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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 38 Gemüth und Verstand gehen selten Hand in Hand.

"Bei den meisten Menschen verzehrt entweder das Gemüth den Verstand oder der Verstand das Gemüth." (Welt und Zeit, V, 269, 535.) - "Auf dem Schachbret unserer Seele führen zwei feindliche Könige, Gemüth und Verstand, beständigen Krieg miteinander." (W. Menzel, Streckverse, 77.)

39 Lasterhafft Gemüt zeigt an vnadelich geblüt. - Gruter, III, 62; Lehmann, II, 376, 12.

40 Mei Gemüth erfreut sich, wann me Flääsch onn Kraut anricht't, mei betrübter Sinn un Muth wenn nisch wider e wegger thut. (Oberes Kinzigthal in Kurhessen.)

41 Vnbeständige gemüther haben vnbeständige Kleider. - Lehmann, 425, 55.

42 Wo die gemüter zusammenstimmen, da ist die höchst freundtschafft. - Franck, I, 67a.

*43 Einem etwas zu Gemüthe führen.

Durch Vorstellungen so auf ihn einwirken, dass sein Wille so bestimmt wird, wie man es wünscht.

*44 Sich etwas zu Gemüthe ziehen.

Anhaltenden Kummer über etwas empfinden.


Gemüthlichkeit.

Da hört die Gemüthlichkeit auf. (Nürtingen.)


Gemüthsneigung.

Gemüthsneigungen sind böse Richter. - Winckler, VI, 82.


Gemüthsruhe.

Gemüthsruhe ist ein Gewand, das niemals sich abträgt.


Genährt.

Besser genährt als gelehrt.

Engl.: Better fed than taught.


Genannter.

1 Der Genannte muss den Dieb wehren oder fällen. - Graf, 414, 109.

Bezieht sich auf das altdeutsche Rechtsverfahren und zwar auf die Urtheilsfindung. Der Genannte oder Schöffe hatte das Urtheil als Geschworener des Kaisers zu schöpfen, den Dieb für schuldig oder nichtschuldig zu erklären, welches Urtheil dann der Richter verkündete. Das Sprichwort ist dem westgothischen Recht entlehnt: Nempdaeman a at waeria thiuf äller faellae. (Collin und Schlyter, Corpus juris Suegotharum antiqui, 9 Bde., Stockholm 1827 fg.; vgl. auch Thorsen, V, 64, 5.)

2 Was die Genannten gestehen, da gehört kein Leugnen dagegen. - Graf, 454, 461.

Das Zeugniss der Schöffen schliesst Gegenbeweis aus, nur ist es auf die Gerichtsstätte beschränkt. (S. Schöffe.)

Mhd.: Was die genannten gesteen, do gehört kein lougen gegen. (Rössler, I, 129.)


Genasch.

1 Es wirt jm des geneschs werden. - Franck, II, 89a.

2 Gnesch will streich (Schläge) haben. - Franck, I, 84b; Henisch, 1493, 17; Petri, II, 333; Lehmann, II, 230, 145; Latendorf II, 15; Simrock, 3396; Körte, 2016.

3 Man hat jm des gnesch geben. - Franck, I, 52b.


Genau.

1 Wann man gar zu genaw suchen will, machet es nicht freundtschafft. - Henisch, 1672, 22.

2 Wo man (es) genau ist (nimmt), da muss man's genau nehmen. - Körte, 2017; Simrock, 3397.

*3 Er ist so genau, er würde ein Haar theilen.


Genehmigen.

Was man einmal genehmigt, kann man nicht widerrufen. - Graf, 239, 50 u. 477, 638.

Mhd.: Was einer einst volwortet, das mag er nicht widerruffen. (Klingen, 132b, 1.)


Geneigt.

Wozu einer geneigt ist, da ist er leichthin zu überreden. - Henisch, 1492, 54; Petri, II, 818.


Geneil.

Er henckt das geneil. - Franck, II, 20b.

