Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 10 Viel verzehren ist wenig studiren. - Petri, II, 575.

11 Viel verzehrt, viel beschwert.

Lat.: Quo minus aegrotes non extra tempora potes. (Chaos, 383.)

12 Was man heute verzehren soll, mag man bis morgen sparen, und was morgen zu schaffen ist, (soll man) heute thun.

Poln.: Co masz dzis zjesc, schownej na jutro, a co masz jutro zrobic, zrob dzis. (Celakovsky, 131.)

13 Wer alles verzehrt zum Mittagsmahl, der findet abends die Küche kahl.

Holl.: Die all zijn kost verslindt omtrent het middagmaal, vindt, als het avond is, zijn keuken bijster schraal. (Harrebomee, II, 46a.)

14 Wer heut verzehrt, ist morgen frey vnd hat zum Schaden viel Geschrei. - Petri, II, 718.

15 Wer mehr verzehrt, als er gewinnt, der muss nachher mit den Mäusen essen. - Eiselein, 619; Simrock, 10946.

D. h. aus anderer Leute Häuser.

16 Wer mehr verzehrt, dann er gewinnt, vnd borget vil, das jhm zerrinnt, vnd zeucht sein Fraw eim andern vor, der thut nicht wol vnd ist ein Thor. - Henisch, 1602, 35.

Mhd.: Wer mer verzert, wann im got hat beschert, es ist vil wunder gat er in bösem blunder. (Germania, II, 142a.)

17 Wer mehr verzehrt, denn er geladen hat, der fahret mit schaden zu marckt. - Petri, II, 618; Henisch, 1041, 55.

18 Wer mehr verzehret, denn sein Pflug erehret, derselbig sich des Bettelstabs nicht wehret. - Mathesy, 111a.

Auch: kann sich der Schuld nicht erwehren. (Mathesy, 354b.)

19 Wer mehr wil verzeren, dann sein pflug mag ereren, wie kan sich der erweren; in muss der bettel oder stegreif neren. - Franck, II, 102a.

Dies Sprichwort hat bereits in einer neuern, von einem Beurtheiler angefochtenen Form unter Armuth 157 einen Platz gefunden. In der ursprünglichen Lesart konnte es erst unter dem obigen Stichwort aufgeführt werden. Diese ältere Form ist noch von besonderm sprachlichen Werth, weil sich darin das gute, alte Wort "ereren" = erackern, das sonst ganz vergessen und verschwunden zu sein scheint, erhalten hat. Grimm (Wb., III) hat wenigstens bei dem Worte ereren ausser dem obigen Sprichwort keine zweite Belegstelle beigebracht. In seiner ursprünglichen Form findet sich das Sprichwort noch bei Gruter, I, 81; III, 108; Latendorf II, 30; Loci comm., 173; Egenolff, 98a; Grubb, 97; Lehmann, 372, 127, und in neuern Schriften nur bei Eiselein, 511. In andern, sogar alten Quellenschriften ist das "ereren" schon durch "erneren" verdrängt. So lautet bei Ebstorf (21) das Sprichwort: "Wer da will mer vertern, denn sin plug kan erneren, der mot to les vorderven vnd velichte in armot sterven." (Vgl. Schmeller, I, 97.) Auch Lehmann, II, 874, 207; Henisch, 345, 8; Schottel, 1146b; Zinkgref, III, 326; Sutor, 637, haben in dem Sprichwort schon erneren statt ereren, alle spätern, so Simrock (10947) u. a. selbstverständlich.

Dän.: Hvo meere vil fortaere end hans indkomst mon vaere faaer bettel-staven baere. (Prov. dan., 187.)

Lat.: Qui plus expendit, que rerum summa rependit, non admiretur, si paupertato gravetur. (Loci comm., 173; Sutor, 637.) - Sumtus sensum ne superet. (Philippi, II, 205.)

20 Wer mehr will verzehren, als sein Pflug kann ernähren, der macht sich einen Strang zu seinem eignen Hang. - Gaal, 1260.

Engl.: Who more than he is worth does spend, he makes a rope his life to end. (Gaal, 1260.)

Lat.: Quaestus non potest consistere, si consumtus superat.

21 Wer verzehrt über sein Gewinnen, dessen Gut wird bald zerrinnen.

22 Zwei verzehren: die Sonne das Eis, ein gut Gewissen den Kummer.

*23 Verzehren nach dem Ernähren.


Verzehrer.

Wo ein Verzehrer zukommt, geht ein Erwerber fort.


Verzeihen.

1 Andern soll man viel, sich selber nichts verzeihen.

Die Chinesen: Man verzeiht dem alles, der sich nichts verzeiht. (Cibot, 174.)

