.

Böhm.: Ne všelikému slovu vĕř. (Čelakovský, 20.)

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[[725]/0753] einem andern Orte ein Zinspflichtiger seinem Grundherrn ein einziges Ei auf einem vierspännigen Wagen alljährlich zu Hofe liefern; und ein thüringisches Dorf hatte in jedem Jahre dem zwölf Meilen entfernt wohnenden Herrn drei Dreihellerspfennige zu entrichten, die ein einäugiger Reiter auf einem einäugigen Pferde bringen musste. Auch der Kuttenzins des Dorfes Stangerode gehört hierher, der im Betrage von einem Pfennige dem Herrn stets am Thomastage, daher Thomaspfennig genannt, vor 12 Uhr nachts überbracht werden musste. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 385.) Geissbohnen. *1 Einem Geissbohnen (Ziegenkoth) anbieten (vorsetzen). *2 Er hat die Geissbohnen funden. – Eiselein, 202. Geissgraben. In 'n Gässgraba naikumma. – Sartorius, 161. In schlechte Zustände gerathen, verkommen. Geisslein. 1 Das Geisslein hüpfet wie die Geiss. Holl.: Het geitje huppelt in het groen, en zoo zal ook haar jonge doen. (Harrebomée, I, 213.) 2 Es ist böss das geisslein essen, ehe es die geiss gebiert. – Henisch, 1444, 16; Lehmann, II, 129, 161. *3 Das letzte Geisslein schlachten, damit das Mäglein satt werde. *4 Wer d' Geissle1 het, da chlöpft. (Solothurn.) – Schild, 60, 56. 1) Mir ist mitgetheilt worden, dass Geissel gemeint und der Sinn ist: Wer die Geissel hat, gebraucht, wer die Gewalt hat, übt sie. Geisswolle. * Vmb die geysswoll zancken. (S. Esel 651.) – Franck, II, 101b. Lat.: De lana caprina loqui. (Binder I, 289; Faselius, 130; Wiegand, 844.) Geist. 1 Alle guten Geister loben Gott den Herrn. – Eiselein, 216; Simrock, 3186. Im Morgenlande bestimmt man das näher und sagt: Die Christen loben Gott morgens. Holl.: Alle goede geesten loven den Heer. (Harrebomée, I, 211.) 2 Alle guten Geister loben ihren Meister. – Eiselein, 216; Simrock, 3185; Braun, II, 471. 3 Besser ein Geist der fliegt, als eine Seele die kriecht. 4 Dem Heiligen Geiste sind in Rom die Flügel beschroten und die Mönche haben aus den Federn Schlafkissen gemacht. – Klosterspiegel, 28, 6; Eiselein, 217. 5 Den Geist soll man nicht tödten. „Einmal erweckt“, sagte Hr. von Radowitz im erfurter Parlament, „ist der Geist nicht wieder zu bannen. Er kann zeitweise schlummern, aber er wird immer wieder erwachen.“ (Vgl. Westdeutsche Zeitung, 1850, Nr. 76.) Frz.: On ouvre mieulx l'esprit que l'en ne le clost. (Leroux, II, 275.) 6 Der Geist baut den Körper. Die Rückwirkung des Geistes auf Gestaltung, Haltung u. s. w. des Körpers ist wol nicht zu leugnen; aber sollte man nicht mit einigem Recht sagen können: Der Körper baut den Geist? (Vgl. Moleschott, Kreislauf des Lebens und Die Lehre von den Nahrungsmitteln; ferner Dr. L. Büchner, Kraft und Stoff.) 7 Der Geist der Frauen ist von Quecksilber, ihr Herz von Wachs. 8 Der Geist des Menschen ist wie ein unauslöschliches Flämmlein in einer papiernen Laterne. 9 Der Geist ist fort, das Fleisch ist geblieben. Holl.: De geest is er bij hem uit. (Harrebomée, I, 211.) 10 Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. – Matth. 26, 41; Schulze, 230; Henisch, 1446; Büchmann, 161. D. h. das Fleisch ist stärker als der vom Geist beeinflusste Wille. Die Chinesen sagen, um die Gewalt der sinnlichen Neigungen gegenüber den geistigen Einflüssen zu schildern: Der Geist Ngar beschützt den Saal, und doch verehrt man den Geist Sao mehr, der über die Küche gesetzt ist. Frz.: L'esprit de l'homme est prompt et la chair est faible. Holl.: De geest is wel gewillig, maar het vleesch is zwak. (Harrebomée, I, 211.) 