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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 2 Ich war im Gerstenfeld, sprach der Pfaff zur Frau, die ihn lange erwartet hatte. - Klosterspiegel, 29, 14; Eiselein, 227.

Ausführlicher darüber bei Bebel.

*3 Er ist im gerstenfeld mit seinen Gedanken. - Henisch, 1522, 1.


Gerstenkorn.

1 Da das gerstenkorn sitzt, da kann das Rockenkorn nicht hinkommen. - Henisch, 1522, 14; Petri, II, 53.

"Wenn der Magen voller biers ist, so will er kein essen einlassen." (S. Brauhaus.)

Böhm.: Kde je pivovar, tam netreba pekare. - Kde jecne zrno lezi, tu nemauze lezeti zitne. (Celakovsky, 141.)

Lett.: Kur meefchu grauds gull, tur rudfu ne warr gulleht.

Lit.: Kur mezei gul, ruggei ne telpa. (Celakovsky, 141.)

2 Das Gerstenkorn hülfft sowol als das Rockenkorn. - Henisch, 1522, 17; Petri, II, 60.

3 He schmit met en Gerschtekörnschen no en Seit (Seite) Speck. (Meurs.) - Firmenich, I, 403, 194.

4 Ick nehm gleik 'n Gastenkurn för de Parl, seggt de Han. (Mecklenburg.) - Schiller, III, 14b; Fr. Wiggert's Zweites Scherflein, 32; hochdeutsch bei Hoefer, 407.

5 Mit ein paar Gerstenkörnlein kann man eine Taube fahen.

6 Worn Gastenkorn liggt, dar kann ken Roggenkorn ligge. - Eichwald, 604.

"Wor ein Gastenkorn licht, dar kan nen Roggenkorn liggen, odder wor ein Bruerhus (s. d.) steit, dar kan nen Backhus stan." (Gryse, 42.) Die Letten sagen: Wo man Gerste mäht, kann man nicht auch Hafer mähen. (Reinsberg IV, 116.)


Gerte.

1 Die Gerte muss nicht mit der Peitsche anbinden.

2 Ein weidin Gert ist gelenck vnd schwach, vnnd man kan doch starck bäum damit seilen. - Lehmann, 263, 45.

3 Eine Gerte ist gut, ein Knotenstock besser.

"Die Thorheit ist ein zierliches Spazierstöckchen, die Vernunft aber ein starker Knotenstock, dessen sich die Menschen murrend bedienen, wenn sie durch den Koth waten müssen."

4 Er ist von der Gerte unter den Stock gewachsen.

Holl.: Hij is de garde ontwassen, maar den stok nog niet. (Harrebomee, I, 201.)

5 Mancher schneidet sich eine Gerte für den eigenen Rücken.

6 Wer mit der Gerte ausschlägt, dem wird mit dem Knittel geantwortet.

Böhm.: Neslehej v cizi vrata prutem, aby neprali do tvych sochorem. (Celakovsky, 370.)


Gertrud.

1 Es führt Sanct-Gertraud (17. März) die Kuh zum Kraut, die Bienen zum Flug und die Pferde zum Zug. - Reinsberg VIII, 108.

2 Gardrud snitt den rugen Hafer ut. (Fehmarn.) - Schütze, II, 10.

3 Gertraud ist die erste Gärtnerin. - Boebel, 18.

4 Gertrud bringt uns die Störche her und Bartholomäus (24. Aug.) macht ihre Nester wieder leer. - Boebel, 16.

5 Gertrud1 bringt Zibele-n und Chrut. (Solothurn.) - Schild, 103, 43.

1) Um diese Zeit wird gewöhnlich der Garten bestellt.

6 Gertrud geht das Schof mit dem Lamme raut. - Curtze, 365, 638.

7 Gertrud ist gelegen, die Bohn' in die Erde zu legen. - Boebel, 16.

8 Gertraud maut de Hamel un de Plaug1 enaut2. (Hannover.) - Schambach, 371.

1) Pflug.

2) Hinaus.

9 Gertrud säet Bölla (Zwiebeln) und Chrut. - Kirchhofer, 318; hochdeutsch in Orakel, 390.

Die Franzosen empfehlen den Tag zum Aderlassen.