Ist schwach, elend, muthlos.


General.

1 Dem General von je gebührt, was muthig der Soldat vollführt. - Eiselein, 225.

2 Ein gelehrter General im Feld ist dem Feinde lieber als Geld.

Es ist hier ein solcher gemeint, der mit todter Buchgelehrsamkeit Krieg führt, wie etwa der englische General Galway im Spanischen Erbfolgekriege den Feldzug vom Jahre 1707 in streng wissenschaftlicher Weise [Spaltenumbruch] führte. Er stellte seine Truppen nach den von den besten Schriftstellern vorgeschriebenen Methoden und verlor in wenig Stunden 18000 Mann, 120 Fahnen, das ganze Gepäck und die ganze Artillerie. (Vgl. Macaulay's Kleine geschichtliche und biographische Schriften, Leipzig 1851, III, 291.)

3 Wenn den General ein Dorn sticht, lehnt er sich auf den Soldaten und zieht ihn heraus. (Surinam.)

Ein Uebel, das den Höhergestellten betrifft, hat der Untergebene zu büssen.

*4 General oder (gar) Corporal, es ralt sich. - Tendlau, 1013; Eiselein, 109; Simrock, 1469.

Als spöttischer Ausruf bei Verwechselung ganz verschiedener, wengleich im Wortlaut ähnlicher Begriffe.

Holl.: Korporaal of generaal, het raalt toch. (Harrebomee, I, 229.)

Lat.: Aut Caesar, aut nihil. (Binder II, 302; Philippi, I, 52; Wiegand, 930; Zinkgref, III, 76.)


Genesen.

Mancher ist genesen, aber nicht gesund.

Vom Arzt als nach beendeter Cur entlassen, aber nicht geheilt.

Holl.: Al is men genezen, men is niet gezond. (Harrebomee, I, 237.)


Genesis.

Auf das Buch Genesis folgt das Buch Exodus. - Parömiakon, 1336.

"Kaum dass du das Leben empfangen hast, bist du schon in Gefahr, dass der Tod das la mi fare singt." (Judas, der Erzschelm, Salzburg 1688, Thl. 3.)


Genf.

Genf ist das Paradies der alten Jungfern.

Ob zu dieser Redensart die zahlreichen wissenschaftlichen Vorträge, Predigten, Concerte und Ausstellungen aller Art, die in Genf stattfinden, Veranlassung gegeben haben, wie Reinsberg (VI, 51) annimmt?


Genfer.

1 Ein Genfer sieht nicht umsonst zum Fenster hinaus.

Man sagt, dass die Genfer sehr gewinnlustig sein sollen. Der Minister Choiseul sagte einst, um diesen Zug ihres Charakters zu veranschaulichen: "Wenn ihr einen Genfer zum Fenster hinausspringen seht, so könnt ihr nachspringen, denn es müssen wenigstens 6 Procent zu gewinnen sein." Wegen ihrer Neigung zu literarischer Krittelsucht wie zu religiösen Zänkereien sagt man von ihnen: Le Genevois est avener. (Reinsberg VI, 51.)

2 Einen Genfer zu betrügen dazu gehören neun Basler, und um einen Basler zu betrügen, neun Juden. (S. Genuese.) - Reinsberg V, 33.

3 Genfer und geschminkte Frauen muss man nur von ferne schauen.

Frz.: Les Genevois ont vertu de cent lieues de loing. (Leroux, I, 193.) - Genevois, quand je te vois, rien je ne vois. (Cahier, 806.)


Genick.

1 Auf hart Genick ein harter Strick.

2 Auf solch Genick gehört kein anderer Strick.

*3 Das bricht ihm 's Genick.

Auch: gibt ihm das Basta, den Rest.


Genickfang.

*1 Das gibt ihm den Genickfang. (Nürtingen.)

*2 Einem den Genickfang (Gnadenstoss) geben.


Genickpump.

