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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 2 Der Gerber zeucht dem Schuster den Rock auss. - Henisch, 1507, 44.

3 Ein Gerber kennt die Häute.

Frz.: Marchand d'ognons se connaeit en ciboules. (Lendroy, 437.)

4 Man darf dem Gerber das Leder nicht stehlen, um den Armen Schuhe daraus zu machen. - Simrock, 3426.

5 Wer bei einem Gerber gewesen, riecht den ganzen Tag danach.

6 Wer den Gerber einen schäbigen Mann (Kerl) nennt, schimpft ihn nicht. (Schwaben.) - Eiselein, 226; Körte, 2030; Simrock, 3425.

Denn er lebt ja vom Schaben der Felle.

7 Wo Gerber und Metzger sind, heisst es: Brot her, Brot her. - Kirchhofer, 352.

*8 Dem Gerber stiehlt er 's Leder und macht den Armen Schuhe daraus.

Lat.: Alium spoliat, ut alium ditet. (Binder I, 40; II, 131; Philippi, I, 21; Seybold, 20.)


Gerberei.

Er fängt eine Gerberei an, er hat Lo und sie hat Lo. - Tendlau, 214.

Wortspiel mit dem deutschen Loh' und dem hebräischen lo (nichts). Wenn sich Hunger (s. d.) und Durst, d. i. zwei Personen, von denen keine etwas besetzt, heirathen.


Gerebe.

* Ein dürres G'rebe. (Rottenburg.)

Von sehr abgemagerten Personen. Gräable = Büschelchen aus dürren Rebzweigen.


Gerecht.

1 Allzu gerecht thut unrecht. - Sailer, 114.

"Seid nicht allzu gerecht", mahnt Klopstock, "sie verstehen es nicht, wie schön euer Fehler sei." In Aegypten sagt man von jemand, der äusserst gerecht ist: Er ist gerechter als eine Wage. (Burckhardt, 452.)

Frz.: Qui n'est que juste, est cruel. (Cahier, 917.)

2 Das zweyen gerecht ist, ist einem zu eng, dreyen zu weit. - Henisch, 1508, 33.

3 Erst gerecht, dann wohlthätig. - Eiselein, 226; Simrock, 3434.

4 Gerecht vnd fromb sein ist die grösste Rach', die man Neideren vnd Feinden kann anthun. - Henisch, 1508, 68; Petri, II, 334.

5 Was gerecht herkommt, lässt man gerecht von hinnen, was ungerecht herkommt, soll man gerecht machen. - Graf, 468, 44.

Vom Richter soll jeder empfangen, was ihm gebührt; es soll nicht der Gerechte seine Sache verlieren und der Ungerechte gewinnen.

Mhd.: Was herkömpt gerecht, das sol man hinnen laissen gerecht, was herkumpt vngerecht, das sol man machen gerecht. (Grimm, Weisth., I, 133.)

6 Wer gerecht ist, erwirbt die Liebe der Guten, wer barmherzig, die Gunst der Bösen.

It.: Con la giustizia s'acquista la grazia de buoni, e con la clemenza l'amor de cattivi. (Pazzaglia, 2.)


Gerechte (der).

1 Der gerecht wird wol getruckt, aber nicht vntergetruckt. - Gruter, III, 16; Lehmann, II, 79, 76.

2 Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes. - Spr. Sal. 12, 10; Schulze, 57; Struve, II, 42; Steiger, 214; Körte, 2034; Simrock, 3430.

Lat.: Novit justus jumentorum suorum animas. (Schulze, 57.)

3 Der Gerechte fehlt (fällt) am Tage siebenmal. Spr. Sal. 24, 16.

4 Der Gerechte muss viel leiden. - Ps. 34, 20; Schulze, 33; Kirchhofer, 161; Körte, 2033; Simrock, 3427; Braun, I, 734.

Frz.: Le juste a beaucoup a souffrir (a endurer).

Lat.: Multae tribulationes justorum. (Schulze, 33.)

5 Der Gerechte reichet spät.

Dän.: Retferdig bliver aldrig bradriig. (Prov. dan., 473.)