Frz.: Le jour Gertrude bien se fait faire saigner du bras droict; celui qui ainsi le fera cette annee les yeux clairs aura. (Leroux, I, 78.)

10 Gertraud tüt dat Schap met den Lamme naut. (Hannover.) - Schambach, 370.

11 Gertrude nützt dem Gärtner fein, wenn sie sich zeigt mit Sonnenschein. - Bair. Hauskalender.

[Spaltenumbruch] 12 Gertrut mot dat Schap mit dem Lamme rut. (Warburg.) - Boebel, 16.

13 Sanct-Gerrdraud föhrd de Kuh ön'd Kraud. (Trier.) - Laven, 192, 109; Firmenich, III, 547, 63.

14 Sanct-Gertraud thut die Erde unten auf. (Schles.) - Boebel, 16.

15 Sanct-Gertraut heisst die Storck willkommen, mit Sanct-Jakob ziehen sie darvon. - Henisch, 1523, 28; Petri, II, 516.

16 Sanct-Gertrud bekommen die Bienen den Flug, die Pferde den Zug und den Schafen hängt man die Krippe auf. - Reinsberg VIII, 108.

Die Bienen fangen am Gertrudentag an zu fliegen, es beginnt die Ackerarbeit.

17 Sanct-Gertrud legt Ent' und Put. (Oschersleben.) - Boebel, 16.

18 Sanct-Gertrud treibt den Pflug rut. - Boebel, 16.

19 Sünte Gädriud geit de eiste Görnerske (Gärtnerin) iut. (Soest.) - Firmenich, I, 349, 43; für Marsberg: Firmenich, I, 320, 9; für Iserlohn: Woeste, 60, 42.

Sanct-Gertrud geht die erste Gärtnerin aus; diese Heilige wird nämlich als die erste Gärtnerin verehrt. In Oberösterreich sagt man: An ihrem Namenstage hört die Heilige zu spinnen auf; ein Mäuschen beisst ihr den Faden am Rocken ab und sie fängt zu "garteln" an. Daher endet an diesem Tage die Rockenarbeit und die im Freien beginnt. (Baumgarten, 45.)

20 Trinken wir Sanct-Gertrud's Minne. - Eiselein, 228.

Lat.: Et rogat, ut potent sanctae Gertrudis amore, ut possent omni prosperitate frui. (Grimm, Myth., 37.)

*21 Er hat mit Sanct-Gertrud ein wettlauff gethan. - Agricola I, 326; Franck, II, 31; Henisch, 1523, 24; Eiselein, 225; Simrock, 3455; Körte, 2044 u. 2518; Schottel, 1134b; Wurzbach II, 108; Braun, I, 741.

Von denen, die plötzlich und auf zweideutige Weise reich geworden sind. Nach Agricola ist die Redensart auf folgende Weise entstanden. Der Vorsteher des Hospitals zu Sanct-Gertrud in Leipzig hatte sich bei seiner Hospitalverwaltung ein schönes Vermögen gesammelt und machte grossen Aufwand. Die Leute wunderten sich; und seine Frau glaubte ihnen die Sache deutlich genug auseinanderzusetzen, wenn sie ihnen erklärte, ihr Mann habe einen Sack mit Geld auf den Altar neben das Bildniss der heiligen Gertrud gesteckt und derselben vorgeschlagen, einen Wettlauf mit ihm zu halten, unter der Bedingung, dass der von ihnen das Geld haben solle, der zuerst bei der Kirchthür sei. Die Heilige habe durch Kopfnicken ihre Einwilligung gegeben, worauf er gelaufen und das Ziel zuerst erreicht habe; dadurch sei ihm das Geld als rechtmässig erworbener Preis zugefallen.

*22 Er suchte eine Gertraud und bekam eine Bärenhaut. - Parömiakon, 15.

Verfehltes Eheglück.


Geruch.

1 Am geruch erkennt man die blumen. - Lehmann, 917, 16.

2 Am Geruch erkennt man Kräuter, am Geschwätze Bärenhäuter.

3 Für den Geruch zahlt man den Wirth mit Klingen - der Münze.

Wie Eiselein (228) bemerkt, nach einer Anekdote bei Pauli und Auerbacher. Ein Gast, der nichts als den Geruch der Speisen erhalten hat, bezahlt dem Wirthe die Rechnung damit, dass er mit dem Gelde vor dessen Ohren klingt.