Lat.: Ignoscas aliis multa, sed nihil tibi. (Philippi, I, 186.)

[Spaltenumbruch] 2 Ein klein verzeihen bringt gross Gedeyen. - Petri, II, 209.

3 I will em verzieh', aber Joggeli (Bub') denk' du daran, het de säb Schwoob g'seit. - Sutermeister, 41.

4 Man verzeiht sich das Böse, was man andern gethan leichter, als ihnen das, was sie uns gethan.

Die Russen: Schnell hat sich der Gottlose das Verbrechen verziehen, langsam vergibt er dem Nachbar seine Schwäche. (Altmann VI, 450.)

5 Verzeihe dir nichts vnd andern vil. - Franck, I, 158b; Simrock, 10949.

It.: E meglio haver miseri cordia, che vendicarsi. - Perdonar l'offesa e una vendetta regio. (Pazzaglia, 366, 4 u. 5.)

Lat.: Alteri semper ignoscito, tibi ipsi nunquam. (Egeria, 4.)

6 Verzeihen ist der schönste Sieg.

Die Chinesen: Verzeihen ist nur für den eine Thorheit, der sich nicht gerächt hat. (Cibot, 169.)

It.: Perdonnando s'acquista trionfo. (Pazzaglia, 282, 5.)

Lat.: Humanum est ignoscere. (Plautus.) (Philippi, I, 183.)

7 Verzeihen ist der Wibe Sitte, doch hont sie gern, dass man sie bitte. - Eiselein, 635.

8 Verzeihen ist die beste Rache. - Petri, II, 544; Winckler, XVI, 62; Körte, 6201; Simrock, 8067; Steiger, 54; Braun, I, 4775.

Dän.: Forlade er en dyd, hevn er en last. - Forlade er störste hevn. (Prov. dan., 288.)

Lat.: Nobile vindictae genus est ignoscere victo. (Gaal, 1268.) - Venia melior est supplicio. (Seybold, 622.)

Slow.: Vacsiu ma hodnost velkvdusne odpustenie, nez pomsta. (Konfessionalna skola, 1873.)

9 Verzeihen ist eine tugend, rechen ist ein laster. - Lehmann, 590, 20.

10 Wer gern verzeiht, darf niemand fürchten.

Lat.: Magnum timoris remedium clementia est. (Philippi, I, 235.)

*11 Es mag dir wol verzihen sein, es ist aber nit vergessen. - Tappius, 74b; Eyering, II, 584; Lehmann, II, 137, 81; Sailer, 384.


Verzeihung.

1 Gemeine Verzeihung hat keine Kraft. - Eisenhart, 533; Eiselein, 225; Simrock, 3390.

2 Verzeihung, sagte der Blinde zum Tauben, als ihm ein Bombart entfuhr.

Dän.: Var tho, sagde den dove, der den blinde fiertede. (Prov. dan., 117.)

3 Wenn du Verzeihung hoffst von dem, der über dir ist, so verzeihe dem, der unter dir ist.


Verzetten.

Je mehr du verzettest, je minder du hättest. - Eiselein, 620.


Verzicht.

1 Der erste Verzicht geht vor. (S. Gebot 2 und Zugreifen.) - Graf, 281, 329.

Mhd.: Daz erste Enthald sal vurgan. (Günther, Codex, III, 891.)

2 Gemeiner Verzicht verfängt nicht. - Graf, 236, 79.

Man kann auf ein Recht in einem einzelnen bestimmten Falle, aber nie im allgemeinen auf das Recht verzichten. Der Verzicht einer Frau auf die gesammten weiblichen Rechtswohlthaten wird nicht verhangen, d. h. er würde nichtig sein. "Gemein verzichen vervahet nicht." (Haltaus, 90.)


Verziehen.

1 Lang verziehen (zögern) bringt kein frommen. - Petri, II, 431.

2 Lang verzogen hat oft betrogen. - Opel, 211.

Aufschrift einer Fahne im Dreissigjährigen Kriege (1631).

3 Verziehe bis auf den Charfreitag, so wird's bald Ostern werden. - Faustbuch, LVI.

4 Verziehen bringt nichts guts. - Petri, II, 570.

5 Verzieht sich der Mund, hat er seinen Grund.

*6 Er verzieht das Gesicht, als wenn er ungeschmalzte Nudeln ässe.

*7 Erst verzieht er den Sklaven, dann prügelt er ihn. - Burckhardt, 779.

Von solchen Leuten, die ihre Untergebenen (Kinder) erst durch unzeitige Nachsicht verderben, und sie dann für dasjenige bestrafen, was ihre eigene Thorheit verschuldet hat.