11 Der Geist thut das allermeist. Ueberall, namentlich aber in der Jugend- und Volksbildung; es ist aber ein trauriges Zeichen der Zeit, wenn man bei ihrem Anblick mit Faust ausrufen muss: „Ich finde nicht die Spur von einem Geist und alles ist Dressur.“ (Goethe's Sämmtliche Werke.) Holl.: Dat is de geest: die 't minst hebben, maaken 't meest. (Harrebomée, I, 211.) – Niets gaat voor eenen goeden geest. (Harrebomée, I, 212.) 12 Der Heilige Geist ist der Gottseligen, die Erfahrung aber der Gottlosen Schriftschlüssel. – Opel, 395. 13 Dess Geistes Trost vnd Muth ist mein Schatz vnd erbgut. – Petri, I, 23. 14 Du solt allen geystern nicht glauben. – Agricola I, 22; Simrock, 3187. 15 Ein geduldiger Geist ist besser denn ein hoher. – Petri, II, 188. 16 Ein Geist erkennt den andern. Böhm.: Duch ducha poznává, a srdce srdci návĕští dává. (Čelakovský, 238.) 17 Ein trawriger geist verdorret Marck vnd Bein. – Henisch, 1446, 45. 18 Es ist kein Geist so böse, der nicht vorm Kreuz entwiche. 19 Geist ist gut, aber Verstand besser. Böhm.: Vtipu třeba časem, ale rozumu vždycky. (Čelakovský, 202.) Poln.: Dowcip czasem potrzebny, ale rozum zawsze. (Čelakovský, 202.) 20 Geist macht nicht feist. 21 Grosse Geister begegnen sich. – Simrock, 3188. 22 Grosse Geister fehlen auch. „Der Geist der Menschen sieht nur in die Höhe und sein Verstand vor die Füsse; daher kommt es, dass auch grosse Geister oft stolpern und hinfallen.“ (Welt und Zeit, V, 204, 306.) 23 Grosse Geister genirt es nicht und kleinen geht es nichts an. 24 Grosse Geister marschiren nicht auf der Heerstrasse. „Grosse Geister eilen der Zeit stets voraus und sitzen immer schon oben auf der Wetterfahne des Thurms, wo sie sich lustig im Winde drehen, während die Schnecke des gewöhnlichen Menschen noch am Fusse herumkriecht.“ (Dr. Mises, Schutzmittel für die Cholera, Leipzig 1832.) 25 Grosse Geister und Krebse ehrt man nach dem Tode. 26 Hoe groter Gêst, hoe groter Bêest. Je grösser Geist, je grösser Thier. Geniale Menschen sind nicht selten liederlich und ausschweifend. Holl.: Hoe grooter geest, hoe grooter beest. (Harrebomée, I, 211.) 27 Ich mache Geister, aber ich sag's nicht, sprach der Kapuziner zum Nachtwächter. – Klosterspiegel, 47, 17. Er setzte nämlich, als ihn der Nachtwächter traf, auf das Grab des jüngst verstorbenen Bürgermeisters Krebse, denen er brennende Wachslichter auf den Rücken klebte, damit die Witwe bei ihm Messe lesen lasse. 28 Ich will ihr einen neuen Geist geben, wie geschrieben steht, sagte der fromme Mann, und walkte seine Frau. Holl.: Mijn geest getuigt zulks, zei Jeremias de kwaker, en hij ontboot zijne vrouw voor den vrederegter. (Harrebomée, I, 212.) 29 Irrige Geister stifften viel Böses. – Petri, I, 62; Henisch, 1446, 41. 30 Man muss an keine Geister glauben. – Simrock, 3190; Körte, 1865. Oft liebt und diebt sich's nur, wo man glaubt, es spuke. „Nicht jedem Geist man trauen soll, die Welt ist falsch und Lügens voll.“ Darum schrieb auch A. von Humboldt unter dem 2. April 1856 an den Director Jobard, der ihn über seine Meinung in Betreff des neuen Spiritualismus gefragt hatte: „Ich habe immer die Schwäche, nie einen heiligen Schreck vor der Vergeistigung des Fichtenholzes und dem Psychographen-Mysticismus zu haben.“ (Vgl. National-Zeitung, Berlin 1856, Nr. 173.) 31 Man muss nicht jeglichem Geiste glauben. – 1 Joh. 4, 1; Schulze, 293; Richard, 378. Böhm.: Ne všelikému slovu vĕř. (Čelakovský, 20.) Holl.: Men en sal alle gheesten niet gheloven. (Tunn., 18, 20; Harrebomée, I, 212.) Lat.: Omni spiritui tu semper credere noli. (Fallersleben, 494.) 32 Man sieht wohl, wess Geistes Kind einer ist. – Körte, 1865a; Simrock, 3189; Eiselein, 217; Braun, II, 472.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [725]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/753>, abgerufen am 27.04.2024.