*4 Im Geruch der Heiligkeit stehen.

Gräter's Hermode und Idunna (1814-15) enthält über den wahrscheinlichen Ursprung dieser Redensart Folgendes: "Als im Jahre 18.. in Schwaben die Klöster aufgehoben und verkauft wurden, fand der Käufer des Klosters M. in dem Archiv desselben die Acten von der Heiligsprechung einer Aebtissin dieses Klosters, worin als eines vorzüglichen Beweggrundes dazu angeführt wurde, dass diese fromme Frau sich in dreissig Jahren nicht gewaschen habe." Im Gesellschafter von Gubitz (1839) gibt jemand "als naheliegende Quelle" dieser Redensart die gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Frankreich allgemein verbreitete Sitte an, mit parfümirten Rosenkränzen die Kirche zu besuchen. Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1840, Nr. 247) hält diese Erklärungen für unstatthaft und gibt dafür folgende: "In den deutschen Mundarten wechseln die Laute f und ch miteinander ab. Man hört z. B. bald Schlucht, bald Schluft (Kluft); und Klafter ist gleichbedeutend mit Lachter. Auf gleiche Weise aber ist Geruch (in der obigen Redensart) ebenso viel als Geruf, Ruf, Gerücht, was wol die natürlichste Erklärung

[Spaltenumbruch] 2 Ich war im Gerstenfeld, sprach der Pfaff zur Frau, die ihn lange erwartet hatte.Klosterspiegel, 29, 14; Eiselein, 227.

Ausführlicher darüber bei Bebel.

*3 Er ist im gerstenfeld mit seinen Gedanken.Henisch, 1522, 1.


Gerstenkorn.

1 Da das gerstenkorn sitzt, da kann das Rockenkorn nicht hinkommen.Henisch, 1522, 14; Petri, II, 53.

„Wenn der Magen voller biers ist, so will er kein essen einlassen.“ (S. Brauhaus.)

Böhm.: Kde je pivovár, tam netřeba pekaře. – Kde ječne zrno leží, tu nemûže ležeti žitné. (Čelakovský, 141.)

Lett.: Kur meefchu grauds gull, tur rudfu ne warr gulleht.

Lit.: Kur mežei gul, ruggei ne telpa. (Čelakovský, 141.)

2 Das Gerstenkorn hülfft sowol als das Rockenkorn.Henisch, 1522, 17; Petri, II, 60.

3 He schmit met en Gerschtekörnschen no en Sît (Seite) Speck. (Meurs.) – Firmenich, I, 403, 194.

4 Ick nehm glîk 'n Gâstenkurn för de Parl, seggt de Hân. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 14b; Fr. Wiggert's Zweites Scherflein, 32; hochdeutsch bei Hoefer, 407.

5 Mit ein paar Gerstenkörnlein kann man eine Taube fahen.

6 Worn Gastenkorn liggt, dar kann kên Roggenkorn ligge.Eichwald, 604.

„Wor ein Gastenkorn licht, dar kan nên Roggenkorn liggen, odder wor ein Bruerhus (s. d.) steit, dar kan nên Backhus stan.“ (Gryse, 42.) Die Letten sagen: Wo man Gerste mäht, kann man nicht auch Hafer mähen. (Reinsberg IV, 116.)


Gerte.

1 Die Gerte muss nicht mit der Peitsche anbinden.

2 Ein weidin Gert ist gelenck vnd schwach, vnnd man kan doch starck bäum damit seilen.Lehmann, 263, 45.

3 Eine Gerte ist gut, ein Knotenstock besser.

„Die Thorheit ist ein zierliches Spazierstöckchen, die Vernunft aber ein starker Knotenstock, dessen sich die Menschen murrend bedienen, wenn sie durch den Koth waten müssen.“

4 Er ist von der Gerte unter den Stock gewachsen.

Holl.: Hij is de garde ontwassen, maar den stok nog niet. (Harrebomée, I, 201.)

5 Mancher schneidet sich eine Gerte für den eigenen Rücken.

6 Wer mit der Gerte ausschlägt, dem wird mit dem Knittel geantwortet.

Böhm.: Nešlehej v cizí vrata prutem, aby neprali do tvých sochorem. (Čelakovský, 370.)