[Spaltenumbruch] 10 Viel verzehren ist wenig studiren.Petri, II, 575.

11 Viel verzehrt, viel beschwert.

Lat.: Quo minus aegrotes non extra tempora potes. (Chaos, 383.)

12 Was man heute verzehren soll, mag man bis morgen sparen, und was morgen zu schaffen ist, (soll man) heute thun.

Poln.: Co masz dziś zjeść, schownej na jutro, a co masz jutro zrobić, zrób dziś. (Čelakovsky, 131.)

13 Wer alles verzehrt zum Mittagsmahl, der findet abends die Küche kahl.

Holl.: Die all zijn kost verslindt omtrent het middagmaal, vindt, als het avond is, zijn keuken bijster schraal. (Harrebomée, II, 46a.)

14 Wer heut verzehrt, ist morgen frey vnd hat zum Schaden viel Geschrei.Petri, II, 718.

15 Wer mehr verzehrt, als er gewinnt, der muss nachher mit den Mäusen essen.Eiselein, 619; Simrock, 10946.

D. h. aus anderer Leute Häuser.

16 Wer mehr verzehrt, dann er gewinnt, vnd borget vil, das jhm zerrinnt, vnd zeucht sein Fraw eim andern vor, der thut nicht wol vnd ist ein Thor.Henisch, 1602, 35.

Mhd.: Wer mer verzert, wann im got hat beschert, es ist vil wunder gat er in bösem blunder. (Germania, II, 142a.)

17 Wer mehr verzehrt, denn er geladen hat, der fahret mit schaden zu marckt.Petri, II, 618; Henisch, 1041, 55.

18 Wer mehr verzehret, denn sein Pflug erehret, derselbig sich des Bettelstabs nicht wehret.Mathesy, 111a.

Auch: kann sich der Schuld nicht erwehren. (Mathesy, 354b.)

19 Wer mehr wil verzeren, dann sein pflug mag ereren, wie kan sich der erweren; in muss der bettel oder stegreif neren.Franck, II, 102a.

Dies Sprichwort hat bereits in einer neuern, von einem Beurtheiler angefochtenen Form unter Armuth 157 einen Platz gefunden. In der ursprünglichen Lesart konnte es erst unter dem obigen Stichwort aufgeführt werden. Diese ältere Form ist noch von besonderm sprachlichen Werth, weil sich darin das gute, alte Wort „ereren“ = erackern, das sonst ganz vergessen und verschwunden zu sein scheint, erhalten hat. Grimm (Wb., III) hat wenigstens bei dem Worte ereren ausser dem obigen Sprichwort keine zweite Belegstelle beigebracht. In seiner ursprünglichen Form findet sich das Sprichwort noch bei Gruter, I, 81; III, 108; Latendorf II, 30; Loci comm., 173; Egenolff, 98a; Grubb, 97; Lehmann, 372, 127, und in neuern Schriften nur bei Eiselein, 511. In andern, sogar alten Quellenschriften ist das „ereren“ schon durch „erneren“ verdrängt. So lautet bei Ebstorf (21) das Sprichwort: „Wer da will mer vertern, denn sin plug kan erneren, der mot to les vorderven vnd velichte in armot sterven.“ (Vgl. Schmeller, I, 97.) Auch Lehmann, II, 874, 207; Henisch, 345, 8; Schottel, 1146b; Zinkgref, III, 326; Sutor, 637, haben in dem Sprichwort schon erneren statt ereren, alle spätern, so Simrock (10947) u. a. selbstverständlich.

Dän.: Hvo meere vil fortære end hans indkomst mon være faaer bettel-staven bære. (Prov. dan., 187.)

Lat.: Qui plus expendit, que rerum summa rependit, non admiretur, si paupertato gravetur. (Loci comm., 173; Sutor, 637.) – Sumtus sensum ne superet. (Philippi, II, 205.)

20 Wer mehr will verzehren, als sein Pflug kann ernähren, der macht sich einen Strang zu seinem eignen Hang.Gaal, 1260.

Engl.: Who more than he is worth does spend, he makes a rope his life to end. (Gaal, 1260.)

Lat.: Quaestus non potest consistere, si consumtus superat.

21 Wer verzehrt über sein Gewinnen, dessen Gut wird bald zerrinnen.

22 Zwei verzehren: die Sonne das Eis, ein gut Gewissen den Kummer.

*23 Verzehren nach dem Ernähren.


Verzehrer.

Wo ein Verzehrer zukommt, geht ein Erwerber fort.


Verzeihen.

1 Andern soll man viel, sich selber nichts verzeihen.

Die Chinesen: Man verzeiht dem alles, der sich nichts verzeiht. (Cibot, 174.)