* He hett 'n Genickpump weg. (Mecklenburg.) - Dr. K. Schiller.

Er hat einen Schaden an seiner Gesundheit erlitten. Bei Danneil (67) findet sich Genickbuff = ein harter Stoss ins Genick; dann von jedem derben Stoss an jedem Theile des Körpers, und uneigentlich von Benachtheiligungen der Gesundheit. Davon das Verbum gnickbuff'n. (S. Pips.)


Genie.

1 Das Genie braucht keinen Adelsbrief.

Clemens XIV. sagte: "Das Genie bedarf keines Adelsbriefs und die Tugend ist Königin im Himmel wie auf Erden." (Neuyorker Abendzeitung vom 26. Sept. 1850.)

2 Ein Genie wird geboren.

Aber ein Esel auch. - Goethe sagt von Lessing: "Er wollte den Titel eines Genies ablehnen, aber seine dauernden Wirkungen zeugen wider ihn selber." (Lessing's Leben von Stahr, II, 353.)

3 Er hat dazu so viel Genie wie ein Maulwurf zur Astronomie.

4 Genie sättigt nie.

"Das Genie", sagt Jean Paul (vgl. dessen Leben von H. Döring), "gleicht dem Amor. Es ist geflügelt, aber blind, und wenn's hoch kommt, so fühlt es, wie die

[Spaltenumbruch] 38 Gemüth und Verstand gehen selten Hand in Hand.

„Bei den meisten Menschen verzehrt entweder das Gemüth den Verstand oder der Verstand das Gemüth.“ (Welt und Zeit, V, 269, 535.) – „Auf dem Schachbret unserer Seele führen zwei feindliche Könige, Gemüth und Verstand, beständigen Krieg miteinander.“ (W. Menzel, Streckverse, 77.)

39 Lasterhafft Gemüt zeigt an vnadelich geblüt.Gruter, III, 62; Lehmann, II, 376, 12.

40 Mei Gemüth erfreut sich, wann me Flääsch onn Kraut anricht't, mei betrübter Sinn un Muth wenn nisch wider e wegger thut. (Oberes Kinzigthal in Kurhessen.)

41 Vnbeständige gemüther haben vnbeständige Kleider.Lehmann, 425, 55.

42 Wo die gemüter zusammenstimmen, da ist die höchst freundtschafft.Franck, I, 67a.

*43 Einem etwas zu Gemüthe führen.

Durch Vorstellungen so auf ihn einwirken, dass sein Wille so bestimmt wird, wie man es wünscht.

*44 Sich etwas zu Gemüthe ziehen.

Anhaltenden Kummer über etwas empfinden.


Gemüthlichkeit.

Da hört die Gemüthlichkeit auf. (Nürtingen.)


Gemüthsneigung.

Gemüthsneigungen sind böse Richter.Winckler, VI, 82.


Gemüthsruhe.

Gemüthsruhe ist ein Gewand, das niemals sich abträgt.


Genährt.

Besser genährt als gelehrt.

Engl.: Better fed than taught.


Genannter.

1 Der Genannte muss den Dieb wehren oder fällen.Graf, 414, 109.

Bezieht sich auf das altdeutsche Rechtsverfahren und zwar auf die Urtheilsfindung. Der Genannte oder Schöffe hatte das Urtheil als Geschworener des Kaisers zu schöpfen, den Dieb für schuldig oder nichtschuldig zu erklären, welches Urtheil dann der Richter verkündete. Das Sprichwort ist dem westgothischen Recht entlehnt: Nempdaeman a at waeria thiuf äller faellae. (Collin und Schlyter, Corpus juris Suegotharum antiqui, 9 Bde., Stockholm 1827 fg.; vgl. auch Thorsen, V, 64, 5.)

2 Was die Genannten gestehen, da gehört kein Leugnen dagegen.Graf, 454, 461.

Das Zeugniss der Schöffen schliesst Gegenbeweis aus, nur ist es auf die Gerichtsstätte beschränkt. (S. Schöffe.)