Gertrud.

1 Es führt Sanct-Gertraud (17. März) die Kuh zum Kraut, die Bienen zum Flug und die Pferde zum Zug.Reinsberg VIII, 108.

2 Gardrud snitt den rugen Hafer ut. (Fehmarn.) – Schütze, II, 10.

3 Gertraud ist die erste Gärtnerin.Boebel, 18.

4 Gertrud bringt uns die Störche her und Bartholomäus (24. Aug.) macht ihre Nester wieder leer.Boebel, 16.

5 Gertrud1 bringt Zibele-n und Chrut. (Solothurn.) – Schild, 103, 43.

1) Um diese Zeit wird gewöhnlich der Garten bestellt.

6 Gertrud geht das Schôf mit dem Lamme rût.Curtze, 365, 638.

7 Gertrud ist gelegen, die Bohn' in die Erde zu legen.Boebel, 16.

8 Gertrûd maut de Hâmel un de Plaug1 enût2. (Hannover.) – Schambach, 371.

1) Pflug.

2) Hinaus.

9 Gertrud säet Bölla (Zwiebeln) und Chrut.Kirchhofer, 318; hochdeutsch in Orakel, 390.

Die Franzosen empfehlen den Tag zum Aderlassen.

Frz.: Le jour Gertrude bien se fait faire saigner du bras droict; celui qui ainsi le fera cette année les yeux clairs aura. (Leroux, I, 78.)

10 Gertrûd tüt dat Schâp met den Lamme nût. (Hannover.) – Schambach, 370.

11 Gertrude nützt dem Gärtner fein, wenn sie sich zeigt mit Sonnenschein.Bair. Hauskalender.

[Spaltenumbruch] 12 Gertrut mot dat Schâp mit dem Lamme rut. (Warburg.) – Boebel, 16.

13 Sanct-Gerrdraud föhrd de Kuh ön'd Kraud. (Trier.) – Laven, 192, 109; Firmenich, III, 547, 63.

14 Sanct-Gertraud thut die Erde unten auf. (Schles.) – Boebel, 16.

15 Sanct-Gertraut heisst die Storck willkommen, mit Sanct-Jakob ziehen sie darvon.Henisch, 1523, 28; Petri, II, 516.

16 Sanct-Gertrud bekommen die Bienen den Flug, die Pferde den Zug und den Schafen hängt man die Krippe auf.Reinsberg VIII, 108.

Die Bienen fangen am Gertrudentag an zu fliegen, es beginnt die Ackerarbeit.

17 Sanct-Gertrud legt Ent' und Put. (Oschersleben.) – Boebel, 16.

18 Sanct-Gertrud treibt den Pflug rut.Boebel, 16.

19 Sünte Gädriud geit de eiste Görnerske (Gärtnerin) iut. (Soest.) – Firmenich, I, 349, 43; für Marsberg: Firmenich, I, 320, 9; für Iserlohn: Woeste, 60, 42.

Sanct-Gertrud geht die erste Gärtnerin aus; diese Heilige wird nämlich als die erste Gärtnerin verehrt. In Oberösterreich sagt man: An ihrem Namenstage hört die Heilige zu spinnen auf; ein Mäuschen beisst ihr den Faden am Rocken ab und sie fängt zu „garteln“ an. Daher endet an diesem Tage die Rockenarbeit und die im Freien beginnt. (Baumgarten, 45.)

20 Trinken wir Sanct-Gertrud's Minne.Eiselein, 228.

Lat.: Et rogat, ut potent sanctae Gertrudis amore, ut possent omni prosperitate frui. (Grimm, Myth., 37.)

*21 Er hat mit Sanct-Gertrud ein wettlauff gethan.Agricola I, 326; Franck, II, 31; Henisch, 1523, 24; Eiselein, 225; Simrock, 3455; Körte, 2044 u. 2518; Schottel, 1134b; Wurzbach II, 108; Braun, I, 741.