Lat.: Ignoscas aliis multa, sed nihil tibi. (Philippi, I, 186.)

[Spaltenumbruch] 2 Ein klein verzeihen bringt gross Gedeyen.Petri, II, 209.

3 I will em verzieh', aber Joggeli (Bub') denk' du daran, het de säb Schwoob g'seit.Sutermeister, 41.

4 Man verzeiht sich das Böse, was man andern gethan leichter, als ihnen das, was sie uns gethan.

Die Russen: Schnell hat sich der Gottlose das Verbrechen verziehen, langsam vergibt er dem Nachbar seine Schwäche. (Altmann VI, 450.)

5 Verzeihe dir nichts vnd andern vil.Franck, I, 158b; Simrock, 10949.

It.: E meglio haver miseri cordia, chè vendicarsi. – Perdonar l'offesa è una vendetta regio. (Pazzaglia, 366, 4 u. 5.)

Lat.: Alteri semper ignoscito, tibi ipsi nunquam. (Egeria, 4.)

6 Verzeihen ist der schönste Sieg.

Die Chinesen: Verzeihen ist nur für den eine Thorheit, der sich nicht gerächt hat. (Cibot, 169.)

It.: Perdonnando s'acquista trionfo. (Pazzaglia, 282, 5.)

Lat.: Humanum est ignoscere. (Plautus.) (Philippi, I, 183.)

7 Verzeihen ist der Wibe Sitte, doch hont sie gern, dass man sie bitte.Eiselein, 635.

8 Verzeihen ist die beste Rache.Petri, II, 544; Winckler, XVI, 62; Körte, 6201; Simrock, 8067; Steiger, 54; Braun, I, 4775.

Dän.: Forlade er en dyd, hevn er en last. – Forlade er største hevn. (Prov. dan., 288.)

Lat.: Nobile vindictae genus est ignoscere victo. (Gaal, 1268.) – Venia melior est supplicio. (Seybold, 622.)

Slow.: Vačšiu má hodnost velkvdušné odpuštĕnie, než pomsta. (Konfessionálná skola, 1873.)

9 Verzeihen ist eine tugend, rechen ist ein laster.Lehmann, 590, 20.

10 Wer gern verzeiht, darf niemand fürchten.

Lat.: Magnum timoris remedium clementia est. (Philippi, I, 235.)

*11 Es mag dir wol verzihen sein, es ist aber nit vergessen.Tappius, 74b; Eyering, II, 584; Lehmann, II, 137, 81; Sailer, 384.


Verzeihung.

1 Gemeine Verzeihung hat keine Kraft.Eisenhart, 533; Eiselein, 225; Simrock, 3390.

2 Verzeihung, sagte der Blinde zum Tauben, als ihm ein Bombart entfuhr.

Dän.: Var tho, sagde den dove, der den blinde fiertede. (Prov. dan., 117.)

3 Wenn du Verzeihung hoffst von dem, der über dir ist, so verzeihe dem, der unter dir ist.


Verzetten.

Je mehr du verzettest, je minder du hättest.Eiselein, 620.


Verzicht.

1 Der erste Verzicht geht vor. (S. Gebot 2 und Zugreifen.) – Graf, 281, 329.

Mhd.: Daz erste Enthald sal vurgan. (Günther, Codex, III, 891.)

2 Gemeiner Verzicht verfängt nicht.Graf, 236, 79.

Man kann auf ein Recht in einem einzelnen bestimmten Falle, aber nie im allgemeinen auf das Recht verzichten. Der Verzicht einer Frau auf die gesammten weiblichen Rechtswohlthaten wird nicht verhangen, d. h. er würde nichtig sein. „Gemein verzichen vervahet nicht.“ (Haltaus, 90.)


Verziehen.

1 Lang verziehen (zögern) bringt kein frommen.Petri, II, 431.

2 Lang verzogen hat oft betrogen.Opel, 211.

Aufschrift einer Fahne im Dreissigjährigen Kriege (1631).

3 Verziehe bis auf den Charfreitag, so wird's bald Ostern werden.Faustbuch, LVI.

4 Verziehen bringt nichts guts.Petri, II, 570.

5 Verzieht sich der Mund, hat er seinen Grund.

*6 Er verzieht das Gesicht, als wenn er ungeschmalzte Nudeln ässe.

*7 Erst verzieht er den Sklaven, dann prügelt er ihn.Burckhardt, 779.