6 Der Gerechte schuldiget sich am ersten, kumbt sein nächster, so ist er jm bereit. - Agricola II, 13.

7 Der Gerechten Schar ist klein.

Die Russen: Wenn nur die Gerechten in den Hütten wohnten, dann würden viele Dörfer leer stehen. (Altmann VI, 447.)

8 Der Gerechten Weg ist schlecht (schlicht). - Petri, II, 90.

9 Der verstorbene Gerechte verdampt die lebendigen Gottlosen. - Petri, I, 21.

[Spaltenumbruch] 10 Die Gerechten werden für dem Vnglück weg gerafft. - Petri, I, 24.

11 Die Gerechten werden immer geschlagen.

Auch in der Walachei gehen die Gerechten mit zerschlagenem Kopfe einher. (Reinsberg II, 132.)

12 Ein Gerechter ist Gottes Augapfel. - Sailer, 238; Simrock, 3431; Schulze, 29.

Sicherheit des Guten.

Lat.: Custodi me ut pupillam oculi. (Schulze, 29.)

13 Für Gerechte gibt es kein Gesetz. - Bohn I, 148; Simrock, 3428; Graf, 19; Körte, 2032; Braun, I, 733.

Böhm.: Spravedlivemu zakon nepsan. (Celakovsky, 340.)

14 Gerechte thun das Rechte recht. - Henisch, 1508, 67; Lehmann, II, 228, 100; Körte, 2031 u. 2504; Sailer, 237; Simrock, 3429.

Die Lauterkeit des Guten.

15 Wann die Gerechten überhand haben, so gehts sehr fein zu; wann aber die Gotlosen auffkommen, wendet sichs vnter den leüten. - Agricola II, 230.

16 Was der Gerechte macht, das gereth wol. - Henisch, 1506, 51; Petri, II, 588.

Ein indisches Sprichwort sagt: Der Gerechte soll dem Sandelholz nachahmen, welches die Axt, mit der man es fällt, wohlriechend macht. (Cahier, 2209.)

17 Was der Gerechte thut, kompt jederman zu gut. - Henisch, 1509, 1; Petri, II, 588.

18 Wer den Gerechten anficht, verwundet sich selbst.

Poln.: Kto posadza sprawiedliwego, kaleczy siebie samego. (Wurzbach I, 291.)


Gerechtigkeit.

1 Besser um der Gerechtigkeit willen sterben, als mit Schande fliehen.

2 De Gerechtigkeit kann den Weg nich finnen. (Hannover.) - Schambach, 78.

Erinnert an die Augenbinde der Justitia.

3 Die Gerechtigkeit einer guten Sach' und das gut Gewissen sind eines Soldaten bestes Courage. - Opel, 384.

4 Die Gerechtigkeit fängt Fliegen und lässt die Hummeln durch.

Frz.: Justice punit petits cas. (Cahier, 918.)

5 Die Gerechtigkeit hat eine wächserne Nase. - Mayer, I, 66 u. 170.

Die Russen sagen: Als die Gerechtigkeit geboren ward, fiel sie in den Seifenschaum, und als der Knabe die Blase daraus machte, platzte sie. (Altmann VI, 463.)

6 Die Gerechtigkeit hat lahme Füsse.

Beranger sagt: "Die Gerechtigkeit leidender Völker geht langsam, aber endlich langt sie doch an. Das Volk ist geduldig, denn es ist ewig." (Börne, Briefe aus Paris, IV.)

7 Die Gerechtigkeit hat zwei Ohren, ein langes und ein kurzes.

"Die Gerechtigkeit hat zwei ganz verschiedene Ohren - ein unendlich langes, wo die Wahrheit hineinschleicht und ein unendlich kurzes, wo sie sogleich wieder herausläuft." (Briefe aus Berlin, Hanau 1832.)