Von denen, die plötzlich und auf zweideutige Weise reich geworden sind. Nach Agricola ist die Redensart auf folgende Weise entstanden. Der Vorsteher des Hospitals zu Sanct-Gertrud in Leipzig hatte sich bei seiner Hospitalverwaltung ein schönes Vermögen gesammelt und machte grossen Aufwand. Die Leute wunderten sich; und seine Frau glaubte ihnen die Sache deutlich genug auseinanderzusetzen, wenn sie ihnen erklärte, ihr Mann habe einen Sack mit Geld auf den Altar neben das Bildniss der heiligen Gertrud gesteckt und derselben vorgeschlagen, einen Wettlauf mit ihm zu halten, unter der Bedingung, dass der von ihnen das Geld haben solle, der zuerst bei der Kirchthür sei. Die Heilige habe durch Kopfnicken ihre Einwilligung gegeben, worauf er gelaufen und das Ziel zuerst erreicht habe; dadurch sei ihm das Geld als rechtmässig erworbener Preis zugefallen.

*22 Er suchte eine Gertraud und bekam eine Bärenhaut.Parömiakon, 15.

Verfehltes Eheglück.


Geruch.

1 Am geruch erkennt man die blumen.Lehmann, 917, 16.

2 Am Geruch erkennt man Kräuter, am Geschwätze Bärenhäuter.

3 Für den Geruch zahlt man den Wirth mit Klingen – der Münze.

Wie Eiselein (228) bemerkt, nach einer Anekdote bei Pauli und Auerbacher. Ein Gast, der nichts als den Geruch der Speisen erhalten hat, bezahlt dem Wirthe die Rechnung damit, dass er mit dem Gelde vor dessen Ohren klingt.

*4 Im Geruch der Heiligkeit stehen.

Gräter's Hermode und Idunna (1814-15) enthält über den wahrscheinlichen Ursprung dieser Redensart Folgendes: „Als im Jahre 18.. in Schwaben die Klöster aufgehoben und verkauft wurden, fand der Käufer des Klosters M. in dem Archiv desselben die Acten von der Heiligsprechung einer Aebtissin dieses Klosters, worin als eines vorzüglichen Beweggrundes dazu angeführt wurde, dass diese fromme Frau sich in dreissig Jahren nicht gewaschen habe.“ Im Gesellschafter von Gubitz (1839) gibt jemand „als naheliegende Quelle“ dieser Redensart die gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Frankreich allgemein verbreitete Sitte an, mit parfümirten Rosenkränzen die Kirche zu besuchen. Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1840, Nr. 247) hält diese Erklärungen für unstatthaft und gibt dafür folgende: „In den deutschen Mundarten wechseln die Laute f und ch miteinander ab. Man hört z. B. bald Schlucht, bald Schluft (Kluft); und Klafter ist gleichbedeutend mit Lachter. Auf gleiche Weise aber ist Geruch (in der obigen Redensart) ebenso viel als Geruf, Ruf, Gerücht, was wol die natürlichste Erklärung