Von solchen Leuten, die ihre Untergebenen (Kinder) erst durch unzeitige Nachsicht verderben, und sie dann für dasjenige bestrafen, was ihre eigene Thorheit verschuldet hat.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0818" n="[812]"/><cb n="1623"/>
10 Viel verzehren ist wenig studiren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 575.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Viel verzehrt, viel beschwert.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quo minus aegrotes non extra tempora potes. (<hi rendition="#i">Chaos, 383.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Was man heute verzehren soll, mag man bis morgen sparen, und was morgen zu schaffen ist, (soll man) heute thun.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Co masz dzi&#x015B; zje&#x015B;&#x0107;, schownej na jutro, a co masz jutro zrobi&#x0107;, zrób dzi&#x015B;. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 131.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Wer alles verzehrt zum Mittagsmahl, der findet abends die Küche kahl.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die all zijn kost verslindt omtrent het middagmaal, vindt, als het avond is, zijn keuken bijster schraal. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 46<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Wer heut verzehrt, ist morgen frey vnd hat zum Schaden viel Geschrei.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 718.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Wer mehr verzehrt, als er gewinnt, der muss nachher mit den Mäusen essen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 619; Simrock, 10946.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. aus anderer Leute Häuser.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Wer mehr verzehrt, dann er gewinnt, vnd borget vil, das jhm zerrinnt, vnd zeucht sein Fraw eim andern vor, der thut nicht wol vnd ist ein Thor.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1602, 35.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Wer mer verzert, wann im got hat beschert, es ist vil wunder gat er in bösem blunder. (<hi rendition="#i">Germania, II, 142<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Wer mehr verzehrt, denn er geladen hat, der fahret mit schaden zu marckt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 618; Henisch, 1041, 55.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Wer mehr verzehret, denn sein Pflug erehret, derselbig sich des Bettelstabs nicht wehret.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesy, 111<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Auch: kann sich der Schuld nicht erwehren. (<hi rendition="#i">Mathesy, 354<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Wer mehr wil verzeren, dann sein pflug mag ereren, wie kan sich der erweren; in muss der bettel oder stegreif neren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 102<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Dies Sprichwort hat bereits in einer neuern, von einem Beurtheiler angefochtenen Form unter Armuth 157 einen Platz gefunden. In der ursprünglichen Lesart konnte es erst unter dem obigen Stichwort aufgeführt werden. Diese ältere Form ist noch von besonderm sprachlichen Werth, weil sich darin das gute, alte Wort &#x201E;ereren&#x201C; = erackern, das sonst ganz vergessen und verschwunden zu sein scheint, erhalten hat. <hi rendition="#i">Grimm (Wb., III)</hi> hat wenigstens bei dem Worte ereren ausser dem obigen Sprichwort keine zweite Belegstelle beigebracht. In seiner ursprünglichen Form findet sich das Sprichwort noch bei <hi rendition="#i">Gruter, I, 81; III, 108; Latendorf II, 30; Loci comm., 173; Egenolff, 98<hi rendition="#sup">a</hi>; Grubb, 97; Lehmann, 372, 127</hi>, und in neuern Schriften nur bei <hi rendition="#i">Eiselein, 511</hi>. In andern, sogar alten Quellenschriften ist das &#x201E;ereren&#x201C; schon durch &#x201E;erneren&#x201C; verdrängt. So lautet bei <hi rendition="#i">Ebstorf (21)</hi> das Sprichwort: &#x201E;Wer da will mer vertern, denn sin plug kan erneren, der mot to les vorderven vnd velichte in armot sterven.&#x201C; (Vgl. <hi rendition="#i">Schmeller, I, 97.</hi>) Auch <hi rendition="#i">Lehmann, II, 874, 207; Henisch, 345, 8; Schottel, 1146<hi rendition="#sup">b</hi>; Zinkgref, III, 326; Sutor, 637</hi>, haben in dem Sprichwort schon erneren statt ereren, alle spätern, so <hi rendition="#i">Simrock (10947)</hi> u. a. selbstverständlich.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Hvo meere vil fortære end hans indkomst mon være faaer bettel-staven bære. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 187.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Qui plus expendit, que rerum summa rependit, non admiretur, si paupertato gravetur. (<hi rendition="#i">Loci comm., 173; Sutor, 637.</hi>) &#x2013; Sumtus sensum ne superet. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 205.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Wer mehr will verzehren, als sein Pflug kann ernähren, der macht sich einen Strang zu seinem eignen Hang.