8 Die Gerechtigkeit ist grausam, wird sie nicht gepaart mit Mildigkeit. - Graf, 397, 599.

In den deutschen Rechtsbüchern war stets die Gnade (s. d.) dem Recht an die Seite gestellt, was in jener Zeit um so nothwendiger war, weil die einfachsten Vergehen, wie Waldfrevel, die jetzt mit einer geringen Geldbusse oder einigen Tagen Gefängniss gebüsst werden, mit den furchtbarsten Strafen belegt waren, das Recht selbst also durch die Gnade gebessert werden musste.

Mhd.: Grawsam is dy gerechtigkait, wirt sy nicht gefüeget mit mildigkait. (Lichner, 619.)

9 Die Gerechtigkeit ist oft krank, aber sie stirbt nicht. - Winckler, III, 58.

Es ist schon bedenklich, dass sie oft kränkelt; und ein sieches Leben erscheint schlimmer als ein rascher Tod.

Böhm.: Spravedlive se neztrati. (Celakovsky, 61.)

10 Die Gerechtigkeit mag blind sein, aber hinken darf sie nicht.

Sie erlaubt sich aber leider beides.

Holl.: Die geregtigheid is blind. (Harrebomee, I, 230.)

11 Die Gerechtigkeit muss tanzen, wie man auf den Regalien aufspielt. - Parömiakon, 876.

Die Gerechtigkeit soll eigentlich gar nicht tanzen, auf welcher Harfe man auch spielt, geschieht aber zuweilen, wenn sie auch nicht gerade so tanzt wie die Gerechtigkeit in Osiek, einem kleinen Orte in Sandomir

[Spaltenumbruch] 2 Der Gerber zeucht dem Schuster den Rock auss.Henisch, 1507, 44.

3 Ein Gerber kennt die Häute.

Frz.: Marchand d'ognons se connaît en ciboules. (Lendroy, 437.)

4 Man darf dem Gerber das Leder nicht stehlen, um den Armen Schuhe daraus zu machen.Simrock, 3426.

5 Wer bei einem Gerber gewesen, riecht den ganzen Tag danach.

6 Wer den Gerber einen schäbigen Mann (Kerl) nennt, schimpft ihn nicht. (Schwaben.) – Eiselein, 226; Körte, 2030; Simrock, 3425.

Denn er lebt ja vom Schaben der Felle.

7 Wo Gerber und Metzger sind, heisst es: Brot her, Brot her.Kirchhofer, 352.

*8 Dem Gerber stiehlt er 's Leder und macht den Armen Schuhe daraus.

Lat.: Alium spoliat, ut alium ditet. (Binder I, 40; II, 131; Philippi, I, 21; Seybold, 20.)


Gerberei.

Er fängt eine Gerberei an, er hat Lo und sie hat Lo.Tendlau, 214.

Wortspiel mit dem deutschen Loh' und dem hebräischen lo (nichts). Wenn sich Hunger (s. d.) und Durst, d. i. zwei Personen, von denen keine etwas besetzt, heirathen.


Gerebe.

* Ein dürres G'rebe. (Rottenburg.)

Von sehr abgemagerten Personen. Gräable = Büschelchen aus dürren Rebzweigen.


Gerecht.

1 Allzu gerecht thut unrecht.Sailer, 114.

„Seid nicht allzu gerecht“, mahnt Klopstock, „sie verstehen es nicht, wie schön euer Fehler sei.“ In Aegypten sagt man von jemand, der äusserst gerecht ist: Er ist gerechter als eine Wage. (Burckhardt, 452.)

Frz.: Qui n'est que juste, est cruel. (Cahier, 917.)

2 Das zweyen gerecht ist, ist einem zu eng, dreyen zu weit.Henisch, 1508, 33.

3 Erst gerecht, dann wohlthätig.Eiselein, 226; Simrock, 3434.

4 Gerecht vnd fromb sein ist die grösste Rach', die man Neideren vnd Feinden kann anthun.Henisch, 1508, 68; Petri, II, 334.

5 Was gerecht herkommt, lässt man gerecht von hinnen, was ungerecht herkommt, soll man gerecht machen.Graf, 468, 44.

Vom Richter soll jeder empfangen, was ihm gebührt; es soll nicht der Gerechte seine Sache verlieren und der Ungerechte gewinnen.