Mhd.: Was die genannten gesteen, do gehört kein lougen gegen. (Rössler, I, 129.)


Genasch.

1 Es wirt jm des geneschs werden.Franck, II, 89a.

2 Gnesch will streich (Schläge) haben.Franck, I, 84b; Henisch, 1493, 17; Petri, II, 333; Lehmann, II, 230, 145; Latendorf II, 15; Simrock, 3396; Körte, 2016.

3 Man hat jm des gnesch geben.Franck, I, 52b.


Genau.

1 Wann man gar zu genaw suchen will, machet es nicht freundtschafft.Henisch, 1672, 22.

2 Wo man (es) genau ist (nimmt), da muss man's genau nehmen.Körte, 2017; Simrock, 3397.

*3 Er ist so genau, er würde ein Haar theilen.


Genehmigen.

Was man einmal genehmigt, kann man nicht widerrufen.Graf, 239, 50 u. 477, 638.

Mhd.: Was einer einst volwortet, das mag er nicht widerruffen. (Klingen, 132b, 1.)


Geneigt.

Wozu einer geneigt ist, da ist er leichthin zu überreden.Henisch, 1492, 54; Petri, II, 818.


Geneil.

Er henckt das geneil.Franck, II, 20b.

Ist schwach, elend, muthlos.


General.

1 Dem General von je gebührt, was muthig der Soldat vollführt.Eiselein, 225.

2 Ein gelehrter General im Feld ist dem Feinde lieber als Geld.

Es ist hier ein solcher gemeint, der mit todter Buchgelehrsamkeit Krieg führt, wie etwa der englische General Galway im Spanischen Erbfolgekriege den Feldzug vom Jahre 1707 in streng wissenschaftlicher Weise [Spaltenumbruch] führte. Er stellte seine Truppen nach den von den besten Schriftstellern vorgeschriebenen Methoden und verlor in wenig Stunden 18000 Mann, 120 Fahnen, das ganze Gepäck und die ganze Artillerie. (Vgl. Macaulay's Kleine geschichtliche und biographische Schriften, Leipzig 1851, III, 291.)

3 Wenn den General ein Dorn sticht, lehnt er sich auf den Soldaten und zieht ihn heraus. (Surinam.)

Ein Uebel, das den Höhergestellten betrifft, hat der Untergebene zu büssen.

*4 General oder (gar) Corporal, es ralt sich.Tendlau, 1013; Eiselein, 109; Simrock, 1469.

Als spöttischer Ausruf bei Verwechselung ganz verschiedener, wengleich im Wortlaut ähnlicher Begriffe.

Holl.: Korporaal of generaal, het raalt toch. (Harrebomée, I, 229.)

Lat.: Aut Caesar, aut nihil. (Binder II, 302; Philippi, I, 52; Wiegand, 930; Zinkgref, III, 76.)


Genesen.

Mancher ist genesen, aber nicht gesund.

Vom Arzt als nach beendeter Cur entlassen, aber nicht geheilt.

Holl.: Al is men genezen, men is niet gezond. (Harrebomée, I, 237.)


Genesis.

Auf das Buch Genesis folgt das Buch Exodus.Parömiakon, 1336.

„Kaum dass du das Leben empfangen hast, bist du schon in Gefahr, dass der Tod das la mi fare singt.“ (Judas, der Erzschelm, Salzburg 1688, Thl. 3.)


Genf.

Genf ist das Paradies der alten Jungfern.

Ob zu dieser Redensart die zahlreichen wissenschaftlichen Vorträge, Predigten, Concerte und Ausstellungen aller Art, die in Genf stattfinden, Veranlassung gegeben haben, wie Reinsberg (VI, 51) annimmt?


Genfer.