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gaal, 1260.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Who more than he is worth does spend, he makes a rope his life to end. (<hi rendition="#i">Gaal, 1260.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quaestus non potest consistere, si consumtus superat.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">21 Wer verzehrt über sein Gewinnen, dessen Gut wird bald zerrinnen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">22 Zwei verzehren: die Sonne das Eis, ein gut Gewissen den Kummer.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*23 Verzehren nach dem Ernähren.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzehrer.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Wo ein Verzehrer zukommt, geht ein Erwerber fort.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzeihen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Andern soll man viel, sich selber nichts verzeihen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Chinesen: Man verzeiht dem alles, der sich nichts verzeiht. (<hi rendition="#i">Cibot, 174.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ignoscas aliis multa, sed nihil tibi. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 186.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1624"/>
2 Ein klein verzeihen bringt gross Gedeyen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 209.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 I will em verzieh', aber Joggeli (Bub') denk' du daran, het de säb Schwoob g'seit.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 41.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Man verzeiht sich das Böse, was man andern gethan leichter, als ihnen das, was sie uns gethan.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Schnell hat sich der Gottlose das Verbrechen verziehen, langsam vergibt er dem Nachbar seine Schwäche. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 450.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Verzeihe dir nichts vnd andern vil.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, I, 158<hi rendition="#sup">b;</hi> Simrock, 10949.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: E meglio haver miseri cordia, chè vendicarsi. &#x2013; Perdonar l'offesa è una vendetta regio. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 366, 4 u. 5.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Alteri semper ignoscito, tibi ipsi nunquam. (<hi rendition="#i">Egeria, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Verzeihen ist der schönste Sieg.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Chinesen: Verzeihen ist nur für den eine Thorheit, der sich nicht gerächt hat. (<hi rendition="#i">Cibot, 169.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Perdonnando s'acquista trionfo. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 282, 5.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Humanum est ignoscere. (<hi rendition="#i">Plautus.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, I, 183.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Verzeihen ist der Wibe Sitte, doch hont sie gern, dass man sie bitte.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 635.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Verzeihen ist die beste Rache.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 544; Winckler, XVI, 62; Körte, 6201; Simrock, 8067; Steiger, 54; Braun, I, 4775.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Forlade er en dyd, hevn er en last. &#x2013; Forlade er største hevn. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 288.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Nobile vindictae genus est ignoscere victo. (<hi rendition="#i">Gaal, 1268.</hi>) &#x2013; Venia melior est supplicio. (<hi rendition="#i">Seybold, 622.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Slow.</hi>: Va&#x010D;&#x0161;iu má hodnost velkvdu&#x0161;né odpu&#x0161;t&#x0115;nie, ne&#x017E; pomsta. (<hi rendition="#i">Konfessionálná skola, 1873.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Verzeihen ist eine tugend, rechen ist ein laster.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 590, 20.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Wer gern verzeiht, darf niemand fürchten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Magnum timoris remedium clementia est. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 235.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*11 Es mag dir wol verzihen sein, es ist aber nit vergessen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tappius, 74<hi rendition="#sup">b;</hi> Eyering, II, 584; Lehmann, II, 137, 81; Sailer, 384.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzeihung.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Gemeine Verzeihung hat keine Kraft.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eisenhart, 533; Eiselein, 225; Simrock, 3390.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Verzeihung, sagte der Blinde zum Tauben, als ihm ein Bombart entfuhr.