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[[788]/0816] 2 Ich war im Gerstenfeld, sprach der Pfaff zur Frau, die ihn lange erwartet hatte. – Klosterspiegel, 29, 14; Eiselein, 227. Ausführlicher darüber bei Bebel. *3 Er ist im gerstenfeld mit seinen Gedanken. – Henisch, 1522, 1. Gerstenkorn. 1 Da das gerstenkorn sitzt, da kann das Rockenkorn nicht hinkommen. – Henisch, 1522, 14; Petri, II, 53. „Wenn der Magen voller biers ist, so will er kein essen einlassen.“ (S. Brauhaus.) Böhm.: Kde je pivovár, tam netřeba pekaře. – Kde ječne zrno leží, tu nemûže ležeti žitné. (Čelakovský, 141.) Lett.: Kur meefchu grauds gull, tur rudfu ne warr gulleht. Lit.: Kur mežei gul, ruggei ne telpa. (Čelakovský, 141.) 2 Das Gerstenkorn hülfft sowol als das Rockenkorn. – Henisch, 1522, 17; Petri, II, 60. 3 He schmit met en Gerschtekörnschen no en Sît (Seite) Speck. (Meurs.) – Firmenich, I, 403, 194. 4 Ick nehm glîk 'n Gâstenkurn för de Parl, seggt de Hân. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 14b; Fr. Wiggert's Zweites Scherflein, 32; hochdeutsch bei Hoefer, 407. 5 Mit ein paar Gerstenkörnlein kann man eine Taube fahen. 6 Worn Gastenkorn liggt, dar kann kên Roggenkorn ligge. – Eichwald, 604. „Wor ein Gastenkorn licht, dar kan nên Roggenkorn liggen, odder wor ein Bruerhus (s. d.) steit, dar kan nên Backhus stan.“ (Gryse, 42.) Die Letten sagen: Wo man Gerste mäht, kann man nicht auch Hafer mähen. (Reinsberg IV, 116.) Gerte. 1 Die Gerte muss nicht mit der Peitsche anbinden. 2 Ein weidin Gert ist gelenck vnd schwach, vnnd man kan doch starck bäum damit seilen. – Lehmann, 263, 45. 3 Eine Gerte ist gut, ein Knotenstock besser. „Die Thorheit ist ein zierliches Spazierstöckchen, die Vernunft aber ein starker Knotenstock, dessen sich die Menschen murrend bedienen, wenn sie durch den Koth waten müssen.“ 4 Er ist von der Gerte unter den Stock gewachsen. Holl.: Hij is de garde ontwassen, maar den stok nog niet. (Harrebomée, I, 201.) 5 Mancher schneidet sich eine Gerte für den eigenen Rücken. 6 Wer mit der Gerte ausschlägt, dem wird mit dem Knittel geantwortet. Böhm.: Nešlehej v cizí vrata prutem, aby neprali do tvých sochorem. (Čelakovský, 370.) Gertrud. 1 Es führt Sanct-Gertraud (17. März) die Kuh zum Kraut, die Bienen zum Flug und die Pferde zum Zug. – Reinsberg VIII, 108. 2 Gardrud snitt den rugen Hafer ut. (Fehmarn.) – Schütze, II, 10. 3 Gertraud ist die erste Gärtnerin. – Boebel, 18. 4 Gertrud bringt uns die Störche her und Bartholomäus (24. Aug.) macht ihre Nester wieder leer. – Boebel, 16. 5 Gertrud1 bringt Zibele-n und Chrut. (Solothurn.) – Schild, 103, 43. 1) Um diese Zeit wird gewöhnlich der Garten bestellt. 6 Gertrud geht das Schôf mit dem Lamme rût. – Curtze, 365, 638. 7 Gertrud ist gelegen, die Bohn' in die Erde zu legen. – Boebel, 16. 8 Gertrûd maut de Hâmel un de Plaug1 enût2. (Hannover.) – Schambach, 371. 1) Pflug. 2) Hinaus. 9 Gertrud säet Bölla (Zwiebeln) und Chrut. – Kirchhofer, 318; hochdeutsch in Orakel, 390. Die Franzosen empfehlen den Tag zum Aderlassen. Frz.: Le jour Gertrude bien se fait faire saigner du bras droict; celui qui ainsi le fera cette année les yeux clairs aura. (Leroux, I, 78.) 10 Gertrûd tüt dat Schâp met den Lamme nût. (Hannover.) – Schambach, 370. 11 Gertrude nützt dem Gärtner fein, wenn sie sich zeigt mit Sonnenschein. – Bair. Hauskalender. 12 Gertrut mot dat Schâp mit dem Lamme rut. (Warburg.) – Boebel, 16. 13 Sanct-Gerrdraud föhrd de Kuh ön'd Kraud. (Trier.) – Laven, 192, 109; Firmenich, III, 547, 63. 14 Sanct-Gertraud thut die Erde unten auf. (Schles.) – Boebel, 16. 15 Sanct-Gertraut heisst die Storck willkommen, mit Sanct-Jakob ziehen sie darvon. – Henisch, 1523, 28; Petri, II, 516. 