Mhd.: Was herkömpt gerecht, das sol man hinnen laissen gerecht, was herkumpt vngerecht, das sol man machen gerecht. (Grimm, Weisth., I, 133.)

6 Wer gerecht ist, erwirbt die Liebe der Guten, wer barmherzig, die Gunst der Bösen.

It.: Con la giustizia s'acquista la grazia de buoni, e con la clemenza l'amor de cattivi. (Pazzaglia, 2.)


Gerechte (der).

1 Der gerecht wird wol getruckt, aber nicht vntergetruckt.Gruter, III, 16; Lehmann, II, 79, 76.

2 Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.Spr. Sal. 12, 10; Schulze, 57; Struve, II, 42; Steiger, 214; Körte, 2034; Simrock, 3430.

Lat.: Novit justus jumentorum suorum animas. (Schulze, 57.)

3 Der Gerechte fehlt (fällt) am Tage siebenmal. Spr. Sal. 24, 16.

4 Der Gerechte muss viel leiden.Ps. 34, 20; Schulze, 33; Kirchhofer, 161; Körte, 2033; Simrock, 3427; Braun, I, 734.

Frz.: Le juste a beaucoup à souffrir (à endurer).

Lat.: Multae tribulationes justorum. (Schulze, 33.)

5 Der Gerechte reichet spät.

Dän.: Retferdig bliver aldrig bradriig. (Prov. dan., 473.)

6 Der Gerechte schuldiget sich am ersten, kumbt sein nächster, so ist er jm bereit.Agricola II, 13.

7 Der Gerechten Schar ist klein.

Die Russen: Wenn nur die Gerechten in den Hütten wohnten, dann würden viele Dörfer leer stehen. (Altmann VI, 447.)

8 Der Gerechten Weg ist schlecht (schlicht).Petri, II, 90.

9 Der verstorbene Gerechte verdampt die lebendigen Gottlosen.Petri, I, 21.

[Spaltenumbruch] 10 Die Gerechten werden für dem Vnglück weg gerafft.Petri, I, 24.

11 Die Gerechten werden immer geschlagen.

Auch in der Walachei gehen die Gerechten mit zerschlagenem Kopfe einher. (Reinsberg II, 132.)

12 Ein Gerechter ist Gottes Augapfel.Sailer, 238; Simrock, 3431; Schulze, 29.

Sicherheit des Guten.

Lat.: Custodi me ut pupillam oculi. (Schulze, 29.)

13 Für Gerechte gibt es kein Gesetz.Bohn I, 148; Simrock, 3428; Graf, 19; Körte, 2032; Braun, I, 733.

Böhm.: Spravedlivému zákon nepsán. (Čelakovský, 340.)

14 Gerechte thun das Rechte recht.Henisch, 1508, 67; Lehmann, II, 228, 100; Körte, 2031 u. 2504; Sailer, 237; Simrock, 3429.

Die Lauterkeit des Guten.

15 Wann die Gerechten überhand haben, so gehts sehr fein zu; wann aber die Gotlosen auffkommen, wendet sichs vnter den leüten.Agricola II, 230.

16 Was der Gerechte macht, das gereth wol.Henisch, 1506, 51; Petri, II, 588.

Ein indisches Sprichwort sagt: Der Gerechte soll dem Sandelholz nachahmen, welches die Axt, mit der man es fällt, wohlriechend macht. (Cahier, 2209.)

17 Was der Gerechte thut, kompt jederman zu gut.Henisch, 1509, 1; Petri, II, 588.

18 Wer den Gerechten anficht, verwundet sich selbst.

Poln.: Kto posądza sprawiedliwego, kaleczy siebie samego. (Wurzbach I, 291.)


Gerechtigkeit.

1 Besser um der Gerechtigkeit willen sterben, als mit Schande fliehen.

2 De Gerechtigkeit kann den Wêg nich finnen. (Hannover.) – Schambach, 78.

Erinnert an die Augenbinde der Justitia.