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Var tho, sagde den dove, der den blinde fiertede. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 117.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Wenn du Verzeihung hoffst von dem, der über dir ist, so verzeihe dem, der unter dir ist.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzetten.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Je mehr du verzettest, je minder du hättest.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 620.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzicht.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der erste Verzicht geht vor.</hi> (S.  Gebot 2 und  Zugreifen.) &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 281, 329.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Daz erste Enthald sal vurgan. (<hi rendition="#i">Günther, Codex, III, 891.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Gemeiner Verzicht verfängt nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 236, 79.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Man kann auf ein Recht in einem einzelnen bestimmten Falle, aber nie im allgemeinen auf das Recht verzichten. Der Verzicht einer Frau auf die gesammten weiblichen Rechtswohlthaten wird nicht verhangen, d. h. er würde nichtig sein. &#x201E;Gemein verzichen vervahet nicht.&#x201C; (<hi rendition="#i">Haltaus, 90.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verziehen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Lang verziehen (zögern) bringt kein frommen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 431.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Lang verzogen hat oft betrogen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Opel, 211.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Aufschrift einer Fahne im Dreissigjährigen Kriege (1631).</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Verziehe bis auf den Charfreitag, so wird's bald Ostern werden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Faustbuch, LVI.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Verziehen bringt nichts guts.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 570.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Verzieht sich der Mund, hat er seinen Grund.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*6 Er verzieht das Gesicht, als wenn er ungeschmalzte Nudeln ässe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Erst verzieht er den Sklaven, dann prügelt er ihn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Burckhardt, 779.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von solchen Leuten, die ihre Untergebenen (Kinder) erst durch unzeitige Nachsicht verderben, und sie dann für dasjenige bestrafen, was ihre eigene Thorheit verschuldet hat.</p><lb/>
          <p>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[812]/0818] 10 Viel verzehren ist wenig studiren. – Petri, II, 575. 11 Viel verzehrt, viel beschwert. Lat.: Quo minus aegrotes non extra tempora potes. (Chaos, 383.) 12 Was man heute verzehren soll, mag man bis morgen sparen, und was morgen zu schaffen ist, (soll man) heute thun. Poln.: Co masz dziś zjeść, schownej na jutro, a co masz jutro zrobić, zrób dziś. (Čelakovsky, 131.) 13 Wer alles verzehrt zum Mittagsmahl, der findet abends die Küche kahl. Holl.: Die all zijn kost verslindt omtrent het middagmaal, vindt, als het avond is, zijn keuken bijster schraal. (Harrebomée, II, 46a.) 14 Wer heut verzehrt, ist morgen frey vnd hat zum Schaden viel Geschrei. – Petri, II, 718. 15 Wer mehr verzehrt, als er gewinnt, der muss nachher mit den Mäusen essen. – Eiselein, 619; Simrock, 10946. D. h. aus anderer Leute Häuser. 16 Wer mehr verzehrt, dann er gewinnt, vnd borget vil, das jhm zerrinnt, vnd zeucht sein Fraw eim andern vor, der thut nicht wol vnd ist ein Thor. – Henisch, 1602, 35. Mhd.: Wer mer verzert, wann im got hat beschert, es ist vil wunder gat er in bösem blunder. (Germania, II, 142a.) 17 Wer mehr verzehrt, denn er geladen hat, der fahret mit schaden zu marckt. – Petri, II, 618; Henisch, 1041, 55. 18 Wer mehr verzehret, denn sein Pflug erehret, derselbig sich des Bettelstabs nicht wehret. – Mathesy, 111a. Auch: kann sich der Schuld nicht erwehren. (Mathesy, 354b.) 19 Wer mehr wil verzeren, dann sein pflug mag ereren, wie kan sich der erweren; in muss der bettel oder stegreif neren. – Franck, II, 102a. Dies Sprichwort hat bereits in einer neuern, von einem Beurtheiler angefochtenen Form unter Armuth 157 einen Platz gefunden. In der ursprünglichen Lesart konnte es erst unter dem obigen Stichwort aufgeführt werden. Diese ältere Form ist noch von besonderm sprachlichen Werth, weil sich darin das gute, alte Wort „ereren“ = erackern, das sonst ganz vergessen und verschwunden zu sein scheint, erhalten hat. Grimm (Wb., III) hat wenigstens bei dem Worte ereren ausser dem obigen Sprichwort keine zweite Belegstelle beigebracht. In seiner ursprünglichen Form findet sich das Sprichwort noch bei Gruter, I, 81; III, 108; Latendorf II, 30; Loci comm., 173; Egenolff, 98a; Grubb, 97; Lehmann, 372, 127, und in neuern Schriften nur bei Eiselein, 511. In andern, sogar alten Quellenschriften ist das „ereren“ schon durch „erneren“ verdrängt. So lautet bei Ebstorf (21) das Sprichwort: „Wer da will mer vertern, denn sin plug kan erneren, der mot to les vorderven vnd velichte in armot sterven.