16 Sanct-Gertrud bekommen die Bienen den Flug, die Pferde den Zug und den Schafen hängt man die Krippe auf. – Reinsberg VIII, 108. Die Bienen fangen am Gertrudentag an zu fliegen, es beginnt die Ackerarbeit. 17 Sanct-Gertrud legt Ent' und Put. (Oschersleben.) – Boebel, 16. 18 Sanct-Gertrud treibt den Pflug rut. – Boebel, 16. 19 Sünte Gädriud geit de eiste Görnerske (Gärtnerin) iut. (Soest.) – Firmenich, I, 349, 43; für Marsberg: Firmenich, I, 320, 9; für Iserlohn: Woeste, 60, 42. Sanct-Gertrud geht die erste Gärtnerin aus; diese Heilige wird nämlich als die erste Gärtnerin verehrt. In Oberösterreich sagt man: An ihrem Namenstage hört die Heilige zu spinnen auf; ein Mäuschen beisst ihr den Faden am Rocken ab und sie fängt zu „garteln“ an. Daher endet an diesem Tage die Rockenarbeit und die im Freien beginnt. (Baumgarten, 45.) 20 Trinken wir Sanct-Gertrud's Minne. – Eiselein, 228. Lat.: Et rogat, ut potent sanctae Gertrudis amore, ut possent omni prosperitate frui. (Grimm, Myth., 37.) *21 Er hat mit Sanct-Gertrud ein wettlauff gethan. – Agricola I, 326; Franck, II, 31; Henisch, 1523, 24; Eiselein, 225; Simrock, 3455; Körte, 2044 u. 2518; Schottel, 1134b; Wurzbach II, 108; Braun, I, 741. Von denen, die plötzlich und auf zweideutige Weise reich geworden sind. Nach Agricola ist die Redensart auf folgende Weise entstanden. Der Vorsteher des Hospitals zu Sanct-Gertrud in Leipzig hatte sich bei seiner Hospitalverwaltung ein schönes Vermögen gesammelt und machte grossen Aufwand. Die Leute wunderten sich; und seine Frau glaubte ihnen die Sache deutlich genug auseinanderzusetzen, wenn sie ihnen erklärte, ihr Mann habe einen Sack mit Geld auf den Altar neben das Bildniss der heiligen Gertrud gesteckt und derselben vorgeschlagen, einen Wettlauf mit ihm zu halten, unter der Bedingung, dass der von ihnen das Geld haben solle, der zuerst bei der Kirchthür sei. Die Heilige habe durch Kopfnicken ihre Einwilligung gegeben, worauf er gelaufen und das Ziel zuerst erreicht habe; dadurch sei ihm das Geld als rechtmässig erworbener Preis zugefallen. *22 Er suchte eine Gertraud und bekam eine Bärenhaut. – Parömiakon, 15. Verfehltes Eheglück. Geruch. 1 Am geruch erkennt man die blumen. – Lehmann, 917, 16. 2 Am Geruch erkennt man Kräuter, am Geschwätze Bärenhäuter. 3 Für den Geruch zahlt man den Wirth mit Klingen – der Münze. Wie Eiselein (228) bemerkt, nach einer Anekdote bei Pauli und Auerbacher. Ein Gast, der nichts als den Geruch der Speisen erhalten hat, bezahlt dem Wirthe die Rechnung damit, dass er mit dem Gelde vor dessen Ohren klingt. *4 Im Geruch der Heiligkeit stehen. Gräter's Hermode und Idunna (1814-15) enthält über den wahrscheinlichen Ursprung dieser Redensart Folgendes: „Als im Jahre 18.. in Schwaben die Klöster aufgehoben und verkauft wurden, fand der Käufer des Klosters M. in dem Archiv desselben die Acten von der Heiligsprechung einer Aebtissin dieses Klosters, worin als eines vorzüglichen Beweggrundes dazu angeführt wurde, dass diese fromme Frau sich in dreissig Jahren nicht gewaschen habe.“ Im Gesellschafter von Gubitz (1839) gibt jemand „als naheliegende Quelle“ dieser Redensart die gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Frankreich allgemein verbreitete Sitte an, mit parfümirten Rosenkränzen die Kirche zu besuchen. Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1840, Nr. 247) hält diese Erklärungen für unstatthaft und gibt dafür folgende: „In den deutschen Mundarten wechseln die Laute f und ch miteinander ab. Man hört z. B. bald Schlucht, bald Schluft (Kluft); und Klafter ist gleichbedeutend mit Lachter. Auf gleiche Weise aber ist Geruch (in der obigen Redensart) ebenso viel als Geruf, Ruf, Gerücht, was wol die natürlichste Erklärung

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [788]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/816>, abgerufen am 28.04.2024.