3 Die Gerechtigkeit einer guten Sach' und das gut Gewissen sind eines Soldaten bestes Courage.Opel, 384.

4 Die Gerechtigkeit fängt Fliegen und lässt die Hummeln durch.

Frz.: Justice punit petits cas. (Cahier, 918.)

5 Die Gerechtigkeit hat eine wächserne Nase.Mayer, I, 66 u. 170.

Die Russen sagen: Als die Gerechtigkeit geboren ward, fiel sie in den Seifenschaum, und als der Knabe die Blase daraus machte, platzte sie. (Altmann VI, 463.)

6 Die Gerechtigkeit hat lahme Füsse.

Béranger sagt: „Die Gerechtigkeit leidender Völker geht langsam, aber endlich langt sie doch an. Das Volk ist geduldig, denn es ist ewig.“ (Börne, Briefe aus Paris, IV.)

7 Die Gerechtigkeit hat zwei Ohren, ein langes und ein kurzes.

„Die Gerechtigkeit hat zwei ganz verschiedene Ohren – ein unendlich langes, wo die Wahrheit hineinschleicht und ein unendlich kurzes, wo sie sogleich wieder herausläuft.“ (Briefe aus Berlin, Hanau 1832.)

8 Die Gerechtigkeit ist grausam, wird sie nicht gepaart mit Mildigkeit.Graf, 397, 599.

In den deutschen Rechtsbüchern war stets die Gnade (s. d.) dem Recht an die Seite gestellt, was in jener Zeit um so nothwendiger war, weil die einfachsten Vergehen, wie Waldfrevel, die jetzt mit einer geringen Geldbusse oder einigen Tagen Gefängniss gebüsst werden, mit den furchtbarsten Strafen belegt waren, das Recht selbst also durch die Gnade gebessert werden musste.

Mhd.: Grawsam is dy gerechtigkait, wirt sy nicht gefüeget mit mildigkait. (Lichner, 619.)

9 Die Gerechtigkeit ist oft krank, aber sie stirbt nicht.Winckler, III, 58.

Es ist schon bedenklich, dass sie oft kränkelt; und ein sieches Leben erscheint schlimmer als ein rascher Tod.

Böhm.: Spravedlivé se neztratí. (Čelakovský, 61.)

10 Die Gerechtigkeit mag blind sein, aber hinken darf sie nicht.

Sie erlaubt sich aber leider beides.

Holl.: Die geregtigheid is blind. (Harrebomée, I, 230.)