“ (Vgl. Schmeller, I, 97.) Auch Lehmann, II, 874, 207; Henisch, 345, 8; Schottel, 1146b; Zinkgref, III, 326; Sutor, 637, haben in dem Sprichwort schon erneren statt ereren, alle spätern, so Simrock (10947) u. a. selbstverständlich. Dän.: Hvo meere vil fortære end hans indkomst mon være faaer bettel-staven bære. (Prov. dan., 187.) Lat.: Qui plus expendit, que rerum summa rependit, non admiretur, si paupertato gravetur. (Loci comm., 173; Sutor, 637.) – Sumtus sensum ne superet. (Philippi, II, 205.) 20 Wer mehr will verzehren, als sein Pflug kann ernähren, der macht sich einen Strang zu seinem eignen Hang. – Gaal, 1260. Engl.: Who more than he is worth does spend, he makes a rope his life to end. (Gaal, 1260.) Lat.: Quaestus non potest consistere, si consumtus superat. 21 Wer verzehrt über sein Gewinnen, dessen Gut wird bald zerrinnen. 22 Zwei verzehren: die Sonne das Eis, ein gut Gewissen den Kummer. *23 Verzehren nach dem Ernähren. Verzehrer. Wo ein Verzehrer zukommt, geht ein Erwerber fort. Verzeihen. 1 Andern soll man viel, sich selber nichts verzeihen. Die Chinesen: Man verzeiht dem alles, der sich nichts verzeiht. (Cibot, 174.) Lat.: Ignoscas aliis multa, sed nihil tibi. (Philippi, I, 186.) 2 Ein klein verzeihen bringt gross Gedeyen. – Petri, II, 209. 3 I will em verzieh', aber Joggeli (Bub') denk' du daran, het de säb Schwoob g'seit. – Sutermeister, 41. 4 Man verzeiht sich das Böse, was man andern gethan leichter, als ihnen das, was sie uns gethan. Die Russen: Schnell hat sich der Gottlose das Verbrechen verziehen, langsam vergibt er dem Nachbar seine Schwäche. (Altmann VI, 450.) 5 Verzeihe dir nichts vnd andern vil. – Franck, I, 158b; Simrock, 10949. It.: E meglio haver miseri cordia, chè vendicarsi. – Perdonar l'offesa è una vendetta regio. (Pazzaglia, 366, 4 u. 5.) Lat.: Alteri semper ignoscito, tibi ipsi nunquam. (Egeria, 4.) 6 Verzeihen ist der schönste Sieg. Die Chinesen: Verzeihen ist nur für den eine Thorheit, der sich nicht gerächt hat. (Cibot, 169.) It.: Perdonnando s'acquista trionfo. (Pazzaglia, 282, 5.) Lat.: Humanum est ignoscere. (Plautus.) (Philippi, I, 183.) 7 Verzeihen ist der Wibe Sitte, doch hont sie gern, dass man sie bitte. – Eiselein, 635. 8 Verzeihen ist die beste Rache. – Petri, II, 544; Winckler, XVI, 62; Körte, 6201; Simrock, 8067; Steiger, 54; Braun, I, 4775. Dän.: Forlade er en dyd, hevn er en last. – Forlade er største hevn. (Prov. dan., 288.) Lat.: Nobile vindictae genus est ignoscere victo. (Gaal, 1268.) – Venia melior est supplicio. (Seybold, 622.) Slow.: Vačšiu má hodnost velkvdušné odpuštĕnie, než pomsta. (Konfessionálná skola, 1873.) 9 Verzeihen ist eine tugend, rechen ist ein laster. – Lehmann, 590, 20. 10 Wer gern verzeiht, darf niemand fürchten. Lat.: Magnum timoris remedium clementia est. (Philippi, I, 235.) *11 Es mag dir wol verzihen sein, es ist aber nit vergessen. – Tappius, 74b; Eyering, II, 584; Lehmann, II, 137, 81; Sailer, 384. Verzeihung. 1 Gemeine Verzeihung hat keine Kraft. – Eisenhart, 533; Eiselein, 225; Simrock, 3390. 2 Verzeihung, sagte der Blinde zum Tauben, als ihm ein Bombart entfuhr. Dän.: Var tho, sagde den dove, der den blinde fiertede. (Prov. dan., 117.) 3 Wenn du Verzeihung hoffst von dem, der über dir ist, so verzeihe dem, der unter dir ist. Verzetten. Je mehr du verzettest, je minder du hättest. – Eiselein, 620. Verzicht. 1 Der erste Verzicht geht vor. (S. Gebot 2 und Zugreifen.) – Graf, 281, 329. Mhd.: Daz erste Enthald sal vurgan. (Günther, Codex, III, 891.) 2 Gemeiner Verzicht verfängt nicht. – Graf, 236, 79. Man kann auf ein Recht in einem einzelnen bestimmten Falle, aber nie im allgemeinen auf das Recht verzichten. Der Verzicht einer Frau auf die gesammten weiblichen Rechtswohlthaten wird nicht verhangen, d. h. er würde nichtig sein. „Gemein verzichen vervahet nicht.“ (Haltaus, 90.) Verziehen. 1 Lang verziehen (zögern) bringt kein frommen. – Petri, II, 431. 2 Lang verzogen hat oft betrogen. – Opel, 211. Aufschrift einer Fahne im Dreissigjährigen Kriege (1631). 3 Verziehe bis auf den Charfreitag, so wird's bald Ostern werden. – Faustbuch, LVI. 4 Verziehen bringt nichts guts. – Petri, II, 570. 5 Verzieht sich der Mund, hat er seinen Grund. *6 Er verzieht das Gesicht, als wenn er ungeschmalzte Nudeln ässe. *7 Erst verzieht er den Sklaven, dann prügelt er ihn. – Burckhardt, 779. Von solchen Leuten, die ihre Untergebenen (Kinder) erst durch unzeitige Nachsicht verderben, und sie dann für dasjenige bestrafen, was ihre eigene Thorheit verschuldet hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/818
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [812]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/818>, abgerufen am 27.04.2024.