1 Ein Genfer sieht nicht umsonst zum Fenster hinaus.

Man sagt, dass die Genfer sehr gewinnlustig sein sollen. Der Minister Choiseul sagte einst, um diesen Zug ihres Charakters zu veranschaulichen: „Wenn ihr einen Genfer zum Fenster hinausspringen seht, so könnt ihr nachspringen, denn es müssen wenigstens 6 Procent zu gewinnen sein.“ Wegen ihrer Neigung zu literarischer Krittelsucht wie zu religiösen Zänkereien sagt man von ihnen: Le Génevois est avener. (Reinsberg VI, 51.)

2 Einen Genfer zu betrügen dazu gehören neun Basler, und um einen Basler zu betrügen, neun Juden. (S. Genuese.)Reinsberg V, 33.

3 Genfer und geschminkte Frauen muss man nur von ferne schauen.

Frz.: Les Génevois ont vertu de cent lieues de loing. (Leroux, I, 193.) – Génevois, quand je te vois, rien je ne vois. (Cahier, 806.)


Genick.

1 Auf hart Genick ein harter Strick.

2 Auf solch Genick gehört kein anderer Strick.

*3 Das bricht ihm 's Genick.

Auch: gibt ihm das Basta, den Rest.


Genickfang.

*1 Das gibt ihm den Genickfang. (Nürtingen.)

*2 Einem den Genickfang (Gnadenstoss) geben.


Genickpump.

* He hett 'n Genickpump weg. (Mecklenburg.) – Dr. K. Schiller.

Er hat einen Schaden an seiner Gesundheit erlitten. Bei Danneil (67) findet sich Genickbuff = ein harter Stoss ins Genick; dann von jedem derben Stoss an jedem Theile des Körpers, und uneigentlich von Benachtheiligungen der Gesundheit. Davon das Verbum gnickbuff'n. (S. Pips.)


Genie.

1 Das Genie braucht keinen Adelsbrief.

Clemens XIV. sagte: „Das Genie bedarf keines Adelsbriefs und die Tugend ist Königin im Himmel wie auf Erden.“ (Neuyorker Abendzeitung vom 26. Sept. 1850.)

2 Ein Genie wird geboren.

Aber ein Esel auch. – Goethe sagt von Lessing: „Er wollte den Titel eines Genies ablehnen, aber seine dauernden Wirkungen zeugen wider ihn selber.“ (Lessing's Leben von Stahr, II, 353.)

3 Er hat dazu so viel Genie wie ein Maulwurf zur Astronomie.

4 Genie sättigt nie.

„Das Genie“, sagt Jean Paul (vgl. dessen Leben von H. Döring), „gleicht dem Amor. Es ist geflügelt, aber blind, und wenn's hoch kommt, so fühlt es, wie die