11 Die Gerechtigkeit muss tanzen, wie man auf den Regalien aufspielt.Parömiakon, 876.

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[[782]/0810] 2 Der Gerber zeucht dem Schuster den Rock auss. – Henisch, 1507, 44. 3 Ein Gerber kennt die Häute. Frz.: Marchand d'ognons se connaît en ciboules. (Lendroy, 437.) 4 Man darf dem Gerber das Leder nicht stehlen, um den Armen Schuhe daraus zu machen. – Simrock, 3426. 5 Wer bei einem Gerber gewesen, riecht den ganzen Tag danach. 6 Wer den Gerber einen schäbigen Mann (Kerl) nennt, schimpft ihn nicht. (Schwaben.) – Eiselein, 226; Körte, 2030; Simrock, 3425. Denn er lebt ja vom Schaben der Felle. 7 Wo Gerber und Metzger sind, heisst es: Brot her, Brot her. – Kirchhofer, 352. *8 Dem Gerber stiehlt er 's Leder und macht den Armen Schuhe daraus. Lat.: Alium spoliat, ut alium ditet. (Binder I, 40; II, 131; Philippi, I, 21; Seybold, 20.) Gerberei. Er fängt eine Gerberei an, er hat Lo und sie hat Lo. – Tendlau, 214. Wortspiel mit dem deutschen Loh' und dem hebräischen lo (nichts). Wenn sich Hunger (s. d.) und Durst, d. i. zwei Personen, von denen keine etwas besetzt, heirathen. Gerebe. * Ein dürres G'rebe. (Rottenburg.) Von sehr abgemagerten Personen. Gräable = Büschelchen aus dürren Rebzweigen. Gerecht. 1 Allzu gerecht thut unrecht. – Sailer, 114. „Seid nicht allzu gerecht“, mahnt Klopstock, „sie verstehen es nicht, wie schön euer Fehler sei.“ In Aegypten sagt man von jemand, der äusserst gerecht ist: Er ist gerechter als eine Wage. (Burckhardt, 452.) Frz.: Qui n'est que juste, est cruel. (Cahier, 917.) 2 Das zweyen gerecht ist, ist einem zu eng, dreyen zu weit. – Henisch, 1508, 33. 3 Erst gerecht, dann wohlthätig. – Eiselein, 226; Simrock, 3434. 4 Gerecht vnd fromb sein ist die grösste Rach', die man Neideren vnd Feinden kann anthun. – Henisch, 1508, 68; Petri, II, 334. 5 Was gerecht herkommt, lässt man gerecht von hinnen, was ungerecht herkommt, soll man gerecht machen. – Graf, 468, 44. Vom Richter soll jeder empfangen, was ihm gebührt; es soll nicht der Gerechte seine Sache verlieren und der Ungerechte gewinnen. Mhd.: Was herkömpt gerecht, das sol man hinnen laissen gerecht, was herkumpt vngerecht, das sol man machen gerecht. (Grimm, Weisth., I, 133.) 6 Wer gerecht ist, erwirbt die Liebe der Guten, wer barmherzig, die Gunst der Bösen. It.: Con la giustizia s'acquista la grazia de buoni, e con la clemenza l'amor de cattivi. (Pazzaglia, 2.) Gerechte (der). 1 Der gerecht wird wol getruckt, aber nicht vntergetruckt. – Gruter, III, 16; Lehmann, II, 79, 76. 2 Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes. – Spr. Sal. 12, 10; Schulze, 57; Struve, II, 42; Steiger, 214; Körte, 2034; Simrock, 3430. Lat.: Novit justus jumentorum suorum animas. (Schulze, 57.) 3 Der Gerechte fehlt (fällt) am Tage siebenmal. Spr. Sal. 24, 16. 4 Der Gerechte muss viel leiden. – Ps. 34, 20; Schulze, 33; Kirchhofer, 161; Körte, 2033; Simrock, 3427; Braun, I, 734. Frz.: Le juste a beaucoup à souffrir (à endurer). Lat.: Multae tribulationes justorum. (Schulze, 33.) 5 Der Gerechte reichet spät. Dän.: Retferdig bliver aldrig bradriig. (Prov. dan., 473.) 6 Der Gerechte schuldiget sich am ersten, kumbt sein nächster, so ist er jm bereit. – Agricola II, 13. 7 Der Gerechten Schar ist klein. Die Russen: Wenn nur die Gerechten in den Hütten wohnten, dann würden viele Dörfer leer stehen. (Altmann VI, 447.) 8 Der Gerechten Weg ist schlecht (schlicht). – Petri, II, 90. 9 Der verstorbene Gerechte verdampt die lebendigen Gottlosen. – Petri, I, 21. 10 Die Gerechten werden für dem Vnglück weg gerafft. – Petri, I, 24. 11 Die Gerechten werden immer geschlagen. Auch in der Walachei gehen die Gerechten mit zerschlagenem Kopfe einher. (Reinsberg II, 132.) 12 Ein Gerechter ist Gottes Augapfel. – Sailer, 238; Simrock, 3431; Schulze, 29. Sicherheit des Guten. Lat.: Custodi me ut pupillam oculi. (Schulze, 29.) 13 Für Gerechte gibt es kein Gesetz. – Bohn I, 148; Simrock, 3428; Graf, 19; Körte, 2032; Braun, I, 733. Böhm.: Spravedlivému zákon nepsán. (Čelakovský, 340.) 14 Gerechte thun das Rechte recht. – Henisch, 1508, 67; Lehmann, II, 228, 100; Körte, 2031 u. 2504; Sailer, 237; Simrock, 3429. Die Lauterkeit des Guten. 15 Wann die Gerechten überhand haben, so gehts sehr fein zu; wann aber die Gotlosen auffkommen, wendet sichs vnter den leüten. – Agricola II, 230. 16 Was der Gerechte macht, das gereth wol. – Henisch, 1506, 51; Petri, II, 588. Ein indisches Sprichwort sagt: Der Gerechte soll dem Sandelholz nachahmen, welches die Axt, mit der man es fällt, wohlriechend macht. (Cahier, 2209.) 17 Was der Gerechte thut, kompt jederman zu gut. – Henisch, 1509, 1; Petri, II, 588. 18 Wer den Gerechten anficht, verwundet sich selbst. Poln.: Kto posądza sprawiedliwego, kaleczy siebie samego. (Wurzbach I, 291.) Gerechtigkeit. 1 Besser um der Gerechtigkeit willen sterben, als mit Schande fliehen. 2 De Gerechtigkeit kann den Wêg nich finnen. (Hannover.) – Schambach, 78. Erinnert an die Augenbinde der Justitia. 3 Die Gerechtigkeit einer guten Sach' und das gut Gewissen sind eines Soldaten bestes Courage. – Opel, 384. 4 Die Gerechtigkeit fängt Fliegen und lässt die Hummeln durch. Frz.: Justice punit petits cas. (Cahier, 918.) 5 Die Gerechtigkeit hat eine wächserne Nase. – Mayer, I, 66 u. 170. Die Russen sagen: Als die Gerechtigkeit geboren ward, fiel sie in den Seifenschaum, und als der Knabe die Blase daraus machte, platzte sie. (Altmann VI, 463.) 6 Die Gerechtigkeit hat lahme Füsse. Béranger sagt: „Die Gerechtigkeit leidender Völker geht langsam, aber endlich langt sie doch an. Das Volk ist geduldig, denn es ist ewig.“ (Börne, Briefe aus Paris, IV.) 7 Die Gerechtigkeit hat zwei Ohren, ein langes und ein kurzes. „Die Gerechtigkeit hat zwei ganz verschiedene Ohren – ein unendlich langes, wo die Wahrheit hineinschleicht und ein unendlich kurzes, wo sie sogleich wieder herausläuft.“ (Briefe aus Berlin, Hanau 1832.) 8 Die Gerechtigkeit ist grausam, wird sie nicht gepaart mit Mildigkeit. – Graf, 397, 599. In den deutschen Rechtsbüchern war stets die Gnade (s. d.) dem Recht an die Seite gestellt, was in jener Zeit um so nothwendiger war, weil die einfachsten Vergehen, wie Waldfrevel, die jetzt mit einer geringen Geldbusse oder einigen Tagen Gefängniss gebüsst werden, mit den furchtbarsten Strafen belegt waren, das Recht selbst also durch die Gnade gebessert werden musste. Mhd.: Grawsam is dy gerechtigkait, wirt sy nicht gefüeget mit mildigkait. (Lichner, 619.) 9 Die Gerechtigkeit ist oft krank, aber sie stirbt nicht. – Winckler, III, 58. Es ist schon bedenklich, dass sie oft kränkelt; und ein sieches Leben erscheint schlimmer als ein rascher Tod. Böhm.: Spravedlivé se neztratí. (Čelakovský, 61.) 10 Die Gerechtigkeit mag blind sein, aber hinken darf sie nicht. Sie erlaubt sich aber leider beides. Holl.: Die geregtigheid is blind. (Harrebomée, I, 230.) 11 Die Gerechtigkeit muss tanzen, wie man auf den Regalien aufspielt. – Parömiakon, 876. Die Gerechtigkeit soll eigentlich gar nicht tanzen, auf welcher Harfe man auch spielt, geschieht aber zuweilen, wenn sie auch nicht gerade so tanzt wie die Gerechtigkeit in Osiek, einem kleinen Orte in Sandomir

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [782]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/810>, abgerufen am 28.04.2024.