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[[775]/0803] 38 Gemüth und Verstand gehen selten Hand in Hand. „Bei den meisten Menschen verzehrt entweder das Gemüth den Verstand oder der Verstand das Gemüth.“ (Welt und Zeit, V, 269, 535.) – „Auf dem Schachbret unserer Seele führen zwei feindliche Könige, Gemüth und Verstand, beständigen Krieg miteinander.“ (W. Menzel, Streckverse, 77.) 39 Lasterhafft Gemüt zeigt an vnadelich geblüt. – Gruter, III, 62; Lehmann, II, 376, 12. 40 Mei Gemüth erfreut sich, wann me Flääsch onn Kraut anricht't, mei betrübter Sinn un Muth wenn nisch wider e wegger thut. (Oberes Kinzigthal in Kurhessen.) 41 Vnbeständige gemüther haben vnbeständige Kleider. – Lehmann, 425, 55. 42 Wo die gemüter zusammenstimmen, da ist die höchst freundtschafft. – Franck, I, 67a. *43 Einem etwas zu Gemüthe führen. Durch Vorstellungen so auf ihn einwirken, dass sein Wille so bestimmt wird, wie man es wünscht. *44 Sich etwas zu Gemüthe ziehen. Anhaltenden Kummer über etwas empfinden. Gemüthlichkeit. Da hört die Gemüthlichkeit auf. (Nürtingen.) Gemüthsneigung. Gemüthsneigungen sind böse Richter. – Winckler, VI, 82. Gemüthsruhe. Gemüthsruhe ist ein Gewand, das niemals sich abträgt. Genährt. Besser genährt als gelehrt. Engl.: Better fed than taught. Genannter. 1 Der Genannte muss den Dieb wehren oder fällen. – Graf, 414, 109. Bezieht sich auf das altdeutsche Rechtsverfahren und zwar auf die Urtheilsfindung. Der Genannte oder Schöffe hatte das Urtheil als Geschworener des Kaisers zu schöpfen, den Dieb für schuldig oder nichtschuldig zu erklären, welches Urtheil dann der Richter verkündete. Das Sprichwort ist dem westgothischen Recht entlehnt: Nempdaeman a at waeria thiuf äller faellae. (Collin und Schlyter, Corpus juris Suegotharum antiqui, 9 Bde., Stockholm 1827 fg.; vgl. auch Thorsen, V, 64, 5.) 2 Was die Genannten gestehen, da gehört kein Leugnen dagegen. – Graf, 454, 461. Das Zeugniss der Schöffen schliesst Gegenbeweis aus, nur ist es auf die Gerichtsstätte beschränkt. (S. Schöffe.) Mhd.: Was die genannten gesteen, do gehört kein lougen gegen. (Rössler, I, 129.) Genasch. 1 Es wirt jm des geneschs werden. – Franck, II, 89a. 2 Gnesch will streich (Schläge) haben. – Franck, I, 84b; Henisch, 1493, 17; Petri, II, 333; Lehmann, II, 230, 145; Latendorf II, 15; Simrock, 3396; Körte, 2016. 3 Man hat jm des gnesch geben. – Franck, I, 52b. Genau. 1 Wann man gar zu genaw suchen will, machet es nicht freundtschafft. – Henisch, 1672, 22. 2 Wo man (es) genau ist (nimmt), da muss man's genau nehmen. – Körte, 2017; Simrock, 3397. *3 Er ist so genau, er würde ein Haar theilen. Genehmigen. Was man einmal genehmigt, kann man nicht widerrufen. – Graf, 239, 50 u. 477, 638. Mhd.: Was einer einst volwortet, das mag er nicht widerruffen. (Klingen, 132b, 1.) Geneigt. Wozu einer geneigt ist, da ist er leichthin zu überreden. – Henisch, 1492, 54; Petri, II, 818. Geneil. Er henckt das geneil. – Franck, II, 20b. Ist schwach, elend, muthlos. General. 1 Dem General von je gebührt, was muthig der Soldat vollführt. – Eiselein, 225. 2 Ein gelehrter General im Feld ist dem Feinde lieber als Geld. Es ist hier ein solcher gemeint, der mit todter Buchgelehrsamkeit Krieg führt, wie etwa der englische General Galway im Spanischen Erbfolgekriege den Feldzug vom Jahre 1707 in streng wissenschaftlicher Weise führte. Er stellte seine Truppen nach den von den besten Schriftstellern vorgeschriebenen Methoden und verlor in wenig Stunden 18000 Mann, 120 Fahnen, das ganze Gepäck und die ganze Artillerie. (Vgl. Macaulay's Kleine geschichtliche und biographische Schriften, Leipzig 1851, III, 291.) 3 Wenn den General ein Dorn sticht, lehnt er sich auf den Soldaten und zieht ihn heraus. (Surinam.) Ein Uebel, das den Höhergestellten betrifft, hat der Untergebene zu büssen. *4 General oder (gar) Corporal, es ralt sich. – Tendlau, 1013; Eiselein, 109; Simrock, 1469. Als spöttischer Ausruf bei Verwechselung ganz verschiedener, wengleich im Wortlaut ähnlicher Begriffe. Holl.: Korporaal of generaal, het raalt toch. (Harrebomée, I, 229.) Lat.: Aut Caesar, aut nihil. (Binder II, 302; Philippi, I, 52; Wiegand, 930; Zinkgref, III, 76.) Genesen. Mancher ist genesen, aber nicht gesund. Vom Arzt als nach beendeter Cur entlassen, aber nicht geheilt. Holl.: Al is men genezen, men is niet gezond. (Harrebomée, I, 237.) Genesis. Auf das Buch Genesis folgt das Buch Exodus. – Parömiakon, 1336. „Kaum dass du das Leben empfangen hast, bist du schon in Gefahr, dass der Tod das la mi fare singt.“ (Judas, der Erzschelm, Salzburg 1688, Thl. 3.) Genf. Genf ist das Paradies der alten Jungfern. Ob zu dieser Redensart die zahlreichen wissenschaftlichen Vorträge, Predigten, Concerte und Ausstellungen aller Art, die in Genf stattfinden, Veranlassung gegeben haben, wie Reinsberg (VI, 51) annimmt? Genfer. 1 Ein Genfer sieht nicht umsonst zum Fenster hinaus. Man sagt, dass die Genfer sehr gewinnlustig sein sollen. Der Minister Choiseul sagte einst, um diesen Zug ihres Charakters zu veranschaulichen: „Wenn ihr einen Genfer zum Fenster hinausspringen seht, so könnt ihr nachspringen, denn es müssen wenigstens 6 Procent zu gewinnen sein.“ Wegen ihrer Neigung zu literarischer Krittelsucht wie zu religiösen Zänkereien sagt man von ihnen: Le Génevois est avener. (Reinsberg VI, 51.) 2 Einen Genfer zu betrügen dazu gehören neun Basler, und um einen Basler zu betrügen, neun Juden. (S. Genuese.) – Reinsberg V, 33. 3 Genfer und geschminkte Frauen muss man nur von ferne schauen. Frz.: Les Génevois ont vertu de cent lieues de loing. (Leroux, I, 193.) – Génevois, quand je te vois, rien je ne vois. (Cahier, 806.) Genick. 1 Auf hart Genick ein harter Strick. 2 Auf solch Genick gehört kein anderer Strick. *3 Das bricht ihm 's Genick. Auch: gibt ihm das Basta, den Rest. Genickfang. *1 Das gibt ihm den Genickfang. (Nürtingen.) *2 Einem den Genickfang (Gnadenstoss) geben. Genickpump. * He hett 'n Genickpump weg. (Mecklenburg.) – Dr. K. Schiller. Er hat einen Schaden an seiner Gesundheit erlitten. Bei Danneil (67) findet sich Genickbuff = ein harter Stoss ins Genick; dann von jedem derben Stoss an jedem Theile des Körpers, und uneigentlich von Benachtheiligungen der Gesundheit. Davon das Verbum gnickbuff'n. (S. Pips.) Genie. 1 Das Genie braucht keinen Adelsbrief. Clemens XIV. sagte: „Das Genie bedarf keines Adelsbriefs und die Tugend ist Königin im Himmel wie auf Erden.“ (Neuyorker Abendzeitung vom 26. Sept. 1850.) 2 Ein Genie wird geboren. Aber ein Esel auch. – Goethe sagt von Lessing: „Er wollte den Titel eines Genies ablehnen, aber seine dauernden Wirkungen zeugen wider ihn selber.“ (Lessing's Leben von Stahr, II, 353.) 3 Er hat dazu so viel Genie wie ein Maulwurf zur Astronomie. 4 Genie sättigt nie. „Das Genie“, sagt Jean Paul (vgl. dessen Leben von H. Döring), „gleicht dem Amor. Es ist geflügelt, aber blind, und wenn's hoch kommt, so fühlt es, wie die

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [775]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/803>, abgerufen am 28.04.2024.